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Autor Thema: ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde  (Gelesen 24755 mal)

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Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #45 am: 25. September 2008, 00:28:04 »
@jroettges

Naja, wenn man schon so lange mit Energierecht befasst ist, dann ist das EnWG 2005 immer noch neu.

Die Branche ist nicht der Gesetzgeber und deshalb kommt es ihr überhaupt nicht zu, zu eigenen Erfindungen etwaig auch noch Gesetzesnormen zu liefern.

Wenn die Branche diese Verträge, bei denen es sich unbestritten um Sonderverträge handelt,  nun tatsächlich \"Glückssonderverträge\" oder \"Rätselsonderverträge\" genannt hätte - was sie gekonnt hätte - dann würde hier heute womöglich von einigen gefordert bzw. moniert werden, die Branche hätte auch noch das Glück oder sogar des Rätsels Lösung mitliefern müssen....  \"Schweinerei, nicht dabei, glatter Betrug !\"...

Merkt man wohl schon, dass das abwegig sein muss.

Wenn die Branche von \"Normsonderverträgen\" redet, dann verbindet sie damit eben nur eine innerhalb der Branche gemeinsame, besondere Vorstellung vom Vertragsinhalt.

Das ist so ähnlich, wie Normalos sich eine Vorstellung von einem Tisch oder einem Stuhl machen, wenn diese Begriffe fallen. Es ist jedoch gesetzlich nicht geregelt, dass man einen Gegenstand, der gemeinhin als \"Tisch\" bezeichnet wird, nicht etwa als \"Stuhl\" oder \"Mondrakete\" bezeichnen darf. Macht man das zu Hause mit seinen Kindern von Anfang an und oft genug, dann wissen die, was mit \"Mondrakete\" bezeichnet wird und gemeint ist, ohne dass deshalb der Gesetzgeber einschreiten müsste. Ebenso unsinnig erschiene es, wenn man hiernach aus dem Kreis dieser \"Mondrakete\"- Sager jemanden auffordern würde, \"Mondrakete\" zu definieren. Definiere mal einer die nirgends besonders geregelten Begriffe \"Tisch\" bzw. \"Stuhl\".... Den \"Mondrakete\"- Sagern gereicht es auch nicht zum Vorwurf, wenn diese davon berichten, dass sie ihr Frühstück auf einer \"Mondrakete\" sitzend einzunehmen pflegen. In ihrer Vorstellungswelt ist das vollkommen o.k., ohne dass sie einen Tick hätten.  

\"Namen sind Schall und Rauch\" ließ Goethe den Faust zu Gretchen sagen.

Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #46 am: 25. September 2008, 10:41:32 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Diskussion von Kant´s Fragen liegt mir an dieser Stelle wirklich fern. Wer darüber diskutieren möchte, ob und ggf. warum die Banane krumm ist, der mag dies tun. Möglichst andernorts. Möglicherweise gibt es besondere Zirkel für kleine Philosophen.  ;)
Namen sind Schall und Rauch\" ließ Goethe den Faust zu Gretchen sagen.
    @RR-E-ft, so ganz falsch am Platz sind die Kantischen Fragen und Goethe nicht. Vielleicht geht es bei der Jurisprudenz manchmal auch um Philosphie, Dichtung und Dramatik ;).
Zitat
Original von RR-E-ft
Prof. Markert hat bekanntlich im November 2007 für den Bund der Energieverbraucher ein umfangreiches  Rechtsgutachten dazu erstattet,
..........
Möglicherweise ist untergegangen, .....

Das alles ist seit langem bekannt und eine weitere Diskussion über Fragen, die diese vorliegenden Erkenntnisse \"nicht verbildet\" unberücksichtigt lassen, ist nun einmal alles andere als zielführend. Wenn hier nun die Frage aufgeworfen wird, ob bei einem kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch ein Schadensersatzanspruch des betroffenen Verbrauchers bestehe, dann zeigt das eben nur, dass man sich mit der Materie bisher nicht bestmöglich auseinandergesetzt hat.  ......
Thema durch.
    RR-E-ft, da ist nichts untergegangen, das alles ist bekannt und im besonderen Einzelfall vielleicht auch mal hilfreich.

    Dass aus Verbrauchersicht alles klar und bestens geregelt ist und man nur die bestehenden Gesetze und Verordnungen richtig anwenden muss, teile ich nicht. Auf Energie ist jeder Bürger angewiesen. Den Staat trifft hier in jeder Hinsicht eine besondere Für- und Vorsorgepflicht.

    Für den überwiegenden Teil der Verbraucher (und wohl auch einigen Juristen)  ist die Energieversorgung allerdings ein Buch mit sieben Siegeln. Die meisten \"Norm\"- Sonderkunden wissen auch nichts von ihrem \"Norm\"-Sonder-Glück, mit dem sie nach Ihrer Meinung nach den geltenden Regeln beglückt werden dürfen.  Das liegt jetzt nicht an den unfähigen Menschen, sondern an den unzureichenden Regeln. Das können Sie alles wieder als Philosphie etc. abtun. So ist aber die inakzeptable Realität.

