Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Verjährung von Rückforderungsansprüchen der Sondervertragskunden - Zeit der Gegenrechnungen
RR-E-ft:
@reblaus
Der Zahlung als Erfüllungshandlung kann grundsätzlich kein weiterer Erklärungsgehalt entnommen werden. Unter besonderen Umständen kann eine Erfüllungshandlung jedoch außerhalb des Kausalgeschäfts den Abschluss eines Anerkenntnisvertrages durch Angebot und Annahme begründen, wofür die besonderen Umstände festgestellt sein müssen.
Wenn die Erfüllungshandlung das zugrunde liegende Kausalgeschäft nachträglich beeinflussen könnte, wäre das Abstraktionsprinzip. welches § 812 BGB zu Grunde liegt (unzulässig) durchbrochen.
Nach dem geltenden Abstraktionsprinzip richtet sich die Erfüllungshandlung auf eine bereits bestehende Schuld oder aber auf eine Nichtschuld. Im letzteren Fall besteht ein Kondiktionsanspruch. Die Erfüllungshandlung begründet nachträglich keine Schuld im Kausalsgeschäft, allenfalls außerhalb des selben durch besonderen Anerkenntnisvertrag. Ein solcher Anerkenntnisvertrag zeitigt Wirkung regelmäßig für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum, nicht aber für die Zukunft.
@Black
Der BGH stellt in VIII ZR 36/06 auf die gesetzlichen Bestimmungen der AVB ab, aus denen sich zum einen das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB als auch die nachträgliche Preisneuvereinbarung ergeben sollen. Bei Sondervertragskunden gibt es schon kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht. Auch die anderen Wertungen mit Rücksicht auf § 2 Abs. 2 AVBV lassen sich nicht übertragen, weil diese Bestimmungen auf Energielieferungsverträge außerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht keine Anwendung finden, KZR 2/07 Tz. 26, VIII ZR 274/06.
--- Zitat ---BGH VIII ZR 36/06 Tz. 36
Der Berücksichtigung der etwaigen Unbilligkeit vergangener Preiserhöhungen im Rahmen der Überprüfung der hier streitgegenständlichen Preiserhöhung zum 1. Oktober 2004 steht aber entgegen, dass der Kläger die auf diesen Tarifen basierenden Jahresabrechnungen (vgl. § 24 Abs. 1 AVBGasV) unbeanstandet hingenommen hat. Kommt zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Kunden - ob ausdrücklich oder konkludent gemäß § 2 Abs. 2 AVBGasV durch Entnahme von Gas aus einem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens - ein Gaslieferungsvertrag zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen zustande (vgl. auch RGZ 111, 310, 312; BGHZ 115, 311, 314; Senatsurteil vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131, unter II 1 a m.w.N. zum Stromlieferungsvertrag), so ist der von dem Kunden zu zahlende Preis durch den zuvor von dem Gasversorgungsunternehmen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 EnWG 1998 veröffentlichten Tarif eindeutig bestimmt und als solcher mit dem Abschluss des Vertrags zwischen den Parteien vereinbart (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007, aaO, unter II 1 a). Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis.
--- Ende Zitat ---
Das alles lässt sich auf Sondervertragskunden, für welche die gesetzlichen Bestimmungen der AVBV/ GGVV nicht gelten, nicht übertragen, vgl. nur VIII ZR 240/90.
reblaus:
In dem oben genannten Meinungsstreit ging es aber um die Deutung von BGH VIII ZR 36/06 und nicht um die Übertragung des dort festgeschriebenen \"Sockelpreises\" auf die Situation bei Sonderverträgen mit unwirksamen Preisbestimmungsklauseln.
Die BGH-Rechtsprechung ist nicht auf die Situation in Sonderverträgen übertragbar. In diesem Fall muss nicht nur ein Preis konkludent geändert werden, sondern es müsste konkludent eine wirksame einseitige Preisbestimmungsklausel vereinbart werden, und das zu einem Zeitpunkt zu dem beide Vertragsparteien irrigerweise davon ausgehen, dass eine solche Klausel bereits vereinbart sei. Diese Frage stand meines Wissens hier nie in Streit.
