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Autor Thema: Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten  (Gelesen 29534 mal)

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Offline Wusel

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #15 am: 02. Februar 2008, 17:19:29 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Übrigends:

Was spricht dagegen, sich etwa am Prozesskostenfond zu beteiligen, der im Falle der Deckungszusage die Verfahrenskosten I. Instanz (einschließlich Gerichtskosten, Kosten des eigenen Anwalts und des Anwalts der Gegenseite) übernimmt und sich danach einfach mal weniger Sorgen zu machen?

Nichts spricht dagegen. Das sagt doch auch keiner!
Versteh da irgendwie den sachlichen Zusammenhang mit meinem vorherigen Beitrag nicht.

Wir diskutieren hier Grundsatzfragen. Was spricht dagegen?

Offline Netznutzer

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #16 am: 02. Februar 2008, 17:45:28 »
@ RR-E-ft

Zitat: Wenn Sie nicht wollen oder gerade nicht können, brauchen Sie auch nicht.

Dass brauchen Sie hier nicht zu bestimmen. Es bleibt dabei: Ergießen Sie sich an diejenigen, die irgendwelche Probleme haben, nicht an mich, für einen Satz, der oft genug von Ihnen hier kommuniziert wurde.

Trotzdem: Schön, dass Sie drüber geschrieben haben.

Gruß

NN

Offline Energie-Bündel

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #17 am: 08. August 2009, 16:30:31 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@Rob


Der Verbraucher, der bereits vorprozessual einen Billigkeitsnachweis gefordert hatte, der nicht erbracht wurde, kann sich noch im gerichtlichen Verfahren, also nach Klageerhebung ein sofortiges Anerkenntnis vorbehalten für den Fall, dass der Billigkeitsnachweis erst im Gerichtsverfahren erfolgt.

Im Falle eines solchen Anerkenntnisses wird er durch Anerkenntnisurteil verurteilt, ohne dass das Gericht die Billigkeit weiter prüft oder noch über diese zu entscheiden habe. Im Falle eines zulässigen sofortigen Anerkenntnisses werden die gesamten Verfahrenskosten (Gerichtskosten und Anwaltskosten beider Parteien) dem Kläger auferlegt.

Frage zum obigen Text:
Hat diese interessante Möglichkeit einem unredlichen Versorger seine Verweigerungshaltung evtl. heimzuzahlen eine handfeste rechtliche Grundlage und gibt es bereits Urteile dieser Art?

Für Tarifkunden aus unserer Bürgerinitiative, die Mahnbescheiden bereits widersprochen haben und die sich jetzt wegen fehlendem Rechtsschutz über das Kostenrisiko des gerichtlichen Verfahrens verstärkt Gedanken machen, wäre eine verläßliche Klärung der obigen Frage von erheblicher, sprich beruhigender Bedeutung.

Wer kann dazu etwas Konkretes sagen?

Energie-Bündel

Offline reblaus

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #18 am: 08. August 2009, 17:10:19 »
@Energie-Bündel
Wenn das Gericht festgestellt hat, dass die Preisanpassung des Versorgers unbillig war, und der Versorger daraufhin die gerichtliche Bestimmung beantragt, so muss er die Prozesskosten bezahlen, wenn der Verbraucher nach der gerichtlichen Feststellung des billigen Preises die daraus resulierende Forderung sofort anerkennt.

Es ist aber nicht so, dass der Verbraucher die Möglichkeit hätte, kostenfrei vor Gericht die Forderung anzuerkennen, wenn die Preisfestsetzung des Versorgers von Anfang an der Billigkeit entsprochen hätte. Es gibt kein abstraktes Recht des Verbrauchers, dass der Versorger ihm im vorgerichtlichen Verfahren die Billigkeit seiner Preise nachzuweisen hätte. Und die Fälligkeit seines Anspruchs von dem Erbringen dieses Nachweises abhängen würde.

Offline Energie-Bündel

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #19 am: 08. August 2009, 18:31:00 »
Zitat
Original von reblaus
@Energie-Bündel
Wenn das Gericht festgestellt hat, dass die Preisanpassung des Versorgers unbillig war, und der Versorger daraufhin die gerichtliche Bestimmung beantragt, so muss er die Prozesskosten bezahlen, wenn der Verbraucher nach der gerichtlichen Feststellung des billigen Preises die daraus resulierende Forderung sofort anerkennt.