    Das Thema ist aus meiner Sicht noch lange nicht durch.

Offline tangocharly

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #47 am: 25. September 2008, 15:33:28 »
@ RR-E-ft

Zitat
Sonderverträge und sog. \"Normsonderverträge\" sind gesetzlich nicht geregelt.

Also, was soll dann der Unsinn mit den sogen. \"Norm\"-Sonderverträgen ?
Es liegt doch wohl nahe, dass der Erfinder dieses Unikums gerade mit dem Begriff \"Norm\" einen Sinn verbunden hat (über diese Erfindung liest man ja u.a. bei Büdenbender/Tüngler das ein oder andere).

Ich will Ihnen ja gerne konzedieren, dass ich bislang noch keine gesetzliche Grundlage für einen/den Normsondervertrag gefunden habe (was dann aber noch nicht heißt, dass es auch keine gibt). Über den Begriff \"Norm\" haben alle ein mehr der weniger klar umrissenes Verständnis. Ebenso kann sich jedermann unter dem Vegriff \"Normung\" etwas vorstellen. Und wenn etwas \"normiert\" ist, dann haben wir Bestimmungen aus der Legislative, die ein bestimmtes Tun oder Unterlassen vorschreiben.

Wenn mir als Gaskunde ein Normsondervertrag um die Ohren gelegt wird, dann muß/will ich doch wissen: hat das bindende Wirkung für mich (und habe die Klappe zu halten) oder ist das ein Vertragsangebot (und ich darf bei der Vertragsgestaltung mitmischen - Konsensualprinzip).

Leider wird - und ich denke, dass dies aus meinen verschiedentlichen Beiträgen deutlich wurde - der Begriff vom \"Normalsondervertrag\" in aller Munde verwendet, gleich so als ob \"Gott-gegeben\". Dabei haben dies ein paar Größen aus dem Gegenlager erfunden und hatten dabei einmal im Auge, dem Gaskunden Sand in selbiges zu streuen, weil man damit (vermeintlich) aus dem § 315 BGB fiele. Doch \"die Geister die ich rief (wenn wir schon beim Zauberlehrling sind)\" in Gestalt der §§ 305, 307 BGB  -  \"ach wie ist\'s mir schwer\" wollen halt auch nicht so richtig schmecken (Anm.: es war mir auch noch nicht klar, dass diese Größen Mitglieder der Normungskommission sind).

Also noch einmal die Frage:
Wie kommt der Gaskunde zum Normsondervertrag ?
Und (da ich Ihre Antwort voraus ahne ;) ) was soll der Quatsch mit dem Sahnehäubchen oben drauf  auf dem Sondervertrag ??
(Volksverdummung - ich bin mir da leider noch nicht ganz sicher)
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Offline Black

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #48 am: 25. September 2008, 18:46:28 »
Zitat
Original von tangocharly
Ich will Ihnen ja gerne konzedieren, dass ich bislang noch keine gesetzliche Grundlage für einen/den Normsondervertrag gefunden habe (was dann aber noch nicht heißt, dass es auch keine gibt).

§ 41 EnWG


Zitat
Original von tangocharlyÜber den Begriff \"Norm\" haben alle ein mehr der weniger klar umrissenes Verständnis. Ebenso kann sich jedermann unter dem Vegriff \"Normung\" etwas vorstellen. Und wenn etwas \"normiert\" ist, dann haben wir Bestimmungen aus der Legislative, die ein bestimmtes Tun oder Unterlassen vorschreiben.

\"Norm\" kann auch von \"normal\", \"der Norm entsprechend\" abgeleitet werden und ist daher auch nur ein anderes Wort für \"Standart\"(sonderkundenvertrag) . Ein Rückschluss auf eine \"gesetzliche Norm\" ist daher sprachlich nicht zwingend.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #49 am: 25. September 2008, 19:14:03 »
Zitat
Original von Black
\"Norm\" kann auch von \"normal\", \"der Norm entsprechend\" abgeleitet werden und ist daher auch nur ein anderes Wort für \"Standart\"(sonderkundenvertrag) . Ein Rückschluss auf eine \"gesetzliche Norm\" ist daher sprachlich nicht zwingend.
    @black, \"Standard\" und \"Sonder-\" ist auch sprachlich ein Widerspruch. Zwingend wäre hier eine klare Regelung entsprechend dem  § 41 Absatz 2 des EnWG. Hier sind die Bundesministerien für Wirtschaft und Verbraucherschutz noch gefordert. Wo bleiben da die Energieverbraucher und die Verbraucherschutzvereine? Ohne Druck bewegt sich nicht viel bei den Politikern!  Oder ist man wirklich der Meinung, es ist alles ausreichend und bestens für die Verbraucher geregelt?

