Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Preiserhöhung rückwirkend?  (Gelesen 16587 mal)

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Offline haranni

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Preiserhöhung rückwirkend?
« am: 05. April 2006, 15:46:14 »
Hallo zusammen,
folgendes Problem:
Wir beziehen Flüssiggas, sind Eigentümer eines Tanks, haben einen Jahresvertrag abgeschlossen.
Nun kommt im April 2006 ein Preisänderungsschreiben, das rückwirkend zum November 2005 den Preis erhöht und zwar von 1,39  auf 2,06 Euro pro qm.
Preisanpassungsklausel lautet wie folgt:
Ändern sich die Preise allgemein am Flüssiggasmarkt für Lieferungen an vergleichbare Verbraucher wesentlich, so kann jeder der Vertragpartner eine Anpassung verlangen.

Meine Fragen:
a) Ist die Erhöhung überhaupt rechtens?
b) Ist diese Erhöhung mit Wirkung in die Vergangenheit rechtens?

Mit der Bitte um Rückmeldung.

Gruß

Michael

Offline RR-E-ft

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #1 am: 05. April 2006, 17:13:16 »
@heranni

Die Klausel ist wohl nach der BGH- Rechtsprechung unwirksam, so dass keine Preiserhöhungen darauf gestützt werden können, vgl. BGH, Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 38/05.

Zudem ist eine rückwirkende Preisänderung nicht möglich.

Bei der Erklärung in Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechts handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit deren Zugang wirksam werden kann.

Wenn ein Vertragsteil nur die Anpassung verlangen kann, darf er nicht selbst anpassen, sondern eben nur eine Anpassung vom anderen verlangen, wenn die Voraussetzungen für ein solches Verlöangen vorliegen.

Es bedarf der Zustimmung des anderen Vertragsteils, einer Einigung auf eine Vertragsanpassung/ - änderung.

Bestreiten Sie deshalb hilfsweise einfach mit Nichtwissen, dass die Voraussetzungen für ein wirksames Anpassungsverlangen vorliegen und fordern Sie entsprechende Nachweise. Verweigern Sie Ihre Zustimmung bis dahin.



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline haranni

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #2 am: 05. April 2006, 18:01:07 »
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Fricke,

ich bedanke mich recht herzlich für Ihre schnelle und aus meiner Sicht kompetente Antwort, über die ich mich sehr gefreut habe.

Mal schauen, wie unser Anbieter nun auf mein Schreiben reagiert.
Werde hier gerne berichten, wie die Sache ausgeht.


Mit freundlichem Gruß

Michael

Offline uwes

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #3 am: 06. April 2006, 11:16:09 »
Ich habe auch den Eindruck, dass die hier maßgebliche Klausel schon in ähnlicher Form einmal vom LG Dortmund für unwirksam gehalten wurde.

http://www.ewerk.hu-berlin.de/content/ewerk/pdf/267.pdf

Hatte Herr Fricke ja in einem Thread schon einmal mitgeteilt.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
____________________________________________________
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Offline haranni

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #4 am: 06. April 2006, 22:24:10 »
Hallo Uwe,

nochmals recht herzlichen Dank.
Bin überrascht, wie schnell man hier gute Tipps bekommt.
Habe mittlerweile ein Schreiben vorab per Fax und dann per Einschreiben an unseren Lieferanten geschickt.
Auf die Reaktion bin ich sehr gespannt.
Was mich besonders ärgert, ist die Tatsache, dass rückwirkend
versucht wird, eine massive Erhöhung durchzuführen.
Wenn dieses Vorgehen wirklich rechtens ist, verstehe ich die Welt nicht mehr.

Gruß
Michael

Offline Schwalmtaler

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #5 am: 07. April 2006, 08:59:20 »
Moin haranni,

wenn Sie sich ein Faxprotokoll ausdrucken können, sollten sie sich das Geld für Einschreiben sparen und damit lieber ein Eis essen oder Bier trinken gehen. Dann ist das Geld besser angelegt!
Ansonsten bin ich sehr auf ihre Erfahrungen gespannt, auch wenn ich normaler Gaskunde (Protest seit 10.04) bin.

Gruß
Schwalmtaler

Offline haranni

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #6 am: 08. April 2006, 14:22:39 »
Hallo zusammen,

die Antwort unseres Gaslieferanten ist da:
Alles rechtens, seiner Meinung nach. Lehnt ab, überhupt zu verhandeln und beharrt auf seinem Standpunkt.
Was tun?

Gruß

Michael

Offline RR-E-ft

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #7 am: 08. April 2006, 17:22:03 »
@heranni

Nichts tun, sondern die alten Preise weiterzahlen.

Wenn es Ihnen beliebt, könnten Sie für den Fall, dass sich der Lieferant weiter höherer Preisforderungen brühmt und hiervon nicht ausdrücklih innerhalb gesetzter Frist Abstand nimmt, eine Feststellungsklage in Aussicht stellen, nämlich gerichtlich feststellen zu lassen, dass

1. die Vertragsklausel wegen Intransparenz unwirksam ist,
2. kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten besteht,
3. ein wirksames Anpassungsverlangen des Lieferanten nicht vorliegt,
4. die Voraussetzungen für ein solches Anpassungsverlangen nicht vorliegen.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline haranni

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #8 am: 09. April 2006, 22:41:28 »
Hallo Herr Fricke,

habe erneut ein Schreiben verfasst und den Anbieter um Prüfung gebeten.
So langsam habe ich das Gefühl der Ohnmacht.
Denn was nützt es, den alten Preis zu weiterzuzahlen, wenn die höhere Endabrechnung dann kommt? Denn die monatlichen Abschlagszahlungen sind nicht angepasst worden.
Welche Frist ist eigentlich angemessen, um die Punkte aus Ihrem letzten Beitrag anzumahnen?
Werde nach Erhalt der Antwort weiter berichten.


Gruß - ein sichtlich deprimierter

Michael

Offline RR-E-ft

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #9 am: 09. April 2006, 23:46:55 »
@haranni

Meinen Sie wirklich, eine weitere Prüfung des Lieferanten brächte etwas anderes, dass Sie dann sogleich auch seinen anderen Kunden mitteilen könnten?

Sie müssen doch die Abschläge entsprechend anpassen und die Endabrechnung entsprechend kürzen.

Erwarten Sie doch bitte  nicht, dass der Lieferant dies tut oder gar um Entschuldigung für anmaßendes Verhalten bittet.



Sie entscheiden und bestimmen den weiteren Lauf der Dinge.

Kein anderer als Sie selbst entscheidet darüber, welche Zahlungen an den Lieferanten erfolgen.

Ohnmächtig ist doch nur, wer seine Rechte nicht kennt und sich deshalb nicht zur Wehr setzen kann.

Mit Ihren Aktivitäten tragen Sie ggf. dazu bei, den Lieferanten in eine Depression zu treiben.

Denn die Trauben hängen für diesen sehr, sehr  hoch und wer wirft schon gern mit einem Schinken nach der Wurst.

Sie sind gerade dabei, einen anmaßenden Lieferanten von seinem hohen Ross zu holen.

Und das sollte Ihnen allemal den rechten Spaß und eine gewisse Freude bereiten.

Sollte es allerdings Ihre Stimmung heben, die geforderten Preise zu zahlen, weil Sie dann im Frieden mit dem Lieferanten sind, dann müssten Sie auf diesem Wege Ihr Glück suchen.

Grundregel:

Als Kunde klagt man nicht, sondern lässt sich verklagen.





Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Cremer

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #10 am: 10. April 2006, 07:35:12 »
@heranni,

ich habe bisher noch nicht erlebt, dass man rückwirkend den Flüssiggaspreis erhöht bezw. erhöhen kann.

Es kommt natürlich auf die Vertrgasgestaltung drauf an.

Liefert der Flüssiggasversorger zum Preis wann er das Gas einfüllt, d.h. Sie geben den Auftrag den Tank zum Zeitpunkt xy zu befüllen. (Fall wie man Heizöl kauft)

Oder

Füllt der Flüssiggasversorger nach seinem \"gut dünken\" den Tank und es wird, losgelöst von den Tankfüllungen, Preise und Preissteigerungen festgesetzt/mitgeteilt?
Wenn ja, aber bitte dann doch nicht rückwirkend.

Ich würde da auf alle Fälle widerspruch einlegen.
MFG
Gerd Cremer
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Offline haranni

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #11 am: 10. April 2006, 09:28:38 »
Guten Morgen miteinander,

ich versuche nochmals kurz die Sachlage darzustellen:
1. Wir haben neugebaut - einen Gastank käuflich erworben.
2. Wir haben mit einem Flüssiggaslieferanten einen Jahresvertrag abgeschlossen - Preis 1,39 pro m3
3. Der Tank wird befüllt, wenn wir anrufen und ordern.
4. Wir zahlen eine monatliche Pauschale, die Endabrechnung des Verbrauchs erfolgt jährlich.
5. Im Vertrag ist eine Klausel, die wie folgt lautet:
Ändern sich die Preise allgemein am Flüssiggasmarkt für Lieferungen an vergleichbare Verbraucher wesentlich, so kann jeder der Vertragpartner eine Anpassung verlangen.
6. Nun teilt der Versorger mit, dass er rückwirkend den Preis erhöht.

Gruß

Michael

Offline Cremer

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #12 am: 10. April 2006, 15:25:51 »
@haranni,

ist so ähnlich, wie bei Öl. Wird befüllt, wenn Anruf.

Dann nehme ich an wird auch die bestellte Füllmenge in Rechnung gestellt und bezahlt. Nach Ihrer Aussage nein.
 
Also am Ende des Abrechnungsjahres wird die georderte Menge Gas in einer Endrechnung gestellt.

Auch hier ist der Versorger verpflichtet, die Preiserhöhungen bekannt zu geben und nicht hinterher einen höheren, nicht bekannten Preis zu verlangen. In Ihrem Punkt 5 schließt die Formel eigentlich eine nachträgliche Erhöhung aus, da nicht bekannt.

Sie sind hier eigentlich im falschem Forum, wechseln Sie zu Flüssiggas.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline RR-E-ft

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #13 am: 10. April 2006, 15:34:41 »
@Cremer

Wo nur eine Anpassung verlangt werden kann, gibt es nichts einseitig \"bekannt zu geben\".

Es bedarf einer Einigung, somit also einer ausdrücklichen Zustimmungserklärung des anderen Vertragspartners.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Watzl

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Preiserhöhung rückwirkend?
« Antwort #14 am: 12. April 2006, 12:20:04 »
@heranni
Nachgefragt:  Sie schreiben, dass bei ihnen Gas in m3 abgerechnet wird.
Flüssiggas wird normalerweise in \"Litern\" abgerechnet.
Haben sie eine Gasuhr installiert, die die m3 anzeigt?

Ich kenne solche Verträge. Dabei handelt es sich um einen Miettank. Es ist eine Gasuhr installiert, die den Verbrauch in m3 anzeigt. Der Kunde zahlt, wie sie eine Pauschale und am Jahresende wird jeder m3 abgerechnet, der über diese Uhr gelaufen ist. Und offensichtlich zahlt man dann auch den Preis, der am Jahresende aktuel ist.

Vielleicht geben sie noch einmal genau bekannt, wie die Eigentumsverhältnisse bzgl. ihres Tanks sind.

Wie sie vorzugehen haben, wurde ihnen bereits vorgeschlagen.
Zahlen sie das, was vereinbart wurde und lassen sie die anderen kommen, so sie denn überhaupt wollen. Ein Rechtsstreit wegen einer Füllung Gas, bzw. wegen des Preisunterschiedes, das wird man sich, ist man bei Sinnen, dort wohl überlegen.

Die Kündigung haben sie hoffentlich schon verfasst und abgeschickt.
Übrigens: Gas gibt es auf dem freien Markt zu kaufen. Sie haben einen eigenen Tank gakauft, wie sie schreiben. Warum in aller Welt haben sie nicht auch den zweiten richtigen Schritt gemacht und keinen Vertrag unterschrieben?

H. Watzl

 

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