Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: userD0003 am 24. April 2012, 06:32:39

Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: userD0003 am 24. April 2012, 06:32:39
Zitat
Auszug aus den Urteilen
... dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
Wie sind die beiden Urteile in der Praxis anzuwenden ???

1. Die praktische Anwendung der Urteile ist für Sonderkunden, die noch keinen Widerspruch eingelegt hatten und immer vollständig zahlten, wohl relativ klar:

Zitat
Original von RR-E-ft
... können demnach heute (am 13.04.12) nur noch die Unwirksamkeit desjenigen Preises geltend machen, der in einer am 13.04.09 zugegangenen Verbrauchsabrechnung erstmals zur Abrechnung gestellt wurde, wofür der wirksame Zugang eines entsprechenden Widerspruches beim Versorger am heutigen Tage notwendig sei.
2. Die praktischen Auswirkungen der Urteile für zurückliegende Widersprüche ist mir hingegen NICHT klar – dazu ein Praxis-Beispiel aus meinem Bekanntenkreis
(den jeweils maßgeblichen Zugangszeitpunkt der Rechnung beim Verbraucher und des Widerspruchs beim Versorger hier aus Vereinfachungsgründen ausgeklammert):

Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)
und am 30.11.2007 wurde erstmalig gemäß § 307 BGB der Wirksamkeit der Preisänderungsklausel (und damit faktisch allen Preiserhöhungen?) widersprochen.

Ist dieser Widerspruch wirksam
a) für alle Rechnungen, die nach dem 02.01.2003 zugegangen sind und damit für alle Preiserhöhungen, die erstmalig in diesen Rechnungen berücksichtigt wurden ?
b) ausschließlich nur für die explizit widersprochene Preiserhöhung ab 01.01.2005 ?
c) würde a) zutreffen, wenn allen bisherigen Preiserhöhungen gem. § 315 BGB widersprochen worden wäre ?
d) würde a) zutreffen, wenn von Beginn an gem. § 307 BGB (Unwirksamkeit der Preisklausel) widersprochen worden wäre ?
e) Wirkt zumindest der Widerspruch gem. § 307 BGB vom 30.11.2007 die 3 Jahre (auf den 30.11.2004) zurück ?
Oder ergeben sich womöglich noch ganz andere Auswirkungen/Fallkonstellationen ?

3. Wie soll man jetzt vorgehen
a) künftige Kürzungen doch wohl nur noch in Höhe des im Rahmen der BGH-Urteile zulässigen?
b) alle zurückliegenden zu hohen Kürzungen (auf den Anfangspreis 19**) von sich aus korrigieren?
c) wie b), aber nur die (möglichen) Forderungen des Versorgers, die noch nicht verjährt sind?
Oder zunächst eine Reaktion des Versorgers abwarten? Wenn die kommt, wie dann reagieren?

Fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten, wären sicherlich auch für ähnlich Betroffene sehr hilfreich.  :]
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Kampfzwerg am 24. April 2012, 18:51:55
...wenn`s auch kompliziert geht ?


Zitat
Fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten, wären sicherlich auch für ähnlich Betroffene sehr hilfreich.
Bitte definieren Sie \"fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten\".  :D
Ich persönlich halte ja derartig einschränkende Sätze für eher kontraproduktiv, hoffe aber trotz dieser Äußerung, dass meine Meinung dennoch willkommen ist.  ;)


Zu 2.
Ein Widerspruch gilt grundsätzlich nur ab dem Zeitpunkt des Widerspruchs mit Wirkung auf die Zukunft bzw. auf die aktuelle JRG, und nicht rückwirkend für die Vergangenheit.
Es gibt nämlich schlicht keinen \"Einwand gemäß § 307 BGB\"!
Diese Möglichkeit als solches existiert schon ganz einfach nicht.
Der erstmalige Widerspruch/Einwand erfolgt immer gemäß § 315 BGB, in Verbindung mit der Forderung des Nachweises zu der Berechtigung einer Preiserhöhung!
Damit ist sowohl der Bereich Tarifkunden als auch Sondervertragskunden zunächst und vorläufig erst einmal abgedeckt.

Entsprechend gilt:
a.) Nein.
demnach für
b.) eingeschränkt: Ja.
Denn inkludiert wären nach Ihrem Beispiel auch Preisänderungen ab 13.11.04!
c.) Nein. Es sei denn denn, der Widerspruch erfolgte innerhalb von 3 J. nach der ersten Preisänderung.
d.) Nein. Es gibt keinen Einwand nach § 307, s. o.
e.) s. d.) und oben

Es gilt Preisstand 13.11.04
Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: userD0003 am 24. April 2012, 20:30:15
Zitat
Original von Kampfzwerg
Bitte definieren Sie \"fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten\".  :D

Man kann auch missverstehen wollen ...  ;) Als Einschränkung sehe ich das nicht, eher als ein Aufruf ... :D Selbstverständlich ist IHRE Meinung willkommen!