    Für manche Rechtsanwälte hat der BGH ja schon fast alles entschieden. Mindestens bei Stromtarifen gibt es ohnehin keine Billigkeitsprüfung. So der
Rechtstipp einer Kollegin aus Kiel:

Zitat
......Verbraucher, die den anderslautenden Veröffentlichungen in den Medien gefolgt sind und die höheren Strompreise bislang nicht gezahlt haben, sollten dies nach dieser Grundsatzentscheidung schnellstens nachholen. Zwar ist dieses Urteil nur für die Beteiligten rechtlich bindend, jedoch werden viele untere Instanzen in diesem Sinne entscheiden und die zahlungssäumigen Verbraucher verurteilen. Kunden, die bereits mit erheblichen Beträgen im Rückstand sind, müssen zudem damit rechnen, dass der Stromanbieter von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht und den Stromanschluss sperrt.
Weg mit der Norm, es lebe die Vielfalt auch  unter den Anwälten und ihren Rechtstipps. ;)[/list]

Offline tangocharly

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #50 am: 25. September 2008, 21:31:49 »
@ Black

Zitat
\"Norm\" kann auch von \"normal\", \"der Norm entsprechend\" abgeleitet werden und ist daher auch nur ein anderes Wort für \"Standart\"(sonderkundenvertrag) . Ein Rückschluss auf eine \"gesetzliche Norm\" ist daher sprachlich nicht zwingend.

So isses; nix ist zwingend - und so wohl auch der Normsondervertrag. Das muss so etwas sein, wie \"des Kaisers neue Kleider\".

Denn wenn der § 41 EnWG den Sondervertragskunden zu einem Normvertrag verhilft, dann muß der § 36 EnWG zu einem Normtarifvertrag führen können.

Wenn man dies so sieht, dann bin ich ganz bei Ihrer Argumentation. Denn dann sieht die Nummernfolge so aus:

(1) Normtarifkundenvertrag
(2) Normsonderkundenvertrag
...... und Schluß.

Der Unterschied ist der einseitig diktierte auf der einen und der zweiseitig geschlossene Vertrag auf der anderen Seite. Einerseits: § 315 BGB; andererseits: §§ 305, 307 BGB.

So, und jetzt brate mir noch einer einen Hund: warum befindet sich der Kochgaskunde im \"Tarifvertrag\" und der Heizgaskunde im \"Sondervertrag\" ?? (ich dachte mir, wenn jetzt -s.o.- alles geklärt ist, dann machen wir halt noch ein weiteres Fass auf  ;-)  ).
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Offline Black

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #51 am: 26. September 2008, 11:04:43 »
Zitat
Original von tangocharly
Wenn man dies so sieht, dann bin ich ganz bei Ihrer Argumentation. Denn dann sieht die Nummernfolge so aus:

(1) Normtarifkundenvertrag
(2) Normsonderkundenvertrag
...... und Schluß. )

(1) \"Normtarifkundenvertrag\" = Grundversorgungsvertrag
(2)  Normsonderkundenvertrag = Sonderkundenvertrag mit Haushaltskunden


Zitat
Original von tangocharlyDer Unterschied ist der einseitig diktierte auf der einen und der zweiseitig geschlossene Vertrag auf der anderen Seite. Einerseits: § 315 BGB; andererseits: §§ 305, 307 BGB.)
So einfach ist es dann doch nicht.

Zitat
Original von tangocharlySo, und jetzt brate mir noch einer einen Hund: warum befindet sich der Kochgaskunde im \"Tarifvertrag\" und der Heizgaskunde im \"Sondervertrag\" ?? (ich dachte mir, wenn jetzt -s.o.- alles geklärt ist, dann machen wir halt noch ein weiteres Fass auf  ;-)  ).
Die Aussage ist irreführend und war meiner Ansicht nach nur als Indiz gemeint. Das ist ungefähr so, als würde jemand sagen \"in der Regel haben Frauen lange Haare\" das mag dann vielleicht stimmen, man kann daraus aber nicht im Umkehrschluss ableiten \"wer lange Haare hat muss eine Frau sein\"
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Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #52 am: 26. September 2008, 11:26:52 »
Zitat
Original von tangocharly
......
Das muss so etwas sein, wie \"des Kaisers neue Kleider\".
......, dann machen wir halt noch ein weiteres Fass auf  ;-) .
    @tangocharly, Fässer zum Aufmachen gibt es noch genug:

    KAV: Die Sondervertragskunden im Sinne dieser Verordnung sind Kunden, die nicht Tarifkunden sind. Diese simple Formel wird die Gemüter noch weiter erregen, mindestens bei den \"Heizgas- und Kochgaskunden\"  bzw. den \"Normsonderkunden\"  ;) .

