Energiepreis-Protest > Stadtwerke Tornesch

Dritter Termin beim LG Itzehoe 15.01.2009

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Alexander Heyers:

--- Zitat ---Falls das Verfahren einmal abgeschlossen wird, gibt es sicher eine Veröffentlichung.
Zum jetzigen Zeitpunkt wird unsere Anwältin es wohl noch nicht herausgeben.
--- Ende Zitat ---

die gewechselten Schriftsätze füllen (ohne den \"sonstigen\" Schriftverkehr) mittlerweile einen vollständigen DinA4-Ordner, das hier reinzustellen würde ggf. den Rahmen des Forums sprengen.
Abgesehen davon wäre es auch müßig, das Verfahren läuft ja nun in der Eingangsinstanz bereits seit 2006. In dieser Zeit hat sich vieles geändert, manches zum Guten, manches zum Schlechten.

Das Gericht hat angedeutet, dass es nach der bisherigen Sachlage ein Sachverständigengutachten anordnen wird, in welchem über die Billigkeit der Preiserhöhungen seit Oktober 2004 Stellung genommen werden soll.

Streitig ist diesbezüglich die Frage der Relevanz der Monoplstellung des Versorgers. Ich halte diese bezogen auf die Überprüfung der Preiserhöhung für irrelevant,
mE hat der BGH (VIII. Senat) die Frage der Monoplstellung lediglich bezogen auf die Frage der analogen Anwendung des § 315 BGB hinsichtlich der Überprüfung des Preissockels gestellt. Ansonsten sehe ich keinen Anhaltspunkt, warum es auf eine Monopolstellung ankommen sollte.

Fraglich ist weiterhin der Umfang der Überprüfung im Rahmen eines Sachverständigengutachtens. Reicht es aus, lediglich gestiegene Bezugspreise nachzuweisen und wenn ja, in welcher Form? Oder müssen hier (so verstehe ich selbst den VIII. Senat) zusätzlich fehlende Möglichkeiten zur Einsparung innerhalb der Sparte (und damit doch eine zumindest teilweise Überprüfung des \"Sockels\") hinzukommen
und - das ist neu - spielen hier auch Wirtschaftlichkeitserwägungen eine Rolle, wenn es um die Art und Weise des Abschlusses der Bezugsverträge geht.
Kann ich hier ungeprüft jede Art von Bezugsvertrag egal mit welcher Preisgestaltung abschließen und wenn ja (ich meine zB, dass der Versorger das durchaus kann), kann er auch sämtliche hieraus resultierenden Kosten weiterreichen?
Das sehe ich ähnlich wie im Mietrecht im Bereich der Betriebskosten. Natürlich kann der Vermieter beliebige Verträge abschließen, einen Vertrag mit einem Hausmeisterservice, dessen Mitarbeiter Aston Martins als Dienstwagen haben, vergoldete Putzeimer und Nerzfellwischmöppe benutzen und entsprechend teuer sind. Hieraus resultierende Kosten können dann aber nur bis zu einem marktüblichen Preis umgelegt werden.
Hier beginnt es dann allerdings kritisch zu werden, da es einen \"marktüblichen\" Preis im Sinne eines wirtschaftlichen Preises bei den bestehenden oligopolen Verhältnissen gar nicht haben.
Gleichwohl sehe ich hier einen Punkt, dem zukünftig durchaus mehr und schlagkräftigeres Gewicht zukommen könnte.

