@reblaus
Original von reblaus
Insoweit würde eine entsprechende Rechtsprechung des BGH sogar ermöglichen, Verträge gegen den Willen der Versorger zu Gunsten der Verbraucher zu ändern.
Echt?! In der Theorie klingt das gut, wie so vieles von Ihnen.
Wie würde denn Ihr enstprechender Klageantrag auf Kundenseite lauten und wie begründen Sie einen solchen?
§ 315 BGB ist bei Sonderverträgen unmittelbar nicht anwendbar, weil ein Preis vereinbart wurde (vgl. BGH VIII ZR 36/06 Tz. 32 und VIII ZR 138/07 Tz. 16)
Dafür, dass der Sondervertragskunde auf Preisabsenkung klagen kann, muss erst einmal eine wirksame vertragliche Verpflichtung zur Preisabsenkung bestehen, die klar regelt, unter welchen Umständen in welchem Umfang der Preis nachträglich abgesenkt werden muss. Finden Sie die erst mal.
Könnte vielleicht in der Praxis auch sein, der Sondervertragkunde klagt auf Preisabsenkung aus der enstprechend hinreichend konkreten Klausel, derweil der Versorger aus gegebenem Anlass dessen Vertrag ohne Begründung ordnungsgemäß kündigt. Immerhin besteht Vertragsfreiheit und nicht etwa gestzliche Versorgungspflicht.
Wenn es bei der Grundversorgung eine Pflicht zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten gibt, wie es jetzt auh der VIII. Zivilsenat feststellt, dann gibt es keinen sankrosanten \"vereinbarten\" Preissockel.
Es gibt im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht zu Allgemeinen Tarifen keinen vereinbarten Anfangspreis, weil die künstliche Aufspaltung in einen vereinbarten Anfangspreis und einen einseitig bestimmten Folgepreis zwangsläufig zu willkürlichen Zufallsergebnissen abhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses führen muss, was der Kartellenat des BGH im Urteil vom 18.10.2005 KZR 36/04 Tz. 9 ff. längst zutreffend herausgearbeitet hatte.
Der Allgemeine Preis ist für Neu- und Bestandskunden als \"Allgemeiner Preis\" gleich unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dabei jeweils das Ergebnis der Ermessensentscheidung des Grundversorgers, die Allgemeinen Preise zu erhöhen, abzusenken oder aber stabil zu halten, was es rechtfertigt, den Gesamtpreis der Billigkeistkontrolle zu unterziehen, wie es auch der Fall ist, wenn sich die Parteien bei Vertragsbaschluss auf keinen Preis geeinigt haben, sondern dem einen Vertragsteil
vertraglich das einseitige Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt haben.
Denn einem solchen vertraglich vereinbarten Leistungsbestimmungsrecht entspricht auch das gesetzliche Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht, weil der Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist.
Die Grundversorger sind verpflichtet, Allgemeine Preise der Grundversorgung zu bestimmen. Sie müssen diese so bestimmen, dass auch Neukunden nur solche Allgemeinen Preise angeboten werden, die der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2, 1 EnWG entsprechen.
Die gestzliche Verpflichtung der Grundversorger geht also dahin, jeweils ein Äquivalenzverhältnis (Preis-Leistungs- Verhältnis) zu bestimmen, welches ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 2, 1 EnWG entspricht, undzwar gleichermaßen für Bestands- und Neukunden unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gilt. Gerichtlich kontrollierbar sein muss dabei, ob das so einseitig bestimmte Äquivalenzverhältnis dem Maßstab der Billigkeit entspricht.
Die GVV schafft einen Ausgleich der Interessen eines zur Grundversorgung verpflichteten Unternehmens, das dafür Allgemeine Preise aufzustellen hat, Preisanpassungen wegen § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV nicht im Wege von Änderungskündigungen durchsetzen kann und deshalb auf ein einseitiges Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht angewiesen ist, wobei der Allgemeine Tarif geetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist, und dessen Kunden.
Völlig anders ist die Situation bei Sonderverträgen, die der Vertragsfreiheit unterliegen. Auch die Interessenlage der Parteien ist eine andere.
Die Preise für Bestands- und Neukunden müssen nicht gleich sein. Kunden, die den Vertrag zu verschiedenen Zeitpunkten geschlossen haben, können zu unterschiedlichen Preisen beliefert werden. Eine entsprechende Preisspaltung zwischen Neu- und Bestandskunden besteht etwa bei neu abgeschlossenen Gas- Sonderverträgen der Erfurter E.ON Thüringer Energie AG.
Bei Sonderverträgen wird tatsächlich ein Preis vereinbart, der grundsätzlich für die Dauer des Vertragsverhältnisses für beide Vertragsteile gleichermaßen verbindlich ist, sofern nicht ausnahmsweise eine wirksame Preisänderungsklausel vereinbart wurde, die eine einseitige Änderung ermöglicht.
Die Preisanpassungsklausel muss bei Meidung ihrer Unwirksamkeit das Äquivalenzverhältnis wahren und darf keine Verschiebung zu Lasten des Vertragspartners des Klauselverwenders ermöglichen.
