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Autor Thema: Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09  (Gelesen 13657 mal)

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Offline ESG-Rebell

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Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09
« am: 18. November 2010, 09:25:23 »
Verhandlung am 17.11.10 von 11:03 bis 12:35 Uhr.
8. Zivilsenat: Ball, Dr. Frellesen, Dr. Hessel, Dr. Achilles, Dr. Schneider

LG Dortmund - Urteil vom 18. Januar 2008 - 6 O 341/06
OLG Hamm - Urteil vom 29. Mai 2009 - 19 U 52/08
(veröffentlicht in RdE 2009, 261 = ZNER 2009, 274)

Kläger: RWE Vertriebs AG; vormals RWE Westfalen Weser Ems AG, RA Prof. Dr. Krämer, Dr. R.
Beklagte: Verbraucherzentrale NRW, RA Dr. Kummer und Wassermann

----- 11:03 ---------------------------------------------------------------------------
Ball:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einseitiger Preisanpassungen. Es geht um insgesamt vier Preiserhöhungen im Zeitraum von 2003 bis 2005.

Die Verbraucherzentrale fordert Rückzahlungen aus abgetretenem Recht für 25 Abnehmer.
RWE argumentiert, die Kunden seien Tarifkunden und die Preisanpassungsklausel sei im übrigen wirksam.
Die Verbraucherzentrale argumentiert, alle Kunden seien Sondervertragskunden und die Preisanpassungsklausel sei unwirksam.

Der Ausgangspunkt liegt hier bei der Unterscheidung zwischen Sonder- und Tarifkunden.

Gegen Tarifkunden steht dem Versorger kraft Gesetzes ein Preisanpassungsrecht zu. Ein Preisanpassungsrecht gegen Sondervertragskunden muss dagegen vertraglich vereinbart sein. Diese muss einer Inhaltskontrolle standhalten, was in der Mehrzahl der Fälle in der Vergangenheit nicht der Fall war.

Die Vorinstanzen haben die 25 Kunden in fünf Gruppen eingeteilt:
 1) 3 Kunden des nicht tarifierten Gebiets der VEW
 2) 3 Kunden des nicht tarifierten Gebiets der xxx
 3) 12 Kunden des tarifierten Gebiets der VEW, deren Verträge vor der Tarifierung abgeschlossen wurden.
 4) 2 Kunden des tarifierten Gebiets der xxx, deren Verträge vor der Tarifierung abgeschlossen wurden.
 5) 5 Kunden der tarifierten Gebiete, deren Verträge nach der Tarifierung abgeschlossen wurden.

Unstreitig ist, dass die Kunden der Gruppen 1 bis 4 ursprünglich Sondervertragskunden waren. Umstritten ist, ob die Kunden der Gruppen 3 und 4 nach der Tarifierung als Tarifkunden anzusehen sind.

Die Gruppe 5 ist laut Berufungsgericht ebenfalls Sonderkunden, da der Tarif an eine Mindestabnahme gekoppelt ist, also nicht allen Kunden offen steht, und als Sondertarif bezeichnet wird.

Für die Unterscheidung kommt es darauf an, ob das Unternehmen aus Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers nach öffentlich bekanntgegebenen allgemeinen Tarifen beliefert oder auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung.

Soweit die Kunden Sonderverträge haben, ist zu prüfen ob ein einseitiges Preisanpassungsrecht wirksam vereinbart worden ist. Dazu gibt es inzwischen eine umfangreiche Rechtsprechung des Senats. Eine Preisanpassungsklausel, die die gesetzliche Bestimmung nach §4 AVB unverändert übernimmt, benachteiligt Sonderkunden nicht unangemessen, da diese nach dem Willen des Gesetzgebers nicht eines höheren Schutzes bedürfen als Tarifkunden. Die Gleichstellung von Tarif- und Sonderkunden gilt nach Ansicht des Senats auch hinsichtlich der Transparenz.

Die Revisionserwiderung wendet dagegen ein, dass diese unveränderte Übernahme einer gesetzlichen Regelung in einen Sondervertrag gegen die EU-Gasrichtlinie verstößt. Der Senat meint, dass mit der Transparenz in dieser Richtlinie keine Klausel- sondern eine Verfahrenstransparenz gemeint ist. Es ist zu prüfen, ob eine Vorlage an den EuGH geboten ist.

Ein Alt-Kunde hat eine Preisanpassungsklausel mit Spannungsklausel aus dem Jahr 1981. Eine ähnliche Klausel war am 14.10.07 Gegenstand eines Verfahrens und wurde dort für unwirksam erachtet.

Soweit eine Preisanpassungsklausel nicht wirksam vereinbart worden ist, ist eine ergänzende Vertragsauslegung zu prüfen. Diese setzt voraus, dass eine Regelungslücke entstanden ist, die nicht durch dispositives Recht geschlossen werden kann. Das Berufungsgericht hat dies abgelehnt, weil die Beklagte sich durch eine ordentliche Kündigung aus den Verträgen lösen konnte und dies unterlassen hat.
 
----- 11:20 ---------------------------------------------------------------------------
Prof. Krämer (nuschelt wie immer):

Dieses Verfahren ist der erste Rückforderungsprozess vor dem BGH und hat damit grundlegende Bedeutung.

