Hier mal eine (erste) Wertung der Verbraucherzentrale Hamburg (vzhh.de):
Zitat:
(19.11.2008) BGH zur Kontrolle der Billigkeit von Gaspreisen: Kein Freifahrtschein für Gasversorger - Widerstand geht weiter Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat heute erneut über die Anforderungen einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle von Gaspreisen entschieden. Zwar liegen bisher die Entscheidungsgründe noch nicht vor, sondern nur eine Pressemitteilung des BGH. Nach einer ersten vorläufigen Einschätzung auf dieser Grundlage lässt sich festhalten:
- Der BGH bestätigt erneut, dass Gaspreise der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegen.
- Das Urteil erklärt nicht die Gaspreiserhöhung des Versorgers (Stadtwerke Dinslaken) für rechtens, sondern verweist die Sache zur erneuten Prüfung an das Landgericht Dinslaken zurück.
- Der Kläger im neuen BGH-Urteil ist Tarifkunde. Das Urteil findet also nicht automatisch auf (die Millionen von) Sonderkunden Anwendung.
- Das neue Urteil liegt auf der Linie des Urteils des VIII. Senats vom Juni 2007, wonach der \"vertraglich vereinbarte\" Preis - der Sockel - nicht angreifbar sein soll. Das ist bedauerlich, liegt aber im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH und der früheren Rechtsprechung des VIII. Senats. In solchen Fällen ist es üblich und erforderlich, den Großen Senat zu einer konsistenten Entscheidung anzurufen. Da der VIII. Senat das nicht getan hat, ist zu erwarten, dass der Kartellsenat dies bei nächster Gelegenheit tun wird. Zur Bewertung des Urteils vom Juni 2007.
- Erfreulich: Der BGH bestätigt, dass der Versorger darlegen und beweisen muss, dass gestiegene Bezugskosten nicht durch rückläufige sonstige Kosten ausgeglichen worden sind.
- Fragwürdig ist, dass nach BGH für den Beleg der Bezugskostensteigerung auch Beweis durch Zeugen angeboten werden kann. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der Tatrichter durchaus auf der Vorlage von Unterlagen bestehen kann, wenn er den Zeugenbeweis für nicht ausreichend hält. Der BGH betont, dass bei der gerichtlichen Prüfung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Versorgers zu berücksichtigen ist. Das Könnte bedeuten, dass das Tatgericht entscheidet, dass die Unterlagen nur dem Gericht und nicht den Parteien vorzulegen sind.
- Schließlich ist positiv hervorzuheben, dass der BGH in die Prüfung einbezieht, wie sich der Versorger gegenüber Preisanpassungsklauseln und Preissteigerungen seines Vorlieferanten verhalten hat. Es könnte also eine Rolle spielen, ob er diese klaglos hingenommen oder sich dagegen gewehrt hat.
Fazit: Dieses Urteil enthält einige Präzisierungen des Vorgehens bei der Billigkeitskontrolle aus der Sicht des VIII. Senats des BGH. Für die Widerspruchskunden, soweit es überhaupt auf sie anwendbar ist (Tarifkunden), bedeutet es keineswegs eine Entmutigung. Auch wenn der Versorger und der Verband der Gaswirtschaft jetzt sicherlich als Schlag ins Kontor des Gaspreisprotestes verkaufen wird: Der Widerstand geht weiter. Insbesondere laufen vielen Einzel- und Sammelklageverfahren weiter. Dort ist die Lage je nach örtlicher Fallkonstellation nach wie vor offen.
gruss an alle von flotex