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Autor Thema: Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?  (Gelesen 151305 mal)

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Offline Gas-Rebell

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #465 am: 21. September 2009, 13:47:45 »
Beim Lesen dieses Artikels frage ich mich, ob vielerorts die Verbraucherschutzvereine schlicht schlafen.

Wenn diese den Verbrauchern wirklich was Gutes tun wollten, dann wäre doch der einfachste Weg, den Versorger von dort zunächst mittels Abmahnung und bei Nichtreaktion mittels Klage zu einer Unterlassung der Verwendung unwirksamer Preisanpassungsklauseln (auch in Verbindung mit der Verweigerung von Rückzahlungen) zu bewegen.

Siehe dazu auch folgendes Urteil des Thüringer OLG (danke Nomos).

Ein solches Urteil hätte nach § 11 UKlaG für alle betroffenen Verbraucher dieses Versorgers drittschützende Wirkung, d.h. sie könnten sich unmittelbar auf die festgestellte Unwirksamkeit der Klausel berufen. (vgl. hier)

Mit so einem Urteil in der Hinterhand würden wahrscheinlich einfache Verweise darauf im Rückforderungsschreiben genügen, um den Versorger zu Rückzahlungen zu bewegen.

Bei der geringen Zahl bisheriger Verbraucherschutzklagen würde es mich nicht wundern, wenn irgendwo irgendwann mal rauskäme, dass sich Versorger tatkräftig dafür eingesetzt hätten, dass verantwortliche Verbraucherschützer die Füße stillhalten.

Warum wenden wir uns nicht mal alle schriftlich an unsere örtlichen Verbraucherschutzvereine und fragen dort nach, was in obiger Hinsicht bisher unternommen worden und noch geplant ist?

Offline berghaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #466 am: 21. September 2009, 14:55:16 »
Zitat
von reblaus
 Der Rückforderungsanspruch aus der am 14.07.1998 zugegangenen Jahresabrechnung verjährt laut AG Dannenberg am 14.07.2008. Sie müssen daher am 13.07.2008 eine Forderung des Versorgers gegen Sie haben, mit der Sie mit Ihrer Rückforderung aus 1998 aufrechnen können. Die Aufrechnung selbst können Sie später erklären.

@reblaus
Wenn ich nun berechtigte Forderungen des Versorgers mit meine Rückforderungen aus 1998 aufgerechnet habe und in dem folgenden Prozess das Gericht dem Urteil des AG Dannenberg nicht folgt und eine kürzere Verjährungsfrist  (3-4 Jahre) annimmt, ist dann mein Aufrechnungsbetrag aus 2008 verpufft, verbraucht oder was immer oder kann ich ihn dann noch mal für eine noch nicht verjährte Rückforderung ansetzen?

Heißt bedingungsfeindlich bei Aufrechnungen, dass ich auch keinen Vorbehalt machen kann: \"Ich erkläre die Aufrechnung mit meiner Rückforderung aus 1998, hilfsweise aber auch mit meinen Rückforderungen der Folgejahre?

berghaus 21.09.09

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #467 am: 21. September 2009, 19:51:38 »
@Gas-Rebell
Schimpfen Sie nicht über die Verbraucherzentrale sondern lesen Sie dieses Urteil.

Der BGH hat am 15.07.2009 entschieden, dass das Leitbild der GasGVV erfordert, dem Verbraucher die Wahl zu lassen, ob er gegen die Preiserhöhung den Unbilligkeitseinwand nach § 315 BGB erhebt oder auf diesen verzichtet und kündigt. Klauseln die diese Wahl nicht gewähren und eine Kann-Bestimmung enthalten sind unwirksam.

Unbestritten ist etwas erst dann, wenn die Rechtmäßigkeit direkt oder indirekt eingeräumt wird.

@berghaus
Wenn die Gegenforderung Ihres Versorgers nicht mit Ihrer Altforderung aufgerechnet werden kann, weil diese verjährt ist, so bleibt diese Gegenforderung natürlich bestehen. So Sie weitere unverjährte Forderungen haben, können Sie dann mit diesen aufrechnen.

Eine Bedingung liegt immer dann vor, wenn eine Rechtsfolge erst eintreten soll, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt. Insoweit wäre die hilfsweise Aufrechnung nicht zulässig. Ich denke aber nicht, dass Sie die Aufrechnung soweit präzisieren müssen, dass Sie erklären, nur mit dem betagten Teil aufrechnen zu wollen. Sie werden vielmehr Ihre gesamte Forderung vortragen und Aufrechnung erklären.