    Unabhängig von der grundsätzlichen Frage nach der Berechtigung dieser \"Abgabe\" ist die Unterscheidung für ein und dasselbe Gas, das auch nicht in separaten Leitungen transportiert wird, bemerkenswert. Eine nachvollziehbare Begründung habe ich bisher nicht gefunden. Die rechtliche Haltbarkeit dieser KA  und  KAV-Regelung stelle ich in Frage!

    Es muß auch von den Energieverbrauchern die Frage gestellt werden, wie die  diversen Schnittmengen abgerechnet werden und wo da eine Kontrolle gegeben ist. Immerhin zahlt das zum Schluss alles der Verbraucher!

    Es wird Zeit für die Wahrheit:

    \"Aber er hat ja gar nichts an!\" rief zuletzt das ganze Volk.

Offline Black

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #53 am: 26. September 2008, 11:41:15 »
Zitat
Original von nomos
KAV: Die Sondervertragskunden .im Sinne dieser Verordnung sind Kunden, die nicht Tarifkunden sind. Diese simple Formel wird die Gemüter noch weiter erregen, mindestens bei den \"Heizgas- und Kochgaskunden\"  bzw. den \"Normsonderkunden\"  ;) .

Die KAV gilt nur im Verhältnis zwischen Konzessionsnehmer und Gemeinde. Die Regelung ist eindeutig und auch nicht umstritten.

Zitat
Original von nomosUnabhängig von der grundsätzlichen Frage nach der Berechtigung dieser \"Abgabe\" ist die Unterscheidung für ein und dasselbe Gas, das auch nicht in separaten Leitungen transportiert wird, bemerkenswert. Eine nachvollziehbare Begründung habe ich bisher nicht gefunden. Die rechtliche Haltbarkeit dieser KA  und  KAV-Regelung stelle ich in Frage!

Die Konzessionsabgabe ist die Gegenleistung für die Wegenutzung durch den Konzessionsnehmer. Die Bevorzugung von Sonderkunden stammt noch aus der Zeit, als Sonderkunden überwiegend Industriekunden/Großabnehmer waren.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

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Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #54 am: 26. September 2008, 12:03:26 »
Zitat
Original von Black
Das ist ungefähr so, als würde jemand sagen \"in der Regel haben Frauen lange Haare\" das mag dann vielleicht stimmen, man kann daraus aber nicht im Umkehrschluss ableiten \"wer lange Haare hat muss eine Frau sein\"
    @black, diese Unterscheidung zwischen \"Norm\", \"Sonder\" und \"sonst noch was\" Kunde ist ungefähr so, als wenn beim Friseur Naturblonde immer Dauerwelle für lange Haare bezahlen müssten egal ob Mann, Frau oder mit Halbglatze. ;)
Zitat
Original von Black
Die Konzessionsabgabe ist die Gegenleistung für die Wegenutzung durch den Konzessionsnehmer. Die Bevorzugung von Sonderkunden stammt noch aus der Zeit, als Sonderkunden überwiegend Industriekunden/Großabnehmer waren.
    @black, das mit der umstrittenen Konzessionsabgabe hatten wir schon
siehe hier[/list]

Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #55 am: 26. September 2008, 14:06:34 »
Liebe Freunde,

jede Diskussion bedarf der Begrenzung ihres Gegenstandes, um nicht in sinnloses Palaver zu verfallen. Das sei den \"Fassaufmachern\" gesagt. Konzessionsabgabe, lange Haare bei Männern und bei Frauen, innerhalb oder außerhalb der Regel, Standard- und Modefrisuren sprengen jeden Rahmen.

Nochmals in aller Kürze:

Die Grund- und Ersatzversorgung mit Energie ist in §§ 2, 36, 38 EnWG gesetzlich geregelt. Die Bedingungen, zu denen die Grundversorgung erfolgt (man könnte auch sagen: der übrige Vertragsinhalt) ist in den Grundversorgungsverordnungen zwingend (wenn auch nicht abschließend) gesetzlich geregelt.

Damit hat der Staat grundsätzlich alles gesetzlich geregelt, was zu regeln war.

Sonderverträge waren nie gesetzlich geregelt und sind es auch heute nicht.
Eine Einschränkung erfährt diese Aussage hinsichtlich von Sonderverträgen mit Haushaltskunden, für die mit § 41 EnWG erstmals Mindesterfordernisse aufgestellt wurden.

Black kann gesagt werden, dass \"Normsonderverträge\" nicht nur mit Haushaltskunden begründet wurden. Die gesetzliche  Versorgungspflicht gem. § 10  Abs. 1 EnWG 1998 reichte hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten weiter als der Kreis der Anspruchsberechtigten des § 36 Abs. 1 EnWG 2005.  Ich ahne, dass Sie das genau wissen, wollte es nur klarstellend anmerken.

Da es sich bei den \"Normsonderverträgen\" (was die Branche darunter versteht bzw. verstand, wurde aufgezeigt) um Sondeverträge handelte, waren diese inhaltlich gesetzlich nicht geregelt.