Es ist aber nicht so, dass der Verbraucher die Möglichkeit hätte, kostenfrei vor Gericht die Forderung anzuerkennen, wenn die Preisfestsetzung des Versorgers von Anfang an der Billigkeit entsprochen hätte. Es gibt kein abstraktes Recht des Verbrauchers, dass der Versorger ihm im vorgerichtlichen Verfahren die Billigkeit seiner Preise nachzuweisen hätte. Und die Fälligkeit seines Anspruchs von dem Erbringen dieses Nachweises abhängen würde.

Die Antwort von \"reblaus\" scheint logisch und widerspricht damit doch wesentlich der Meinung von \"RR-E-ft\", die Anlaß meiner Frage war. Ich würde es  begrüßen, wenn der doch meist sehr fachkundige \"RR-E-ft\" sich nochmal der gleichen Fragestellung annehmen würde. Vielleicht gibt es doch noch weitere Gesichtpunkte die in Betracht zu ziehen sind.

P.S.
Beitrag noch mal korrigiert

Offline reblaus

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #20 am: 08. August 2009, 19:11:10 »
@Energie-Bündel
RR-E-ft sagt da auch nichts anderes.

Zitat
Original von RR-E-ft Tatsächlich ist die Billigkeit dann durch ein Gericht zu prüfen.
Entspricht die Bestimmung nach dieser gerichtlichen Prüfung der Billigkeit, so befand sich der Kunde von Anfang im Verzug mit den entsprechenden Folgen. Entspricht sie nicht der Billigkeit so ist das gerade nicht der Fall. Eine unbillige Leistungsbestimmung führt gem. § 315 III 1 BGB zu keiner verbindlichen Forderung.

Der Verbraucher, der bereits vorprozessual einen Billigkeitsnachweis gefordert hatte, der nicht erbracht wurde, kann sich noch im gerichtlichen Verfahren, also nach Klageerhebung ein sofortiges Anerkenntnis vorbehalten für den Fall, dass der Billigkeitsnachweis erst im Gerichtsverfahren erfolgt.

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Versorger sich vertraglich verpflichtet hat, die Grundlagen seiner Preiskalkulation offenzulegen. Ohne RR-E-ft bei seiner eigenen Interpretation vorgreifen zu wollen, halte ich eine vorprozessuale Beweisführung gar nicht für möglich. Hierbei müsste ja bekannt sein, wie der Richter die Zeugenaussagen und Urkunden würdigt.

Offline Black

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #21 am: 09. August 2009, 01:27:04 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@Netznutzer

Es ist kein einziger Fall bekannt, in dem vor einem Gerichtsverfahren ein Nachweis der Billigkeit erbracht wurde, der dann auch im Gerichtsverfahren allein genügt hätte. Halbwegs aussagekräftiges und ansatzweise nachprüfbares  Material wird ersichtlich erst innerhalb von Gerichtsverfahren beigebracht.

Es gibt Urteile des LG Osnabrück zugunsten der SW Lingen, bei denen das Gericht die Billigkeitskontrolle mittels Zeugenvernehmung der Wirtschaftsprüfer und wohl auch Mitarbeiter des EVU durchgeführt hat.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

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Offline Energie-Bündel

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #22 am: 09. August 2009, 14:54:20 »
Zitat
Original von reblaus
@Energie-Bündel
RR-E-ft sagt da auch nichts anderes.

Zitat
Original von RR-E-ft Tatsächlich ist die Billigkeit dann durch ein Gericht zu prüfen.
Entspricht die Bestimmung nach dieser gerichtlichen Prüfung der Billigkeit, so befand sich der Kunde von Anfang im Verzug mit den entsprechenden Folgen. Entspricht sie nicht der Billigkeit so ist das gerade nicht der Fall. Eine unbillige Leistungsbestimmung führt gem. § 315 III 1 BGB zu keiner verbindlichen Forderung.

Der Verbraucher, der bereits vorprozessual einen Billigkeitsnachweis gefordert hatte, der nicht erbracht wurde, kann sich noch im gerichtlichen Verfahren, also nach Klageerhebung ein sofortiges Anerkenntnis vorbehalten für den Fall, dass der Billigkeitsnachweis erst im Gerichtsverfahren erfolgt.

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Versorger sich vertraglich verpflichtet hat, die Grundlagen seiner Preiskalkulation offenzulegen. Ohne \"RR-E-ft\" bei seiner eigenen Interpretation vorgreifen zu wollen, halte ich eine vorprozessuale Beweisführung gar nicht für möglich. Hierbei müsste ja bekannt sein, wie der Richter die Zeugenaussagen und Urkunden würdigt.

