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Autor Thema: "willkürliche Kündigung" des Flüssiggasvertrages nach Tod der Mutter  (Gelesen 5947 mal)

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Offline kahouma

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Hallo zusammen,
wir haben einen Flüssiggastank, der 1997 aufgestellt wurde. Vertragspartner war damals mein Schwiegervater, der einen Vertrag mit folgenden Modalitäten unterschrieb: Kaution 1.000,00 DM, Bindung 10 Jahre, danach automatische Verlängerung um 10 Jahre, in denen jährlich 1/10 der Kaution verrechnet wird, so dass der Tank nach 20 Jahre effektiv in unser Eigentum übergeht. 2000 verstarb mein Schwiegervater, der Vertrag wurde stillschweigend auf meine Schwiegermutter überstellt, d.h. alle Rechnungen und der Schriftverkehr lief nunmehr über sie. Letztes Jahr verstarb nun auch meine Schwiegermutter. Mein Mann ist alleiniger Erbe und hat den Vertrag quasi mitgeerbt und wollte nun vom Lieferanten, dass die Rechnungen auf seinen Namen (selbe Adresse) laufen. Darauf bekamen wir zur Antwort, dass wir einen neuen Vertrag schließen müssen. Als wir dies ablehnten, wurde uns ohne Angabe von Gründen (laut AGB der Firma haben beide Parteien jederzeit das Recht, den Vertrag ohne Angabe von Gründen zu kündigen, was ich für sittenwidrig halte) der Vertrag gekündigt mit dem Hinweis, dass ein Verkauf des  Tanks abgelehnt würde. Meiner Meinung nach zielt das nur darauf ab, den Tank kurz vor Ablauf des Eigentumübergangs wieder zurück zu erhalten. Seit dem Moment erhalten wir darüber hinaus Gaslieferung nur noch gegen Vorkasse (wir sind noch nie eine Rechnung schuldig geblieben seit 1997!) und werden am Telefon von der Sachbearbeitung direkt in die Rechtsabteilung der Zentrale durchgestellt, also behandelt wie Schwerverbrecher.
Mich würde Eure Meinung zu dem Thema interessieren. Der Gaslieferant lehnt jede Art der Einigung rigoros ab und verkehrt mit uns nur noch über die Rechtsabteilung.
Viele Grüße,
Anne

Offline kahouma

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Re: "willkürliche Kündigung" des Flüssiggasvertrages nach Tod der Mutter
« Antwort #1 am: 27. Februar 2015, 09:01:01 »
Hmm, vielleicht noch als Ergänzung: wir haben unsererseits bereits einen Anwalt eingeschaltet, der allerdings nach meinem Dafürhalten mit dem Thema nicht besonders vertraut ist, da er eigentlich nur das in Anwaltdeutsch weitergibt, was ich als absoluter Rechtslaie ihm vorgebe. Ich wüßte aber auch nicht, welchen Anwalt man da beauftragt, zumindest mal, um ein kurzes Statement abzugeben. Ich möchte ungern gutes Geld schlechtem hinterherwerfen, finde aber die Absicht des Gaslieferanten, kurz vor Ablauf des Eigentumübergangs auf bequeme Art dies zu vermeiden zu offensichtlich und nach meinem Rechtsempfinden "stinkt" es auch zum Himmel, aber Recht haben und Recht bekommen sind ja leider auch oft zwei Paar Schuhe.
Ich würde mich wirklich über ein paar Tipps/Meinungen freuen, stehe ja auch gerne für weitere Infos zu Verfügung. Im Juni will die Firma den Tank abholen (natürlich auf unsere Kosten), darum würde ich gerne möglichst bald wissen, ob es sich lohnen könnte, weiter zu kämpfen, evt. den Anwalt zu wechseln oder ob wir einfach mal wieder die dummen Endverbraucher sind, die der Willkür und der Monopolstellung der Gaslieferanten ausgeliefert sind.
Mir ist auch klar, dass "Ferndiagnosen" schwer sind und ich hier nicht den Anspruch habe, eine fundierte fachliche Auskunft zu bekommen, aufgrund derer ich dann entscheide, aber ein paar Meinungen oder Tipps hatte ich mir schon erhofft...  :(
Viele Grüße,
Anne

Offline Watzl

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Auch für einen Nichtjuristen mutet es sehr seltsam an, dass nach einer Bindung von 10 Jahren (was auch schon sehr bedenklich ist), der Vertrag sich stillschweigend um weitere 10 Jahre verlängert. Diese Art von lang bindenden Kettenverträgen ist meines Wissens mehr als unzulässig.
Hier wäre ein Fachanwalt (Vertragsrecht und Gasvertragsfirmen) sehr hilfreich.
Wenn sie eine Rechtsschutzversicherung im Rücken haben, dann gehen sie mutig gegen diese Firma vor.

