Anmerkung zur Pressemitteilung des BGH:
In der Pressemitteilung führt der BGH u.a. aus, \"[...]dass bei zum Verbrauch bestimmten und tatsächlich verbrauchten Waren – und damit auch bei der leitungsgebundenen Lieferung von Strom und Gas[...]\", sowie \"Andererseits besteht der Sinn und Zweck des Widerrufsrechts darin, dem Verbraucher nach der Lieferung der Ware ein Recht zur Lösung vom Vertrag zu geben,[...]\"(Hervorhebungen durch den Autor).
Wenn ich die Sachverhaltsschilderung richtig verstanden habe, dann handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Situation, in der es bisher noch zu keinem Warenaustausch gekommen ist.
Weshalb der BGH die Notwendigkeit gesehen hat, auch im vorliegenden Fall, also ohne Warenaustausch, die Frage dem EuGH vorzulegen, erschließt sich mir nicht ganz.
Den Willen des Gesetzgebers findet man am Besten in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahrens.
Der Gesetzgeber hat das Widerrufsrecht bei Verträgen ausgeschlossen, in denen die Ware nach Benutzung oder ansonsten wertlos geworden und deshalb ein Widerrufsrecht für den Unternehmer nicht zumutbar ist.(BT-Drs. 14/2658 S. 44)
In der Gesetzesbegründung(BT-Drs. 14/2658 S. 44, BR-Drs. 25/00 S. 118, 119) wird u.a. das Beispiel mit der Vermischung von bereits im Heizöltank befindlichem Heizöl mit neu geliefertem Heizöl aufgeführt.
Der Gesetzgeber meint dazu, \"Heizöl muss den hierfür festgelegten DIN-Normen entsprechen um als Heizöl vertrieben werden zu können. Durch die Vermischung mit im Tank des Kunden vorhandenem Heizöl kann es - je nach dessen Zustand - die nach der DIN-Norm erforderlichen Eigenschaften verlieren.\"
\"Deshalb kann der Widerrufsausschluss auch bei Heizöl greifen.\"
(Hervorhebungen durch den Autor)
Dem Gesetzgeber geht es klar darum, ob die Ware(im vorliegenden Beispiel Heizöl) noch den normierten Vorgaben entspricht, und gerade nicht, ob die selben Moleküle zurück gegeben werden können/könnten.
Die Ware(bspw. Heizöl) an sich kann rein faktisch natürlich zurückgegeben werden, an einer tatsächlichen Unmöglichkeit mangelt es daher nicht.
Hätte der Gesetzgeber einen viel weiteren Anwendungsspielraum für § 312 Abs. 4 BGB gewollt, dann hätte auf ein solch spezielles und enges Anwendungsbeispiel verzichtet, oder noch zusätzliche, rein praktische Unmöglichkeitsbeispiele aufgeführt.
Wie der EuGH entscheiden wird, werden wir sehen.
Der EuGH hat nach ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Ausnahmen von gemeinschaftsrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften eng auszulegen sind. (siehe u.a. EuGH v. 10.5.2001 Rs C-203/99, Slg. 2001, I-3569, Rz. 15, EuGH v. 13.12.2001 Rs 481/99, Slg. 2001 I-9945, Rz. 31).
Zumal es im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt des Widerrufs wohl überhaupt noch nicht zu einem Warenaustausch bzw. Strom- oder Gaslieferung gekommen ist.
Grüße
belkin