Ausreichende tatrichterliche Feststellungen zum Vertragsstatus der Kunden fehlen noch. Es gibt auch keine tatrichterlichen Feststellungen zur Billigkeit der Preise. Diese ist daher für Kunden, die vorbehaltlos gezahlt haben, als erwiesen anzusehen.

Ein Unbilligkeitseinwand erst zum Zeitpunkt der Rückforderung ist verspätet.

Zu den Gruppen 1,3,4: (zitiert Urteil, S. 13 unten und S. 18) Das Berufungsgericht hat die Einordnung der Kunden offen gelassen. Es hat stattdessen eine AGB-rechtliche Prüfung vorgenommen.

Er weist auf die Senatsrechtsprechung zur unveränderten Übernahme der AVB für Sonderkunden hin. Das Berufungsgericht konnte diese Rechtsprechung damals noch nicht berücksichtigen (da noch nicht ergangen).

Zur Gruppe 3: Eine ergänzende Vertragsauslegung muss jedenfalls bei denjenigen Kunden möglich sein, die keinen Widerspruch eingelegt und vorbehaltlos gezahlt hatten.

Ebenso muss es möglich sein, eine Vertragsänderung durchzuführen. Nach reinem AGB-Recht gibt es zwar ein Fiktionsverbot. Aber die Kunden der Gruppe 3 und 4 haben durch Gasbezug, Zahlung und fehlenden Widerspruch gleich drei Willenserklärungen abgegeben. Dies stellt keine fiktive Zustimmung nach §310 sondern eine Zustimmung nach §242 dar, auf die der Versorger vertrauen durfte.

Einige der Kunden aus Gruppe 2 hatten sehr lange Verträge aus 1994 und erst 2005 Widerspruch erhoben. Dies ist ein treuwidriges Verhalten.

Die Klausel in den Verträgen lautet \"... ist berechtigt, Preise anzupassen ...\" also ohne explizite Nennung einer Verpflichtung. Aus dem Verständnis des Versorgers und der tatsächlichen Weitergabe auch von Senkungen ergibt sich doch, dass der Versorger sich verpflichtet gesehen hat, dies zu tun; auch wenn es nicht explizit so da steht.

Das Gericht hat keine Feststellungen zur Unbilligkeit der Preise getroffen obwohl RWE umfangreiche Unterlagen vorgelegt hat.

Zum Kunden mit der Spannungsklausel: (Er zitiert aus dem Urteil) Das Berufungsgericht hat das Urteil vom 14.10.07 nicht zur Kenntnis genommen.

Zur Gruppe 5: Zwei Kunden haben langjährige Verträge und keinen Widerspruch vor ihrer Rückforderung erhoben. Die AVB wurden diesen ausgehändigt, was mittels Zeugen beweisbar ist.

Für die Einordnung von Tarif-/Sonderkunden ist die Sicht des Kunden entscheidend, sie der Senat schon vorgetragen hat. Dem muss der Tatrichter nachgehen, was bislang unzureichend geschehen ist.

Zur Wirksamkeit der Klausel: Urteil vom 24.3.08, Rz. 26, 27: Die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquivalenzverhältnisses. Normalerweise geht man bei Unwirksamkeit von der Frage aus, was die Parteien redlicherweise verinbart hätten (weist auf XI. Senat zur Zinsanpassung hin). Es muss nur verhindert werden, dass eine nachträgliche Gewinnausweitung stattfinden kann. Der Senat sagt nun, es genüge nicht, wenn Senkungen faktisch weitergegeben würden sondern die Formel müsse dies schon erzwingen.
Prof. Krämer pocht nochmal auf das redliche Verhalten der Versorger und möchte, dass der Senat von dieser Position abrückt.

Für eine ergänzende Vertragsauslegung gibt es vier Kriterien: längjährige Verträge, Erhöhungen und Abrechnungen nicht widersprochen, Gestehungskosten sind erheblich gestiegen, Rückforderung wird für länger zurückliegende Zeiräume erhoben. Der Hinweis auf ein ordentliches Kündigungsrecht hilft hier nicht, denn der Versorger hatte ja keinen Anlass zu einer Kündigung. Der Kunde hat in dieser Situation kein Rückforderungsrecht. Auf die Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel kommt es dann nicht mehr an. Der Kunde hätte den Preisanpassungen rechtzeitig widersprechen müssen.

Der Tatrichter hat sich unzureichend zur ergänzenden Vertragsauslegung S. 19, 20 geäußert. In jeder Gruppe gibt es Kunden, die keinen Widerspruch eingelegt hatten. Hier kommt §242 zum tragen. Zwischen der Leistung der Kunden und der Gegenleistung besteht inzwischen ein Unterschied von 40%.

----- 11:55 ---------------------------------------------------------------------------
Ball:

Zur Gruppe 1,3,4: BG-Urteil S. 13 und 18: Die Formulierung der beiden Seiten kann weder vom Senat noch von Prof. Krämer eindeutig interpretiert werden; sie sind missverständlich formuliert.

----- 12:00 ---------------------------------------------------------------------------
Wassermann:

Mit Gruppe 1 und 3 gibt es Probleme: Sie sind unstreitig Sonderkunden. RWE behauptet, die AVB sei vereinbart. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen.