Zitat
Es gilt Preisstand 13.11.04
Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)
Das befürchte ich fast auch, bin aber noch nicht ganz überzeugt und nehme gerne weitere Meinungen entgegen.

Zitat
Auszug aus den Urteilen
... dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
Hat auch nur ein Verbraucher mit dem ersten Widerspruch zugleich auch die Preiserhöhungen beanstandet, welche in Rechnungen, die in den drei Jahren zuvor zugegangenen waren, erstmals berücksichtigt worden sind ?

Im Ergebnis würde das bedeuten, dass für noch weniger Preiserhöhungen die Unwirksamkeit geltend gemacht werden könnte und der BGH den Verbrauchern ein noch größeres Ei ins Nest gelegt hätte, als auf den ersten Blick ersichtlich !
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 24. April 2012, 20:57:23
Ein Widerspruch -  dessen es ohne die ergänzende Vertragsauslegung schon nicht bedürfen würde -  umfasst alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden.

Auf die Unwirksamkeit davor liegender (länger als drei Jahre zurück liegender) einseitiger Preiserhöhungen, die bisher vom Kunden unbeanstandet geblieben waren und zu denen bisher von den Parteien ein (auf höherem Niveau liegendes) Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung schon praktiziert wurde, soll sich der Kunde nicht mehr berufen können.

Wurde erst einmal  ein Widerspruch erhoben, soll es weiterer Widersprüche nicht unbedingt bedürfen.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: userD0003 am 24. April 2012, 21:30:45
Zitat
Original von RR-E-ft
Ein Widerspruch -  dessen es ohne die ergänzende Vertragsauslegung schon nicht bedürfen würde -  umfasst alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden.

Auf die Unwirksamkeit davor liegender (länger als drei Jahre zurück liegender) einseitiger Preiserhöhungen, die bisher vom Kunden unbeanstandet geblieben waren und zu denen bisher von den Parteien ein (auf höherem Niveau liegendes) Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung schon praktiziert wurde, soll sich der Kunde nicht mehr berufen können.

Wurde erst einmal  ein Widerspruch erhoben, soll es weiterer Widersprüche nicht unbedingt bedürfen.
?( Das heißt, für die Nicht-Juristen übersetzt  ;), bezogen auf das angeführte Praxis-Beispiel (erstmaliger Widerspruch am 03.01.2006):
Auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen, die erstmals in vor dem 03.01.2003 zugegangenen Rechnungen berücksichtigt wurden, kann sich der Kunde nicht mehr berufen
= es gilt der Anfangspreis der ersten nach dem 02.01.2003 zugegangenen Rechnung (sofern nicht genau am 1. Tag des Abrechnungszeitraums eine Preiserhöhung erfolgte) ?

edit: Falls kein Widerspruch kommt, gehe ich davon aus, dass meine \"Übersetzung\" korrekt ist!
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 24. April 2012, 22:03:05
Zitat
Original von h\'berger
Das heißt, bezogen auf das angeführte Praxis-Beispiel (erstmaliger Widerspruch am 03.01.2006): Auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen, die erstmals in vor dem 03.01.2003 zugegangenen Rechnungen berücksichtigt wurden, kann sich der Kunde nicht mehr berufen.

So soll es sein, jedenfalls wenn der Kunde diese Preiserhöhungen, die in Rechnungen, welche vor dem 03.01.2003 zugegangen waren, erstmals ausgewiesen worden waren, beanstandungslos gezahlt hatte.

Unverständlich demgegenüber:

Zitat
Original von h\'berger

= es gilt der Anfangspreis der ersten nach dem 02.01.2003 zugegangenen Rechnung (sofern nicht genau am 1. Tag des Abrechnungszeitraums eine Preiserhöhung erfolgte) ?
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: userD0003 am 24. April 2012, 23:13:06
Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Original von h\'berger
Das heißt, bezogen auf das angeführte Praxis-Beispiel (erstmaliger Widerspruch am 03.01.2006): Auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen, die erstmals in vor dem 03.01.2003 zugegangenen Rechnungen berücksichtigt wurden, kann sich der Kunde nicht mehr berufen.
So soll es sein ...

