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Autor Thema: Vorsorglicher Unbilligkeitseinwand gegen den Grundversorger  (Gelesen 3405 mal)

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Offline ESG-Rebell

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Vorsorglicher Unbilligkeitseinwand gegen den Grundversorger
« am: 10. Dezember 2008, 14:01:22 »
Liebe Gemeinde,

mit Strom oder Gas kann man im Rahmen eines Sondervertrags oder in der Ersatz- oder Grundversorgung beliefert werden. Wann welcher Vertragstyp zutrifft und welche Folgen dies hat, wurde und wird in zahlreichen anderen Threads ausführlich behandelt.

Dies soll nicht Thema dieses Threads sein.

Kunden, die im Rahmen eines Sondervertrags beliefert werden und auf einen Wechsel des Anbieters anstelle des Widerstands gegen intransparente Klauseln setzen, können zumindest zeitweilig in die Ersatz- oder Grundversorgung ihres jeweiligen Grundversorgers fallen.

In dieser Situation sehen sie sich einseitig festgesetzten, beliebig hohen Preisforderungen ausgesetzt.
Das bringt mich zu dem Schluss, dass eigentlich auch jeder Kunde, der von einem anderen Versorger beliefert wird, seinem Grundversorger den folgenden \"Liebesbrief\" schicken sollte.

Das wär\' doch mal \'ne tolle Weihnachtsaktion!

Gruss,
ESG-Rebell.



An den Grundversorger XYZ

Sehr geehrte Damen und Herren,

derzeit werde ich von XXX im Rahmen eines Sondervertrags mit Strom/Gas beliefert.

Sollte dieser Vertrag enden und ein neuer Sondervertrag nicht oder nicht rechtzeitig beginnen, so werden Sie mich im Rahmen der Ersatz- und ggf. Grundversorgung beliefern. Dabei obliegt Ihnen die Festsetzung der zu zahlenden Entgelte.

Bei verbraucherfeindlichster Interpretation der BGH-Urteile vom Juni 2007 und November 2008 komme ich zu dem Schluß, dass jegliches entgegenkommende und wohlwollende Kundenverhalten als konkludentes Einverständnis zu beliebigen Forderungen gewertet werden kann und daher unbedingt zu unterbleiben hat.

Bereits heute weise ich daher ausdrücklich darauf hin, dass ich mit der Höhe der dann festgesetzten Entgelte nicht einverstanden bin, solange ich Ihnen gegenüber nicht eine anderslautende schriftliche Erklärung abgebe.
Vielmehr rüge ich Ihre Preisfestsetzungen insgesamt als unbillig und berufe mich auf deren Unverbindlichkeit.
Solange Sie die Angemessenheit der dann jeweils festgesetzten Preise nicht nachweisen, werde ich keine Abschlagszahlungen leisten und keine auf diesen Preisen beruhenden Rechnungen begleichen.

Dennoch werde ich in den Zeiten einer Ersatz- oder Grundversorgung Strom/Gas beziehen, weil ich darauf nicht vollständig verzichten und mich nicht aus anderen zumutbaren Quellen versorgen kann.

Für den Fall, dass es der Energiewirtschaft im Rahmen ihrer Lobby-Arbeit gelingt, den - mäßigen - Wettbewerb auf dem Strom/Gassektor wieder weitgehend zum Erliegen zu bringen, behalte ich mir außerdem vor, keinen neuen Sondervertrag mehr mit einem anderen Lieferanten abzuschließen.

Angesichts der oben geschilderten Randbedingungen für eine Belieferung in der Ersatz- und Grundversorgung gehe ich davon aus, dass Sie den für mich zuständigen Netzbetreiber bitten werden, einen Versorgerwechsel nicht böswillig zu meinen Schaden und Ihrem Vorteil  zu verzögern.

Abschliessend möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Textbausteine und Gutachten, die Sie ihren Rechnungskürzern schicken, für den oben geschilderten Fall nicht ausreichen werden. Neben der Begründung für die Abwälzung von angeblich gestiegenen Bezugskosten müssen Sie noch irgendwie einen angeblich vereinbarten und somit vor einer Billigkeitskontrolle geschützten Preissockel konstruieren, an dem es in der oben skizzierten Situation fehlt.