RR-E-ft:
BGH, Urt. v. 18.02.2009 - XII ZR 163/07 zur Darlegungs- und Breweislast im Rückforderungsprozess hinsichtlich negativer Tatsachenumstände (fehlender Rechtsgrund).
--- Zitat ---Für den Bereicherungsanspruch trägt grundsätzlich derjenige die volle Darlegungs- und Beweislast, der den Anspruch - sei es im Wege der Klage, sei es zum Zwecke der Aufrechnung - geltend macht. Durch die den Bereicherungsschuldner für sog. negative Umstände treffende sekundäre Behauptungslast und durch seine Verpflichtung zum substantiierten Bestreiten des gegnerischen Vortrags ändert sich nichts an der grundsätzlichen Beweislast des Bereicherungsgläubigers.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Beklagte ihren Bereicherungsanspruch gegen den Kläger darzulegen und zu beweisen hat.
Wer einen Anspruch geltend macht, muss das Risiko einer Klagabweisung tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Hieraus folgt, dass grundsätzlich derjenige alle anspruchsbegründenden Tatsachen behaupten und im Bestreitensfalle nachweisen muss, der den Anspruch - sei es im Wege der Klage, sei es zum Zwecke der Aufrechnung - geltend macht. Dieser Grundsatz gilt auch, soweit sogenannte negative Umstände anspruchsbegründend sind. Deshalb hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs derjenige, der einen Anspruch aufgrund § 812 Abs. 1 BGB geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für dessen negatives Tatbestandsmerkmal, nämlich dass die Vermögensmehrung, die der als Schuldner in Anspruch Genommene herausgeben soll, ohne Rechtsgrund besteht (BGH Urteile vom 18. Mai 1999 - X ZR 158/97 - NJW 1999, 2887 und vom 14. Dezember 1994 - IV ZR 304/93 - NJW 1995, 662, 663). Das gilt grundsätzlich auch in Fällen der Eingriffskondiktion (BGHZ 169, 377, 379 f. = FamRZ 2007, 386).
b) Hieraus kann allerdings nicht abgeleitet werden, dass der Bereicherungsschuldner als Gegner des grundsätzlich darlegungs- und beweisbelasteten Bereicherungsgläubigers zu Sachvortrag im Hinblick auf den Rechtsgrund der erfolgten Vermögensmehrung überhaupt nicht verpflichtet sei. Mit seiner Weigerung, das Erlangte dem Anspruchsteller herauszugeben, bringt ein wegen ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch Genommener zwar zum Ausdruck, sich auf das Bestehen eines Rechtsgrundes berufen zu wollen. Worauf sich dieser Wille gründe, wird allein hierdurch jedoch nicht erkennbar.
Ohne weitere Angaben des in Anspruch Genommenen müsste der Anspruchsteller daher alle auch nur entfernt in Betracht zu ziehenden Gründe durch entsprechende Darlegungen ausräumen. Das ist zwar nicht unmöglich, aber dann nicht zumutbar, wenn es andererseits dem Anspruchsgegner unschwer möglich ist, den Grund seiner Weigerung, das Erlangte zurückzugewähren, näher darzulegen.
Wenn der zu beurteilende Sachverhalt durch derart unterschiedliche Möglichkeiten gekennzeichnet ist, hat aus Zwecken der Prozessförderung zunächst die als Schuldner in Anspruch genommene Partei, hier also der Kläger, die Umstände darzulegen, aus denen sie ableitet, das Erlangte behalten zu dürfen. Erst wenn sie diese Mitwirkungshandlung vorgenommen hat, kann und muss die für den Anspruch aus § 812 BGB darlegungs- und beweisbelastete Partei im Rahmen zumutbaren Aufwands diese Umstände durch eigenen Vortrag und - im Falle des Bestreitens - durch geeigneten Nachweis widerlegen, um das Fehlen eines rechtlichen Grundes darzutun. Danach obliegt dem Prozessgegner eine sogenannte sekundäre Behauptungslast, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Gegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BGH Urteile vom 14. Juli 2003 - II ZR 335/00 - NJW-RR 2004, 556 und vom 18. Mai 1999 - X ZR 158/97 - NJW 1999, 2887 f.).
c) Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts blieb danach die Beklagte für alle Voraussetzungen ihres Bereicherungsanspruchs, also auch für den mit der Zahlung verfolgten gemeinsamen Zweck, darlegungsund beweisbelastet. Dem Kläger als Bereicherungsschuldner obliegt zwar - sei es im Rahmen eines von ihm zu erwartenden substantiierten Bestreitens oder im Rahmen einer sekundären Darlegungslast - ein Vortrag zu den konkreten
--- Ende Zitat ---
Zum hiesigen Meinungsstreit dazu.
Ich meine für die Schlüssigkeit einer Kondiktionsklage genüge es zunächst, eine erfolgte Leistung und Vermögensmehrung beim Bereicherungsschuldner darzulegen und unter Beweis zu stellen und vorzutragen, dass diese Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Es ist dann zunächst am Bereicherungsschuldner, einen Rechtsgrund für die erlangte Leistung darzulegen, deren Umstände der Bereicherungsgläubiger dann wieder bestreitet....
reblaus:
--- Zitat ---Original von reblaus
Die BGH-Rechtsprechung ist nicht auf die Situation in Sonderverträgen übertragbar. In diesem Fall muss nicht nur ein Preis konkludent geändert werden, sondern es müsste konkludent eine wirksame einseitige Preisbestimmungsklausel vereinbart werden, und das zu einem Zeitpunkt zu dem beide Vertragsparteien irrigerweise davon ausgehen, dass eine solche Klausel bereits vereinbart sei. Diese Frage stand meines Wissens hier nie in Streit.
--- Ende Zitat ---
Da muss ich mich korrigieren. Black bestreitet das. Er hat aber noch kein BGH-Urteil zu seiner Meinung vorgelegt, noch erläutert welche Erklärungen er für solch eine Preisänderung notwendig erachtet, und wie diese konkludent abgegeben worden sein sollen.
Black:
--- Zitat ---Original von reblaus
Da muss ich mich korrigieren. Black bestreitet das. Er hat aber noch kein BGH-Urteil zu seiner Meinung vorgelegt, noch erläutert welche Erklärungen er für solch eine Preisänderung notwendig erachtet, und wie diese konkludent abgegeben worden sein sollen.
--- Ende Zitat ---
Siehe oben:
--- Zitat ---Original von Black
BGH, VIII ZR 36/06, S. 19; BGH VIII ZR 138/07
Das hat sogar RR-E-ft zur Kenntnis nehmen müssen:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Der achte Zivilsenat des BGH hängt bedauerlicher Weise weiter seiner These an, durch einen unwidersprochenen Weiterbezug und vorbehaltslose Zahlungen des Tarifkunden käme es zu einer konkludenten Preisneuvereinbarung, die als solche keiner Billigkeitskontrolle mehr unterliege.
BGH, Urt. v. 19.11.2008, VIII ZR 138/07 - Erdgas- Tarifkunde
--- Ende Zitat ---
--- Ende Zitat ---
Der BGH hat also in zwei Entscheidungen bestätigt, dass nach seiner Auffassung die vorbehaltslose Zahlung eine konkludente Preisvereinbarung darstellt. Das Gegenargument hierzu lautet, dass dies ja nur eine Entscheidung für Tarifkunden gewesen sei.
Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der BGH zur Begründung dieser Preisneuvereinbarung in keinem Punkt auf eine Besonderheit des Tarifkunden verweist, die beim Sonderkunden nicht gegeben wäre. Natürlich gibt es generell Unterschiede zwischen Tarifkunden und Sonderkunden. Aber keiner dieser Unterschiede verhindert eine Übertragbarkeit der Rechtsauffassung zur Preisvereinbarung auf den Sonderkunden.
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