Falls dem so wäre, dann gäbe es nach Ansicht des Senats eine Preisanpassungsklausel, die nicht gegen §307 verstößt. Der Senat hat hieran auch gegen meine Bedenken festgehalten.

Schon im letzten Verfahren hatte ich auf die Relevanz der EU Binnenmarktsrichtlinie hingewiesen und nichts dazu in den Entscheidungsbegründungen gefunden. Daher freut mich, dass der Senat dies selbst aufgegriffen hat.

Die EU-Bestimmung ist so zu verstehen, dass der nationale Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass die vertraglichen Bestimmungen transparent gestaltet sind. Für Tarifkunden gelten gesonderte Schutzbestimmungen.

Der Senat räumt selbt ein, dass eine vollkommen intransparente Preisanpassungsregelung zugunsten der Versorger ermöglicht wird. Dies ist aber mit der EU-Richtlinie nicht vereinbar, da die Transparenz dadurch aufgehoben wird. Die Regelung war bis zum 1.7.2004 in nationales Recht umzusetzen. Der Senat meint, die Transparenz sei nicht als Klauseltransparenz zu verstehen. Zur Klärung ist eine Vorlagepflicht vor den EuGH zu bejahen.

Entsprechendes gilt für die Gruppe 2: Die Preisanpassungsklausel in den Sonderverträgen ist intransparent, unbestimmt und daher nicht wirksam vereinbart.

Zur Gruppe 4: Prof. Krämer sieht hier gleiche Ausführungen als für Gruppe 2.
Sowohl die AVBGas als auch die AVBsk wurde an die Kunden gesendet. Der Tarif richtet sich nach dem Verbrauch. Die AVBGas gilt für die Tarifkunden, die AVBsk gilt für Sonderkunden.
(Anm.: Die Bezeichnung AVBsk erweckt zunächst den Eindruck, es handele sich um ähnliche Bestimmungen wie die AVBGas. Tatsächlich handelt es sich aber wohl schlicht um die AGB von RWE mit einer irreführenden Bezeichnung)

Streitig geworden ist, ob eine Einordnung als Tarifkunden durch die Tarifierung vorgenommen worden ist. Das Anschreiben der RWE ist eine reine Mitteilung mangels vorhandenem Umgestaltungsrecht und kein Vertragsangebot.

Herr Wassermann weist konkludente Willenserklärungen durch Gasbezug, Zahlung, fehlenden Widerspruch zurück. Dies hat zur Folge, dass die AVBsk gelten, die eine unwirksame Preisanpassungsklausel enthalten.

Zur Gruppe 4: Der Tarif wird als \"Sondertarif\" bezeichnet, es liegen schriftliche Verträge vor und der Tarif steht nur Kunden mit einem Mindestverbrauch von 10000 kWh/Jahr offen.

Zum Kunden mit der Spannungsklausel: Er bekräftigt die Unwirksamkeit analog zur EWE-Entscheidung.

Zu Gruppen 2,4,5: Ein wirksames Preisanpassungsrecht fehlt. Die tatrichterlichen Feststellungen dazu sind ausreichend.

Ein zentraler Punkt liegt in der ergänzenden Vertragsauslegung. Für Versorger ist es nicht unzumutbar, an einen Preis gebunden zu sein, dem sie sich durch ordentliche Kündigung entziehen können. Daher kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht.

Er kritisiert die \"Obiter Dicta\" Äußerung des Senats in Rn 52 der genannten Entscheidung (14.7.10 ?)

Für länger zurückliegende Rückforderungen ist der Versorger durch die Regelverjährung von drei Jahren geschützt. OLG Koblenz vom 2.9.2010: Wegen dieser kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht.

Die unbeanstandete Hinnahme eine Preisanpassung ist keine Willenserklärung. Es gibt hier keinen Vertrauensschutz für Versorger, da das Risiko der Klauselwirksamkeit beim Verwender liegt.

Der Umstand, dass Kunden keinen Widerspruch eingelegt haben, kann nicht entscheidend sein, denn es ist nicht Aufgabe der Kunden, die AGB auf Wirksamkeit zu prüfen und den Verwender darauf hinzuweisen. Auf welchen Zeitpunkt will man denn den Anlaß für eine Kündigung festlegen? Die Fehlbeurteilung der Rechtslage und der dadurch bedingte Verzicht auf eine Kündigung liegen im Risikobereich des Versorgers. Wie kann man dann von den Kunden eine korrekte Rechtsbeurteilung abverlangen.

Herr Wassermann warnt den Senat davor, auch in diesem Aspekt \'ein Faß aufzumachen\' und eine Spezialrechtsprechung für den Energiebereich zu entwickeln. (Anm.: Herr Balls Gesichtsausdruck ist \"not amused\").

Eine ergänzende Vertragsauslegung kann nicht dazu führen, dass eine unwirksame Preisanpassungsklausel im Ergebnis doch Vertragsbestandteil wird.

Spätestens 2005 und 2006 wurde Widerspruch bzw. Klage auf Rückzahlung erhoben. Dabei ging es um Preise von 2003, die 2004 in Rechnung gestellt wurden. Angesicht der jahresweisen Abrechnung kann man da nicht von länger zurückliegenden Zeiträumen sprechen.

