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Stadtwerke GmbH als Kommunalbetrieb?

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Lothar Gutsche:
@ Rob

Eine schöne Quelle für das Landesrecht im Freistaat Bayern liefert die Seite http://www.rechtliches.de/bayern/G.html. Besonders interessant sind vermutlich Gemeindeordnung, Kommunalabgabegesetz und Eigenbetriebsverordnung. Darüber hinaus sind allgemeine Feststellungen vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesgerichtshof auch in Bayern von Interesse, selbst wenn manche Landesbehörde davon vielleicht nichts wissen will. Bei Interesse kann ich Ihnen von meinen aktuellen Erlebnissen mit der bayerischen Kommunalaufsicht und mit den Bayerischen Finanzbehörden berichten.

Eine GmbH oder AG im öffentlichen Eigentum unterliegt eben nicht ausschließlich den einschlägigen Gesetzen für Kapitalgesellschaften. Selbst in der Wirtschaftsprüfung gibt es mit § 53 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) besondere Vorschriften zur Rechnungslegung, es gibt erhöhte Publizitätspflichten, wie höchste deutsche Gerichte immer wieder feststellen (siehe unten).

Es gibt vom Bayerischen Staatsministeriums des Innern mit dem Erlass IB4-1513.1-2 vom 08.11.1995 ein Spekulationsverbot. Der Erlass befasst sich mit „Derivativen Finanzierungsinstrumenten für Kommunen, insbesondere SWAP - Geschäfte“. Solchen Spekulationsverboten ist eine 100 % private Kapitalgesellschaft nicht unterworfen, wie im Zusammenhang mit Zinsspekulationsverlusten der Stadtwerke Würzburg und dem darauf aufbauenden Zivilprozess mit der Deutschen Bank 2007/2008 öffentlich bekannt wurde.


Gemeindeordnung
In der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung - GO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 1998, Quelle: http://by.juris.de/by/gesamt/GemO_BY_1998.htm#GemO_BY_1998_rahmen, ist der 4. Abschnitt über Gemeindliche Unternehmen relevant:
Art. 86 Rechtsformen
Art. 87 Allgemeine Zulässigkeit von Unternehmen und Beteiligungen
Art. 88 Eigenbetriebe
Art. 89 Selbständige Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts
Art. 90 Organe des Kommunalunternehmens; Personal
Art. 91 Sonstige Vorschriften für Kommunalunternehmen
Art. 92 Unternehmen in Privatrechtsform
Art. 93 Vertretung der Gemeinde in Unternehmen in Privatrechtsform
Art. 94 Sonstige Vorschriften für Unternehmen in Privatrechtsform
Art. 95 Grundsätze für die Führung gemeindlicher Unternehmen
Art. 96 Anzeigepflichten


Kommunalabgabengesetz
Im Kommunalabgabengesetz (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993, Quelle: http://by.juris.de/by/gesamt/KAG_BY_1993.htm#KAG_BY_1993_rahmen, scheint Artikel 8 über Benutzungsgebühren relevant zu sein.


Eigenbetriebsverordnung
In der Eigenbetriebsverordnung (EBV) vom 29. Mai 1987, Quelle: http://by.juris.de/by/gesamt/EBetrV_BY_1987.htm#EBetrV_BY_1987_rahmen, ist Artikel 8 über Gewinne und Verluste aufschlussreich.  


Grundrechtsfähigkeit öffentlicher Unternehmen
Die fehlende Grundrechtsfähigkeit öffentlicher Unternehmen ist vom Bundesverfassungsgericht bei der Verfassungsbeschwerde der Hamburger Electricitäts-Werke AG HEW festgestellt worden, siehe Beschluss 1 BvR 705/88 vom 16.5.1989. Das wurde hier im Forum auch schon mehrfach zitiert im Zusammenhang mit der Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsverfassungsgericht die fehlende Grundrechtsfähigkeit öffentlicher Unternehmen schon mehrfach festgestellt:
•   in dem Beschluss 1 BvR 108, 424/73 und 226/74 vom 7. Juni 1977 im Fall Stadtwerke Hameln heißt es: „Zwar gelten die Grundrechte nach Art. 19 Abs. 3 GG auch für juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Wie das Bundesverfassungsgericht wiederholt entschieden hat, sind jedoch die Grundrechte und der zu ihrer Verteidigung geschaffene Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde auf juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie öffentliche Aufgaben erfüllen, grundsätzlich nicht anwendbar (BVerfGE 21, 362 [369 ff.]; 23, 353 [372]; 25, 198 [205]; 26, 228 [244]; 35, 263 [271]; 39, 302 [312 ff.]).“ Der Stadtwerke Hameln AG wurde vom Bundesverfassungsgericht keine Grundrechtsfähigkeit zuerkannt, siehe http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv045063.html.
•   am 14. April 1987 entschied das Bundesverfassungsverfassungsgericht unter 1 BvR 775/84 zum Fall Sparkassen, siehe http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv075192.html: „Demgegenüber sind die materiellen Grundrechte und der zu ihrer Verteidigung geschaffene Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde auf juristische Personen des öffentlichen Rechts nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht anwendbar. Jedenfalls gilt dies, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen.  …  Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben macht die juristische Person des öffentlichen Rechts auch dann nicht zum grundrechtsgeschützten \"Sachwalter\" des Einzelnen bei der Wahrnehmung seiner Grundrechte, wenn sie, wie dies etwa bei der Daseinsvorsorge möglich ist, zugleich der Verwirklichung seiner Grundrechte förderlich ist (BVerfGE 61, 82 [103 f.]).“


Kostendeckungsprinzip
Die Gewinne der Energieversorger in kommunaler Hand müssen dem Kostendeckungsprinzip genügen und dürfen den Kommunen nicht gesetzwidrige Finanzquellen erschließen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 21.9.2005 unter Aktenzeichen VIII ZR 8/05 festgehalten: „Das Kostendeckungsprinzip gehört zu den grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens, die die öffentliche Hand auch dann zu beachten hat, wenn sie öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt (BGHZ 115, 311, 318 ).“ Die Urteilsbegründung findet sich kostenlos im Internet z. B. unter http://www.recht-in.de/urteile/urteilzeigen.php?u_id=123455.