Offline Gas-Rebell

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #468 am: 22. September 2009, 00:43:03 »
@ reblaus

Nochmal kurz zu obigem Klauselbeispiel. Wird die Benachteiligung aus der \"Kann\"-Formulierung, mithin dem Fehlen auch der Verpflichtung zu Weitergabe von Kostensenkungen, in diesem Beispiel nicht durch die Einräumung folgenden Kündigungsrechts kompensiert?

Zitat
\"Der Lieferant wird dem Kunden die Anpassungen vor diesem Zeitpunkt rechtzeitig schriftlich oder durch Veröffentlichung in der Tagespresse mitteilen. Ist der Kunde mit der mitgeteilten Anpassung nicht einverstanden, hat er das Recht, den Vertrag innerhalb von vier Wochen nach der Benachrichtigung in Textform zu kündigen. Macht er von diesem Recht keinen Gebrauch, gelten die Anpassungen als genehmigt. Auf diese Folgen wird der Kunde vom Lieferanten in der Mitteilung gesondert hingewiesen.\"
Ansonsten: ich schimpfe nicht über die Verbraucherzentrale, sondern finde, das ruhig noch mehr als bisher zum Mittel der Unterlassungsklage greifen sollten. Danke für das Urteil.

Zitat
Der BGH hat am 15.07.2009 entschieden, dass das Leitbild der GasGVV erfordert, dem Verbraucher die Wahl zu lassen, ob er gegen die Preiserhöhung den Unbilligkeitseinwand nach § 315 BGB erhebt oder auf diesen verzichtet und kündigt. Klauseln die diese Wahl nicht gewähren und eine Kann-Bestimmung enthalten sind unwirksam.
Welches Aktenzeichen hatte das Urteil? Es gab glaube ich zwei mit demselben Verkündungsdatum: VIII ZR 225/07 und VIII ZR 56/08. Haben Sie dazu auch grad die Randziffer parat?

Was mir im Zusammenhang mit der Frage von Berghaus auch noch einfiel:

Wenn ein Verbraucher wegen Unwirksamkeit der Preisklausel falsch erstellte Jahresrechnungen gerügt und z.B. für die letzten 8 Jahre zurück zum Vertragsbeginn die Erstellung korrekte Jahresabrechnungen auf der Basis der vereinbarten Anfangspreise gefordert hat, kann er dann bis zu deren Erhalt auch hinsichtlich zukünftiger Forderungen (sprich der Abschlagsforderungen) von seinem evtl. bestehenden Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen, ohne mit einem vertraglichen Aufrechnungsverbot zu kollidieren?

Darüber hinaus denke ich, dass der Versorger nach der Ankündigung des Verbrauchers, die Abschlagsbeträge nunmehr auf das Niveau der Anfangspreise zu kürzen, den Vertrag eh kündigen wird.

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #469 am: 22. September 2009, 07:21:27 »
Diese Klausel kann das fehlende Ungleichgewicht bei der Preisanpassung nicht ausgleichen. Etwas anderes könnte möglicherweise dann gelten, wenn die Rechtsfolge nicht die Anerkennung der Preiserhöhung sondern die Beendigung des Vertrages wäre.

Ein wenig Mühe müssen Sie sich schon selbst machen, und beide Urteile vom 15.07.2009 durchlesen.

Ein Zurückbehaltungsrecht ist gerade für zukünftige Verpflichtungen interessant. Dort kann die unzulässige Aufrechnung den Versorger berechtigen, die Gasversorgung zu unterbrechen.

Offline Gas-Rebell

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #470 am: 22. September 2009, 10:40:55 »
Zitat
Original von reblaus
Diese Klausel kann das fehlende Ungleichgewicht bei der Preisanpassung nicht ausgleichen.
Das würd ich gern besser verstehen. Könnten Sie näher erläutern, aus welchen Gründen nicht?

Zitat
Ein wenig Mühe müssen Sie sich schon selbst machen, und beide Urteile vom 15.07.2009 durchlesen.
Habe ich. Allerdings kann ich Ihren obigen Hinweis da nicht so recht wiederfinden.

Zitat
Ein Zurückbehaltungsrecht ist gerade für zukünftige Verpflichtungen interessant. Dort kann die unzulässige Aufrechnung den Versorger berechtigen, die Gasversorgung zu unterbrechen.
Damit ich Sie nicht falsch verstehe: Wenn ein Verbraucher Rückzahlungsansprüche geltend macht, dann kann er zwar nicht aufrechnen (bei vertraglichem Verbot), jedoch zukünftige Abschlagszahlungen problemlos solange zurückhalten, bis der Versorger korrekte Abrechnungen für die Vergangenheit auf Basis der vereinbarten Anfangspreise erstellt hat?

Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #471 am: 22. September 2009, 13:52:42 »
Zitat
Original von Gas-Rebell

Zitat
Ein wenig Mühe müssen Sie sich schon selbst machen, und beide Urteile vom 15.07.2009 durchlesen.
Habe ich. Allerdings kann ich Ihren obigen Hinweis da nicht so recht wiederfinden.

Und wenn Sie mit dem richtigen Urteil anfangen, brauchen Sie nur eines bis zum Ende lesen.  (siehe BGH, Urt. v. 15.07.2009 VIII ZR 56/08 Tz. 36)  ;)

Offline reblaus

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« Antwort #472 am: 22. September 2009, 16:01:40 »
@Gas-Rebell
Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich weiß auch nicht immer, wo ich eine Information gelesen habe. Und schon gar nicht merke ich mir den Absatz der Urteilsbegründung. Es hätte mich daher genau die gleiche Mühe gekostet wie Sie, die Textstelle aufzufinden.

Obige Frage können Sie sich nach Durchlesen wohl selbst beantworten.

Das Zurückbehaltungsrecht darf mittels AGB nicht eingeschränkt werden, deshalb steht es dem Verbraucher immer zu. Fraglich ist, ob die AVBGasV das Zurückbehaltungsrecht ausschließt. Dies wäre aber bei vertraglicher Einbeziehung nur wirksam, wenn der Sondervertrag dem Leitbild der AVBGasV folgen würde. Dann würde der Vertrag aber über eine wirksame Preisänderungsklausel verfügen, und das ganze Procedere wäre sowieso sinnlos.

Ob der Versorger das problemlos mit sich machen lässt, steht dahin. Ich kann bei meiner Idee nicht mit zwanzig BGH-Entscheidungen aufwarten, die dieses Vorgehen empfehlen. Allerdings kann ich auch kein rechtliches Argument erkennen, das diesem Vorgehen entgegen stünde.

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #473 am: 22. September 2009, 17:05:37 »
Zitat
Original von reblaus
@Gas-Rebell
Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich weiß auch nicht immer, wo ich eine Information gelesen habe. Und schon gar nicht merke ich mir den Absatz der Urteilsbegründung. Es hätte mich daher genau die gleiche Mühe gekostet wie Sie, die Textstelle aufzufinden.

Obige Frage können Sie sich nach Durchlesen wohl selbst beantworten.
Damit kann ich leben. ;)

Zitat
Das Zurückbehaltungsrecht darf mittels AGB nicht eingeschränkt werden, deshalb steht es dem Verbraucher immer zu. Fraglich ist, ob die AVBGasV das Zurückbehaltungsrecht ausschließt. Dies wäre aber bei vertraglicher Einbeziehung nur wirksam, wenn der Sondervertrag dem Leitbild der AVBGasV folgen würde. Dann würde der Vertrag aber über eine wirksame Preisänderungsklausel verfügen, und das ganze Procedere wäre sowieso sinnlos.
Hätten Sie da ein Beispiel? Welche Formulierung eines Sondervertrags bzw. der Preisklausel würde dem Leitbild der AVBGasV folgen?

Zitat
Ob der Versorger das problemlos mit sich machen lässt, steht dahin. Ich kann bei meiner Idee nicht mit zwanzig BGH-Entscheidungen aufwarten, die dieses Vorgehen empfehlen. Allerdings kann ich auch kein rechtliches Argument erkennen, das diesem Vorgehen entgegen stünde.
Ich habs in meinem eigenen Fall so gemacht, dass ich
a) moniert habe, dass wegen der unwirksamen Preisanpassungsklausel nicht nur die Jahresabrechnungen fehlerhaft erstellt wurden, sondern auch die Berechnung der zukünftigen Abschlagsforderung
und ich deshalb
b) bis zum Erhalt einer korrekten Abschlagsberechnung auch diesbezüglich mein Zurückbehaltungsrecht ausüben werde.
Was sagt der Fachmann dazu?

P.S. Könnten Sie mir auch noch meine obige Rückfrage zum Klauselbeispiel beantworten?

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #474 am: 22. September 2009, 17:14:36 »
Die vom BGH am 15.07.2009 vorgegebene Preisanpassungsklausel ist die einzige, die dem Leitbild der GasGVV entspricht.

Die Monierung der korrekten Abschlagsberechnung ist natürlich eine weitere Methode, um eine Zahlung erst einmal zu vermeiden. Es empfiehlt sich immer einen guten Anwalt in der Hinterhand zu halten, falls Ihr EVU dieser Rechtsanwendung nicht folgen will.