Unser Rechtsempfinden und was dann als Recht gesprochen wird, das triftet oft weit auseinander.
Das Rechtsempfinden diverser Firmen ist aber so gestrickt, dass sie davon ausgehen, der Kunde wehrt sich eh nicht. Da muss man nur in die Rechtsabteilung  der Firma verbinden und dann gibt der Kunde gleich klein bei. Ob diese Rechtsabteilung aber auch immer recht hat, das kann man bezwweifeln. Es gibt auch ein Recht des Stärkeren. Unser Rechtssystem hat sich davon ja längst verabschiedet. Die aber glauben, die Stärkeren zu sein, die gibt es immer noch. Wo kein Kläger, da kein Richter

Die Firma, hat es ja, wie sie schreiben, einigen Male bereits akzeptiert, den Vertrag auf andere Personen zu übertragen. Wenn sie das nun nicht mehr tun wollen, so sollten sie dafür gute Gründe haben. Diese werden sie aber erst bei einem Rechtsstreit erfahren, weil Edelmut und Anstand in unserem Land oft nur noch in den Geschichtsbüchern steht.

Wenn sie einen Anwalt kontaktieren, dann fragen sie diesen auch, wie oft er schon Flüssiggaskunden vertreten hat.
Fragen sie ihn vorher noch, ob ihm die Problematik im Bereich Flüssiggas und Vertragsfirmen bekannt ist. Wenn er ihnen da keine Zusammenhänge erklären kann, dann ziehen sie daraus ihre Konsequenzen.

Berichten sie bitte weiter

H. Watzl

Offline Wolfgang_AW

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Hallo zusammen,

Mein Mann ist alleiniger Erbe und hat den Vertrag quasi mitgeerbt und wollte nun vom Lieferanten, dass die Rechnungen auf seinen Namen (selbe Adresse) laufen. Darauf bekamen wir zur Antwort, dass wir einen neuen Vertrag schließen müssen. Als wir dies ablehnten, wurde uns ohne Angabe von Gründen (laut AGB der Firma haben beide Parteien jederzeit das Recht, den Vertrag ohne Angabe von Gründen zu kündigen, was ich für sittenwidrig halte) der Vertrag gekündigt mit dem Hinweis, dass ein Verkauf des  Tanks abgelehnt würde.
Viele Grüße,
Anne

Wie <Watzl> schrieb, scheint mir dringendst die Einschaltung eines Fachanwaltes für Vertragsrecht angezeigt, da vor allem geprüft werden sollte, inwieweit die Kündigung rechtlich haltbar ist.

Vertragsübernahme

Zitat
Im Normalfall sind drei Personen beteiligt: die ausscheidende Partei, die eintretende Partei und die im Vertragsverhältnis verbliebene Partei. Übernommen werden können prinzipiell alle Arten von gegenseitigen Verträgen, praktisch relevant sind besonders Dauerschuldverhältnisse. Die Vertragsübernahme selbst erfolgt entweder aufgrund gesetzlicher Anordnung oder wiederum durch Vertrag.
...
Bei der Vertragsübernahme durch Vertrag schließen die drei beteiligten Personen einen Vertrag mit dem Inhalt, dass die eintretende Person die ausscheidende Person als Vertragspartei des übernommenen Vertrags ersetzt. Zu unterscheiden ist also zwischen dem übernommenen Vertrag und dem Übernahmevertrag.
Der Übernahmevertrag muss von allen drei Personen geschlossen werden; rechtstechnisch kann der Übernahmevertrag entweder durch dreiseitigen Vertrag oder durch zweiseitigen Vertrag zwischen Ausscheidenden und Eintretenden mit Zustimmung des verbleibenden Teils geschlossen werden.


Dauerschuldverhältnisse
Zitat

Ein Dauerschuldverhältnis ist ein Vertrag, der nicht durch einmaligen Austausch von Leistung und Gegenleistung (wie etwa beim Kauf- oder Werkvertrag) erfüllt wird, sondern durch ein dauerhaftes Verhalten oder wiederkehrende, sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Einzelleistungen. Die Leistung kann aus einem fortlaufenden Tun, Dulden oder auch Unterlassen bestehen.[1]
Der Gesamtumfang der Leistungen, die durch den Schuldner erbracht werden, steht bei einem Dauerschuldverhältnis bei Vertragsschluss nicht fest. Ein Dauerschuldverhältnis kann befristet oder unbefristet sein. Ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis wird durch Kündigung beendet. Dabei kann eine Kündigungsfrist zu beachten sein.

Sollten der Vertrag und die AGB eine Kündigung (fristlos??) tatsächlich so hergeben wie von Ihnen beschrieben, sehe ich das Handeln der Firma nicht als außergewöhnlich an.

Leider haben Sie zunächst nicht geprüft, wie ein neuer Übernahmevertrag überhaupt ausgesehen hätte und ob dieser evtl. zu einer deutlichen Verschlechterung führt. Vielleicht wäre ein Verhandlungsspielraum vorhanden gewesen, der Sie nicht übermäßig benachteiligt hätte.

Sei's drum - Kündigung, Vertrag und AGB prüfen lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
„Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“

(Alfred Polgar)

 

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