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Autor Thema: Verjährungsverschiebung?  (Gelesen 6530 mal)

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Offline berghaus

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Verjährungsverschiebung?
« am: 26. März 2012, 02:35:30 »
Ein Sonderkunde mit Altvertrag aus dem vorigen Jahrhundert mit unwirksamer Preisanpassungsklausel hat seit 2006 Widerspruch (nach BdE-Musterbrief) gegen die Jahresgasrechnungen ab 2005 erhoben und zunächst weniger (2004 + 2 %), dann ab 2009 wegen Aufrechnung mit seinen Rückforderungen für vorhergehende Jahre gar nichts mehr gezahlt.

Wenn das Urteil des BGH vom  14.03.12 VIII ZR 113/11 auf seinen Fall zutrifft, wird er einen Teil der einbehaltenen Beträge nicht behalten dürfen.

Nachforderungen seines Versorgers der Jahre 2006  - 2008, ca. 2.000,-- EUR, dürften verjährt sein.

In den Jahren 2007 und 2008 und hatte der Versorger einen Teil der vom Kunden gezahlten Abschläge entgegen der Aufforderung des Kunden, Abschläge nur für die laufende Abrechnungsperiode zu verwenden, diese doch mit Nachforderungen der Vorjahre verrechnet.

Auf den massiven Widerspruch des Kunden hin erstellte der (freundliche) Versorger im Juli 2009 drei korrigierte Jahresrechnungen -natürlich nach wie vor mit seinen Wunschpreisen-, jedoch mit exakter Verrechnung der Abschläge und mit der Bitte, die Nachforderungen der Jahre 2007, 2008 und 2009 bis zum 07.08.2009 zu zahlen.

Nun meine Frage:

Ist die Fälligkeit der Jahresrechnungsbeträge 2007 und 2008 damit in das Jahr 2009 verschoben worden,
zumal der Kunde erklärt hat, dass die Nachforderungen der Jahresrechnung 2008 wegen der Mängel der Abrechnung hinsichtlich der Preise und der nicht zulässigen Verrechnung nicht fällig seien?
D.h.: Ist damit die Verjährungsbeginn der Nachforderungen der Jahre 2007 und 2008 verschoben worden?

berghaus 26.03.12

Offline berghaus

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Verjährungsverschiebung?
« Antwort #1 am: 30. März 2012, 01:44:50 »
Dann versuche ich mal, die Fragestellung zu vereinfachen:

Der Versorger schickt am 10.06.2008 eine Jahresrechnung über 2.700 EUR, in der er von den von dem Kunden  gezahlten Abschlägen in Höhe von 1.200 EUR nur 1.000 EUR angerechnet und 200 EUR mit Nachforderungen aus früheren Jahren verrechnet hat mit der Bitte um Zahlung von 700,- EUR bis zum 30.06.2008.

Der Kunde erhebt Widerspruch gegen die Höhe der Rechnung, insbesondere aber gegen die Verrechnung eines Teils der Abschlagzahlungen mit Rückständen aus früheren Jahren und zahlt nicht.

Nach einigem Hin und Her erstellt der Versorger im Jahr 2009 die Jahresrechnung für 2008 neu (Korrekturrechnung genannt) mit den gleichen Preisen wie 2009, unterläßt aber die vom Kunden verbotene Verrechnung von 200 EUR der Abschläge  mit früheren Rückständen und fordert nun, den kleineren Betrag vom 500 EUR bis zum 30.09.2009 zu zahlen.
Die Nachforderungen aus früheren Jahren erläutert er in einem weiteren Schreiben.

Frage (1): Verjährt der Nachzahlungsbetrag von 500 EUR mit Ablauf des Jahres 2011 oder erst mit Ablauf des Jahres 2012?

Und, wer mag, kann auch gleich die Verzugsfrage (2) beantworten:
 Wann ist mit oder ohne Mahnung des Versorgers Verzug mit der Folge von Verzugszinsen eingetreten?

