Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde  (Gelesen 23622 mal)

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Offline tangocharly

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #30 am: 23. September 2008, 18:42:39 »
Und weil wir schon mal bei den Formvorschriften sind:

Für die Tarife der Grundversorgung gilt eine besondere Formvorschrift: die öffentliche Bekanntmachung.

Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 2 GasGVV. Ja noch mehr: briefliche Benachrichtigung, Einstellung auf der Internet-Homepage.

Wohlgemerkt: gilt nur für die Tarife der Grundversorgung, d.h. nicht für z.B. \"Normsonderverträge\" (dieses Wort-Ungetüm muß ein verstandesgemäß normal begabter, juristisch nicht verbildeter, Bürger erst mal verstehen). Dies (sil: die öffentl. Bekanntmachung) auch dann nicht, wenn dort (sil: in dem Normsondervertrag) auf die Tarife und Bedingungen der Grundversorgung Bezug genommen wird.

Wird also Bezug genommen, was passiert dann ? Dann sind die Tarife und Bedingungen ja \"öffentlich bekannt gemacht\". Und jetzt, was nun ?
Quo vadis - Normsondervertrag ?
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Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #31 am: 23. September 2008, 19:01:58 »
@tangocharly

Geht man mit dem OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008 (12 U 49/07) davon aus, dass der klassische Norm- Sondervertrag wegen Verstoß gegen § 307 BGB keine wirksame Preisänderungsklausel enthält, so ist die \"quo vadis\" - Frage wohl bereits beantwortet. Eine Zukunft ist ihm nicht beschieden. Bereits seine Vergangenheit war und ist äußerst fraglich.

Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #32 am: 24. September 2008, 15:54:01 »
Zitat
Original von tangocharly
Wohlgemerkt: gilt nur für die Tarife der Grundversorgung, d.h. nicht für z.B. \"Normsonderverträge\" (dieses Wort-Ungetüm muß ein verstandesgemäß normal begabter, juristisch nicht verbildeter, Bürger erst mal verstehen).
......
Quo vadis - Normsondervertrag ?
    @tangocharly, verstehen das denn die \"juristisch gebildeten\" Bürger? ;) Gibt es das widersprüchliche Gebilde überhaupt oder ist das nur ein Hirngespinst, ein theoretisches Konstrukt, eine Fata Morgana in der juristischen Literatur?

    Ich zähle mich zu den \"nicht Verbildeten\" und denke, dass die gesetzlichen Regeln der Entwicklung und den heutigen Bedingungen einfach nicht mehr gerecht werden. Der Interpretation der Gesetze durch Gerichte und die Entfernung vom Willen des Gesetzgebers kann der \"nicht verbildete Bürger\" oft nicht mehr folgen. Die Situation und die Regelungen sind in der Zwischenzeit so unklar und unvollständig, dass endlich der Gesetzgeber ran muss. Energieversorgungsverträge und die Rechtsgrundlagen sollten so  verständlich sein, dass der Verbraucher noch selbst erkennen kann, was er da annimmt oder unter welchen Bedingungen er Energie verbraucht ohne einen Rechtsanwalt konsultieren zu müssen. Warum machen die Heerscharen  der Verbraucher und die Verbraucherorganisationen der Politik nicht endlich Beine? Diese diversen unfairen und vernebelten Unterschiede, beginnend bei
Abgabe (Konzession) über den NormSonderkunden, die Schrift- und die Textform  sind doch kein Zustand!

Die gut ausgebildeten deutschen Juristen sollten doch in der Lage sein, allgemeinverbindliche, verständliche und faire  Energieversorgungsbedingungen zu formulieren!?  Das wäre mal eine konstruktive Betätigung. Warum nicht als konzertierte Aktion. Die Beschäftigung mit den Mängeln alleine ist nicht zielführend. [/list]

Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #33 am: 24. September 2008, 16:04:15 »
@nomos

Zitat
Original von nomos

Ich zähle mich zu den \"nicht Verbildeten\" und denke, dass die gesetzlichen Regeln der Entwicklung und den heutigen Bedingungen einfach nicht mehr gerecht werden.

Soso.

Die Sonderverträge außerhalb der gesetzlichen Anschluss- und Versorgungspflicht waren in Deutschland noch nie gesetzlich geregelt. Wo dies vor der Liberalisierung galt, muss dies nach der Liberalisierung erst recht gelten.