----- 12:30 ---------------------------------------------------------------------------
Dr. R.

Die EU-Richtlinie ist für Preise, die für 2003 festgelegt wurden, irrelevant.
Es geht darin um Verfahrens-, nicht Klauseltransparenz.

Zur Gruppe 5: Wie können Sonderverträge zustandegekommen sein, wenn der Versorger zu diesem Zeitpunkt garkeine solchen mehr angeboten hat, sondern nur noch die Belieferung im Rahmen der Grundversorgung?

Das Hinweisschreiben zur Tarifumstellung ist als Kündigung zu verstehen.

Zur RN 52 des Senats: Es geht um Vertrauenssschutz.

Zum Kunden mit der Spannungsklausel: Er hat Widerspruch nur gegen die vorletzte Preisanpassung erhoben, macht aber Rückforderungen für Zeiträume davor geltend.

Durch eine Rückforderung entsteht ein grobes Missverhältnis zwischen Preis und Leistung.

----- 12:35 ---------------------------------------------------------------------------
Wassermann:

Wieso sind denn einzelne Widersprüche relevant?
Der Widerspruch eines einzigen Kunden muss den Versorger doch bereits darauf hinweisen, dass mit seinen AGB etwas nicht stimmt!

----- 12:35 ---------------------------------------------------------------------------
Ball:

Ein weiteres Verfahren mit ähnlicher Fragestellung wird am 8.12.2010 verhandelt.
Ein drittes gleichgelagertes Verfahren ist in Vorbereitung.

Am Mittwoch, 9.02.2010 um 10:00 wird der Senat - voraussichtlich in allen drei Verfahren - eine Entscheidung verkünden.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline RR-E-ft

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Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09
« Antwort #1 am: 18. November 2010, 11:47:05 »
Bitte auch hier lesen:

BGH  VIII ZR 162/09, mündliche Verhandlung am 17.11.10 Rückforderung von Gaspreiszahlungen (RWE)

Zitat
Ein weiteres Verfahren mit ähnlicher Fragestellung wird am 8.12.2010 verhandelt.

Weiß jemand, um welches Verfahren es sich dabei handelt?

Offline ESG-Rebell

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Verhandlung am 10.07.2013 von 10:00 bis 11:20 Uhr.
8. Zivilsenat: Ball, Dr. Frellesen, Dr. Hessel, Dr. Achilles, Dr. Schneider

(Verhandlungstermin: 17. November 2010 = Vorlage EuGH)
VIII ZR 162/09
LG Dortmund - Urteil vom 18. Januar 2008 - 6 O 341/06
OLG Hamm - Urteil vom 29. Mai 2009 - 19 U 52/08
(veröffentlicht in RdE 2009, 261 = ZNER 2009, 274)

Kläger: RWE Vertriebs AG; vormals RWE Westfalen Weser Ems AG, RA Prof. Dr. Krämer, Dr. Rosin
Beklagte: Verbraucherzentrale NRW, RA Wassermann, Herr Schröder (VZ NRW)

----- 10:00 ---------------------------------------------------------------------------
Ball:

Das Verfahren wurde ausgesetzt. Dem EuGH wurden zwei Fragen vorgelegt. Der EuGH hat geantwortet:
1) Die Klauselrichtlinie gilt auch für Vertragsklauseln, die aus einer gesetzlichen Vorschrift übernommen worden sind.
2) Es gilt die volle Transparenzkontrolle.

Das Auslegungsergebnis des EuGH ist für den Senat bindend. Es ist fraglich, ob die Rechtsprechung des Senats basierend auf §301, Abs. 2 BGB noch aufrecht erhalten werden kann. Dies wird der Senat zu prüfen haben. Falls die bisherige Rechtsprechung aufgegeben werden muss, ist zu prüfen, ob und wie die dadurch entstandene Regelungslücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu füllen ist; entweder durch Anwendung der Fristenregelung oder durch Annahme eines wirksam vereinbarten Preisanpassungsrechts. Falls eine ergänzende Vertragsauslegung für Versorgungsverträge untragbar sein sollte, kommt eine Rückabwicklung der dann nichtigen Verträge nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen nach §812 in Betracht.

----- 10:05 ---------------------------------------------------------------------------
Prof. Krämer:

Es ist der Kontext zu beachten, in dem der EuGH-Beschluß umzusetzen ist. Hier ist keine Anwendung von §812 BGB geboten. Er verweist auf seine schriftlichen Ausführungen zur ergänzenden Vertragsauslegung und begrüßt die Fristenlösung als gerechte Lösung.

Den EVUs wird durch die bisher richtige Rechtsprechung des Senats zur Gleichbehandlung von Tarif- und Sondervertragskunden Rechtssicherheit gegeben. Es kann nicht richtig sein, dass diese langjährige Rechtsprechung zur unveränderten Übernahme der Regelungen der AVB/GVV jetzt verworfen und die EVU im Regen stehen gelassen werden.

Zu §306, Abs.3 und §812: Eine Rückabwicklung der Verträge nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ist auch problematisch. Eine Versorgung des Kunden zum Ausgangspreis ist unzumutbar. Die Rückabwicklung eines Vertrags ist dabei nicht in dem Maß möglich wie durch eine ergänzende Vertragsauslegung.

