Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
BGH, Urt. v. 17.12.2008, VIII ZR 274/06 - Sondervertragskunden
userD0009:
@RR-E-ft
Vielen Dank für die Aktenzeichen, und dass Sie die Passagen in Ihren Beitrag aufgenommen haben.
Grüße
belkin
jofri46:
@RR-E-ft
Jetzt haben Sie mich aber \"zugeschüttet\". Hinsichtlich der Zulässigkeit von Kostenelementeklauseln und den Anforderungen an ihre Ausgestaltung, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, stimme ich mit Ihnen überein. Das ist Stand höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung.
Ich bin aber, um auch
@belkin
zu antworten, weiter der Auffassung, dass Preisanpassungsklauseln durch ein Kündigungsrecht kompensiert werden können. Eine solche Kompensation schliessen auch die beiden genannten BGH-Urteile nicht grundsätzlich aus. Es kommt weiter auf den Einzelfall an.
@belkin:
Selbstredend haben sich beide Parteien an die vereinbarten Pflichten zu halten. Der Unternehmer hat aber auch ein berechtigtes interesse daran, dass das ursprüngliche Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gewahrt bleibt, d. h. sein einmal kalkulierter Gewinnanteil während der Vertragsdauer nicht geschmälert wird. Dieses Interesse des Unternehmers kollidiert in der Regel mit dem Interesse des Kunden an der Beibehaltung des einmal vereinbarten Preises. Um diese Interessenkollision auszugleichen, kann eine Preisanpassungsklausel verbunden mit einem Kündigungsrecht durchaus ein probates und rechtlich zulässiges Mittel sein. Beliebigkeit oder gar Willkür darf eine solche Klausel natürlich nicht ermöglichen.
RR-E-ft:
@jofri46
Der BGH sagt doch, dass ein berechtigtes Interesse an einer nachträglichen Preisneufestsetzung infolge geänderter Kosten bestehen kann, nennt dabei aber auch die Anforderungen, die an eine entsprechende Kostenelementeklausel, bei der das Recht zu Preisänderungen an sich verändernde Kosten geknüpft wird, zu stellen sind, wobei auch der weite Spielraum der Billigkeit diesen Anforderungen gerade nicht genügen soll.
berghaus:
Ich freue mich, dass ich als Nichtjurist mit meinen Fragen (meist zu meinem Vertrag) erneut eine so hochwertige Diskussion der Fachleute auslösen konnte.
Jetzt aber dazu von mir eine laienhafte Betrachtung der Kündigungsmöglichkeit in meinem Vertrag von 1975:
--- Zitat ---„Ist der Kunde mit einer Preisanpassung nicht einverstanden, hat er Anspruch auf Einräumung der Allgemeinen Tarifpreise der VEW ohne an eine Kündigungsfrist gebunden zu sein.“
--- Ende Zitat ---
Ich war in den 30 Jahren bis zu meinem Widerspruch 2006 zwar nie mit einer der vielen Preiserhöhungen einverstanden, habe aber von meinem „Anspruch auf Einräumung der Allgemeinen Tarifpreise“ nie Gebrauch gemacht, weil ich ja nur zu dem teureren Grundtarif desselben Versorgers hätte wechseln dürfen.
Selbst der Vertragstext geht somit davon aus, dass es überhaupt keine anderen Versorger gibt.
Außerdem wusste ich ja 30 Jahre lang nicht, dass die Preisanpassungsklausel in meinem Vertrag unwirksam ist. Wobei wir wieder bei der umstrittenen Frage der Verjährung von Rückforderungen von Überzahlungen in den Jahren 2004 und früher wären.
berghaus
jofri46:
@berghaus
Meine Rechtskenntnisse zu speziellen Fragen hier im Forum halten sich in Grenzen.
Zu dem zitierten Vertragspassus haben Sie die Antwort schon gegeben, die m. E. dazu führt, dass dieser Passus unwirksam ist. Ein uneingeschränktes Lösungsrecht in dem Sinne, dass Sie durch Kündigung das Vertragsverhältnis insgesamt beenden und einen anderen Versorger wählen können, ergibt sich aus dem Wortlaut in der Tat nicht. Zumindest ist das nicht klar und verständlich formuliert. Daher ergibt sich auch aus diesem Passus, noch dazu im Zusammenhang mit der (unwirksamen) Preisanpassungsklausel, eine unangemessene Benachteiligung. Also stellt er auch keine Kompensation zur Preisanpassung dar.
Zur Verjährungsfrage bleibe ich dabei, dass eine Rückforderung nicht in Betracht kommt, wenn die Leistung weiter bezogen und der neue Preis vorbehalt- und widerspruchslos gezahlt wird. Bei redlicher Betrachtung wird man auch nicht, wie in Ihrem Falle nach 30 Jahren, auf den ursprünglichen Preis zurückgehen können. Hat man der Preiserhöhung widersprochen und unter Vorbehalt gezahlt, so gehe ich von der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren aus.
Lasse mich aber auch dazu gerne eines Besseren belehren.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln