Original von bolli
Verstehe ich das dann richtig, dass im Falle einer Zahlungsklage des Versorgers in der Grundversorgung und bei bestehendem Billigkeitseinwand der Kunden \"lediglich\" geprüft wird, ob der Preis bzw. die Preiserhöhungen der Billigkeit entsprechen und wenn dieses nicht der Fall ist, die Klage VOLLSTÄNDIG abgewiesen wird ? (Ausnahme Stufenklage)
Konkreter: Ergibt ein eingeholtes Sachverständigengutachten, dass der Versorger einen um 50% zu hohen Preis gefordert hat, wird die Zahlungsklage KOMPLETT abgewiesen und die Prozesskosten auf den Versorger abgewälzt.
Ja, jedenfalls unter der Voraussetzung, dass nicht unter den sog. Preissockel gekürzt wurde.
Original von bolli
Oder wird dem Versorger dann der Anteil als berechtigt zugesprochen, der noch der Billigkeit entsprochen hätte und werden darauf basierend die Prozesskosten aufgeteilt. Ich war bisher immer von letzterem ausgegangen, denn auch wenn der Versorger keinen entsprechenden Antrag gestellt hat, ist bei der Gutachtenerstellung im Rahmen der Billigkeitsprüfung in der Regel doch wohl die Beurteilung notwendig, welcher Preis denn noch der Billigkeit entsprechen würde.
So kann der Mensch sich irren.
Aus Verständnisgründen lese man am besten die zitierten Tarifkunden- Entscheidungen des LG Dortmund v. 20.08.09, LG Köln v. 14.08.09, AG Paderborn..., wo die Zahlungsklagen - zutreffend- jeweils vollständig abgewiesen wurden.
Der Entscheidung des
LG Köln, Urt. v. 14.08.09 lag insbesondere - ein hier besonders thematisiertes - gerichtliches Sachverständigengutachten zu Grunde. Wo der Preis- welcher der Billigkeit entspricht - liegt, interessierte bei jener Entscheidung -
zutreffend - niemanden.
Das Gericht entschied zutreffend, die Zahlungsklage wird komplett abgewiesen und die Klägerin (Bad Honnef AG) hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, selbstredend einschließlich der Kosten des gerichtlichen Sachverständigengutachtens.
Dass es - jedenfalls bei Zugrundelegung der zitierten Rechtsprechung des BGH - wohl nur so und nicht anders sein kann, wurde hier im Forum seit Jahr und Tag dargestellt.
Man sollte die hier veröffentlichten und besprochenen Urteile getrost einmal lesen. Oft scheint es so, als fehle es am grundsätzlichen Verständnis.
Original von Didakt
Angenommen, die Billigkeit wäre bestritten worden. Und dann? Es gibt bisher - soweit mir aus dem Forum bekannt ist - nur sehr wenig Fälle, in denen ein Gericht einen \"angemessenen Preis\" festgesetzt hat. Also kaum eine Orientierungshilfe.
Wie sollte es, so fragt man sich, auch Urteile geben, wo ein Gericht einen \"angemessenen Preis\" festgesetzt hat, wenn doch dafür schon regelmäßig - wie immer wieder besprochen - die Voraussetzungen gar nicht vorliegen (können).
BGH VIII ZR 240/90 S. 8 f. UA
Ebenso wie der in erster Linie gestellte Zahlungsantrag sei auch der Antrag unbegründet, die Beklagte zur Zahlung des vom Gericht als billig und angemessen festzusetzenden Entgelts (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB) zu verurteilen. Dazu hätte die Klägerin die Grundlagen vortragen müssen, aus denen das billige und angemessene Entgelt zu errechnen sei.
III. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Kleine Orientierungshilfe:
Der Energieversorger müsste also die Kalkulationsgrundlagen vortragen, aus denen sich das billige und angemessene (Tautoligie!) Entgelt
errechnen lässt.
