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Autor Thema: Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?  (Gelesen 8591 mal)

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Offline ESG-Rebell

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« am: 03. Mai 2008, 21:08:29 »
Sondervertragskunden, deren Verträge keine oder intransparente Preisanpassungsklauseln enthalten, haben die seit Vertragsbeginn erhöhten Preise unter Umständen rechtsgrundlos gezahlt und somit einen Rückzahlungsanspruch über die zuviel geleisteten Beträge an den Versorger.

In der AVBGasV hieß es unter \"§ 31 Aufrechnung\":
Gegen Ansprüche des Gasversorgungsunternehmens kann nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufgerechnet werden.  

Für einen Sondervertragskunden stellen sich damit folgende Fragen:
[list=1]
  • Wurde die AVBGasV - insbesondere der §31 - überhaupt wirksam in seinen eigenen Vertrag eingebunden? Falls nein, dann existiert zumindest kein vertragliches Aufrechnungsverbot, wenn der Vertrag nicht noch andere entsprechende Klauseln enthält!
  • Was passiert, wenn der Kunde seine Rückforderungen mit den laufenden und künftigen Forderungen des Versorgers aufrechnet und die Zahlungen solange vollständig einstellt, bis der Saldo aus seiner Sicht wieder ausgeglichen ist? Selbstredend mit detaillierter Berechnung und Vorankündigung an den Versorger.
  • In jedem Fall müsste der Versorger auf Zahlung klagen, um an Geld zu kommen. Ließe sich im Rahmen eines solchen Prozesses ein Rückforderungsanspruch durchsetzen?
  • Sollte ein vertragliches Aufrechnungsverbot wirksam vereinbart worden sein, könnte der Versorger dann schon aufgrund einer Vertragsverletzung - ohne Prüfung der Berechtigung der Rückforderungsansprüche - erfolgreich auf Zahlung klagen?
  • [/list=1]
    Gruss,
    ESG-Rebell.

Offline eislud

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #1 am: 05. Mai 2008, 00:30:26 »
@ESG-Rebell
Laut § 390 BGB kann eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, nicht aufgerechnet werden.

Wenn der Versorger die Forderung des Kunden nicht anerkennt, könnte das meines Erachtens einer Einrede gleichstehen. Das ist aber nur eine Vermutung und ich bin mir hier nicht sicher. Handelt es sich also dabei um eine Art \"Einrede\", dann ist eine Aufrechnung auch dann nicht zulässig, wenn § 31 AVBGasV nicht vertragsbestandteil geworden ist.

Sofern eine Aufrechnung für Jahresrechnungen durchgeführt wird, die noch nicht aus der Verjährung fallen, kann meines Erachtens wohl nicht viel passieren (auch hier). Wenn der Versorger auf Zahlung klagt, besteht meines Erachtens mindestens die Möglichkeit einer Rückforderungsklage als Gegenklage.

Ich bin ja aber kein Jurist.

Gruss eislud

Offline Kampfzwerg

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #2 am: 05. Mai 2008, 10:40:15 »
Zitat
Original von ESG-Rebell
  • Wurde die AVBGasV - insbesondere der §31 - überhaupt wirksam in seinen eigenen Vertrag eingebunden? Falls nein, dann existiert zumindest kein vertragliches Aufrechnungsverbot, wenn der Vertrag nicht noch andere entsprechende Klauseln enthält!
  • Sollte ein vertragliches Aufrechnungsverbot wirksam vereinbart worden sein, könnte der Versorger dann schon aufgrund einer Vertragsverletzung - ohne Prüfung der Berechtigung der Rückforderungsansprüche - erfolgreich auf Zahlung klagen?
vertragliches Aufrechnungsverbot:
Das wäre nur dann der Fall, wenn die AGB des Versorgers, in denen dann wiederum §31 AVBGas enthalten wäre, vor Vertragsschluss dem Kunden zur Kenntnis gebracht worden wären. Ein Begrüßungsschreiben mit gleichzeitiger Übersendung der AGB reicht nicht aus!
Also ist die Wirksamkeit i.d.R. eben nicht der Fall.

Ich halte die Möglichkeit Nr. 2 durchaus für überlegenswert. Machbar ist grundsätzlich alles, eben weil Nr. 3 zutrifft!
Wenn der Versorger klagt, besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Gegenklage.
Gerade um diese Möglichkeit herauszufordern!, fände ich die Idee der vollständigen Aufrechnung gar nicht schlecht. ;)

zu 4: Selbst wenn der unwahrscheinliche Fall der Wirksamkeit gegeben wäre, glaube ich das nicht.
Im Prozess kommt es auf das Bestreiten und die richtigen Einreden/Einwendungen an. Und man hat wieder die Möglichkeit der Gegenklage (Feststellungs-/Rückforderungsklage)



@Eislud

Ich bin auch kein Jurist, aber ich glaube nicht, dass es eine \"Art Einrede\" gibt ;)
Und eine \"Nicht-Anerkennung\" der Forderung ist m.E. sicher nicht bedeutungsgleich mit einer Einrede.
Alles in allem kommt es aber nach meiner Merinung grundsätzlich auf das Verhalten im Prozess an.
Ich denke, dass ich den Anspruch schon vorher bestreiten kann bzw. muss, aber eine rechtswirksame Einrede/Einwendung kann es doch wohl erst vor Gericht geben/vorgebracht werden.