Zitat
Original von tangocharly
Also noch einmal die Frage:
Wie kommt der Gaskunde zum Normsondervertrag ?

Wie kommt Kuhsch.. aufs Dach?

tangocharly kann auf den Weg mitgegeben werden, dass das Zustandekommen der \"Normsonderverträge\" oftmals ein ebenso großes Mysterium sein mag wie die jungfräuliche Empfängnis der Gottesmutter Maria. Ein Mysterium zeichnet sich regelmäßig dadurch aus, dass es mit dem menschlichen Verstand nicht zu fassen ist. Indes kann der Glaube auch daran -  jedenfalls für die Verbraucher - mit Heilswirkung verbunden sein:

Diese Sonderverträge  unterfallen nach einhelliger Meinung dem AGB- Recht. Die Versorger haben oft Schwierigkeiten damit, die Einbeziehung der behaupteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsabschluss gem. § 305 Abs. 2 BGB nachzuweisen. Zudem treffen sie bei nachweislicher Einbeziehung  auf die Schwierigkeit, dass eine Preisänderungsklausel, die der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB standhalten könnte, nicht enthalten ist, vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008 (12 U 49/07).

Nach alldem meine ich, dass diese \"Normsonderverträge\" eine fragwürdige Vergangenheit haben und ihnen keine Zukunft beschieden sein kann. Letztere Einschätzung wird wohl von der Branche geteilt.

Wie sich m. E. aus der Entscheidung BGH, Urt. v. 13.07.2004 (KZR 10/03) unter II. 6 ergibt, kann bei diesen Verträgen kein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB vertraglich vereinbart sein, weil der weite Spielraum der Billigkeit schon nicht in das enge Korsett des § 307 BGB passt. Eher ginge ein Kamel durchs Nadelöhr.

Natürlich kann man bei einem individuell ausgehandelten Energielieferungvertrag von Anfang an ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten hinsichtlich der vom Kunden zu zahlenden Entgelte vereinbaren. Dann ist § 315 BGB unmittelbar anwendbar und deshalb der Lieferant bei oder nach Vertragsabschluss verpflichtet, die Entgelte der Billigkeit entsprechend einseitig (neu) festzusetzen, wofür § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ein hinreichend scharfes Instrumentarium zur Kontrolle zur Verfügung stellt, wenn die Vorschrift auf den Gesamtpreis Anwendung findet.

Nichts anderes kann m.E. gelten, wenn dem Lieferanten das einseitige Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB durch ein Gesetz einegeräumt wird.

Wenn Namen Schall und Rauch sind, dann braucht sich niemand daran zu stören, dass die Branche bestimmte Sonderverträge  \"Normsonderverträge\" nennt. Man hätte sie auch vollkommen anders bezeichnen können, ohne dass sich aus der Bezeichnung rechtlich eine Besonderheit ergeben kann.

Ein Zweck der \"Normsonderverträge\" mag darin gelegen haben, das gesetzlich angeordnete einseitige Leistungsbestimmungsrecht und die daraus folgenden Konsequenzen (Verpflichtung zur Tarifgestaltung am Maßstab der Billigkeit) auszuhebeln, vgl. zeimlich unverblümt Zenke/ Wollschläger- Danner, § 315 BGB...,S. 15 f.:

Zitat
Ihre [Bundestarifordnung Gas] Bedeutung hielt sich von Anfang an in Grenzen, weil die Gaswirtschaft ihre Wärmemarkt- Kunden in aller Regel über Sonderabnehmerverträge versorgte. Dies gab ihr die Möglichkeit, die Versorgung außerhalb der Anschluss- und Versorgungspflicht des EnWG abzuwickeln. Darüber hinaus brauchte sie auch auf staatliche Vorgaben bei der Preisgestaltung keine Rücksicht zu nehmen.

Das ist ja auch gelungen. § 315 BGB findet auf die Sonderabkommen (\"Normsonderverträge\") keine Anwendung, vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008 (12 U 49/07).

Ein weiterer Zweck mag darin gelegen haben, an die Kommunen geringere Konzessionsabgaben zu zahlen, vgl. Zenke/ Wollschläger- Däuper, aaO., S. 160:

Zitat
Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass die Sätze für Tarif- und Sonderkunden verschieden sind, wobei bestimmte Lieferungen an Sonderkunden sogar abgabenfrei bleiben, da Lieferungen an diese die öffentlichen Verkehrsflächen geringer in Anspruch nehmen.

Zwar völlig unsinnig, jedoch ein Fakt, dass die Konzessionsabgaben abhängig von der Vertragsart unterschiedlich sind. Selbstverständlich hat die Gaswirtschaft darauf reagiert. In ihrem Sinne.

Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #56 am: 26. September 2008, 22:18:20 »
Schließlich gibt es da noch Gasversorger, die vorgeben, sie wüssten selbst nicht, ob es sich bei den abgeschlossenen Verträgen nun um Sonderverträge oder Verträge in der Grundversorgung handele.