Mit freundlichen Grüßen,
xxxxxxx

Offline Pölator

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Vorsorglicher Unbilligkeitseinwand gegen den Grundversorger
« Antwort #1 am: 10. Dezember 2008, 15:33:58 »
Hallo,
warum wollen Sie dann aus der Grund/Ersatzversorgung wieder in einen Sondervertrag wechseln?
Sie wäre in der beneidenswerten Situation und Lage, nach der aktuellen BGH-Rechtssprechung den \"Sockelpreis\" als Ganzes anzugreifen und durch den Unbilligkeitseinwand auch einer gerichtlichen Billigkeitsprüfung zu unterziehen.
Den Meisten hier ists nur vergönnt, die Preisänderungen zu bemängeln.
In der von Ihnen geschilderten Situation könnten Sie, da vor Vertragsbeginn den Unbilligkeiteinwand erhoben haben und somit keine Preisänderung akzeptiert haben den Preis als Ganzes anpacken.

Erstrebenswerte Situation... .

Schönen Tag noch,
der Pölator

Offline u.h.

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Vorsorglicher Unbilligkeitseinwand gegen den Grundversorger
« Antwort #2 am: 10. Dezember 2008, 15:55:37 »
Zitat
Original von Pölator
Sie wäre in der beneidenswerten Situation und Lage, nach der aktuellen BGH-Rechtssprechung den \"Sockelpreis\" als Ganzes anzugreifen und durch den Unbilligkeitseinwand auch einer gerichtlichen Billigkeitsprüfung zu unterziehen.
Da wäre ich mir nicht so sicher - wäre auch zu einfach ...

Durch aktives, konkludentes Handeln (Energieentnahme) kommt hier wohl Vertrag zustande!
Folge: Preise müssen akzeptiert werden!

Anders wäre es wohl nur, wenn man sich aktiv um einen ANDEREN Anbieter bemüht und der bisherige Versorger dies blockiert / verzögert.

Sonst wäre auch nicht schlüssig erklärbar, weshalb EVU den \'Energiepreisrebellen\' die Sonderverträge kündigen!

An dieses Thema hat sich m.E. noch kein Jurist getraut...wäre aber an der Zeit!

Offline Pölator

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Vorsorglicher Unbilligkeitseinwand gegen den Grundversorger
« Antwort #3 am: 10. Dezember 2008, 16:34:06 »
Zitat
Original von u.h.
Durch aktives, konkludentes Handeln (Energieentnahme) kommt hier wohl Vertrag zustande!
Folge: Preise müssen akzeptiert werden!
Deshalb ja vor Gasentnahme den Unbilligkeitseinwand erheben, somit hat man m.E. schon deutlich gemacht, dass man diese Preise, sollte die Billigkeit nicht nachgewiesen werden, nicht akzeptiert.
Zitat
Original von u.h.
Anders wäre es wohl nur, wenn man sich aktiv um einen ANDEREN Anbieter bemüht und der bisherige Versorger dies blockiert / verzögert.
Es verbietet mir doch niemand, mich in die Grundversorgung zurück fallen zulassen. Wenn der Versorger blockiert oder bewusst verzögert, dann handelt er rechtswidrig.
Zitat
Original von u.h.
Sonst wäre auch nicht schlüssig erklärbar, weshalb EVU den \'Energiepreisrebellen\' die Sonderverträge kündigen!
Mir sind so einige Dinge, die die Versorger machen nicht schlüssig erklärbar... . Vielleicht habe sie darüber noch nicht nachgedacht oder sie rechnen nicht damit, dass es jemand macht. Wäre ja auch dreist, ehrlich gesagt. Aber wenns der gerechten Sache dient?

Zitat
Original von u.h.
An dieses Thema hat sich m.E. noch kein Jurist getraut...wäre aber an der Zeit!
Wahrscheinlich gabs den Fall noch nicht. Aber er wird kommen, da bin ich mir sicher :D

Vielleicht gibt ja einer der Juristen hier noch einen Kommentar ab?
Was sagt den Ihr Pendel dazu, Herr Black. Nicht das Sie mich missverstehen, ich lese Ihre Kommentare gerne und finde sie lehrreich.

Schönen Tag noch,
der Pölator

Offline u.h.