Schaut Euch auch mal §819 BGB an:
\"Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes- oder Sittenverstoß\"
Falls der Kunde seinen Versorger in Kenntnis gesetzt hat Sondervertragskunde zu sein, bietet der auch schöne Munition. =)

Offline Thomas S.

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #3 am: 05. Mai 2008, 15:04:09 »
Ich halts im Moment mit 2. (und möglicherweise 3.) ganz gut aus.

Was kann passieren? Mein Geld habe ich noch 8) , nicht der Versorger.

Klagt er auf Zahlung und stellt sich heraus, daß ich hätte 2. nicht tun dürfen, bekommt er trotzdem jede Menge Ärger, denn die Klausel ist und bleibt unwirksam.

Also Gegenklage mit Rückzahlung... Der Effekt hebt sich fast auf, ich habe nur etwas höhere Verfahrenskosten, DER VERSORGER ABER EIN PEINLICHES URTEIL.

Mal sehen, wies ausgeht  8) . Möglicherweise wie das Hornberger schießen.  :]

Offline eislud

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #4 am: 06. Mai 2008, 00:10:06 »
@Kampfzwerg
Mit Deinen Bemerkungen zur Einrede hast Du wohl mal wieder recht.  :D
Ich ziehe meinen Beitrag zurück.

Gruss eislud

Offline Kampfzwerg

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #5 am: 06. Mai 2008, 09:18:47 »
@Eislud
ich mag Dich auch =)

Aber Du brauchst deshalb nicht Deinen ganzen Beitrag zurückzuziehen, nur den Teil mit der Einrede und § 390 :D

Zitat
Sofern eine Aufrechnung für Jahresrechnungen durchgeführt wird, die noch nicht aus der Verjährung fallen, kann meines Erachtens wohl nicht viel passieren (auch hier). Wenn der Versorger auf Zahlung klagt, besteht meines Erachtens mindestens die Möglichkeit einer Rückforderungsklage als Gegenklage.
Damit hast Du wohl recht

Zitat
Wird vor Gericht, und wohl nur dort (hihi), klargestellt, dass die Aufrechnung nicht erlaubt war, könnte sich der Versorger auf die unerlaubte Aufrechnung berufen und das selbst wenn die Billigkeit vor Gericht nicht nachgewiesen wird bzw. die Preisanpassungsklausel vom Gericht für unwirksam erklärt wird.
und dieses Teil-Zitat aus Deinem verlinkten Beitrag erscheint mir ebenfalls richtig.

Nicht einig werden wir uns aber - mal wieder mal - wohl beim Thema \"Verjährung\" :D




@Thomas S.

Zitat
Ich halts im Moment mit 2. (und möglicherweise 3.) ganz gut aus.

Wie weit zurück reicht denn inzwischen der Zeitraum, für den Sie aufgerechnet/verrechnet haben.
Sind Sie schon über die magischen
3 Jahre hinaus?
Oder verrechnen Sie nur rückwirkend bis zum Stichtag des Datums des ersten Widerspruchs?

Offline Thomas S.

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #6 am: 06. Mai 2008, 11:01:22 »
Ich bin SV-Kunde beim Strom und habe jetzt den Versorger gewechselt, da der alte Vertrag vom örtlichen Stadtwerk fristgerecht, wenn auch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, gekündigt wurde.

Nachdem ich (gerade wegen der Kündigung) auf die Problematik der ungültigen Preisanpassungsklausel aufmerksam wurde (damit hat der alte Versorger wohl nicht gerechnet  ;) ), habe ich im letzten Jahr meine restlichen Abschläge so drastisch gekürzt, daß ich zu meiner eigenen Abrechnung sogar noch etwas nachzahlen konnte.

Dabei habe ich die noch nicht verjährten Ansprüche einfach mit abgerechnet.

Seht euch mal den § 814 BGB an. Dadurch ist man ja geradezu VERPFLICHTET, die Zahlungen insgesamt gegenzurechnen, so sehe ich das, denn einmal trotz Kenntnis der Nichtschuld geleistetes kann NICHT mehr zurückgefordert werden.

Zusätzlich gilt möglicherweise noch Folgendes: Ansprüche verjähren nach meiner Kenntnis nicht nach dem Rechnungsdatum der Jahresrechnungen, sondern die Verjährung setzt erst mit POSITIVER KENNTNIS der rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen ein. Habe ich aber nicht angewendet.

Insgesamt sind bei mir die Beträge aber nicht besonders hoch, so daß ich gelassen-gespannt in die Zukunft sehe...  8)

Offline Kampfzwerg

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #7 am: 06. Mai 2008, 12:18:23 »
@Thomas S.

