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Autor Thema: Ungleichbehandlung der Gaskunden  (Gelesen 9172 mal)

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Offline RR-E-ft

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« am: 11. Februar 2008, 15:57:06 »
Die Stadtwerke haben im Bereich der leitungsgebundenen Gasversorgung eine marktbeherrschende Stellung und unterliegen deshalb dem Diskrimnierungsverbot gem. §§ 19, 20 GWB.

In der letzten Woche sollen die Stadtwerke gegenüber einem einzelnen Kunden auf die Restforderung aus gekürzten Gasrechnungen verzichtet haben. Siehste hier..

Nun können alle anderen Kunden, die die Gasrechnungen ebenfalls gekürzt haben oder aber die erhöhten Preise vollständig an die Stadtwerke gezahlt haben, prüfen lassen, ob nicht §§ 19, 20 GWB gebieten, dass die Stadtwerke auch ihnen gegenüber auf die Preiserhöhung verzichten.

Soweit der Verzicht in mündlicher Verhandlung zu Protokoll erklärt wurde, so handelt es sich dabei um eine öffentliche Urkunde, welche die diskriminierende Ungleichbehandlung der entsprechenden Kunden belegen kann.

Offline nomos

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #1 am: 15. Februar 2008, 10:09:38 »
Zitat
Original von RR-E-ft
In der letzten Woche sollen die Stadtwerke gegenüber einem einzelnen Kunden auf die Restforderung aus gekürzten Gasrechnungen verzichtet haben. Siehste hier..
    In der
Rheinischen Post ist zu lesen, dass laut Geschäftsführer das unzutreffend sei. Der beklagte Kunde haben die Forderung beglichen!

Das ist ja eine tolle Geschichte, wer klärt sie auf?

Aber Vorsicht, die halbe Wahrheit ist auch gelogen! ;)
[/list]

Offline RR-E-ft

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #2 am: 15. Februar 2008, 12:24:30 »
@nomos

Es wird sich ja zeigen, welche Gerichtsentscheidung am Ende steht.

Hatten die Stadtwerke einen Verzicht erklärt, gibt es auf Antrag ein entsprechendes Verzichtsurteil.

Hatten sie die Klage zurückgenommen, gibt es gar kein Urteil, dafür einen Beschluss gem. § 269 III ZPO, wonach die Klägerin die gesamten Prozesskosten zu tragen hat (welche den ursprünglich eingeklagten Zahlungsanspruch übersteigen können).

Nach Beginn der mündlichen Verhandlung und Stellung der Anträge war jedoch ohne Einwilligung des Beklagten keine Klagerücknahme mehr möglich.

Sollte sich die Klage tatsächlich erledigt gehabt haben, hätten die Stadtwerke diese in der Hauptsache für erledigt erklären müssen, damit es aus diesem Grund nicht zur Abweisung einer unbegründeten Klage kommt.

Wenn der Beklagte dieser Erledigungserklärung nicht zustimmt, wird aus der ursprünglichen Zahlungsklage eine Klage auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe.

Dabei hat das Gericht auch zu prüfen, ob die ursprüngliche Klage zulässig und begründet war - also hätte zugesprochen werden müssen - und ob nach Klageerhebung tatsächlich ein erledigendes Ereignis eingetreten ist.

Innerhalb dieser Entscheidung ist dann auch wieder die Begründetheit der ursprünglichen Zahlungsklage zu prüfen, so dass der Prozess um diese Frage fortgesetzt werden könnte. War die ursprüngliche Klage abweisungsreif, gibt es auch keine Erledigung in der Hauptsache und die verbleibende Feststellungsklage mit geändertem Streitgegenstand wird abgewiesen.

Wenn es ein Verzichtsurteil geben sollte, ist klar, gerichtlich festgestellt, dass die Stadtwerke auf eine Forderung, soweit sie je bestanden habe, verzichtet haben. Etwa auf diese Forderungen bereits geleistete Zahlungen erfolgten dann ohne Rechtsgrund und unterliegen der bereicherungsrechtlichen Rückforderung gem. § 812 BGB.

Es ist also keinesfalls so, dass die Stadtwerke Geld, auf welches sie nach gerichtlicher Feststellung verzichtet haben, behalten dürfen.

Erst einmal sehen, wie amüsant die Geschichte für die Stadtwerke am Ende tatsächlich  noch wird.

Hatten die Stadtwerke vor Gericht tatsächlich einen Verzicht erklärt, können sich andere Kunden wohl auf das Diskrimnierungsverbot gem. §§ 19,20, 33 GWB berufen.

Offline nomos

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #3 am: 15. Februar 2008, 15:31:14 »
@ RR-E-ft, amüsant ist die Sache jetzt schon. Unabhängig von der juristischen Bewertung stellt sich einfach die Frage, ob die Darstellung des Stadtwerkechefs zutreffend ist:
    Geschäftsführer Friedrich Schnadt: „Tatsächlich wurde die Klage von Seiten der Stadtwerke aus einem sehr viel trivialeren Grund erledigt. So hatten die Stadtwerke nach Ablesung des Gaszählers und Erstellung der Jahresverbrauchsabrechnung festgestellt, dass der beklagte Kunde zwischenzeitlich alle Forderungen ausgeglichen hatte und keine offenen Zahlungen mehr vorlagen.“

Offline pengel60

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #4 am: 17. Februar 2008, 18:28:01 »
Hallo,

ich habe heute folgenden Link
Link recherchiert:

http://www.rp-online.de/public/article/regional/duesseldorf/ratingen/nachrichten/ratingen/532018

Hier wurde eine weiteres Urteil des LG Düsseldorf zum §315 BGB gesprochen:

Ein Kunde hat sich auf die Unbilligkeit der durch die Stadtwerke
Ratingen verlangten Gesamtpreise für
Gas berufen und recht erhalten !!!!!! Lest Euch diesen Artikel aufmerksam durch!

Wir Verbraucher können weiterhin guten Mutes sein.

Das gilt besonders auch für die Verbraucher in Wiesbaden und Taunusstein.

mfg
pengel60

Offline DieAdmin

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #5 am: 17. Februar 2008, 18:39:06 »
@pengel60,

ich habe Ihren Beitrag an den schon vorhandenen Thread drangehängt.

Offline Rob

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #6 am: 18. Februar 2008, 10:53:21 »
Zitat
Original von pengel60


http://www.rp-online.de/public/article/regional/duesseldorf/ratingen/nachrichten/ratingen/532018

Hier wurde eine weiteres Urteil des LG Düsseldorf zum §315 BGB gesprochen:

mfg
pengel60

@pengel60

Hallo,
offensichtlich handelt es sich hier doch um den selben Prozess.... .

Also alles wieder unklar  :rolleyes:

Gruß,
der Rob

Offline DieAdmin

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #7 am: 18. Februar 2008, 15:48:20 »
@Rob,

bitte auf das Datum schauen, wann die Artikel in der Rheinischen Post veröffentlicht wurde. Der Artikel in pengel60\'s Link ist etwas älter.

Offline Rob

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #8 am: 19. Februar 2008, 09:39:15 »
Zitat
Original von Evitel2004
@Rob,

bitte auf das Datum schauen, wann die Artikel in der Rheinischen Post veröffentlicht wurde. Der Artikel in pengel60\'s Link ist etwas älter.

Hallo Evitel2004,

pengel60 schreibt
Zitat

Hier wurde eine weiteres Urteil des LG Düsseldorf zum §315 BGB gesprochen

es wird jedoch im Artikel der von Hr.Fricke genannte Energiedepesche das gleiche Aktenzeichen genannt, wie im rp-online Artikel, nämlich
AZ 12 O 542/06.

Also ist es nicht korrekt, wenn pengel60 von einem weiteren Urteil schreibt. Darum ging es mir, sonst ensteht der falsche Eindruck, dass in Ratingen bereits zwei Verfahren mit dem gleichen Ergebnis stattfanden.

Trotzdem toll :D!

Einen schönen Tag noch,
Rob

Offline DieAdmin

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #9 am: 19. Februar 2008, 19:12:32 »
@Rob,

auf welches Urteil am LG Düsseldorf sich pengel80 bezog, ist bei der Formulierung \"weiteres\" nicht zwingend ersichtlich. Wenn ich den Gerichtsurteile-Bereich nach \"Düsseldorf\" durchstöbere, erscheinen einige.

Und da er in einem anderen Bereich und nicht selbst an den vorhandenen Thread seine Info setzte, gehe ich davon aus, dass er diesen Thread noch nicht gelesen hat.

Hätte es sich um 2 verschiedene Urteile gehandelt, hätte ich die beiden Threads nicht zusammgefügt. Aber gut, dass es nochmal bestätigt ist, dass ich richtig drangehängt hab. :)


Einen schönen Abend noch :)

Offline RR-E-ft

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Ungleichbehandlung der Gaskunden
« Antwort #10 am: 26. März 2008, 13:35:20 »
Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27.02.2008 - 12 O 542/06 liegt mittlerweile vor.

Gegen die durch Kollegen Dr. Hempel vertretenen Stadtwerke Ratingen wurde ein Verzichtsurteil verkündet.

Der Tenor lautet:

1.

Die Klage wird mit dem in der Klageschrift vom 30.08.2005 geltend gemachten Anspruch abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Das Gericht hatte die Fragen, ob überhaupt ein Recht zur einseitigen Preisfestsetzung bestand und ob dieses ggf. im Rahmen der Billigkeit ausgeübt wurde, nicht zu entscheiden, nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 06.02.2008 erklärt hatte, dass sie auf den klageweise geltend gemachten Anspruch verzichtet.

Auf diesen Anspruch ggf. geleistete Zahlungen, wie sie der Geschäftsführer behauptete, erfolgten mithin rechtsgrundlos und unterliegen deshalb  der Rückforderung aus § 812 BGB.

Fakt ist also, dass die Stradtwerke gegenüber Kunden auf Forderungen aus einer Energiepreiserhöhung verzichtet haben.

Kunden eines marktbeherrschenden, kommunalen Unternehmens haben im Bereich der Daseinsvorsorge  einen Anspruch auf Gleichbehandlung.

 

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