Daher liegt eine ergänzende Vertragsauslegung näher, denn durch das EuGH-Urteil ist eine Regelungslücke entstanden. Was hätten redliche Vertragspartner bei Vertragsabschluß vereinbart? Materialrechtlich bietet sich eine ergänzende Vertragsauslegung auf Basis der ständigen Rechtsprechung des Senats an.

Der Senat ist nur beschränkt an die EuGH-Entscheidung gebunden; er hat Spielraum bei der Wertung des Sachverhalts. Zitiert C-92/11, Rn55: "Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, diese Beurteilung anhand aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, einschließlich aller Klauseln in den allgemeinen Bedingungen der Verbraucherverträge, die die streitige Klausel enthalten.".

Der EuGH argumentiert mit einem Verständnis des Begriffs "Vertragskategorie", der nicht in die Deutsche Dogmatik passt. Was wollte denn der Gesetzgeber? Was ist die Folge der Leitbild-Rechtsprechung des Senats? Die Tarif- und Sonderkunden sollten nicht unterschiedlich behandelt werden. Der EuGH hat die Gesetzesbegründung in Rn37 falsch wiedergegeben. Denn der Gesetzgeber wollte die Gleichbehandlung der Kunden durch die Rechtsprechung des Senats gewährleisten. Ein Sondervertrag, der die Regelungen der AVB übernimmt, implementiert doch diese Tarifregelung. Demnach gibt es nur eine Vertragskategorie für Tarif- und Sondervertragskunden; die des "Versorgungsvertrags mit Gas".

Die geforderte Transparenz wird durch öffentliche Bekanntmachung und dem Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit erfüllt. Der Unbilligkeitseinwand nach §315 BGB ist der Modus, die gestiegenen Bezugskosten sind der Anlaß einer Preisanpassung. Bei Vertragsbeginn ist keine Preisvereinbarung für die gesamte Vertragslaufzeit möglich.

Der EuGH hat ja nichts zu den strittigen Klauseln selbst gesagt. Es ist Sache des Senats, über diese zu entscheiden. Die unveränderte Übernahme der AVB/GVV-Klauseln sollte weiterhin Bestand haben. Der BGH ist nicht daran gehindert, Regelungen für eine Vertragskategorie individuell zu beurteilen.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach §3, Abs.1 GG kann auch durch den EuGH nicht ausgehebelt werden. Auch hat der EuGH keine Kompetenz, dem Senat vorzuschreiben, ob §242 BGB oder eine ergänzende Vertragsauslegung anzuwenden ist.

Tarif- und Sondervertragskunden sind keine unterschiedlichen Vertragskategorien. Ich wiederhole nicht nochmal meine Ausführungen zur ergänzenden Vertragsauslegung.

Der EuGH ist auch auf die Frage einer zeitlichen Beschränkung eingegangen. Ohne diese kämen die Versorger doch in Überobligationsschwierigkeiten. Dies wäre doch eine richterliche Disziption. (Ich könnte beide Fremdwörter falsch verstanden haben). Eine zeitliche Beschränkung ist ja auch im Deutschen Recht zur Gewährleistung des Vertrauensschutzes bekannt. Der EuGH hat eine Beschränkung aber abgelehnt. Laut Rn59 sei diese nur ausnahmsweise möglich. Gemäß Rn63 wurde das Kriterium der Gutgläubigkeit aber garnicht geprüft. Die EVU haben sich natürlich auf die Rechtsprechung des Senats verlassen. Ein Deutsches Gericht ist daher weiterhin frei, wegen Gutgläubigkeit eine Beschränkung festzusetzen. Das Prinzip des Vertrauensschutzes gilt nicht nur zwischen Vertragsparteien sondern auch zur Rechtsprechung.

Laut EuGH ist weiterhin eine "gravierende Störung" nicht erwiesen. Der Senat hat die These der Überforderung der EVU im Falle von Rückforderungen bisher immer verworfen. Dazu hat RWE dem Senat sowie dem EuGH aber nun genaue Zahlen vorgelegt. Im Rahmen der Rechtstreue ist eine gravierende Störung zu prüfen.

Es geht um die Frage ob im Rahmen des Vertrauensschutzes nicht die Position der EVU berücksichtigt werden muss. Wenn schon, dann sollte die neue Rechtsprechung nur für neue Verträge gelten.

Insgesamt sollte eine ergänzende Vertragsauslegung nicht erst bei einer "exzessiven Verschiebung" des Vertragsverhältnisses möglich sein.

----- 10:40 ---------------------------------------------------------------------------
Wassermann:

Der Senat hat über die Wirksamkeit der Klauseln zu entscheiden. Der Senat ist an die Entscheidung des EuGH gebunden. Prof. Krämer ging auf die Argumente des EuGH garnicht ein. Der Senat hat gar keine andere Wahl, als die aus den AVB/GVV übernommenen Klauseln als unwirksam zu erklären.

Denn Vertragsklauseln müssen kumulativ folgende Anforderungen erfüllen:
1) Der Verbraucher muss VOR Vertragsabschluss umfangreich informiert werden.
2) Falls der Versorger eine Klausel anwendet, dann muss der Verbraucher tatsächlich kündigen können.

