Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Ölpreisbindung  (Gelesen 4456 mal)

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Offline Hetra

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Ölpreisbindung
« am: 22. Januar 2009, 14:10:41 »
Hallo,

ich bin noch ein relativer Neuling in der Branche, aber ich hätte da mal eine Frage: wer bestimmt eigentlich, dass der Gaspreis an den Ölpreis gebunden ist? Könnte ein Stadtwerk oder sonstiger Versorger einfach diese Bindung aufheben um günstigere Preise zu machen oder damit zu werben, dass die Gaspreise nicht gebunden sind?

Danke für die Antworten.
Hetra

Offline Black

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Ölpreisbindung
« Antwort #1 am: 23. Januar 2009, 19:30:28 »
Als Einstieg:

Ölpreisbindung
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Ölpreisbindung
« Antwort #2 am: 23. Januar 2009, 19:56:34 »
In den Langfristverträgen zwischen ausländischen Erdgasproduzenten und den deutschen Importeuren ist eine übliche Ölpreisbindung (sog. \"europäische Formel\") vertraglich vereinbart, wonach sich der Gaspreis in US- Dollar pro 1.000 Kubikmeter nach Rotterdammer Rohölnotierungen (Nordsee- Öl Brent) richtet.

Preisbestimmend sind aufgrund dieser Ölpreisbindung neben dem vereinbarten Ausgangspreis die Entwicklung der Rotterdammer Rohlnotierungen und die Entwicklung des Kursverhältnisses US- Dollar/ Euro.

Dies führt insgesamt zu Schwankungen des Erdgasimportpreises (Wert der Ware an der deutschen Grenze), der vom BAFA monatlich in Ct/ kWh statistisch erfasst wird.

Das so nach Deutschland importierte Gas wird im Inland jedoch nicht mit dieser Ölpreisbindung gehandelt. Die Gaspreise in Deutschland entwickeln sich nominal  anders als der Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze, sind insoweit von der Entwicklung auf dem \"Weltenergiemarkt\" abgekoppelt.

Stadtwerke haben verschiedene Bezugsoptionen, die sich seit 2006 grundlegend verbessert haben. Sie müssen das Gas nicht mehr aufgrund von Langfristverträgen mit einer Ölpreisbindung beziehen. Es gibt auch befristete Lieferverträge zu Fixpreisen am Markt. Durch die Verpflichtung zur Ausschreibung des Gasbezugs im Wettbewerb nach den Vergabeverordnungen sollen kommunale Stadtwerke dazu angehalten werden, dass beste Angebot zu suchen und zu wählen.

Siehste hier.

Bezieht ein Stadtwerk - wie aufgezeigt -  ohne Ölpreisbindung (zB zu einem Fixpreis), so hängen dessen Kosten der Gaslieferung auch nicht von den Ölpreisen ab und die Gaspreise für Letztverbraucher auch nicht.

Jedes Stadtwerk ist grundsätzlich verpflichtet, den eigenen Gasbezug  im Wettbewerb auszuschreiben. Ob dabei ein Angebot mit Ölpreisbindung zum Zuge kommt oder aber ein Konkurrenzangebot ohne eine solche Bindung, richtet sich nach den vergaberechtlichen Bestimmungen. Wenn eine Ausschreibung erfolgt, soll grundsätzlich das günstigste Angebot zum Zuge kommen.

Verwist ein Stadtwerk pauschal auf Ölpreisbindung, kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass dieses den eigenen Gasbezug nicht im Wettbewerb ausgeschrieben und nicht nach dem günstigsten Angebot auf dem vorgelagerten Markt gesucht hatte. Oftmlas sorgten vom Vorlieferanten organisierte und bezahlte sog. Lustreisen dazu, dass man am alten Vorlieferanten festhielt, obschon man die Möglichkeit gehabt hätte, günstigere Angebote einzuholen.

Offline Stadt/Versorger

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Ölpreisbindung
« Antwort #3 am: 23. Januar 2009, 21:54:55 »
Es wäre schön ,wenn die Stadtwerke in bestimmten Zeitabständen die Energiebezüge neu ausschreiben müssten. Gibt es hierfür ggf. eine gesetzliche Bestimmung ?
Unsere Stadtwerke verweisen auf langfristige Lieferverträge,die \"zum Vorteil der Stadtwerke sind\" ,wie mir versichert wurde.

Offline RR-E-ft

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Ölpreisbindung
« Antwort #4 am: 23. Januar 2009, 22:12:36 »
Wer nie eine Ausschreibung des Gasbezugs im Wettbewerb - europaweit - durchgeführt hat, kann m.E. gar nicht wissen, ob sein Langfristvertrag vorteilhaft ist. Vorteilhaft mögen allein Vergünstigungen sein, die der ewige  Vorlieferant ggf. Entscheidungsträgern zukommen lässt.

Offline Pölator

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Ölpreisbindung
« Antwort #5 am: 24. Januar 2009, 12:51:53 »
Hallo,
wieder lernt man dazu... .
Was ist aber mit Stadtwerken, welche in eine GmbH umgewandelt wurden, aber zu 100% der Stadt gehören.Trifft auf diese auch die Ausschreibungsplicht zu?
Wenn ja, wo finde ich diese rechtliche Grundlagen?

