@belkin
Wie wahr, ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.
Original von Black
Original von RR-E-ft
Es besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Belieferung.
Es besteht ein Anspruch auf Abschluss eines Grundversorgungsvertrages, der dann natürlich Basis der Belieferung ist. Wenn ein Lieferanspruch ohne Vertrag bestehen würde, wäre der Abschluss eines Vertrages in jedem Fall überflüssig. Die GVV wäre auch nicht Vertragsbestandteil sondern würde direkt unmittelbar gelten.
§ 1 Abs. 1 S. 2 GVV
Die Bestimmungen dieser Verordnung sind Bestandteil des Grundversorgungsvertrages zwischen Grundversorgern und Haushaltskunden.
Den feinen Unterschied zwischen Anspruch auf Vertragsschluss und Anspruch auf Belieferung ohne Vertrag sollten Sie schon juristisch treffen können.
@Black
§ 36 Abs. 1 EnWG begründet keinen Anspruch auf Vertragsabschluss, sondern einen
gesetzlichen Anspruch auf Versorgung bzw. Belieferung.
Wenn man die Entscheidung des BGH vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 gründlich liest, wird vielleicht auffällig, dass auch § 4 AVBGasV - eine Bestimmung die Kraft Gesetzes als Vertragsbestandteil in jeden Tarifkundenvertrag einbezogen war - ein
gesetzliches und eben kein vertragliches Leistungsbestimmungsrecht begründen soll (BGH, aaO. Tz. 17). Bei einem vertraglich vereinbarten einseitigen Leistungsbestimmungsrecht hätte die Entscheidung nach Auffassung des BGH wohl anders ausfallen müssen (BGH, aaO. Tz. 32).
Bei einem gestzlichen Kontrahierungszwang wie § 10 Abs. 1 EnWG 1998 ergeben sich die Rechte und Pflichten nach der Lesart des BGH also nicht aus dem Vertrag, sondern vornehmlich unmittelbar aus dem Gesetz, namentlich den Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes und den dazu erlassenen Rechtsverordnungen. Bei § 36 Abs. 1 EnWG und den Bestimmungen der Grundversorgungsverordnung verhält es sich nicht anders.
Dass § 1 GVV bestimmt, dass die Regelungen Vertragsinhalt des Grundversorgungsvertrages sind, kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein solcher gem. § 2 Abs. 2 GVV zustande kommen können soll.
Denknotwendig muss für das Zustandekommen des Grundversorgungsvertrages gem. § 2 Abs. 2 GVV diese
gesetzliche Regelung schon Geltung beanspruchen,
bevor der Grundversorgungsvertrag überhaupt zustande gekommen ist. Es besteht offenbar eine
direkt unmittelbare Geltung der gesetzlichen Bestimmung.
Sie müssten mit Ihrer feinsinnigen Argumentation wohl sagen, dass § 2 Abs. 2 GVV überhaupt nur
als Vertragsinhalt eines breits abgeschlossenen Grundversorgungsvertrages Geltung beanspruchen kann, ein solcher zwischen den Parteien noch nicht besteht, § 2 Abs. 2 GVV deshalb zwischen den Parteien auch
noch nicht anwendbar ist und deshalb ein Grundversorgungsvertrag - weil ein solcher nun einmal noch nicht vertraglich vereinbart wurde - nicht besteht und auch nicht nach § 2 Abs. 2 GVV zustandekommen kann.
So ist es aber ganz gewiss nicht. Den feinen juristischen Unterschied sollten Sie bemerkt haben, und soweit Sie sich mit diesem etwa fest verabredet haben, auch treffen können. Der gesetzliche Anspruch auf Belieferung und Versorgung besteht schon
vor Vertragsabschluss. § 36 Abs. 2 EnWG bestimmt nicht etwa, dass die gesetzliche Lieferverpflichtung bei Nichtabschluss eines Grundversorgungsvertrages nicht besteht, sondern nur wenn die Versorgung für das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist. Solche wirtschaftlichen Gründe sind aber keine rechtlichen Gründe wie etwa ein fehlender Vertragsabschluss. Die Frage des Vertragsabschlusses ist bei gesetzlichem Kontrahierungszwang eher sekundär. Der Vertragsabschluss ist zumeist eine bloße Fiktion/ wird fingiert.
Das liegt schon daran, dass der Grundversorger gesetzlich zur Belieferung auch des Haushaltskunden verpflichtet ist, dessen Nase ihm nicht passt und mit dem er deshalb schon aus Prinzip keinen Vertrag abschließen möchte. Der Haushaltskunde, dem die Belieferung wegen seiner Nase oder ohne Begründung verweigert wird, muss konsequenterweise nicht auf Vertragsabschluss, sondern direkt auf Belieferung klagen. Wäre es anders, müsste wohl erst auf Vertragsabschluss und dann auf Vertragserfüllung geklagt werden. So ist es aber nicht vorgesehen.
Wer sich zu Ostern nicht mit anderen Mysterien befasst, wird vielleicht der Frage nachgehen, ob zuerst das Ei oder die Henne da war, oder ob das Ei auf dem Tisch nicht doch vom Osterhasen stammt.