Eine übernommene Klausel wird dem nicht gerecht, wie der Senat selbst erkannt hat. Sie erfüllt nicht die Anforderung, den Kunden über Anlaß und Modus einer Preisänderung ausreichend zu informieren. Der Anlaß "Erhöhung der Bezugspreise" war damit vom EuGH nicht gemeint. Es müssen detaillierte Kriterien genannt werden. Das 2. Kriterium - die Kündigungsmöglichkeit - kann das Fehlen des 1. Kriteriums nicht heilen. Ebenso sind auch andere Kompensationsmöglichkeiten, wie ein Unbilligkeitseinwand, nicht ausreichend. Denn wurde der Kunde vor Vertragsbeginn schon nicht umfangreich informiert, so hatte er auch später keine ausreichenden Informationen um in einem Prozess zur Billigkeitsprüfung seine Interessen zu wahren.

Die Ausführungen zur Leitbildfunktion der AVBGas für Sondervertragskunden führen hier in die Irre. Das EuGH sagt in Rn33 klar: Die AVB gelten nicht für Sondervertragskunden. Rn56: Der Gesetzgeber hatte es in der Hand, die Verordnung auch auf Sondervertragskunden auszudehen, aber er hat es nicht getan.

Der §310, Abs. 2 regelt nur, dass §308 und §309 keine Anwendung finden. Die Anwendung des §307 zur Transparenzprüfung ist aber weiterhin zugelassen. Die vom Senat gesehene Leitbildfunktion findet in der Gesetzeslage keine Rechtfertigung.

Die Ausführungen von Prof. Krämer zur Vertragskategorie sind schlichtweg falsch. Tarif- und Sondervertragskunden sind verschiedene Kategorien. In ersteren gibt es Kontrahierungszwang und eine vollständige Verordnung, in letzterer gilt Vertrags- und Inhaltsfreiheit.

Eine Anwendung der Leitbildfunktion würde die Entscheidung des EuGH unterhöhlen, demzufolge Sonderverträge der vollen Inhaltskontrolle unterliegen. Die Regelungen der AVB und GVV liegen derzeit ja selbst beim EuGH zur Prüfung vor.

Der Senat muss seine derzeitige Rechtsprechung ändern.

Die Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Transparenzgebotes hat die Unwirksamkeit der Klausel, die strikte Nichtanwendung, keine geltungserhaltende Reduktion und keine zeitliche Begrenzung mit Wirkung auf die Zukunft zur Folge. Der Senat hat nicht die Kompetenz, die nur in die Zukunft gerichtete Bedeutung des EuGH-Urteils anzuordnen. Das EuGH-Urteil gilt auch für existierende Verträge. Es gelten §306 BGB bzw. §6 der Klauselrichtlinie.

Auch eine ergänzende Vertragsauslegung darf keinen inhaltsgleichen Ersatz erzeugen, es gilt das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Es kann nicht sein, eine andere Klausel - per richterlicher Kompetenz - als von Anfang an wirksam einzusetzen. Der Zweck der Unwirksamkeitsfolge ist ja gerade ein Abschreckungseffekt für den Klauselverwender und das berechtigte Interesse der Verbraucher. Zum Urteil vom 14.03.2012: Die Drei-Jahres-Frist führt ja zu einer zeitlichen Befristung der Unwirksamkeit einer unwirksamen Klausel.

Die Revision lässt zwei wichtige Aspekte außer Acht:
Gemäß dem EuGH dient ja das Transparenzgebot einem Interessenausgleich.
1) Für Verbraucher gelten strenge Informationspflichten (Rn53). Eine ergänzende Vertragsauslegung kann nicht dazu führen, dass Kunden ggf. bis zur letztinstanzlichen Entscheidung an intransparente Klauseln gebunden wären. Zudem wären Kunden durch ihr Informationsdefizit an ihrer Rechtsausübung gehindert. Bei Vertragsschluß zwischen redlichen Vertragspartnern hätten Kunden sicher keine Regelung vereinbart, derzufolge sie unwirksame Klauseln bis zur gerichtlichen Klärung akzeptieren wohingegen der Versorger Vertrauensschutz genießen solle.
2) Der Aspekt des Verwenders. Ein Klauselverwender trägt das Risiko. Dabei gibt es keinen Vertrauensschutz darin, dass sich die Rechtsprechung nicht ändern kann.

Prof. Krämer sieht einen Vertrauensschutz durch "staatliches Versagen und die Rechtsprechung" geboten. Nicht der Gesetzgeber sondern die EVU selbst haben entschieden, die Regelungen der AVB in ihre Verträge zu übernehmen und sie sind damit das Risiko eingegangen, intransparente Klauseln zu verwenden. Diese Praxis war zudem von Anfang an umstritten. Der Gesetzgeber hat die Anwendung der AVB auf Sonderverträge ausdrücklich ausgenommen.

Zu den "nicht hinnehmbaren wirtschaftlichen Konsequenzen" sei erwähnt, dass diese sehr begrenzt sind. Es geht hier um 14 Kunden eines Versorgers. Die wirtschaftlichen Konsequenzen für die Energieversorger im allgemeinen können hier nicht relevant sein, denn dadurch würden Anbieter in Massengeschäften ungerechtfertigt priviligiert werden.