Siehste hier.

Das ist dann erst richtig mysteriös, fast schon gruselig.

Man stelle sich vor, man wird seit über zehn Jahren mit Erdgas beliefert und weder der Kunde noch der Versorger wissen sicher, auf welcher vertraglichen Grundlage die Belieferung überhaupt erfolgt. Gibt es dann überhaupt eine vertragliche Grundlage oder liegt nicht eher ein Fall des § 154 Abs. 1 BGB vor?!


Zitat
Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.

Um dieses Ergbenis auszuschließen, müsste man wohl auf solche Fälle §§ 315, 316 BGB entsprechend anwenden, wie es der BGH regelmäßig tut, um eine nachträgliche bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der Lieferbeziehung zu vermeiden, vgl. BGH, Urt. v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90).

Offline tangocharly

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« Antwort #57 am: 27. September 2008, 16:17:18 »
In der Tat hat sich auch das OLG Oldenburg in seiner Entscheidung vom 05.09.2008  mit dem \"Normsondervertrag\" befaßt:

Zitat
Die Kläger sind nicht Tarifkunden, sondern (Norm) Sonderkunden der Beklagten. Dies gilt auch für die Zeit, in denen die Beklagte den Verträgen die AVBGasV zugrunde gelegt hat. Die Kläger haben mit der Beklagten Sondervereinbarungen getroffen. Die Beklagte hat Kunden wie den Klägern, die einen erhöhten Gasbedarf haben, etwa weil sie mit Gas kochen und heizen, auf deren Antrag die Versorgung mit Erdgas zu „Sondervereinbarungen“ angeboten. Dies ergibt sich beispielsweise aus den vorgelegten Vertragsbestätigungen der Beklagten mit der ausdrücklichen Tarifbezeichnung „Sondervereinb.“ hinsichtlich der Kläger zu .........  

Man darf im Grunde schon aus dem Umstand  entnehmen, dass das Gericht das sogenannte \"Mysterium\" in Klammern faßte, dass man mit diesem Begriff nur mit \"Samthandschuhen\" umgehen soll. Und anscheinend kam der Begriff nur deshalb ins Spiel, weil der Versorger auf dieses Pferd gesetzt hatte. Entscheidend war aber für das OLG Oldenburg der auf der Grundlage des Konsesualprinzips gebaute Sondervertrag. Also war in den Entscheidungsgründen auch nicht weiter über diesen Zusatz \"Norm\" nachzudenken. Dies zeigt sich auch an einem weiteren Begründungsblock:

Zitat
Der neue Vortrag im Schriftsatz vom 18. Juli 2008, wonach jeder Kunde ungefragt entsprechend seinem Verbrauch die jeweils günstigsten Konditionen erhalten habe (Bestpreisabrechnung), führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Tatsache, dass alle Kläger Sondervertragskunden sind, ist unstreitig. Die Beklagte geht in der Berufungserwiderung selbst davon aus, dass es sich bei den zwischen den Parteien bestehenden Verträgen um NormSonderkundenverträge handelt. Abgesehen hiervon widerspricht die neue Behauptung einer automatischen Einstufung auch den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen. So weist etwa die Kundeninformation zu Sondervereinbarungen der Beklagten ... auf die Notwendigkeit eines Antrags und die Möglichkeit der Beklagten hin, die Versorgung im Rahmen einer Sondervereinbarung von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen. Dem entsprechen auch die von der Beklagten beispielhaft vorgelegten Anträge der Kläger zu ... auf Versorgung mit Erdgas zum Sondertarif ....
.

Der dortige Sachverhalt spricht deutlich für ein tatsächlich bestehendes Interaktionsverhältnis zwischen Versorger und Kunde. Alles in allem ist auch dieser Entscheidung wieder einmal kein Abgrenzungskriterium zwischen \"Normsondervertrag\" und \"Sondervertrag\" zu entnehmen. Mir erscheint das wichtig, die Leser darauf hinzuweisen, dass man sich mit dem Mysterium nicht ins Bockshorn jagen zu lassen braucht. Zu konzentrieren wäre sich auf das Kriterium der \"Sondervereinbarung\" und auf die \"Interaktionsmöglichkeiten des Verbrauchers\". Den aufoktroyierten Normvertrag gibt es nicht, auch dann nicht, wenn der Versorger (klammheimlich) die reduzierten KAV-Sätze abrechnet. Da haben die Vorredner sicherlich recht: dies ist Sache des Versorgers im Verhältnis mit dem Netznutzer (und der Einwurf @nomos ist m.E. auch berechtigt, weil das \"Linke-Tasche-rechte-Tasche-Prinzip\" der Kommunen, die bei ihren eigenen bzw. eigenbeherrschten Stadtwerken Gelder abgreifen, die den Versorgungspreis nach oben puschen, bedenklich ist  - aber das kann man gerne in einem eigenen Thread weiter verfolgen).