Danke für die textliche Hervorhebung aus dem Original von \"RR-E-ft\". Die ersten beiden Absätze hatte ich nicht so genau beachtet. Die danach folgenden Absätze des Originals kann ich allerdings mit dem Vorherigen nicht so ohne weiteres in Übereinstimmung bringen.

So wie es derzeit da steht, verleitet der Text, zumindest dem ersten Anschein nach, zu der Vermutung, daß der vorprozessual geforderte Billigkeitsnachweis auch vom Verbraucher vorprozessual erwartet wird, denn es heißt im folgenden Text von \"RR-E-ft\", daß der Verbraucher
\"sich noch im gerichtlichen Verfahren, also nach Klageerhebung, eine sofortige Annerkenntnis vorbehalten kann für den Fall, dass der Billigkeitsnachweis erst im Gerichtsverfahren erfolgt\".

Nach dem erneuten Hinweis von \"reblaus\" habe ich nun aber versucht den Text so zu lesen, daß der Billigkeitsnachweis im gerichtlichen Verfahren nicht erbracht wurde und es nun dem Versorger erst im zweiten Anlauf, im selben
Verfahren, gelingt einen Billigkeitsnachweis zu erbringen.

Bei dieser Interpretation des Textes wäre es bis zu dem Punkt schlüssig.
Allerdings ist dann der folgende letzte Absatz, im dem ein Anerkenntnisurteil folgt, \"ohne dass das Gericht die Billigkeit weiter prüft oder noch über diese zu entscheiden habe\" unverständlich, d.h. nicht kompatibel mit der vorherigen Lesart. Oder bin ich hier begriffstutzig weil mir Wunschdenken den klaren Blick verstellt?

Zum eindeutigen Verständnis wäre es sicherlich hilfreich, wenn \"RR-E-ft\" seinen damaligen Text so präzisieren könnte, daß kein Mißverstädnis mehr möglich ist. Die rechtliche Relevanz der geklärten Bedeutung des Textes wäre dann noch der eigentlich abschließende wesentliche Punkt meiner Anfage.

Offline reblaus

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #23 am: 09. August 2009, 16:19:37 »
@Energie-Bündel
Man kann die Erfolgsaussichten einer Klage aufgrund von § 315 BGB auch vorher im groben abschätzen. Zuerst sollten Sie die Preise Ihres Versorgers mit den Preisen anderer Versorger vergleichen. Liegen die über längere Zeiten im preisgünstigen Bereich, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es Ihr Versorger nicht allzusehr übertrieben hat. Interessant ist auch der Vergleich der Kostensteigerungen. Die Rohstoffkosten sind für alle Energieversorger gleichmäßig gestiegen. Wenn der eine dies zu 2 Cent Preiserhöhung genutzt hat, dem anderen aber 1,2 Cent genügten, dann ist mit hoher Wahrscheinlichkeit bei den 2 Cent ein Schluck zuviel genommen worden.

Daneben steht Ihnen die Möglichkeit offen, die Jahresabschlüsse Ihres Versorgers beim Handelsregister einzusehen und zu kopieren. Ab 2006 sind die Abschlüsse im elektronischen Bundesanzeiger im Internet veröffentlicht. Auch hier ergibt der Vergleich unterschiedlicher Jahre einige erhellende Erkenntnisse. Vielleicht sollte sich da ein Betriebswirtschaftler mal ans Rechnen machen.

Offline RR-E-ft

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #24 am: 09. August 2009, 21:01:18 »
Preisvergleiche können nur auf Wettbewerbsmärkten herangezogen werden, wenn es um die Kontrolle des Gesamtpreises geht. Um diese geht es jedoch zumeist nicht (BGH, Urt. v. 19.11.08 - VIII ZR 138/07 Tz. 16 ff., 48. ff.)

Wo es darum geht, ob ein bereits bestehendes Äquivalenzverhältnis nachträglich zu Lasten des Kunden verschoben wurde, geht es um eine Kontrolle der konkreten Kostenentwicklung des konkreten Lieferanten.



@Energie- Bündel


Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Eschborn ermittelt monatlich den Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze, welche auch nach dem amtlichen Monitoringebericht der Bundesnetzagentur die Entwicklung der Großhandelspreise aufgrund der bestehenden Ölpreisbindung wiedergibt. Diese nominale Kostenentwicklung, die aus dem Ausland kommt, kann bei den verschiedenen Versorgern in sehr unterschiedlichem Umfange bei zwischenzeitlichen Entwicklungen bei anderen preisbildenden Faktoren kompensiert werden. Die Entwicklung der Großhandelspreise für Strom und Gas an der Leipziger EEX findet man dort veröffentlicht.