Danke,
schönes Wochenende
Pölator

Offline Lothar Gutsche

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Ölpreisbindung
« Antwort #6 am: 25. Januar 2009, 12:24:56 »
@ Pölator

vor zwei Jahren war ich auf der Suche nach Rechtsvorschriften, die eine Ausschreibungspflicht meiner Stadtwerke in Würzburg begründen. Eine gesetzliche Pflicht zur europaweiten Ausschreibung habe ich im Vergaberecht leider nicht gefunden. Ich habe überhaupt keine Ausschreibung irgendeines Stadtwerkes zum Bezug von Gas oder Strom entdecken können. Der Grund ist vermutlich die relevante Regelung in der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 \"zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste\", siehe im Internet z. B. unter http://74.125.77.132/search?q=cache:GMr0qtaYpO8J:eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do%3Furi%3DOJ:L:2004:134:0001:0113:DE:PDF+2004/17/EG&hl=de&ct=clnk&cd=1&gl=de&client=firefox-a oder in Google \"2004/17/EG\" eingeben. (* aus mir unerfindlichen Gründen will das System hier den Link auf das Amtsblatt L 134/1 der Europäischen Union vom 30.4.2004 nicht annehmen, sondern zaubert irgendwelche unerwünschten Icons in den Text hinein *)

In der Richtlinie 2004/17/EG definieren in recht verklausulierter Form die Artikel 3 und Artikel 26 eine Ausnahme für die Ausschreibungspflicht ausgerechnet für \"Aufträge zur Lieferung von Energie oder von Brennstoffen zur Energieerzeugung\". Durch diese Ausnahme werden gerade für den Energiebezug von Stadtwerken die sonst in der EU üblichen Grundsätze der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung in Frage gestellt, selbst wenn sie die maßgeblichen Schwellen von 422.000 Euro übersteigen.

Angebote zum Bezug von Gas und Strom unter wirksamen Wettbewerbsbedingungen sind in bestimmten Kreisen nicht erwünscht. Denn eine öffentliche Ausschreibung mit dem Vergabekriterium „niedrigster Preis“ könnte die heutigen Kartelle und Missbrauchmöglichkeiten zerstören. Die Ausnahmeregelung ist vermutlich das Werk von Brüsseler Lobbyisten, die z. B. als \"abgeordnete nationale Sachverständige\" oder als \"temporary administrator\" die EU-Kommission unterwandert haben. Über solche Lobbyistenaktivitäten berichten immer wieder Prof. Dr. Kim Otto und Sascha Adamek, die Autoren des Buches \"Der gekaufte Staat\", siehe z. B. die neueste Studie  \"Lobbyismus als Schatten-Management in Politik und Medien\" vom Dezember 2008 der netzwerk recherche e.V. unter http://www.netzwerkrecherche.de/docs/nr-werkstatt12-Lobbyismus-als-Schatten-Management-in-Politik-und-Medien.pdf Wegen dieser für Energiepreisprotestler traurigen Rechtslage musste ich tiefer in das Gesellschaftsrecht einsteigen und bei meinen Strafanzeigen gegen die Stadtwerke-Vorstände wegen Untreue nach § 266 StGB die Tatsache nutzen, dass viele Stadtwerke wie z. B. die in Würzburg bei einem ihrer Aktionäre einkaufen und deshalb nach dem Aktienrecht erhöhten Sorgfaltspflichten unterliegen.

Die Nebelkerzen, die in Brüssel gezündet werden, haben sogar den Blick des sonst so scharfsinnigen Anwaltes Fricke trüben können. Wer es noch nicht begriffen hat: die EU dient nicht den Bürgern, sondern einigen wenigen Großkonzernen! Weitere Details zu Zielen und Grenzen der EU werden am 10. und 11.2.2009 in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon diskutiert, siehe http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-002.html.  


Viele Grüße
Lothar Gutsche

Offline RuRo

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Ölpreisbindung
« Antwort #7 am: 25. Januar 2009, 12:36:37 »
@Stadt/Versorger
Als rechtliche Grundlage reicht womöglich schon das GWB.
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline Lothar Gutsche

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Ölpreisbindung
« Antwort #8 am: 25. Januar 2009, 14:26:58 »
@ RuRo

Das GWB ist doch recht umfangreich. Ein Blick in § 100 Absatz 2 GWB schränkt den Suchbereich doch deutlich ein. Dort ist geregelt, wo das Vergaberecht mit der Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung gerade nicht gilt.  Unter Punkt f) und Punkt g) von § 100 GWB Absatz 2 sind die hier relevanten Energieversorger genannt. In § 127 GWB, in dem die Bundesregierung zu bestimmten Rechtsverordnungen zur Auftragsvergabe ermächtigt wird, finden sich mehrere Referenzen auf die EU-Richtlinien. Im übrigen würde im Streitfall nach den EG-Verträgen das EU-Recht über dem deutschen Recht stehen, wie z. B. der Streit um das VW-Gesetz zeigt.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche

Offline DieAdmin

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Ölpreisbindung
« Antwort #9 am: 25. Januar 2009, 16:44:55 »
@Lothar Gutsche,

das das Link nicht geht, liegt daran, dass die Angabe sehr viele Sonderzeichen enthält, die die Linkgenierung streiken lässt: Probleme bei Link-Umwandlung (URL-Tag)

Das scheiterte auch, als ich direkt auf der HP das entsprechende Dokument gefunden hatte, deswegen nun das Link als Code. Wer es also direkt ansteuern möchte, muss die Adresszeile in seinen Browser kopieren

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32004L0018:DE:HTML

oder hier zur Suchanfrage: die Suchanfrage

2004/17/EG

 

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