Noch deutlicher wird der Bundesgerichtshof in dem Urteil unter Aktenzeichen VIII ZR 7/05, das ebenfalls vom 21.9.2005 stammt und z. B. unter http://lexetius.com/2005,2328 zu finden ist: „Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die öffentliche Hand, wenn sie sich entschließt, Leistungsverhältnisse im Rahmen der Daseinsvorsorge in privatrechtlicher Form zu regeln, bei der Festsetzung der Tarife und Entgelte auch öffentlich-rechtliche Vorgaben zu beachten hat. Sie hat neben den Grundrechten jedenfalls die grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens zu beachten (Urteil vom 5. Juli 2005, aaO, unter II 2 c bb (1); BGHZ 115, 311, 318; 91, 84, 96 f.). Entscheidend dafür ist die Schutzbedürftigkeit des einzelnen Bürgers gegenüber der Erschließung gesetzwidriger Finanzquellen durch die öffentliche Verwaltung, die dem Bürger nicht Entgelte für Leistungen abverlangen soll, für die bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses Abgaben nicht erhoben werden dürften (BGHZ 115, 311, 318; 91, 84, 97).“


Viele Grüße
Lothar Gutsche

RuRo:
@Lothar Gutsche
Sie haben den Bayer. Verfassungsgerichtshof vergessen  :rolleyes:
Sie haben die Bayer. Verfassung vergessen.

Definieren Sie mal die unmittelbaren und mittelbaren Pflichtaufgaben einer bayer. Kommune im eigenen Wirkungskreis. Wenn Sie dabei zu einer Energieversorgungspflicht gelangen - Respekt.

Haben Sie bezüglich Gemeindeordnung, Kommunalabgabengesetz, Eigenbetriebsverordnung und nicht zu vergessen Haushaltsgrundsätzegesetz den jeweiligen Anwendungsbereich und Adressaten ermittelt?

Bei letzterem sind es wohl der Bund und die Länder.

Erhellend kann wohl nur eine Antwort von Rob sein, was mit der Fragestellung bezweckt wird bzw. in welche Richtung er dabei denkt.

nomos:

--- Zitat ---Original von RuRo
@nomos
Es ist so ermüdend - ***gähn*** - Sie wollen bei dem Thema einfach nichts dazu lernen. Benennen Sie bitte eine GmbH des öffentlichen Rechts, bitte.
--- Ende Zitat ---
@RuRo, was wir einen Quatsch soll ich benennen? ***gähn*** Wer lernt hier nichts?

Es geht um Städte und Gemeinden, um öffentliche Hände, die das öffentliche Recht  auch dann zu beachten haben, wenn sie öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts erfüllen.  Wenn eine Stadt eine GmbH gründet, ist damit das öffentliche Recht nicht außer Kraft gesetzt.

Noch eine Erläuterung, ob es was nützt?

Was soll der Hinweis auf die \"Adressaten\"? Wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, dass es in Bayern zwar Gesetze und Verordnungen gibt, die aber an den genannten \"Adressaten\" scheitern. Dann soll man  die Bayer. Verfassung und den Bayer. Verfassungsgerichtshof nicht vergessen. Ja hallo![/list]

RuRo:

--- Zitat ---Original von nomos
Wenn eine Stadt eine GmbH gründet, ist damit das öffentliche Recht nicht außer Kraft gesetzt.
--- Ende Zitat ---

Richtig, doch gilt es auch noch für die wirtschaftliche Betätigung der GmbH?

Der Hinweis auf BayVGH und BV sollte nur belegen, dass es überhaupt nichts bringt, willkürlich irgendwelche bayer. Gesetze und Verordnungen ausgraben zu wollen.

nomos:

--- Zitat ---Original von RuRo
[Richtig, doch gilt es auch noch für die wirtschaftliche Betätigung der GmbH?

--- Ende Zitat ---
Ja, das gilt \"auch noch\" bei einer wirtschaftlichen Betätigung einer GmbH im Eigentum der öffentlichen Hand.  Empfehlung, die bayerische Gemeindeordnung doch mal zu lesen:

........
      bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

2 Alle Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche, mit denen die Gemeinde oder ihre Unternehmen *) an dem vom Wettbewerb beherrschten Wirtschaftsleben teilnehmen, um Gewinn zu erzielen, entsprechen keinem öffentlichen Zweck. 3 Soweit Unternehmen entgegen Satz 2 vor dem 1. September 1998 errichtet oder übernommen wurden, dürfen sie weitergeführt, jedoch nicht erweitert werden.

... und da gibt es noch viel mehr zu lesen.

*) damit ist auch eine GmbH, eine AG oder wie wir jetzt sehen auch mal eine eG gemeint. Man sollte sich die \"Genossen\" immer genau ansehen.
 [/list]

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