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Vorsorglicher Unbilligkeitseinwand gegen den Grundversorger
« Antwort #4 am: 10. Dezember 2008, 16:55:07 »
Zitat
Original von Pölator
Deshalb ja vor Gasentnahme den Unbilligkeitseinwand erheben, somit hat man m.E. schon deutlich gemacht, dass man diese Preise, sollte die Billigkeit nicht nachgewiesen werden, nicht akzeptiert.
Keiner zwingt Dich, den GV-Anbieter A zu nehmen - insbesondere nicht, wenn Sondervertrag bei Anbieter B günstiger ist!!!

Daher wird es wohl SO nicht klappen - obwohl es \'schön\' wäre ...

Offline ESG-Rebell

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Vorsorglicher Unbilligkeitseinwand gegen den Grundversorger
« Antwort #5 am: 10. Dezember 2008, 17:22:44 »
Zitat
Original von u.h.
Durch aktives, konkludentes Handeln (Energieentnahme) kommt hier wohl Vertrag zustande!
Während der auf drei Monate befristeten Ersatzversorgung erfolgt eine Belieferung ohne vertragliche Grundlage.
Die Verpflichtung zur Lieferung und das einseitige Leistungsbestimmungsrecht ergeben sich aus § 38 EnWG bzw. § 36 Abs. 1 EnWG.

Im Anschluss daran kommt ein Grundversorgungsvertrag konkludent zustande.
Dabei gelten weiterhin die vom Versorger veröffentlichten Allgemeinen Preisen der Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG.

Zitat
Original von u.h.
Folge: Preise müssen akzeptiert werden!
Das sehe ich nicht so.
Die Bedingungen, die für den Vertrag gelten sollen, werden eindeutig vor Vertragsbeginn festgelegt.
Insbesondere für eine weitergehende Vertragsauslegung hinsichtlich einer konkludenten Preisvereinbarung bleibt daher kein Raum.

Gerade bei einer Belieferung im Rahmen der Ersatzversorgung wird vom Kunden eben nicht verlangt, dass er sich mit dem Anfangspreis einverstanden erklärt, denn
[list=1]
  • es gibt Situationen, in denen ein Kunde nicht ununterbrochen durch Sonderverträge versorgt werden kann,
  • es wäre die betreffende Vorschrift in der GasGVV insgesamt gegenstandslos, weil es mindestens einen Sondervertragsanbieter im Strom und Gasbereich gibt, auf den der Kunde verwiesen werden könnte.
  • [/list=1]
    Der Abschluss eines Sondervertrags führt in der Regel dazu, dass man den darin genannten Preis ausdrücklich vereinbart. Wer diesen Preis ebenfalls für überhöht hält - auch wenn er deutlich niedriger ist als die Allgemeinen Tarife - der kann meines Erachtens nicht dazu genötigt werden, ihn dennoch schriftlich zu akzeptieren.

    Ob man sowohl im Strom als auch Gasbereich auf \"volle Konfrontation\" fährt oder auf ein Zustandekommen von preiswirksamen Wettbewerb hofft, ist eine Ermessensfrage.
    Eines von beidem - Widerstand leisten oder Wechseln - sollte aber jeder Verbraucher tun!

    Gruss,
    ESG-Rebell.

Offline Pölator

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Vorsorglicher Unbilligkeitseinwand gegen den Grundversorger
« Antwort #6 am: 11. Dezember 2008, 11:06:12 »
@u.h.

Zitat
Original von u.h.

Keiner zwingt Dich, den GV-Anbieter A zu nehmen - insbesondere nicht, wenn Sondervertrag bei Anbieter B günstiger ist!!!
Aber es zwingt mich doch auch niemand, denn Anbieter B zu nehmen?  Manche Dinge macht man nicht am Preis fest, sondern auch an der Nase des Anderen. So manch einer nimmt gar einen teueren Anbieter, da ihm dieser sympathischer ist.
Und ich möchte den Anbieter von Sonderverträgen sehen, der einen Vertrag abschließt, obwohl dem Antrag bereits ein Widerspruchschreiben beiliegt :rolleyes:.
Günstiger muss ja nicht billig sein...

Zitat
Original von u.h.
Daher wird es wohl SO nicht klappen - obwohl es \'schön\' wäre ...
Ich denke, es bleibt abzuwarten ob es so klappen würde. Auf jeden Fall dürfte diese Überlegung, da sie hier im Forum nicht zum ersten Mal auftaucht, schon bei dem einen oder anderem in der Schublade als \"Plan B\" liegen.
Ich habe gerade bei mir in der Schublade nachgeschaut :D... .

Schönen Tag noch,
Pölator

 

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