Zitat
Seht euch mal den § 814 BGB an. Dadurch ist man ja geradezu VERPFLICHTET, die Zahlungen insgesamt gegenzurechnen, so sehe ich das, denn einmal trotz Kenntnis der Nichtschuld geleistetes kann NICHT mehr zurückgefordert werden.

Zusätzlich gilt möglicherweise noch Folgendes: Ansprüche verjähren nach meiner Kenntnis nicht nach dem Rechnungsdatum der Jahresrechnungen, sondern die Verjährung setzt erst mit POSITIVER KENNTNIS der rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen ein. Habe ich aber nicht angewendet.
Stimmt. Aber DAS Thema hatten wir schon letztes Jahr sehr ausführlich:
z.B. hier
Nachzahlungsauffroderung wg. BGH-Urteil
und - wer es schafft - auch hier
Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung

Das bringt uns hier nicht wirklich weiter.
In DIESEM Thread geht es um ein völlig anderes Thema, siehe noch einmal den Ausgangsbericht von ESG-Rebell.

siehe letzten Beiträge von:
Sondervertragskunden Argumentationshilfen

Das sind doch spannende Fragen........also bitte nicht wieder zerbröseln  ;)

Offline eislud

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #8 am: 13. Mai 2008, 00:35:18 »
Ich habe leider noch nichts weiteres zum Thema beizutragen.  :(

@Kampfzwerg
Ich glaube dieses Mal - wie schonmal - werden wir uns dann auch einig in punkto Verjährung. Ich wollte nicht ohne Grund meinen Beitrag zurückziehen. Hört sich aus heutiger Sicht schon abstrus an, mein Gewäsch bezüglich der Verjährung. Gut wenn noch jemand genau ließt, hihi. Vielleicht lags an der Uhrzeit - 14 Uhr ist gewöhnlich noch etwas früh am Morgen für mich.  :D

Gruss eislud

Offline ESG-Rebell

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #9 am: 13. Mai 2008, 11:01:45 »
Zitat
Original von eislud
... Hört sich aus heutiger Sicht schon abstrus an, mein Gewäsch bezüglich der Verjährung.
Was interessiert mich mein Geschwätz von Gestern?
Hat nicht Konrad Adenauer diesen Spruch geprägt, als er von Journalisten mit vergangenen politischen Aussagen konfrontiert worden ist?

Noch ein schöner Spruch, der von Adenauer stammen soll:
Ich glaube nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline Kampfzwerg

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #10 am: 13. Mai 2008, 12:39:46 »
Der zweite Spruch ist aber von Churchill, soweit ich mich erinnere  =)

Es gibt Wahrheiten und Weisheiten, die ändern sich allerdings wohl nie  ;)


@Eislud
14 Uhr ist gewöhnlich noch etwas früh am Morgen für mich
uuuppps =) Nachtschwärmer, Nachteule, Nachtfalke...
Morgenmuffel wie?
P.S. wenn wir uns bei dem Thema Verjährung nicht mehr streiten können, müssen wir uns wohl ein anderes suchen :D



Hat sonst vielleicht auch noch jemand anderes nichts weiteres zum Thema beizutragen? ;)

Offline Kampfzwerg

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #11 am: 16. Mai 2008, 11:16:48 »
Hallo Leute,

neue Munition......da muss es doch noch mehr Meinungen zum Thema geben....

Sondervertragskunden Argumentationshilfen
OLG Thüringen, Urt. v. 26.09.2007 – 2 U 227/07, Verjährung bei Zahlung unter Vorbehalt

ESG-Rebell schrieb:
Zitat
Was passiert, wenn der Kunde seine Rückforderungen mit den laufenden und künftigen Forderungen des Versorgers aufrechnet und die Zahlungen solange vollständig einstellt, bis der Saldo aus seiner Sicht wieder ausgeglichen ist? Selbstredend mit detaillierter Berechnung und Vorankündigung an den Versorger.

Das wäre doch eigentlich die Lösung für alle, die nicht selbst auf Rückzahlung klagen möchten - so könnte man der Verjährung ein Schnippchen schlagen.

Offline sir_diddler

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #12 am: 06. Juni 2008, 23:06:38 »
Hallo Leute,

ich habe RA angeschrieben wegen einer evtl. Klage zur Rückzahlung der zuviel geleisteten Zahlungen.

Es wurde mir migeteilt:
Zitat
... das Sie Rückforderungsansprüche nur für einen Zeitraum von 3 Jahren geltend machen können, weiter gehende Ansprüche über diesen Zeitraum hinaus wären verjährt.

Das widerspricht allem aus der Diskussion Verjährung etc.
Mit freundlichem Rebellen-Gruß
Guido


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Offline RR-E-ft

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #13 am: 07. Juni 2008, 01:40:09 »

Offline Kampfzwerg

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Rückforderung mittels Aufrechnung durchsetzen?
« Antwort #14 am: 07. Juni 2008, 17:05:59 »
@sir_diddler

doppelt hält besser, wie ;)

wie wäre es denn, wenn Du den Beitrag mal hier anhängst

Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung

fände ich sinnvoller, und die anderen beiden löschst?

Das macht auch noch in anderer Hinsicht Sinn ;)

 

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