Zu dem Hinweis @ RR-E-ft auf § 10 EnWG 1998, muß man anmerken, dass dort noch der \"Letztverbraucher\" allein angesprochen war:

Zitat
§ 10 Allgemeine Anschluß- und Versorgungspflicht
(1) Energieversorgungsunternehmen haben für Gemeindegebiete, in denen sie die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Tarife für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekanntzugeben und zu diesen Bedingungen und Tarifen jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen.
.

Auch dort lese ich nichts vom \"Kochgas-\" und/oder \"Heizgaskunden\".
Ich sehe in Bezug auf diese Differenzierung auch nur  eine Basis für allgemeine Verunsicherung aufkommen, indem der Eindruck entsteht, \"da passiert etwas, völlig automatisch, und ohne mein Wissen und Wollen\".

Und auf eine weitere Kleinigkeit möchte ich ansprechen, wenn ich mir den Text des EnWG 1998 ansehe, § 11 Abs. 2 Satz 2. u. 3 EnWG 1998:

Zitat
§ 11 Allgemeine Tarife und Versorgungsbedingungen
(1) ....
(2) (Satz 1) Das Bundesministerium für Wirtschaft kann durch Rechtsverordnung .... die Allgemeinen Bedingungen ....gestalten ....... (Satz 2) Hierbei sind die beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen. (Satz3) Dem Interesse des Anschlußnehmers an kostengünstigen Lösungen ist dabei besonderes Gewicht beizumessen.
.

Wäre schön gewesen, wenn sich der Gesetzgeber des § 36 EnWG 2005 dazu entschlossen hätte, diese o.a. Kategorien genau auch hier, in dieser Bestimmung (§ 36 Abs. 1 EnWG), zu kodifizieren. Statt dessen muß man sich von den Versorgern ständig anhören, dass die \"Zielvorgaben\" (§ 1 Abs. 1 EnWG 2005) nur fromme Wünsche seien und man sich gefälligst auf die (angeblich) harten Wettbewerbsverhältnisse im vorgelagerten Einkaufsmarkt einzulassen habe (Schon wieder einem Mysterium auf der Spur ?).

Aber vielleicht hat sich der Gesetzgeber des EnWG dabei noch etwas mehr gedacht, als Versorger einräumen wollen: das Voranstellen der \"Zielvorgaben\" soll eines bestätigen und klar zum Ausdruck bringen, was der BGH schon seit vielen Jahren ausdrückt, nämlich den \"das ganze Energiewirtschaftsrecht prägenden Grundsatz der Preisgünstigkeit, etc.\"
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #58 am: 28. September 2008, 18:37:42 »
@tangocharly

Der Kreis der Anspruchsberechtigten der Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG (Haushaltskunden) ist kleiner als der Kreis der Anspruchsberechtigten des § 10 Abs. 1 EnWG 1998 (Letztverbraucher/jedermann). Die gesetzliche Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen zu einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung wurde ersichtlich in § 2 Abs. 1 EnWG statuiert und \"vor die Klammer\" der gesetzlichen  Versorgungspflicht gem. §§ 36, 38 EnWG gezogen. § 2 Abs. 1 EnWG nennt eine klare gesetzliche Verpflichtung.

In dem Verfahren vor dem OLG Oldenburg (12 U 49/07) war unstreitig, dass die Belieferung der Kläger aufgrund von Sonderverträgen erfolgt. Entsprechend den Behauptungen des dort beklagten Versorgers in dem Verfahren handelte es sich um \"Normsonderverträge\" im oben aufgezeigten Sinne.

Zitat
Die Kläger sind nicht Tarifkunden, sondern (Norm) Sonderkunden der Beklagten. Dies gilt auch für die Zeit, in denen die Beklagte den Verträgen die AVBGasV zugrunde gelegt hat. Die Kläger haben mit der Beklagten Sondervereinbarungen getroffen. Die Beklagte hat Kunden wie den Klägern, die einen erhöhten Gasbedarf haben, etwa weil sie mit Gas kochen und heizen, auf deren Antrag die Versorgung mit Erdgas zu „Sondervereinbarungen“ angeboten. Dies ergibt sich beispielsweise aus den vorgelegten Vertragsbestätigungen der Beklagten mit der ausdrücklichen Tarifbezeichnung „Sondervereinb.“ hinsichtlich der Kläger zu 2), 12), 20), 23), 25), 29), 32), 34), 43) und 59) (jeweils Anlage B 77 bzw. BB 2). Der neue Vortrag im Schriftsatz vom 18. Juli 2008, wonach jeder Kunde ungefragt entsprechend seinem Verbrauch die jeweils günstigsten Konditionen erhalten habe (Bestpreisabrechnung), führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Tatsache, dass alle Kläger Sondervertragskunden sind, ist unstreitig. Die Beklagte geht in der Berufungserwiderung selbst davon aus, dass es sich bei den zwischen den Parteien bestehenden Verträgen um NormSonderkundenverträge handelt. Abgesehen hiervon widerspricht die neue Behauptung einer automatischen Einstufung auch den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen. So weist etwa die Kundeninformation zu Sondervereinbarungen der Beklagten (Anlage K 14) auf die Notwendigkeit eines Antrags und die Möglichkeit der Beklagten hin, die Versorgung im Rahmen einer Sondervereinbarung von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen. Dem entsprechen auch die von der Beklagten beispielhaft vorgelegten Anträge der Kläger zu 8], 9) und 13) auf Versorgung mit Erdgas zum Sondertarif (Anlage BB 1).