Offline Gas-Rebell

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #475 am: 22. September 2009, 17:37:50 »
@ reblaus

Danke. Nachdem ich jetzt alle möglichen Urteile nochmal rauf und runter gelesen habe (Dank auch an Bolli für den Tipp), brauch ich Sie nicht länger nerven. Ich glaube ich hab\'s kapiert. ;)

Ihr Hinweis auf den \"guten Anwalt\" bringt mich da noch auf eine neue Themen-Idee:

Wie findet man eigentlich einen wirklich guten Anwalt? Beim BdEV gibt\'s zwar eine Anwaltsliste, aber die sagt natürlich nichts über Qualitäten aus. Und man kann ja vor der endgültigen Mandatsvergabe auch schlecht mehrere Anwälte zu Erstgesprächen aufsuchen, um ihnen dort auf den Zahn zu fühlen. Denn bekanntlich kosten ja auch Erstgespräche Gebühren (was ich persönlich als Unsitte emfinde). Der Anwaltsmarkt ist insofern denkbar intransparent.

Und was auch, wenn der beste Anwalt der ist, der am weitesten entfernt wohnt? Was kostet das zusätzlich? Und sind Mehrkosten für einen auswärtigen Anwalt überhaupt bei der Kostenfestsetzung berücksichtigungsfähig?

Und noch ein P.S.:
Wenn ein Verbraucher in Verbindung mit seinem Widerspruch gegen die Jahresrechnung auch gleich seinen Rückforderungsanspruch formuliert, ist es dann nicht auch sinnvoll, wenn er zusätzlich hilfsweise auch aus § 315 BGB Billigkeitsrüge erhebt? Ich denke da insbesondere an den Fall, dass der Verbraucher im Hinblick auf die Abschläge wie oben beschrieben ein Zurückbehaltungsrecht ausüben möchte und evtl. damit rechnen müsste, dass der Versorger versucht, deshalb den Hahn zuzudrehen. Ist der Verbraucher dann nicht aus der hilfsweisen Billigkeitseinrede gegen eine Versorgungssperre geschützt?

Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #476 am: 23. September 2009, 08:45:19 »
Zitat
Original von Gas-Rebell
Ihr Hinweis auf den \"guten Anwalt\" bringt mich da noch auf eine neue Themen-Idee:

Wie findet man eigentlich einen wirklich guten Anwalt? Beim BdEV gibt\'s zwar eine Anwaltsliste, aber die sagt natürlich nichts über Qualitäten aus. Und man kann ja vor der endgültigen Mandatsvergabe auch schlecht mehrere Anwälte zu Erstgesprächen aufsuchen, um ihnen dort auf den Zahn zu fühlen. Denn bekanntlich kosten ja auch Erstgespräche Gebühren (was ich persönlich als Unsitte emfinde). Der Anwaltsmarkt ist insofern denkbar intransparent.
Tja, dass ist wie mit dem Suchen nach einem guten Handwerker. Letztendlich kann man die Kunst erst im Nachhinein abschließend beurteilen. Da hilft nur: Kundig machen. Augen und Ohren offenhalten, welcher Anwalt aus der Nähe sich in ähnlichen Verfahren schon profiliert hat, mit Leuten aus der Nähe austauschen, welchen Anwalt sie ggf. haben. Und auch die Anwälte der BdEV-Anwaltsliste werden nicht darauf stehen, weil sie 1970 mal ein juristisches Staatsexamen bagelegt und später als Anwälte zugelassen wurden. Ich gehe mal davon aus, dass die nur deshalb darauf stehn, weil sie ein wenig Ahnung oder zumindest Interesse am Energierecht haben. Wenn es dann hinterher beiom \"bemühen\" bleibt, hilft Ihnen das zwar nicht, ist aber nicht immer im vorhinein abzusehen.