Aus Art. 2 GG folgt, dass der Staat nur da etwas gesetzlich regelt, wo eine Notwendigkeit dafür besteht. Der Grundsatz nach Art. 2 GG sind Privatautonomie und Vertragsfreiheit.   Es müssen schwerwiegende Gründe vorliegen, in diese durch Gesetz einzugreifen. Das sollte auch der vorgeblich \"nicht verbildete\" Bürger wissen. Jede gesetzliche Regelung bedarf also selbst einer (inneren) Rechtfertigung. Eine solche gibt es jedoch außerhalb der gesetzlichen Anschluss- und Versorgungspflicht nicht. Es gibt keinen Anlass, Verträge außerhalb der Grund- und Ersatzversorgung, insbesondere mit Nicht- Haushaltskunden, durch den Gesetzgeber inhaltlich zu regeln.

Das Bürgerliche Gesetzbuch und das darin enthaltenene AGB- Recht gilt generell, nicht nur für Energielieferungsverträge.

Warum Sie meinen, die aktuell bestehenden gesetzlichen Regeln, insbesondere des aktuellen EnWG einschließlich §§ 2, 36, 38, 40, 41  EnWG iVm. StromGVV/ GasGVV seien nicht klar verständlich oder nicht ausreichend, erschließt sich nicht. Eine weitere Verordnung regelt alle Fragen rund um die Messung neu. Siehste hier.

Was hat man denn dabei vergessen zu regeln oder aber unklar gelassen?

Nie war der Energiebereich stärker gesetzlich geregelt. Wie detaillierter soll der Staat unser Leben gestalten? Wer sich einen regelungswütigen Staat wünscht, entmündigt sich als Bürger selbst. Kant´s \"Was kann ich wissen?\", \"Was soll ich tun?\", \"Was darf ich hoffen?\"... müssen wir an dieser Stelle nicht ausdiskutieren.

Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #34 am: 24. September 2008, 17:11:16 »
Zitat
Original von RR-E-ft
.....
Das Bürgerliche Gesetzbuch und das darin enthaltenene AGB- Recht gilt generell, nicht nur für Energielieferungsverträge.

Warum Sie meinen, die bestehenden gesetzlichen Regeln des EnWG einschließlich §§ 2, 36, 38, 40, 41  EnWG iVm. StromGVV/ GasGVV seien nicht klar verständlich oder nicht ausreichend, erschließt sich nicht.

Was hat man denn dabei vergessen zu regeln oder aber unklar gelassen? Wie detaillierter soll der Staat unser Leben gestalten?
    @RR-E-ft, Lex imperfecta! Welche konkreten Möglichkeiten hat denn ein Verbraucher in der Praxis, die Einhaltung des EnWG zu erreichen?
    Welche Klagemöglichkeiten eröffnen sich ihm z.B.? Gibt es die Möglichkeit der Verbands- oder Sammelklage?  

    Energie gehört zum Grundbedarf. Die elementare Daseinsvorsorge ist innere Rechtfertigung genug um diese sicher und klar zu regeln. Das AGB-Recht bzw. die Regeln im aktuellen BGB reichen offensichtlich nicht. Oder liegt es Ihrr Meinung nach an der Anwendung? Dass hier alles in Butter ist, kann man ja kaum feststellen. Alleine die Diskussion hier im Forum zeigt auf, dass da in Bezug auf die Klarheit und das Hinreichen der Regeln Defizite bestehen müssen.

    Es geht hier nicht um Freiheitsrechte, sondern um den schwächeren Verbraucher, der hier den Schutz des Staates benötigt, vor Machtmissbrauch und Übervorteilung geschützt zu werden. Außerdem sollte der Staat von sich aus dafür sorgen, dass die von ihm getroffenen Regeln, hier zum Schutz der Verbraucher, auch eingehalten werden. Die demokratische Grundordnung mit der sozialen Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung sind schon in Ordnung. \"Sozial\" ist   z.B. Verbraucherschutz.
Zitat
Original von RR-E-ft
Eine weitere Verordnung regelt alle Fragen rund um die Messung neu.
    RR-E-ft, das ist auch gut so und zeigt nur auf, dass es auch hier Bedarf für eine Regelung gab.

Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #35 am: 24. September 2008, 17:16:18 »
@nomos

Zitat
Original von nomos Energie gehört zum Grundbedarf. Die elementare Daseinsvorsorge ist innere Rechtfertigung genug um diese sicher und klar zu regeln. Das AGB-Recht bzw. die Regeln im aktuellen BGB reichen offensichtlich nicht.

Einfach mal wieder runtersteigen.  ;)

Die Grundversorgung ist doch in §§ 2, 36 EnWG iVm. StromGVV/ GasGVV umfassend gesetzlich geregelt. Jeder Haushaltskunde hat einen gesetzlichen Anspruch auf die Grundversorgung, deren Bedingungen in der Grundversorgungsverordnung umfassend geregelt sind. Die entsprechende Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen ist u. a.  in §§ 2, 36 EnWG geregelt.

Was wurde denn dabei vergessen? Was ist insoweit offen geblieben oder unklar, unbedingt noch weiter regelungsbedürftig?

Mit ihrem Staatsverständnis hätten Sie ggf. in die DDR übersiedeln müssen. Geht jetzt aber auch nicht mehr, weil sich die Menschen dort anders entschieden hatten.  ;)

Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #36 am: 24. September 2008, 17:32:10 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Einfach mal wieder runtersteigen.  ;)
Was wurde denn dabei vergessen? Was ist insoweit offen geblieben oder unklar, unbedingt regelungsbedürftig?

Mit ihrem Staatsverständnis hätten Sie ggf. in die DDR übersiedeln müssen. Geht jetzt aber auch nicht mehr, weil sich die Menschen dort anders entschieden hatten.  ;)
    @RR-E-ft, was bis jetzt fehlt, ist schlicht die Realisierung was in diesem § 1 und § 2 des EnWG steht. Die Frage wie das zu erreichen ist und welche Möglichkeiten dem Verbraucher zur Durchsetzung gegeben sind, ist offen. Das Staatsverständnis der DDR habe ich so nicht in Erinnerung. Erst wenn man den Gipfel erreicht hat, steigt man wieder runter, im Normalfall wenigstens ;).

Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #37 am: 24. September 2008, 17:36:34 »
@nomos

Was nun? Es gibt zwar schon eine ausreichend klare gesetzliche Regelung, die jedoch (von den gesetzlich Verpflichteten) nicht befolgt wird? Muss man dann noch eine weitere gesetzliche Regelung schaffen, die dann auch wieder nicht befolgt wird?....

Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #38 am: 24. September 2008, 17:48:36 »
RR-E-ft, was ausreichend klar ist, muss man dann auch entsprechend umsetzen. Es fehlt an der  Umsetzung und Durchsetzung. Sie gilt es zu regeln, lex imperfecta.

Was nicht umgesetzt wird, mangels Möglichkeiten oder mangels Sanktionen ist unvollständig.

Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #39 am: 24. September 2008, 17:57:19 »
@nomos

Wenn der Gesetzgeber den Grundversorgern hinsichtlich der Allgemeinen Preise der Grundversorgung gesetzlich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt hat, dann besteht zugleich aus § 315 BGB deren Verpflichtung, diese Allgemeinen Preise nach Vertragsabschluss jeweils der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen. In § 315 BGB ist zugleich geregelt, wie eine solche bestehende Verpflichtung (gerichtlich) zu kontrollieren ist. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ist eine der schärfsten Sanktionen, die unser geltendes Privatrecht überhaupt kennt. Die Unverbindlichkeit ist eine besondere Form der Unwirksamkeit. § 17 Abs. 1 Satz 3 Grundversorgungsverordnung bestimmt schließlich, dass sich der betroffene Kunde gegenüber dem Leistungsverlangen des Versorgers auf § 315 BGB berufen kann.

Ebenso scharf ist die AGB- rechtliche gesetzliche Regelung zur Inhalts- und Transparenzkontrolle von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB.

Schließlich unterliegen die mit einem marktbeherrschenden Unternehmen vereinbarten Preise daneben der kartellrechtlichen Preismissbrauchskontrolle gem. § 19, 20, 29 GWB.

Mehr gesetzlicher Regelungen bedarf es nicht.
Es mag immer einige geben, die meinen, Gesetze müssten noch schärfer sein.

Die längst bestehenden (klaren) Gesetze müssen nur zutreffend angewendet werden.

Offline nomos

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #40 am: 24. September 2008, 20:02:06 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Schärfere Gesetze?
    @RR-E-ft, ich bin da etwas kritischer. Vollständige Gesetze die ihren Zweck erfüllen, keine \"Scharfen Gesetze\".
    Was die \"Schärfe\" angeht, es gibt sogar richtige Verbote im EnWG:

    Betreibern von Energieversorgungsnetzen ist z.B. ein Missbrauch ihrer Marktstellung verboten.

    Was soll gierige Betreiber davon abhalten? Das EnWG? Welche Folgen hat ein Missbrauch für den Betreiber?

    Aus meiner Sicht eine etwas ungleiche Waage \"Chance - Risiko\".