Der Senat bemüht sich ja, durch ergänzende Vertragsauslegung einen Interessenausgleich herbeizuführen. Aber nur wenige Kunden haben ja widersprochen und durch die Drei-Jahres-Frist sind die möglichen Rückforderungen sehr begrenzt. In der Vergangenheit gab es zudem viele ungerechtfertigte Preiserhöhungen, die nie geprüft wurden und durch die nicht gerechtfertigte Beträge vereinnamt wurden. Mit einer ergänzenden Vertragsauslegung ist aber für §306, Abs. 2 kein Raum mehr.

----- 11:10 ---------------------------------------------------------------------------
Dr. Rosin

Herr Wassermann setzt die EU-Regelungen fälschlicherweise mit einer Mißbrauchsprüfung gleich.
Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion soll doch verhindern, dass ein Klauselverwender seine Interessen ultimativ durchsetzen kann. Dies haben die EVU aber garnicht versucht, sondern sie haben doch die Regelungen des AVB direkt übernommen.

In der Praxis sieht es doch so aus: Es geht nicht nur um einige Kläger, sondern dieses Urteil hat große Ausstrahlungswirkung auf die gesamte Versorgungswirtschaft.
1) Der Senat hat bislang alle selbstgestrikten Klauseln kassiert.
3) Der Gesetzgeber hat gesagt, dass die AVB-Klauseln einen Ausgleich der Interessen schaffen.
4) Der Senat hat seit 1999 eine Leitbildfunktion gesetzlicher Regelungen bejaht.

Je detaillierter eine Kostenklausel wurde, desto intransparenter wurde sie. Letzlich haben die EVU die AVB-Klauseln unverändert übernommen und nun sollen diese auch kassiert werden.

Er beschwört eine Klagewelle herauf und macht auch den Senat dafür verantwortlich. Der Senat möge sich bitte auch mal auf die andere Seite des Tisches setzen und den Standpunkt der Versorger berücksichtigen.

----- 11:20 ---------------------------------------------------------------------------
Wassermann

Der Senat möge bitte auch die Verbaucherinteressen berücksichtigen.

----- 11:21 ---------------------------------------------------------------------------
Ball

Eine Entscheidung erfolgt noch heute; eventuell auch ein Urteil.


Meine Anmerkung dazu:
Nur Herr Wassermann hat mit einem Wort kumulativ angedeutet, dass die AVB Verordnung nur in ihrer Gesamtheit einen Interessenausgleich darstellen kann. Der EuGH hatte dazu in Rn 31 festgestellt, dass ein Klauselverwender sich gerade dadurch einen Vorteil verschaffen kann, dass er einzelne Klauseln einer gesetzlichen Regelungen im Kontext seiner übrigen AGB zu seinem Vorteil nutzen kann. Die Konsequenz daraus kann m.E. nur sein, dass ein solches Vertragskonstrukt a-priori die Parteieninteressen nicht ausgeglichen wahrt, solange keine Inhaltskontrolle stattfindet.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline RR-E-ft

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Re: Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09
« Antwort #3 am: 10. Juli 2013, 14:50:17 »
@ESG-Rebell

Vielen herzlichen Dank auch für diesen Terminsbericht in gewohnt überzeugender Qualität!!!

Offline superhaase

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Re: Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09
« Antwort #4 am: 10. Juli 2013, 15:01:57 »
Ja, sehr interessant.
Auch von mir herzlichen Dank, ESG-Rebell!
8) solar power rules

Offline EviSell

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Re: Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09
« Antwort #5 am: 10. Juli 2013, 15:27:20 »
Grad auf Twitter gelesen, dass es noch dauert mit der Urteilsverkündung:

Zitat
Der #BGH hat das Urteil im Prozess Verbraucherzentrale NRW gegen #RWE wg. #Gaspreisklauseln auf den 31. Juli vertagt.

https://twitter.com/vznrw/status/354943649433391105
„Zwei Wahrheiten können sich nie widersprechen.“ - Galileo Galilei

„Gutes kann niemals aus Lüge und Gewalt entstehen.“ - Mahatma Gandhi

Offline RR-E-ft

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Re: Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09
« Antwort #6 am: 10. Juli 2013, 15:38:56 »

Offline RR-E-ft

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Re: Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09
« Antwort #7 am: 31. Juli 2013, 12:12:35 »
Der BGH hat die von RWE eingelegte Revision zurückgewiesen:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2013&Sort=3&nr=64850&anz=130&pos=0&Blank=1

Es wird erfahrungsgemäß einige Wochen dauern, bis die Urteilsbegründung veröffentlicht wird.

Offline khh

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Rückforderungsansprüche für Millionen Gas- und Stromkunden
« Antwort #8 am: 31. Juli 2013, 16:45:07 »
Da bin ich ja mal gespannt, ob die bisher untätigen Gas- und Stromkunden, welche diese AGB-Klausel gemäß § 5 Abs. 2 Gas/StromGVV in ihren Verträgen hatten/haben, jetzt zügig erstmaligen Widerspruch gegen die unrechtmäßigen Preiserhöhungen einlegen und noch mögliche Rückforderungsansprüche bei ihrem jeweiligen Versorger geltend machen !? 
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Offline Stromfraß

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Re: Terminsbericht BGH VIII ZR 162/09
« Antwort #9 am: 10. August 2013, 11:01:06 »
Weiß denn jemand, ob dieses Urteil (oder ein anderes) auch für Stromkunden gilt, die einen Sondervertrag über Nachtspeicherheizung haben?

