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Autor Thema: \"Bestabrechnung\" immer Sondervertrag  (Gelesen 2409 mal)

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Offline RR-E-ft

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\"Bestabrechnung\" immer Sondervertrag
« am: 11. Juli 2009, 23:31:58 »
Ich meine, eine (vereinbarte) sog. \"Bestabrechnung\" ist in jedem Fall ein Sondervertrag.

Siehe hier.

Der VIII. Zivilsenat des BGH geht davon aus, dass der Tarifkunde mit dem Versorger einen festehenden Tarif vereinbart, der das Äquivalenzverhältnis bilden soll, welches nach Auffassung des Senats zu wahren sein soll (vgl. BGH, Urt. v.19.11.2008 - VIII ZR 138/07).

Das ist bei einer sog. Bestpreisabrechnung gerade nicht der Fall.

Offline reblaus

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\"Bestabrechnung\" immer Sondervertrag
« Antwort #1 am: 12. Juli 2009, 08:57:10 »
Aus ökonomischer Sicht wird das Äquivalenzverhältnis auch durch die Bestabrechnung gewahrt. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn die unterschiedlichen Tarife darauf basieren, dass die Vorhaltung der örtlichen Infrastruktur nicht vollständig über die Grundgebühr abgedeckt wird. Wenn Arbeitspreise so kalkuliert sind, dass mit Ihnen zum Teil die Infrastrukturkosten bezahlt werden, und das dürfte bei nahezu allen Arbeitspreisen der Fall sein, so führt ein unerwartet hoher Gasabsatz zu Zusatzgewinnen, die der Versorger nach § 315 BGB sogar an den Kunden weitergeben muss. Genauso verhält es sich, wenn für seine Gasbezugskosten bei Erreichen eines bestimmten Mengenbezugs ein höherer Rabatt vereinbart wurde.

Offline nomos

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\"Bestabrechnung\" immer Sondervertrag
« Antwort #2 am: 12. Juli 2009, 20:59:12 »
In den Gaspreistabellen des Baden-Württembergischen Wirtschaftsministeriums gibt es die Bestabrechnung (siehe Spalte) auch in der Grundversorgung.

Was konkret darunter zu verstehen ist, wird nicht erläutert.

BEISPIEL GRUNDVERSORGUNG
                               bis 403          404 - 3.502    ab 3.503 kWh/Jahr
                               netto  brutto   netto  brutto   netto   brutto
Verbrauchspreis Cent/kWh 7,50 8,93 6,60 7,85 5,40     6,43
Grundpreis EUR/Jahr       46,79   55,68   50,42   60,00   92,44   110,00
Hier handelt es sich z.B.  um Allgemeine Preise der Grund- und Ersatzversorgung aufgeteilt in drei verbrauchsabhängige Klassen bezeichnet mit  K  GI und GII.

Abgerechnet wird nicht stufenweise, sondern der Gesamtverbrauch nach dem \"Bestpreis\" entsprechend des Jahresverbrauchs. Ob das jetzt eine Bestabrechnung mit Sondervertragscharakter ist, ist die Frage. Die BW-Tabelle scheint da selbst in der Kennzeichnung nicht eindeutig zu sein.

Offline bjo

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\"Bestabrechnung\" immer Sondervertrag
« Antwort #3 am: 12. Juli 2009, 21:12:42 »
RWE hat doch gerade ein Verfahren angestrengt durch VZ-NRW verloren.
Wenn ich das richtig verstanden habe, haben die Gerichte bis jetzt die Verträge
wie folgt ausgewiesen.

- alle alten Verträge mit Verbräuchen >10.000 kwh / Jahr sind Sonderverträge!
= > das waren alles Verträge mit Bestabrechnung!

Offline RR-E-ft

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\"Bestabrechnung\" immer Sondervertrag
« Antwort #4 am: 13. Juli 2009, 14:42:50 »
@reblaus

Das Äquivalenzverhältnis beurteilt sich nicht nach ökonomischer Sicht, sondern danach, was die Parteien über Preis und Leistung konkret vereinbart haben, namentlich auch, welcher Preis zu zahlen ist, wenn gar kein Gas bezogen wird, nämlich der verbrauchsunabhängige Grundpreis.

Teilweise differenzieren die Netzentgelte nach (bundesweit uneinheitlichen) Verbrauchsstaffeln.

Diese Netzentgelte sind ebenso wie die Kosten der Messung und des Messstellenbetriebs in die Tarife einzukalkulieren und gem. § 40 Abs. 1 EnWG in den Verbrauchsabrechnungen gesondert auszuweisen.

Die Netzentgelte unterliegen gem. § 27 GasNEV einer Publizitätspflicht des betreffenden Netzbetreibers.

Der VIII.Zivilsenat des BGH geht bei Tarifkunden von der Vereinbarung eines feststehenden Tarifes bei Vertragsabschluss aus, wodurch ein Äquivalenzverhältnis vertraglich vereinbart sei, welches fortan gewahrt werden solle. Durch die Vereinbarung eines konkreten Tarifs ist dabei auch geregelt, welcher konkrete verbrauchsunabhängige Grundpreis nach dem vereinbarten Tarif  zu zahlen ist, wenn kein Gas bezogen wird.

Dass eine sog. Bestpreisbarechnung zwischen verschiedenen, parallel nebeneinander bestehenden Tarifen erfolgen soll, bedarf demgemäß zwingend einer besonderen vertraglichen Abrede der Parteien, die das Vertragsverhältnis wohl insgesamt wegen dieser besonderen vertraglichen Abrede als Sondervertrag qualifizieren lässt.

 

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