    Hat der Verbraucher einen Anspruch auf Ersatz eines ihm durch den Missbrauch entstandenen Schaden?
    Wird ein Schaden dem Verbraucher ersetzt?
    Welche Rolle spielt ein Missbrauch bei der Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB? usw...

    Sorry, aber manches sieht mir etwas nach Placebo aus, auch wenn da ja auch von einigen ein Effekt gesehen wird.
Zitat
Original von RR-E-ft
Schließlich unterliegen die mit einem marktbeherrschenden Unternehmen vereinbarten Preise daneben der kartellrechtlichen Preismissbrauchskontrolle gem. § 19, 20, 29 GWB.
    @RR-E-ft, ich denke, Sie wissen wie die Ausstattung der Kartellbehörden aussieht. Die Landeskartellbehörde von B-W ist z. B.  nach meiner Kenntnis nicht einmal mit einer vollen Stelle besetzt.  Was das GWB betrifft, da sieht dann ein Gericht eine durchgreifende Substitution im Wärmemarkt und schon ist es vorbei mit der marktbeherrschenden Stellung und der Preismissbrauchskontrolle.

Offline RR-E-ft

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ED 3/2008 Seite 10/11 \"Der feine Unterschied\": Frage Tarif- oder SV Kunde
« Antwort #41 am: 24. September 2008, 20:31:27 »
@nomos

Die Diskussion von Kant´s Fragen liegt mir an dieser Stelle wirklich fern.

Zitat
Original von nomos
Hat der Verbraucher einen Anspruch auf Ersatz eines ihm durch den Missbrauch entstandenen Schaden?
Wird ein Schaden dem Verbraucher ersetzt?
Welche Rolle spielt ein Missbrauch bei der Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB? usw...

Zitat
Original von RR-E-ft
Schließlich unterliegen die mit einem marktbeherrschenden Unternehmen vereinbarten Preise daneben der kartellrechtlichen Preismissbrauchskontrolle gem. § 19, 20, 29 GWB.
    @RR-E-ft, ich denke, Sie wissen wie die Ausstattung der Kartellbehörden aussieht. Die Landeskartellbehörde von B-W ist z. B.  nach meiner Kenntnis nicht einmal mit einer vollen Stelle besetzt.  Was das GWB betrifft, da sieht dann ein Gericht eine durchgreifende Substitution im Wärmemarkt und schon ist es vorbei mit der marktbeherrschenden Stellung und der Preismissbrauchskontrolle.

Prof. Markert hat bekanntlich im November 2007 für den Bund der Energieverbraucher ein umfangreiches  Rechtsgutachten dazu erstattet, welche Möglichkeiten für Verbraucher unter Anwendung des Kartellrechts (GWB) bestehen. Siehe hier.

Dieses Gutachten ist beim Verein erhältlich. Der Verbraucher kann sich in einem Zivilverfahren auch darauf berufen, dass ein vereinbarter Preis kartellrechtswidrig überhöht und deshalb insoweit unwirksam sei. Er ist also dabei nicht auf ein Einschreiten oder Tätigwerden einer Kartellbehörde angewiesen. Für den kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch trägt der Verbraucher dabei im Kartellzivilverfahren die Darlegungs- und Beweislast, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07), für die Billigkeit einer einseitigen Entgeltbestimmung trägt hingegen der Versorger die Darlegungs- und Beweislast. Der BGH hat auch klar gesagt, dass jedenfalls ein kartellrechtswidriger Preishöhenmissbrauch nicht der Billigkeit entsprechen kann. Im Falle eines kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauchs steht dem betroffenen Kunden schließlich gem. § 33 GWB ein Schadensersatz zu.

Möglicherweise ist untergegangen, dass der Kartellsenat des BGH in seiner Entscheidung vom 29.04.2008 (KZR 2/07) festgestellt hat, dass es im kartellrechtlichen Sinn auf den sachlich eigenständigen Markt der Belieferung von Endkunden mit Erdgas ankommt, ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie nicht besteht.

Das alles ist seit langem bekannt und eine weitere Diskussion über Fragen, die diese vorliegenden Erkenntnisse \"nicht verbildet\" unberücksichtigt lassen, ist nun einmal alles andere als zielführend. Wenn hier nun die Frage aufgeworfen wird, ob bei einem kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch ein Schadensersatzanspruch des betroffenen Verbrauchers bestehe, dann zeigt das eben nur, dass man sich mit der Materie bisher nicht bestmöglich auseinandergesetzt hat. Dann sollte man aber auch nicht nach anderen Gesetzen verlangen, sich zunächst einmal  mit der aktuellen Gesetzeslage befassen.  Thema durch.