Offline Christian Guhl

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Re: Rückforderungsansprüche für Millionen Gas- und Stromkunden
« Antwort #10 am: 10. August 2013, 13:11:08 »
Da bin ich ja mal gespannt, ob die bisher untätigen Gas- und Stromkunden, welche diese AGB-Klausel gemäß § 5 Abs. 2 Gas/StromGVV in ihren Verträgen hatten/haben, jetzt zügig erstmaligen Widerspruch gegen die unrechtmäßigen Preiserhöhungen einlegen und noch mögliche Rückforderungsansprüche bei ihrem jeweiligen Versorger geltend machen !?
Können Sie vergessen ! Die Leute sind so was von faul und bequem. Da ist sogar ein Widerspruchschreiben zuviel verlangt. Die breite Masse nimmt die Berichte über das Urteil am Rande zur Kenntnis, kommt aber noch nicht einmal auf den Gedanken, dass man vielleicht selber betroffen wär. Energieversorger und Mineralölkonzerne haben leichtes Spiel in Deutschland. Die könnten die Preise auch von heute auf morgen verdoppeln. Ein paar Tage wird gejammert, dann ist wieder alles ruhig.
@Stromfraß
Wenn in diesem Sondervertrag eine entsprechende Klausel ist, kann man sich natürlich auf das Urteil berufen.

Offline khh

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Re: Rückforderungsansprüche für Millionen Gas- und Stromkunden
« Antwort #11 am: 10. August 2013, 15:50:53 »
Können Sie vergessen ! Die Leute sind so was von faul und bequem. Da ist sogar ein Widerspruchschreiben zuviel verlangt. Die breite Masse nimmt die Berichte über das Urteil am Rande zur Kenntnis, kommt aber noch nicht einmal auf den Gedanken, dass man vielleicht selber betroffen wär. ...

Leider wird es wohl so sein, dass (passend zum Fußball-BuLi-Start) hunderttausende betroffene Gas- und Stromkunden zu dem vom EuGH „geschenkten“ Elfer (aus 11 cm, mit 100 m breiten und hohen Toren sowie ohne gegnerischen Torhüter!) nicht antreten werden.

Tagtäglich gehen bereits jetzt Rückforderungsansprüche durch ausbleibende Erst-Widersprüche verloren, wenn auch das BGH-Urteil vom 14.03.2012 Az VIII ZR 113/11 anzuwenden ist. 

Sehr enttäuscht bin ich auch vom Bund der Energieverbraucher e.V., dass hierzu keine umfassende Aufklärungsarbeit geleistet wird.  :(
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Offline khh

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EuGH v. 21.03.13 C-92/11 u. BGH v. 31.07.13 VIII ZR 162/09
« Antwort #12 am: 12. August 2013, 16:25:36 »
Da bin ich ja mal gespannt, ob die bisher untätigen Gas- und Stromkunden, welche diese AGB-Klausel gemäß § 5 Abs. 2 Gas/StromGVV in ihren Verträgen hatten/haben, jetzt zügig erstmaligen Widerspruch gegen die unrechtmäßigen Preiserhöhungen einlegen und noch mögliche Rückforderungsansprüche bei ihrem jeweiligen Versorger geltend machen !?
Können Sie vergessen ! ... Die breite Masse nimmt die Berichte über das Urteil am Rande zur Kenntnis, kommt aber noch nicht einmal auf den Gedanken, dass man vielleicht selber betroffen wär. ...

Das Ausbleiben von mir erwarteter/erhoffter Reaktionen hier im Forum scheint zu bestätigen, dass die vielfach betroffenen Gas- und Stromversorger wohl wieder einmal weitestgehend "ungeschoren" bleiben!?  :(
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Offline bolli

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Re: EuGH v. 21.03.13 C-92/11 u. BGH v. 31.07.13 VIII ZR 162/09
« Antwort #13 am: 13. August 2013, 08:00:50 »

Das Ausbleiben von mir erwarteter/erhoffter Reaktionen hier im Forum scheint zu bestätigen, dass die vielfach betroffenen Gas- und Stromversorger wohl wieder einmal weitestgehend "ungeschoren" bleiben!?  :(
Ein Großteil der hier schreibenden Protagonisten hat doch schon vor langer Zeit begonnen, Preisforderungen der Versorger nicht mehr vollständig zu begleichen, um Rückforderungen an diese zu vermeiden, da dem Geld hinterherrennen immer die schlechtere Variante ist.  ;)
DIE sind insoweit eh nur begrenzt von dem Urteil betroffen. Die restlichen "stillen Mitleser" hier im Forum werden jetzt sicher nicht direkt anfangen, auf Ihren Beitrag innerhalb von Stunden eine Antwort zu posten, zumal sie vielleicht nicht so häufig ins Forum schauen. Und ein noch viel größerer Teil kennt das Forum gar nicht und kann schon deswegen hier nicht posten. Und der letztere Personenkreis dürfte auch der sein, der zum einen der zahlenmäßig Größte ist und den Christian Guhl in seinem Beitrag weiter oben meint.

 

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