Zitat
Original von Gas-Rebell
Und noch ein P.S.:
Wenn ein Verbraucher in Verbindung mit seinem Widerspruch gegen die Jahresrechnung auch gleich seinen Rückforderungsanspruch formuliert, ist es dann nicht auch sinnvoll, wenn er zusätzlich hilfsweise auch aus § 315 BGB Billigkeitsrüge erhebt? Ich denke da insbesondere an den Fall, dass der Verbraucher im Hinblick auf die Abschläge wie oben beschrieben ein Zurückbehaltungsrecht ausüben möchte und evtl. damit rechnen müsste, dass der Versorger versucht, deshalb den Hahn zuzudrehen. Ist der Verbraucher dann nicht aus der hilfsweisen Billigkeitseinrede gegen eine Versorgungssperre geschützt?
Ein zusätzlicher, hilfsweiser, Einwand der Unbilligkeit (§315 BGB)  ist immer ratsam, da man heutzutage ja auch nie weiss, wie manch ein Vertrag später mal bei Gericht eingestuft wird. Hat man da nur einen Verstoß gegen § 307 gerügt und es handelt sich um einen Vertrag zum Grundtarif, so hätte man ein Problem. Das sollet einem aber auch ein vernünftiger Anwalt raten bzw. dieses spätestens in einer Klagererwiderung mit einbringen.
Eine Sperrung des Anschlusses ist meines Wissens bei betrittener Forderung generell nicht zulässig, egal ob Sonder- oder Grundtarifvertrag, außer man verweigert beim Sondervertrag gänzlich die Zahlung. Aber trotzdem versuchen es einige Versorger natürlich trotzdem. Von daher empfiehlt sich auch deshalb, einen Anwalt in der Hinterhand zu haben.

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #477 am: 23. September 2009, 13:22:29 »
Es ist immer sinnvoll alle möglichen Einwände gegen eine Forderung vorzubringen. Niemand kann ein Urteil vorhersehen. Soweit ein Sondervertrag doch nicht vorliegen sollte, oder der Vertrag über eine wirksame Klausel verfügt, kann die Preiserhöhung durch den Unbilligkeitseinwand angegriffen werden.

In Vorbereitung auf ein Verfahren ist es daneben auch sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, wie man denn all die schönen Zahlen eines Versorgers, die dieser zum Beweis der Billigkeit vorträgt, aushebelt. Es ist zwar schön und gut, dass man ein WP-Testat mit \"ich weiß es nicht\" bestreiten kann. Besser ist aber immer, wenn man es mit \" es ist falsch, weil ...\" bestreitet.

Einen guten Anwalt erkennt man daran, dass er einem nicht nach dem Munde schwätzt. Wenn er nicht nur die Verbraucherargumente parat hat, sondern Sie auch auf versorgerfreundliche Fallstricke hinweist, sind Sie nicht in den schlechtesten Händen. Hervorragende Anwälte raten auch mal von einem Rechtsstreit ab.

Offline Gas-Rebell

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #478 am: 23. September 2009, 14:46:10 »
Ja, ich denke auch, dass man besser \"aus vollen Rohren\" als mit \"Einzelfeuer\" zum Ziel kommt. Ebenso, dass man sich tunlichst überlegen sollte, welche Gegenstrategien der Versorger ins Feld führen könnte, um gegen diese wiederum geeignete Gegenmittel in der Hand zu haben.

Ist im Grunde wie beim Schachspielen: man darf nicht zu sehr und vor allem nicht zu emotional auf die eigenen Züge fixiert sein, sondern muss sich vor allem in den Kopf des Gegners und seine möglichen Denk- und Verhaltensweisen hineinversetzen. Dann klappts auch mit den eigenen Strategien besser. ;)

Diese Fähigkeit macht für mich auch einen guten Anwalt aus. Paragrafenreiter gibt es genug, aber Juristen, die strategisch-taktisches Denken beherrschen m.E. nur in sehr überschaubarer Zahl. Man sollte jeden ins Auge gefassten Anwalt vielleicht fragen, ob er Schach spielt. ;)

Zitat
In Vorbereitung auf ein Verfahren ist es daneben auch sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, wie man denn all die schönen Zahlen eines Versorgers, die dieser zum Beweis der Billigkeit vorträgt, aushebelt.
Oder man ergreift vorher mit dem Mittel des \"sofortigen Anerkenntnisses\" noch die (kosten-)rechtzeitige Flucht. (Was allerdings nur bei einer Zahlungsklage des Versorgers gehen dürfte und nicht bei einer eigenen Rückforderungsklage aus §§ 307, 812 BGB, wenn im Verfahren festgestellt würde, dass kein Sondervertrag vorliegt.

Wie sieht es auch hinsichtlich folgendem aus?
Zitat
Und was auch, wenn der beste Anwalt der ist, der am weitesten entfernt wohnt? Was kostet das zusätzlich? Und sind Mehrkosten für einen auswärtigen Anwalt überhaupt bei der Kostenfestsetzung berücksichtigungsfähig?

Offline crexi

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #479 am: 23. September 2009, 16:52:39 »
@ Bolli schrieb:
\"Eine Sperrung des Anschlusses ist meines Wissens bei betrittener Forderung generell nicht zulässig, egal ob Sonder- oder Grundtarifvertrag, außer man verweigert beim Sondervertrag gänzlich die Zahlung.\"

Frage: Weshalb ist es beim Sondervertrag anders?

 

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