Wer darüber diskutieren möchte, ob und ggf. warum die Banane krumm ist, der mag dies tun. Möglichst andernorts. Möglicherweise gibt es besondere Zirkel für kleine Philosophen.  ;)

Offline tangocharly

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« Antwort #42 am: 24. September 2008, 22:23:15 »
@RR-E-ft

Na denn, dann legen Sie doch mal los :

Zitat
Die längst bestehenden (klaren) Gesetze müssen nur zutreffend angewendet werden.

Wie definieren Sie den (nirgends) geregelten Begriff:

\"Norm-Sondervertrag\"

Und wie erklärt sich dann der Umstand, dass irgend jemand eine \"Norm\" für Sonderverträge setzt, Art. 20 Abs. 2 GG, der nicht \"Gesetzgeber\" ist.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #43 am: 24. September 2008, 23:08:02 »
@tangocharly

Es gab bei Geltung der EnWG 1935 und EnWG 1998 nur Tarifkundenverträge und Sonderverträge.

Die Branche bezeichnete eine ganz besondere Vertragsgestaltung außerhalb der Tarifkundenversorgung, die sie selbst erfunden hat,  als \"Normsonderverträge\".

Das hat der Gesetzgeber überhaupt nicht in der Hand. Hätte die Branche diese Sonderverträge \"Glückssonderverträge\" oder \"Rätselsonderverträge\" genannt, hätte dies dem Gesetzgeber ebensowenig Veranlassung geben können und dürfen, deshalb tätig zu werden.

Sonderverträge und sog. \"Normsonderverträge\" sind gesetzlich nicht geregelt.

§ 41 EnWG trifft nun erstmals Bestimmungen für Verträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung. Obschon eine Verordnungsermächtigung zur inhaltlichen Ausgestaltung solcher Verträge im EnWG enthalten ist, wurde von dieser bisher kein Gebrauch gemacht.

Es ist nicht meine Aufgabe, den Begriff \"Normsondervertrag\" zu definieren.

Die Branche verstand darunter Sonderverträge, deren Preise günstiger waren als die Allgemeinen Tarife, wobei die sonstigen Vertragsbedingungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt wurden, die mit Rücksicht auf § 310 Abs. 2 BGB (voll)inhaltlich mit den Bestimmungen der - gesetzlich auf diese Verträge nicht anwendbaren - AVBGasV/ AVBEltV übereinstimmten. So wurde es von den mit der Branche verbundenen Kollegen auch in die entsprechenden Kommentierungen getragen.

Nunmehr stellt sich oft  die Frage des Nachweises der Einbeziehung bei Vertragsabschluss gem. § 305 Abs. 2 BGB. Zudem tritt das Problem auf, dass keine Preisänderungsklauseln enthalten sind, die der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. §§ 307 BGB standhalten können, vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008 (12 U 49/07).

Es ist deshalb auch nicht Aufgabe des Gesetzgebers, den Begriff \"Normsondervertrag\" zu definieren.  Für Erfindungen der Branche ist er nicht zuständig.  

Sonderverträge - wie auch immer bezeichnet und inhaltlich ausgestaltet - blieben bis zum Inkrafttreten des § 41 EnWG in den vorhergehenden Energiewirtschaftsgesetzen vollkommen ungeregelt. Das hat auch nichts mit Art. 20 GG zu tun.

Offline jroettges

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« Antwort #44 am: 25. September 2008, 00:02:16 »
Zitat
§ 41 EnWG trifft nun erstmals Bestimmungen für Verträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung. Obschon eine Verordnungsermächtigung zur inhaltlichen Ausgestaltung solcher Verträge im EnWG enthalten ist, wurde von dieser bisher kein Gebrauch gemacht.

§41trifft nun ... immerhin seit Juni 2005. Da war für die Branche doch eigentlich genug Zeit, dieser gesetzlichen Bestimmung zu folgen.

Hat sie aber als Branche nicht und auch der Versorger mit dem ich im Clinch liege, hat bei dieser Frage stets nur mit Unverständnis reagiert.

Natürlich würde eine Verordnung zu § 41 EnWG zur Klarheit beitragen können. Die Forderung danach war schließlich sogar Gegenstand einer Petition des BdE beim deutschen Bundestag. Was ist daraus eigentlich geworden?

Andererseits würde es der Branche ja gut gestanden haben, wenn sie zu ihrer Chimäre \"Normsondervertrag\" eine gesetzeskonforme \"Norm\" mitgeliefert hätte.

 

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