Manch einer mag ja vielleicht erwarten, dass der Versorger so etwas im Rahmen seiner Zahlungsklage vorträgt, um damit denknotwendig zwingend gleichzeitig seine eigentliche Zahlungsklage unschlüssig und somit unbegründet zu machen.
Bei genauer Betrachtung ist das aber wohl doch etwas zuviel erwartet.
Dfaür müsste der auf Zahlung klagende Energieversorger und auch dessen Prozessbevollmächtigter wohl schon so ziemlich von allen guten Geistern verlassen sein. Vollkommen auszuschließen ist das freilich nicht, nur eben eher sehr, sehr unwahrscheinlich.
BGH VIII ZR 240/90 S. 18 UA
Zu Recht hat es das Berufungsgericht auch abgelehnt, die Preisbestimmung selbst durch Urteil zu treffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Das ist nur zulässig, wenn die Bestimmung durch die dazu befugte Partei nicht der Billigkeit entspricht oder verzögert wird und eine hinreichende tatsächliche Grundlage für eine ersetzende gerichtliche Bestimmung vorhanden ist. Eine Verzögerung liegt ersichtlich nicht vor. Ob und gegebenenfalls inwieweit die Preisfestsetzung der Klägerin unbillig ist, kann dagegen wegen des zur Nachprüfung ungeeigneten Vortrags der Klägerin nicht beurteilt werden.
Für die Abweisung der entsprechenden Klageanträge kommt es folglich nicht darauf an, ob die Preisfestsetzung des klagenden Energieversorgers tatsächlich unbillig ist.
Der bei Gericht anzubringende Antrag des Versorgers auf gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kann also nur dann erfolgreich sein, wenn der klagende Energieversorger zunächst
unbestritten behauptet, dass seine getroffene Entgeltbestimmung unbillig und deshalb gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich ist [Geständnisfiktion gem. § 138 Abs. 3 ZPO] und er zudem in der Klageschrift zugleich vorträgt, wie sich das demgegenüber angemessene Entgelt tatsächlich errechnet. Bleibt letzterer Vortrag unbestritten, greift gem. § 138 Abs. 3 ZPO wiederum die Geständnisfunktion, sonst käme es auf einen Beweis an.
Sollte einem ein solcher Schriftsatz einmal zugestellt werden, sollte man den Ernst der Lage wohl erkennen.
Welcher Energieversorger einen solchen Vortrag im Prozess um eine Zahlungsklage hält, kann seine Zahlungsklage gewiss erst einmal hintanstellen, weil ja klar ist, dass eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung sowieso erst mit der Rechtskraft des entsprechenden Gestaltungsurteils entsteht und vorher eben keine gerichtlich durchsetzbare, verbindliche Forderung gegen den Kunden besteht (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB), so dass eine Zahlungsklage in diesem Stadium zwingend derzeit unbegründet und folglich abweisungsreif sein muss.
Das ist kein vollkommen auszuschließendes Szenario, nur eben eher unwahrscheinlich.
Nicht völlig auszuschließen deshalb, dass in Kürze alle betroffenen Kunden eines bestimmten Energieversorgers eine Klage zugestellt bekommen, mit welcher eben jener Energieversorger zunächst nur wegen bisher unbilliger Entgeltbestimmungen die gerichtliche Festsetzung angemessener Entgelte gegenüber seinen Kunden beantragt.
Denn wenn ein Versorger selbst feststellt, dass seine bisherigen Leistungsbetimmungen (etwa wegen Fehlkalkulation) unbillig waren, ist er nach der gesetzlichen Regelung des § 315 Abs. 3 BGB womöglich gezwungen, eine gerichtliche Ersatzbestimmung zu beantragen, weil eine unwiderrufliche Willenserklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, die zu einer unbilligen Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB führte, gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB nur vom Gericht ersetzt werden kann.
Ob und wie man sich als Kunde gegen eine solche Klage dann verteidigen sollte oder möglicherweise doch besser gem. § 93 ZPO sofort anerkennt, muss man sich gewiss erst didaktisch erarbeiten, weil es wohl noch keine Literatur zu dem Thema gibt.