Was ich bislang in der Rechtsprechung vermisse ist eine klare Stellungname zum Thema der tatsächlich entstandenen Kosten (innerhalb der Sparte). Reicht es da aus, dass diese tatsächlich entstanden sind, und seien sie noch so unwirtschaftlich? Würden also zB Dienstwagen für nur zwei Stunden im Quartal tagende Aufsichtsräte als relevante (anteilige) Kosten durchgehen?
Ein großes Problem sehe ich darin, dass es so natürlich ein Leichtes ist, während der laufenden Prozesse lustig Kosten zu produzieren, um die Berechtigung der Preiserhöhung zu gewährleisten. Und diese Kosten nach den abgeschlossenen Prozessen wieder wegfallen zu lassen. Das müssen ja noch nicht einmal solche Kosten sein, die offensichtlich unwirtschaftlich sind. Der Versorger ist ja hier auch im Rahmen einer ordnungsgemäen Betriebsführung frei, manche Kosten einfach vorzuziehen.
Wer urteilt über die Wirtschaftlichkeit? Oder Unwirtschaftlichkeit?

Konsequenterweise ginge es hier gar nicht ohne eine eigene Festlegung angemessener Kosten durch das Gericht (auch mit Hilfe eines unabhngigen Sachverständigen).
Uh, den Auschrei der Branche ob dieses Eingriffs in die Privatautonomie möchte ich nicht sehen.
Und auch wenn Herr Ball sich dieses mal noch durchgemogelt hat, indem er mitteilt, dass der Versorger sich gegen die Ölpreisbindung ja gar nicht wehren könne, und insofern die Frage der Unwirtschaftlichkeit derzeit noch keine Rolle spielt, so müsste er doch, sollte es nicht wirklich eine gerichtlich festgelegte Preiskalkultionsüberprüfung werden, wieder ziemlich zurückrudern.

Man stelle sich vor, man könnte einen (fiktiven) angemessenen Marktpreis für den Energiebezug darlegen, dann sähe es zappenduster für die Vorversorger aus, sollten sie Verträge mit einer Preisgestaltung über diese marktüblichkeit hinaus vereinbaren. Dann würden doch einige Rädchen der Gelddruckmaschine entfernt sein.
Das kann ich mir nicht vorstellen, dass das passieren wird. Gleiches gilt auch für die Fage der Kostenersparnis. Die könnte ja nur greifen, wenn es geringere Kosten gäbe. Und ein Versorger wird den Teufel tun und derzeit auch nur in Ansätzen freiwillig irgendwelche Kosten einsparen. Wäre es doch zu seinen Lasten, da dann erhöhte Bezugspreise nicht vollständig weitergegeben werden könnten.

Schriftsatzfrist ist der 19.02.2008.
Den werde ich dann mal veröffentlichen.
Ganz ohne Angst vor der Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen ;-).

Ach ja, diesbezüglich vertritt das Gericht die eindeutige Auffassung, dass es mit unserer Rechtsordnung nicht vereinbar sei, einmal in den Prozess eingeführte Tatsachen der Öffentlichkeit nicht zugänglich zu machen. Die Wahrung der Geschäftsgeheimnisse muss danach auf einer früheren Ebene erfolgen, nämlich bei der Frage, was in den Prozess eingeführt wird.
Deshalb die Idee, nicht in absoluten sondern in prozentualen Zahlen vorzutragen.

RR-E-ft:
Gasrebellen in der Zwickmühle

Sollten die Kläger tatsächlich Sondervertragskunden sein- wie es hier in Beiträgen anklang -  also zu günstigeren als den als solchen öffentlich bekannt gegebenen Allgemeinen Tarifen gem. § 10 Abs. 1 EnWG  bzw. Allgemeinen Preisen der Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG beliefert werden (vgl. Kammergericht, Urteil v. 28.10.2008 Az. 21 U 160/06) sollten sie überlegen, davon Abstand zu nehmen, einen nicht erforderlichen Billigkeitsnachweis zu verlangen.

Die Preiserhöhungen könnten alle allein aus dem Grund unwirksam sein, dass keine wirksame Preisänderungsklausel in die einzelnen Verträge einbezogen wurden (vgl. LG Gera, Urt. v. 07.11.2008 Az. 2 HK O 95/08; BGH, Urt. v. 29.04.2008 Az. KZR 2/07 und Urt. v. 17.12.2008 Az. VIII ZR 274/06).

Möglicherweise erreichen sie dadurch ihr eigentliches Ziel einfacher.