Siehe hier.


Wenn der Kunde vorprozessual einen Billigkeitsnachweis verlangt, der Versorger einen solchen nicht geliefert hat, obschon er ihn hätte vorgrichtlich liefern können, dann hat der Kunde nach Unbilligkeitseinrede für eine Zahlungsklage schon keine Veranlassung gegeben, so dass ihm die Möglichkeit eines sog. sofortigen Anerkenntnisses noch im Zahlungsprozess des Versorgers (nach Klageerhebung) möglich sein kann, nämlich dann wenn der Versorger erstmals im Zahlungsprozess entsprechende Darlegungen und ggf. Nachweise liefert, die er vor dem Zahlungsprozess hätte anbringen und dem Kunden eröffnen  können, aber nicht angebracht hatte. Ich meine, in Energiedepesche- Sonderheft Heft 1/2006 (beziehbar über den Verein) lässt sich darüber etwas nachlesen. Es ist ausdrücklich der Fall gemeint, wo erstmals im Zahlungsprozess substantiierte Darlegungen zur Billigkeit erfolgen und solche vor Klageerhebung trotz Aufforderung gegenüber dem Kunden nicht gebracht wuden, wenn der Kunde also z.B. deutlich machen kann, dass er z.B. bei Kenntnis des Inhalts der Klageschrift und deren Anlagen vor deren Erhebung den Billigkeitsnachweis als erbracht angesehen und deshalb gezahlt hätte. Dafür muss der Versorger in der Klageschrift oder im Prozess Darlegungen machen und Nachweise antreten, die er dem Kunden gegenüber trotz Aufforderung außerhalb des Gerichtsverfahrens noch nicht gebracht hatte.

Bei dem Fall den reblaus beschrieben hat, nämlich Unbilligkeit der Bestimmung und auf Antrag gerichtliche Ersatzbestimmung hat der Verorger die Verfahrenskosten zu tragen, weil die Forderung ausdrücklich erst mit Rechtskraft des Gestaltungsurteils verbindlich und für den Kunden fällig werden kann, so dass er sich bis zur Rechtskraft des Gestaltungsurteils keine verbindliche und fällige Zahlungsverpflichtung bestand (vgl. BGH Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 unter II 1 b). Schließlich trägt der Versorger auch die Verantwortung für die Notwednigkeit einer Ersatzbestimmung, die ausschließlich in seinem Interesse liegt, um eine Verbindlichkeit überhaupt erst entstehen zu lassen. Der  ersorger hatte klar gegen seine Verpflichtung verstoßen, eine der Billigkeit entsprechende Tarifbestimmung zu treffen, so dass aus der Verletzung vertraglicher Pflichten ein Schadensersatzanpruch des Kunden gegn den Versorger bestehen kann, der darauf gerichtet ist, die Prozesskosten zu tragen.

Zitat
Original BGH, Urt. v.05.07.05 - X ZR 60/04 unter II 1. b)

Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge,
daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.

Es ist bisher wohl  noch kein Fall bekannt geworden, wo der Versorger wegen der Unbilligkeit seines Tarifs einen Antrag auf gerichtliche Ersatzbestimmung gestellt und damit Erfolg gehabt hat.

Offline reblaus

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #25 am: 09. August 2009, 22:13:02 »
@RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft Wenn der Kunde vorprozessual einen Billigkeitsnachweis verlangt, der Versorger einen solchen nicht geliefert hat, obschon er ihn hätte vorgrichtlich liefern können, dann hat der Kunde nach Unbilligkeitseinrede für eine Zahlungsklage schon keine Veranlassung gegeben, so dass ihm die Möglichkeit eines sog. sofortigen Anerkenntnisses noch im Zahlungsprozess des Versorgers (nach Klageerhebung) möglich sein kann, nämlich dann wenn der Versorger erstmals im Zahlungsprozess entsprechende Darlegungen und ggf. Nchweise liefert, die er vor dem Zahlungsprozess hätte anbringen und dem Kunden eröffnen können, aber nicht angebracht hatte.

Für diese Ansicht sollten Sie aber zumindest ein einziges Urteil zitieren können, und sei es auch nur von einem Amtsgericht.