Und noch drei Fragen (3,4,5): Verjähren die im Jahr nach der Fälligkeit  der Hauptschuld aufgelaufenen Verzugszinsen ein Jahr später als die Hauptschuld und müssen diese besonders angefordert und angemahnt sein?

berghaus 30.03.12

Offline bolli

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Verjährungsverschiebung?
« Antwort #2 am: 30. März 2012, 07:57:23 »
Zitat
Original von berghaus
Frage (1): Verjährt der Nachzahlungsbetrag von 500 EUR mit Ablauf des Jahres 2011 oder erst mit Ablauf des Jahres 2012?
Meiner Meinung nach verjähren die Ansprüche mit Ablauf des Jahres 2011, da die eigentliche Geltendmachung des Verbrauchs ja mit der Rechnung 2008 erfolgte. Der Fehler lag ja in einer fehlerhaften Verrechnung von \"Nebenforderungen\" und nicht im Verbrauch selbst.

Im Falle, dass der maßgebliche Zeitpunkt durch die Korrekturrechnung nach 2009 verschoben würde, könnte der Versorger ja jährlich hergehen und eine solche Korrekturrechnung verschicken. Entsprechende Gründe ließen sich bei einem Widersprüchler mit Einbehaltungen immer finden. Dadurch würde dann die Verjährungsmöglichkeit ständig weiter hinausgezögert. Das kann ja wohl nicht so sein.

Offline superhaase

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Verjährungsverschiebung?
« Antwort #3 am: 30. März 2012, 09:49:47 »
Eine Verjährungsfrist wird laut Gesetz meines Wissens dann wieder bei Null gestartet, wenn der Schuldner (hier der Kunde) in irgendeiner Form eines Einigungsversuchs oder einer Verhandlung über die Forderung tätig wird, oder einen Teil der Forderung bezahlt oder eine Gegenrechnung aufmacht oder Vergleichbares.
Lediglich die unveränderte Ablehnung der Forderung ist wohl unschädlich.

Wenn der Versorger von sichaus eine Korrekturrechnung schickt, ändert das m.E. am Verjährungsablauf nichts.

Wenn man aber eine falsche Rechnung rügt und dann eine Richtige erhält, startet m.E. die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt der Rüge und der Forderung nach einer korrigierten Rechnung wieder bei Null.

So weit mein laienhaftes Verständnis.
8) solar power rules

Offline RR-E-ft

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Verjährungsverschiebung?
« Antwort #4 am: 30. März 2012, 10:28:27 »
Das Gesetz kennt nach der Schuldrechtsmodernisierung grundsätzlich nur noch eine Hemmung der Verjährung.

Offline berghaus

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Verjährungsverschiebung?
« Antwort #5 am: 30. März 2012, 14:12:26 »
in dem Link
Zitat
von RR-E-ft
Hemmung der Verjährung .
findet man ua. als Hemmungsgrund:
.........schwebende Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger über das Bestehen eines Anspruchs.

Ich nehme an, dass man den Widerspruch des Kunden gegen die Rechnungspreise und die falsche Verrechnung von Abschlägen und die Jahre später erfolgte bereitwillige Korrektur der Rechnung nicht als \"schwebende Verhandlungen\" bezeichnen kann.

berghaus 30.03.12

Offline Didakt

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Verjährungsverschiebung?
« Antwort #6 am: 30. März 2012, 17:05:49 »
Wer suchet, der findet! ;)

Zitat
BGH, Beschluss vom 12. 5. 2011 - IX ZR 91/08, Rn 8
4. Den Begriff von Verhandlungen im Sinne des § 203 Abs. 1 BGB hat der Bundesgerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen ausgelegt. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner nicht sofort und erkennbar Leistung ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen Seite die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 180/04, WM 2007, 801 Rn. 32 mwN; vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 16 mwN). Dem entsprechen die Ausführungen des Berufungsgerichts, in denen die Beschwerde zu Unrecht einen nicht geschriebenen abweichenden Obersatz sehen will. Die Subsumtion des Berufungsgerichts unter § 203 BGB ist innerhalb der Nichtzulassungsbeschwerde kein Angriffsgegenstand.

 

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