Der aufällige Widerspruch zwischen vereinbarten Preis und Preissenkungsverpflichtung bei einsetigem Leistungsbestimmungsrecht trat nur auf, weil der VIII. Zivilsenat - möglicherweise aus einer Laune heraus- in der Entscheidung vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 obiter dicta den Abschluss eines Tarifkundenvertrages dem Abschluss eines Sonderevertrages mit Preisvereinbarung gleichsetzte und an diesem Fehler sodann in den Tarifkundenentscheidungen vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 und vom 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 stur festhielt, sich über die zutreffende Erkentnis des Kartellsenats in der Entscheidung vom 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 9ff. hinwegsetzte.
Dieser nicht zu leugnende Widerspruch, denn allenfalls hier
Ronny nicht sehen mag oder kann, muss wieder aufgelöst werden, indem Allgemeine Preise insgesamt der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB unterliegen, Sondervertragspreise jedoch nach wie vor nicht.
Die Inhaltskontrolle von Preisänderungsklauseln sollte sich nach den allgemeinen Kriterien richten, die dafür bestehen, zumal § 310 Abs. 2 BGB eine sektorspezifische Einschränkung bei der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB gar nicht zulässt.
Original von reblaus
§ 307 BGB ist kein Normenkontrollinstrument. Die Regelung soll auschließlich die Auswüchse bei der einseitigen Vertragsgestaltung Einzelner begrenzen. Ein Skandal ist, wenn man eine Regelung des Gesetzgebers mit Knebelverträgen gleichsetzt, die sich Einzelne ausdenken, um ihre Vertragspartner über den Tisch zu ziehen.
Es mag ja sein, dass der Gesetzgeber häufig unkluge Gesetze erlässt, die oft auch noch schlampig formuliert wurden. Das gesetzliche Preisanpassungsrecht in der Grundversorgung ist sicherlich keine gesetzgeberische Meisterleistung. Dieser Regelung vorzuwerfen, sie würde einseitig die Interessen der Gasversorger bevorzugen, und sei deshalb nach § 307 BGB ungeeignet wortgleich in Privatverträgen verwendet zu werden, ist ungerecht und halte ich für undemokratisch. Es steht uns jederzeit frei, eine Mehrheit dafür zu organisieren, dass eine transparentere Regelung geschaffen wird, die dann automatisch auch alle neu abgeschlossenen Sonderverträge ändern würde.
Klingt seltsam. Niemand beabsichtigt oder verlangt eine Normenkontrolle über § 307 BGB, der nur der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen dient.
Ich weiß nicht, wer eine Anwendung von § 310 Abs. 2 BGB auch auf die Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB als demokratisch legitimiert ansehen wollte. § 307 BGB wird in § 310 Abs. 2 BGB ausdrücklich nicht genannt, was nicht etwa an einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers lag. Der Wortlaut des Verordnungstextes selbst stammt vom Verordnungsgeber, der Exekutive, die sich keiner demokratischen Wahl stellt. Möglicherweise haben Sie ein anderes Demokratieverständnis.
Die Bestimmungen der GVV dient dem Interessenausgleich im Bereich der Grundversorgung, nicht aber einer davon abweichenden Interssenlage außerhalb derselben. Deshalb hat der Gesetzgeber auch die Möglichkeit eröffnet, für Sonderverträge mit Haushaltskunden eine besondere Verordnung zu erlassen, die es bisher nicht gibt. Gesetz- und Verordnungsgeber haben ausdrücklich bestimmt, dass die Bestimmungen der GVV nur für den Bereich der Grund- und Ersatzversorgung gelten, § 1 GVV.
Wenn
Black ehrlich ist und tatsächlich eine Wahrung des Äquivalenzverhältnisses durch Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen beabsichtigt, dann ist der weite Spielraum der Billigkeit dafür nach der st. Rechtsprechung des BGH ungeeignet, BGH NJW 2000, 651; KZR 10/03 unter II.6).
Es bedarf deshalb Klauseln, die die Zusammsetzung des vereinbarten Preies aus dessen Kostenbestandteilen offen legen, und zudem Preisrevisionszeitpunkte im vornherein festlegen wie auch die Richtlinien bestimmen, nach denen Preiserhöhungen und Preisabsenkungen im Umfang geänderter Kosten gleichermaßen vorzunehmen sind, vgl. BGH KZR 10/03, III ZR 63/07, III ZR 247/06, KZR 2/07, XI ZR 78/08.
Die Auflösung des Widerspruchs hat wohl zur Voraussetzung, dass der VIII. Senat die Größe hat, seine o. g. Rechtsprechung zur eingeschränkten Kontrolle von Allgemeinen Tarifpreisen ausdrücklich aufzugeben und zu korrigieren. Dem XI. Zivilsenat des BGH gelang entsprechendes in XI ZR 78/08 - allerdings erst nachdem der bisherige Senatsvorsitzende Nobbe in den Ruhestand gegangen war.