Bitte beachten Sie bei Ihren Ausführungen wieso diese Frage aufgeworfen wird. Den Zahlungsverweigerern ist an der Gewissheit gelegen, dass sie von diesem \"Recht\" Gebrauch machen können, wenn der Versorger solche Beweise tatsächlich vorlegen sollte, da sie das Kostenrisiko fürchten. Ihnen ist daher an einer durch ständige Rechtsprechung gefestigten Möglichkeit gelegen, solche Kosten zu vermeiden, wenn sich der Prozess als zu riskant herausstellen sollte. Irgendwelche Rechtsauffassungen, denen die Gerichte möglicherweise kein Gehör schenken, nutzen den Verweigerern hier gar nichts, da sie gerade nicht beabsichtigen Ihre Meinung in einem Präzidenzverfahren durchzufechten.

Vorprozessual besteht gerade die Schwierigkeit, dass konkrete Zahlen des Versorgers dem Verbraucher gar nicht vorliegen. Um hier die Chancen eines Rechtsstreites abschätzen zu können bedarf es einer Grobkalkulation. Hierfür können grundsätzlich auch die BAFA-Einfuhrpreise herangezogen werden. Aber ein genaues Ergebnis wird Ihnen das auch nicht liefern.

Offline RR-E-ft

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #26 am: 09. August 2009, 22:15:18 »
In Energiedepesche Sonderheft 1/2006 (beziehbar über den Verein) sind m. E. Entscheidungen des BGH zitiert, die sich zu der Frage verhalten.

Verbraucher, die die Zahlungen kürzen, sei angeraten, sich von einem Anwalt beraten zu lassen. Das Forum kann und soll eine solche Beratung nicht ersetzen. Gegenstand einer solchen anwaltlichen Beratung können auch prozessuale Möglichkeiten sein, die anhand der bisher konkret gewechselten Korrespondenz im konkreten Einzelfall geprüft werden müssen.

Wer eine verbindliche Beratung durch einen  Anwalt wünscht, kann sich an einen solchen wenden, diesem das vereinbarte Honorar zahlen und dafür die so verbindliche wie umfassende  Beratung in seinem konkreten Fall erwarten.

Offline Black

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #27 am: 10. August 2009, 01:22:06 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Wenn der Kunde vorprozessual einen Billigkeitsnachweis verlangt, der Versorger einen solchen nicht geliefert hat, obschon er ihn hätte vorgrichtlich liefern können, dann hat der Kunde nach Unbilligkeitseinrede für eine Zahlungsklage schon keine Veranlassung gegeben, so dass ihm die Möglichkeit eines sog. sofortigen Anerkenntnisses noch im Zahlungsprozess des Versorgers (nach Klageerhebung) möglich sein kann, nämlich dann wenn der Versorger erstmals im Zahlungsprozess entsprechende Darlegungen und ggf. Nchweise liefert, die er vor dem Zahlungsprozess hätte anbringen und dem Kunden eröffnen  können, aber nicht angebracht hatte.

Für das Energierecht bisher nur Theorie, hat in der Praxis noch nie geklappt.

Nach h.M. ist ein sofortiges Anerkenntnis nicht möglich, wenn der Beklagte den Klägervortrag inhaltlich bestreitet und daher eine Beweisaufnahme erforderlich wird. Im Billigkeitsprozess bestreitet der Kunde regelmäßig die vom EVU vorgetrageben Tatsachen zur Preisbilligkeit.

Neben dem Zeugenbeweis durch Mitarbeiter ist das gerichtlich bestellte Sachverständigengutachten das tauglichste Beweismittel zum Billigkeitsnachweis im Prozess. Vorprozessual eingeholte Gutachten werden jedoch von Verbraucherseite systematisch als \"gekaufte\" Gutachten abgelehnt. Es ist in der Praxis gar nicht möglich den Kunden vorprozessual zufriedenstellend die Billigkeit zu belegen, da gerade nur das \"unparteiische\" Gerichtsgutachten akzeptiert wird. insoweit ist oft bereits deshalb die Klage geboten.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #28 am: 10. August 2009, 10:15:25 »
Zitat
Original von Black
.....
Nach h.M. ist ein sofortiges Anerkenntnis nicht möglich, wenn der Beklagte den Klägervortrag inhaltlich bestreitet und daher eine Beweisaufnahme erforderlich wird. Im Billigkeitsprozess bestreitet der Kunde regelmäßig die vom EVU vorgetrageben Tatsachen zur Preisbilligkeit.
........
 Es ist in der Praxis gar nicht möglich den Kunden vorprozessual zufriedenstellend die Billigkeit zu belegen, da gerade nur das \"unparteiische\" Gerichtsgutachten akzeptiert wird.
    @Black, \"Tatsachen\"(!), wieder einmal entlarvend Ihre Einseitigkeit! Die Augen der Justitia sind verbunden und sie hat eine Waage in der Hand. Das sollen wohl Symbole für objektive, faire und ausgeglichene Entscheidungen sein.

