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Gerichtsverfahren eines Sondervertragskunden der vorher als Tarifkunde eingestuft wurde

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reblaus:
@ben100
Sie sollten sich nicht darauf verlassen, dass allein aus Ihrer Eingruppierung in einen Sondertarif letztendlich geschlossen werden kann, dass Sie auch ein Sondervertragskunde sind. Dieser Rückschluss wäre nur dann zwingend, wenn der Allgemeine Tarif nur aus einem einzelnen Tarif für alle Kunden bestehen dürfte.

Der marktbeherrschende Versorger ist nämlich zur Gleichbehandlung seiner Kunden gezwungen. Er darf damit nicht einzelnen Kunden mit hohem Verbrauch durch einen Sondervertrag bessere Preiskonditionen einräumen, als Kunden mit vergleichbarem Verbrauch, die aber keinen Sondervertrag abgeschlossen haben. Zumindest muss er diesen Kunden den Abschluss eines Sondervertrages jederzeit anbieten. Er darf den Sonderkunden auch ansonsten keine besseren Geschäftsbedingungen einräumen als seinen vergleichbaren Tarifkunden.

Daraus folgt, dass der Versorger allen Kunden mit höherem Verbrauch den gleichen Sondervertrag anbieten muss. Da Sie nie etwas unterschrieben haben, kann das nur bedeuten, dass alle anderen Kunden Ihres Versorgers auch keinen schriftlichen Vertrag haben dürfen, der mehr regelt, als man als Kunde üblicherweise konkludent als Vertragsklauseln anerkennen kann. Und das ist nicht allzuviel. In jedem Fall werden Sie konkludent keine Preisanpassungsklausel vereinbart haben, die den teilweise recht hohen Ansprüchen der Instanzgerichte genügen dürfte.

Wenn man unterstellt, Ihr Versorger habe bei keinem Sonderkunden ein einseitiges Preisanpassungsrecht vereinbart, stellt sich die Frage, wie diese vertragliche Besserstellung gegenüber den Kleinverbrauchern zu rechtfertigen ist, bei denen ein gesetzliches Preisanpassungsrecht besteht. Ich meine sie ist nicht zu rechtfertigen.

Bei dieser Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass Ihr Versorger Ihnen nicht mutwillig Topkonditionen einräumen wollte, während er seine Kleinkunden bluten lässt, sondern dass dieser möglicherweise ungesetzliche Zustand nur dadurch erzeugt wird, dass Gerichte die Tarifkundeneigenschaft sehr eng auslegen.

Wenn man dem Versorger zugesteht, dass er auch seine Grundversorgungstarife entsprechend den unterschiedlichen Verbräuchen staffeln darf, würde dieser Gesetzesverstoß gar nicht entstehen.

Sie sollten daher die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dem Thema abwarten, bevor Sie jubilieren. Bis dahin sollten Sie alle Unterlagen zusammentragen, die zusätzlich eine mögliche Unbilligkeit der Preiserhöhungen darlegen bzw. beweisen können, soweit das nicht schon geschehen ist.

ben100:
Hallo Reblaus,

kannst Du Deine Äußerungen auch mit Gesetzestexten und Urteilen untermauern?

RR-E-ft:
@reblaus

Die Entscheidungen BGH KZR 2/07 und VIII ZR 274/06 sprechen gegen diese Überlegungen.

Wurden keine Preisänderungsklauseln in das Sonderabkommen (Sondervertrag)  einbezogen (§ 305 II BGB) oder sind einbezogene Klauseln unwirksam (§ 307 BGB), so teilen darauf gestützte einseitige Preisänderungen das Schicksal dieser Unwirksamkeit. Das ist gerade auch dann der Fall, wenn der Versorger eine marktbeherrschende Stellung oder gar Monopolstellung hat, vgl. BGH KZR 2/07; VIII ZR 274/06 Tz. 19. Gegen eine ergänzende Vertragsauslegung sprach in beiden Entscheidungen gerade, dass sich der Versorger (auch bei bestehender Monopolstellung) in überschauberer Frist (2 Jahre) selbst durch ordnungsgemäße Kündigung aus dem Vertragsverhältnis lösen konnte. Einer \"Rückstrahlungswirkung\" (OLG Dresden) der marktbeherrschenden Stellung auf ein Preisänderungsrecht oder die Inhaltskontrolle, hatte der BGH gerade eine Absage erteilt, BGH KZR 2/07. Ein Monopolist wird bei der Klauselkontrolle gem. § 305 ff. BGB nicht besser gestellt. Einer Besserstellung lässt sich aus dem kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot gerade nicht herleiten.

reblaus:
@ben100
Kann ich!


--- Zitat ---Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

§ 19 Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
(1)   Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(…)
(4) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
(…)
3. ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
--- Ende Zitat ---

--- Zitat ---LG Augsburg Urt. v. 27.01.2009, Az. 2 HK O 1154/08
B Nr. 1. 2.Bei den streitgegenständlichen Verträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des Beklagtenvertreters nicht um Sonderverträge, sondern um Verträge bei denen die Beklagten von dem Recht Gebrauch machen, dass von den Gasversorgungsunternehmen gem. § 1 AVBGasV jedermann zu allgemeinen Tarifpreisen zu versorgen ist.
(…)
a.(…)Dabei geht die AVBGasV  erkennbar davon aus, dass diesen Tarifkunden nicht nur ein einziger Tarif zur Verfügung stehen muss. § 4 Abs. 1 AVBGasV spricht selbst im Plural von „den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen“.
--- Ende Zitat ---

Ich will Ihnen nicht jede Hoffnung nehmen, dass diese Frage in Ihrem Sinne entschieden wird. Ich wünsche es Ihnen sogar. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass jene die die Gegenauffassung vertreten, gute Argumente auf ihrer Seite wissen, und es sich nicht um Äußerungen handelt, die die Fähigkeiten eines Rechtsreferendaren widerspiegeln, wie mancher abschätzig glauben machen will.

@RR-E-ft
Es steht nicht in Frage, dass Preisänderungsklauseln unwirksam sein können, und dies mit § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB vereinbar ist. Die Ausbeutung einer marktbeherrschenden Stellung ist nur dann gegeben, wenn der Versorger die ungleichen Konditionen fordert. Wenn sich eine Preisänderungsklausel, mit der eine Gleichbehandlung beabsichtigt war, später als unwirksam herausstellt, fehlt es an dem Willen zur Ungleichbehandlung.

Die hier vorliegende Problematik ist aber eine andere.

ben100:
Naja das Urteil des LG Augsburg scheint mir genauso fragwürdig wie die damalige Entscheidung des LG Düsseldorf in meinem Fall.

Gibt es eine solche Entscheidung, wie es das LG Augsburg gefällt hat, auch von
einem OLG hier in Deutschland?

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