Zur Billigkeitskontrolle schreibt Herr Kollege Dr. Guido Brucker

Alexander Heyers:
Es sind Sondervertragskunden und die Klausel lautet:

\"GWT ist berechtigt, ihre Preise der Preisentwicklung auf dem Wärmemarkt anzupassen.\"

Da habe ich schon vor anderthalb Jahren um einen Hinweis des Gerichtsgebeten, ob das denn wohl möglicherweise eventuell eine ganz schön unwirksame Klausel sein könnte.

Das Gericht sieht das bislang nicht so,
allerdings habe ich im Termin das Urteil des Kartellsenats vom 29. April diesen Jahres überreicht. Die Klausel war ja ähnlich, zudem haben auch wir (wie in dem dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt) einen Verweis auf die AVBGasV.

Spannend ist allerdings der Aspekt, dass die Klausel dann wirksam sein könnte, wenn ein (Sonder)Kündigungsrecht des Kunden besteht und er dann auch tatsächlich wechseln kann. Das geht ja wohl mittlerweile. Was ist aber mit der zeit, in der das nicht ging? Ist die Klausel dann temporär unwirksam? Es würde mich nicht wundern, käme jemand auf die Idee, wegen der nunmehr bestehenden Wechselmöglichkeit (also dem Ausgleich durch ein Sonderkündigungsrecht) die Klausel als wirksam anzusehen und die Zwischenzeit einfach mal zu unterschlagen. Mich wundert nämlich gar nichts mehr. Dogmatik hört ja schlussendlich da auf, wo sie einem nicht mehr in den Kram passt.

Naja, wir werden sehen.
Ich würde sowieso sagen, dass spätestens das OLG Schleswig sagt, schön, dass ihr euch um die Offenlegung gekümmert habt, allerdings ist ja bereits die Klausel unwirksam. Heutige Wechselmöglichkeit hin oder her.
Aber sicher wissen kann man das nie.
Sonst könnte man sich als Anwalt ja entspannt zurücklehnen und den Dingen ihren Lauf lassen.

goofy3:
@RR-E-ft ,
Nein, damit wäre nur ein Phyrrus-Sieg erreicht.

Der eigentliche Sinn bestand darin, endlich einen Sockel zu finden, an dem man sich dann weiter langhangeln kann.
Würde doch dann allgemein helfen, zumindest in der Region hier.
Denn leider gehen Gerichte, nach politisch gewollter Marschrichtung dazu über, keine weitere Kontrolle zuzulassen, da es doch angeblich Konkurrenz gibt.

Hier nur EON Töchter, Jahresvorkasse Modelle, Anbieter, die nicht jeden nehmen gibt.

Seltsamerweise trat e-einfach erst nach der Klage hier auf, etwas günstiger ist dort auch nur das Vorkassemodell.
Allerdings in der Vergleichstabelle von 24 Anbietern ist Tornesch derzeit auf Platz 22 (nicht der inzwischen EON lastige Verivoxtest.
Leider haben, wenn man sich die Anbieter als Liste geben läßt, kaum welche einen Netzzugang.
Vom offenen Wettbewerb ist also eigentlich gar nicht zu reden.

RuRo:
@goofy3
Erfreulich für die Kläger, wenn sich das Gericht auf die dargelegten Ausführungen einlässt. Im Sinne des EnWG2005 und der Verpflichtung zur preisgünstigen und effizienten Preisgestaltung nimmt das Gericht die Sache wohl Ernst.

Andererseits könnte es auch ein Bumerang werden. Warum ein gewonnener Prozess nur zum Phyrrus-Sieg reichen soll, erschließt sich mir bisher auch nicht. Wie wollen die SW als Grundversorger die Kunden ggf. \"los werden\", falls die AGB\'s einer Inhaltskontrolle nicht standhalten?

Interessant ist es allemal, mit welch unterschiedlichen Strategien so ein Prozess auf Verbraucherseite geführt werden kann.

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