    Im Billigkeitsprozess bestreitet der Kunde
die Behauptungen des EVU. Der Nachweis, dass das Tatsachen sind wurde regelmäßig nicht erbracht und das Gericht ist daher gezwungen die Nachweise im Prozess erst einzufordern.

Es ist in der Praxis sehr wohl möglich vorprozessual zufriedenstellend die Billigkeit zu belegen. Dazu gehören alle notwendige Daten und Fakten auf den Tisch. Die von Ihnen als \"Gutachten\" bezeichneten \"Bescheinigungsschreiben\" sind keine Nachweise. Aber mehr will man ja auch nicht preisgeben. Da gibt es ja die angeblich zu schützenden Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, auch wenn man ein kommunales marktbeherrschendes EVU ist oder in der Vergangenheit absoluter Monpolist war. Es geht doch in Wirklichkeit nicht um die Konkurrenz, man will aus naheliegenden Gründen die Daten nicht offenlegen, die Quersubventionen und zweckfremde Mittelverwendungen und die damit zusammenhängende Unbilligkeit gehört dazu. Bei Vorliegen der Daten würde sich manche neue Frage stellen oder alte Fragen wären zweifelsfrei beantwortet.

Man könnte eine hinreichend neutrale Prüfung und Nachweisführung mit Rechtswirkung ja auch organisieren. Die geltenden Verordnungen und Gesetze liefern dazu die Kriterien. Wäre das im Sinne der EVU-Mehrheit gewollt, hätten die EVU-Lobbyisten das längst eingebracht. [/list]

Offline Black

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Wann Nachweis der Billigkeit/Gerichtskosten
« Antwort #29 am: 10. August 2009, 10:56:37 »
Zitat
Original von nomos
Im Billigkeitsprozess bestreitet der Kunde die Behauptungen des EVU. Der Nachweis, dass das Tatsachen sind wurde regelmäßig nicht erbracht und das Gericht ist daher gezwungen die Nachweise im Prozess erst einzufordern.

In jedem Zivilprozess bestreitet der Beklagte üblicherweise den Sachvortrag des Klägers. Beweis wird wegen dieses Bestreitens vom Gericht erhoben. Nach Ihrerem Wunsch vom Ablauf eines Prozesses könnte sich jeder Beklagte bei jedem Streitgegenstand erst einmal das sofortige Anerkenntnis \"vorbehalten\" und erst mal abwarten wie denn die Beweisaufnahme so läuft.

Zitat
Original von nomos
Es ist in der Praxis sehr wohl möglich vorprozessual zufriedenstellend die Billigkeit zu belegen. Dazu gehören alle notwendige Daten und Fakten auf den Tisch. Die von Ihnen als \"Gutachten\" bezeichneten \"Bescheinigungsschreiben\" sind keine Nachweise.

Man darf an den vorgerichtlichen Nachweis keine strengen Anforderungen stellen, als an den Nachweis den ein Gericht verlangt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten vor Gericht den Billigkeitnachweis zu führen:

- einige wenige Gerichte erkennen WP Testate als Beweis an

hier gaben Sie bereits zu erkennen, dass Sie als Kunde diesen Nachweis vorgerichtlich nicht akzeptieren.

- einige Gerichte vernehmen Wirtschaftsprüfer und Vertriebsleiter als Zeugen

werden Sie also der vorprozessualen  mündlichen Aussage eines Wirtschaftsprüfers (dessen Gutachteninhalt sie nicht akzeptierten) glauben?

- einige Gerichte holen Sachverständigengutachten ein

Außergerichtlich kann ein EVU keinen \"gerichtlich bestellten\" Sachverständigen beschaffen. Es kann nur einen Sachverständigen beauftragen. Und wer hat den erforderlichen. Sachverstand um Preisbilanen zu prüfen? Ein Wirtschaftsprüfer.Das  Ergebnis ist dann wieder das vielgescholtene WP-Testat.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

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