Das ist jedoch völlig belanglos, weil bei Sonderverträgen sich immer die Frage nach der Rechtsgrundlage für einseitige Preisneufestsetzungen stellt. Und auch \"Normsonderverträge\" sind nach h.M. Sonderverträge.  

Es geht dabei immer um die Fragen, ob die behaupteten AGB gem. § 305 Abs. 2 BGB überhaupt wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, was nur dann der Fall sein kann, wenn der Kunde die AGB bereits vor Vertragsabschluss kannte und bei Vertragsabschluss mit deren Einbeziehung einverstanden war.

Der Schwachpunkt der von den Versorgern behaupteten (Norm-)Sonderverträge liegt also ganz deutlich in § 305 Abs. 2 BGB.
Ist unstreitig, dass es sich um einen Sondervertrag handelt, jedoch die Einbeziehung  Allgemeiner Geschäftsbedingungen, insbesondere einer Klausel, die einseitige Preisneufestsetzungen zulässt streitig, hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Versorger sein Problem.

Das Transparenzproblem des § 307 BGB stellt sich dabei erst in der zweiten Stufe der juristischen Prüfung, zu welcher man aus vorgenannten Gründen oftmals schon gar nicht mehr gelangen wird.

Nur bei festgestellter wirksamer Einbeziehung von AGB stellt sich dabei hiernach immer die weitere Frage, ob in diesen einbezogenen AGB überhaupt eine Preisänderungsklausel enthalten ist, die der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB standhält. Zu diesem Thema haben bereits OLG Bremen und OLG Oldenburg klare Ansagen gemacht.

Ich meine, diese Konstellation sei für den Verbraucher günstig. Auf die Billigkeit einer einseitigen Preisneufestsetzung kann und darf es dann nicht ankommen, wenn es im konkreten Vertragsverhältnis bereits keine wirksame Rechtsgrundlage gibt, sei es wegen § 305 Abs. 2 BGB, sei es wegen § 307 BGB.

Deswegen verstehe ich ehrlich gesagt die Aufregeung um die Sonderverträge und deren brancheninternen Bezeichnungen nicht.

Wenn der Versorger zudem behauptet, die Einordnung liege in einer Einstufung durch den Versorger begründet, so war schon der Ausgangspreis nicht vereinbart, sondern Ergebnis einer einseitigen Leistungsbestimmung des Versorgers, nämlich gerade dieser \"Einstufung/ Einordnung\" durch den Versorger. Man bewegt sich dabei am Grat des § 154 Abs. 1 BGB. Woraus sollte sich wohl ein Einstufungs- und Einordnungsrecht des Versorgers ergeben?

Offline tangocharly

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #59 am: 28. September 2008, 20:21:31 »
@ Black

Zitat
(1) \"Normtarifkundenvertrag\" = Grundversorgungsvertrag (2) Normsonderkundenvertrag = Sonderkundenvertrag mit Haushaltskunden

Verstehe ich Sie richtig: \"Normsonderkundenvertrag\" und dann nächste Ziff.: (3) Sonderkundenvertrag ?

Bei @RR-E-ft ist ja in der Argumentation alles klar. Ich neige auch seiner Sichtweise zu.

Aber wenn, wie Sie das formulieren, der \"Normsonderkundenvertrag nur für Haushaltskunden\" vorgesehen ist, dann ergo ist  \"Jedermann\", d.h. alle die, die nicht für den Eigenverbrauch im Haushalt und Gewerbetreibende und Landwirte, die mehr als 10k kWh Gas beziehen, ein Sonderkunde (=Sonderkundenvertrag, so es denn zu einem solchen Vertragsschluss kommt).

Wir verstehen uns doch insoweit richtig, dass es in beiden Fällen (Ziff.2. u. 3.) eines besonderen Vertragsschlusses bedarf.

Worin liegt denn das Bedürfnis begründet, dem Sondervertrag des Haushaltskunden, so er einen Sondervertrag schliesst, eine andere Kategorie zuzuweisen ?

Wo findet sich die Rechtsgrundlage ?

Und welche rechtlichen und praktischen Auswirkungen sehen Sie in der unterschiedlichen Behandlung zweier Kategorien von Sonderverträgen ?
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

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