Unverständlich demgegenüber:

Zitat
Original von h\'berger
= es gilt der Anfangspreis der ersten nach dem 02.01.2003 zugegangenen Rechnung (sofern nicht genau am 1. Tag des Abrechnungszeitraums eine Preiserhöhung erfolgte)
Beim \"Praxis-Beispiel\" war die erste nach dem 02.01.2003 eingegangene Rechnung die Abrechnung vom 10.12.2003 für Abrechnungszeitraum 13.11.2002 - 26.11.2003
= es gilt der (Anfangs)Preis vom 13.11.2002 (Hypothetisch, zwecks Übertragung auf andere Praxis-Fälle: Wäre genau am 13.11.2002 eine Preiserhöhung erfolgt, hätte der Kunde sich auf deren Unwirksamkeit berufen können = es würde der Preis vom 12.11.2002 gelten - ich hätte besser gleich sagen sollen: es gilt der \"Endpreis\" der letzten vor dem 03.01.2003 zugegangenen Abrechnung).  :)
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 25. April 2012, 09:45:57
Zitat
Original von h\'berger

Beim \"Praxis-Beispiel\" war die erste nach dem 02.01.2003 eingegangene Rechnung die Abrechnung vom 10.12.2003 für Abrechnungszeitraum 13.11.2002 - 26.11.2003
= es gilt der (Anfangs)Preis vom 13.11.2002 (Hypothetisch, zwecks Übertragung auf andere Praxis-Fälle: Wäre genau am 13.11.2002 eine Preiserhöhung erfolgt, hätte der Kunde sich auf deren Unwirksamkeit berufen können = es würde der Preis vom 12.11.2002 gelten - ich hätte besser gleich sagen sollen: es gilt der \"Endpreis\" der letzten vor dem 03.01.2003 zugegangenen Abrechnung).  :)

Das verwirrt doch wohl den geneigten Leser bloß.

Die Urteile betreffen nur solche Sonderverträge, in die überhaupt wirksam eine Preisänderungsklausel einbezogen wurde (BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 Rn. 20). Wurde in einen Sondervertrag eine Preisänderungsklausel schon nicht  wirksam einbezogen, können die Grundsätze nicht greifen.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: userD0003 am 25. April 2012, 11:41:26
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Urteile betreffen nur solche Sonderverträge, in die überhaupt wirksam eine Preisänderungsklausel einbezogen wurde (BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 Rn. 20). Wurde in einen Sondervertrag eine Preisänderungsklausel schon nicht  wirksam einbezogen, können die Grundsätze nicht greifen.
Dass bei Sonderverträgen die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel vorrangig zu prüfen ist (§ 305 BGB), steht außer Frage. Es soll aber Sonderverträge geben, wo die AGB wirksam einbezogen wurde (wie das bei dem von mir benannten Praxis-Beispiel der Fall ist).   ;)

edit: Verschiedene Beiträge (wie auch mein obiger Eröffnungsbeitrag) hier im Forum zeigen, dass Nicht-Juristen die BGH-Urteile womöglich fehlinterpretieren. Insofern kann es m.E. nur hilfreich sein, einmal ein konkretes Praxis-Beispiel mit Datums-Angaben darzustellen.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Kampfzwerg am 25. April 2012, 20:03:13
@h`berger

Die Meinungsumfrage bzw. der Aufruf hat doch letztendlich funktioniert  :)

Wobei ich ebenfalls denke, dass derartige \"Fallkonstruktionen mit Datenüberfrachtung\" den Leser, insbesondere die Nicht-Juristen unter uns, eher verwirren als für Klarheit zu sorgen.  ;)

Fraglich erscheint mir ebenfalls, ob tatsächlich alle Richter bei Sonderverträgen die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel und die notwendigerweise vorliegenden Voraussetzungen zur Ergänzenden Vertragsauslegung vorrangig prüfen werden.

Auch Verbraucheranwälte könnten sich versucht fühlen, aufgrund dieser BGH-Entscheidungen den Mandanten vorschnell zu Entscheidungen zu raten, die letztendlich dann nur dazu verhelfen würden, ihnen, also den Anwälten, sowohl einerseits höchst komplizierte und in vielen Stunden fein erarbeitete Schriftsätze bzw. Argumentationen zu ersparen, und andererseits dennoch ein gewisses, gesichertes Honorar zu bescheren.

Alles in allem brechen wohl definitiv und grundsätzlich schwierigere Zeiten für die Verbaucher, insbesonderer für die Sondervertragskunden, an.
Und nur, weil der BGH versuchte, die Eierlegende Wollmichsau neu zu erfinden. Das aber ist anderen ebenfalls schon misslungen.
Gelungen ist ihm aber wohl, den Versorgern den Pelz zu waschen, ohne sie nass zu machen.   :evil:
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 25. April 2012, 21:22:44
Zitat
Original von Kampfzwerg
Alles in allem brechen wohl definitiv und grundsätzlich schwierigere Zeiten für die Verbaucher, insbesonderer für die Sondervertragskunden, an.
Und nur, weil der BGH versuchte, die Eierlegende Wollmichsau neu zu erfinden. Das aber ist anderen ebenfalls schon misslungen.
Gelungen ist ihm aber wohl, den Versorgern den Pelz zu waschen, ohne sie nass zu machen.   :evil:

Was für ein Terz.

Könnte doch sein, der BGH sah sich zu dieser Beschränkung veranlasst, weil bestimmte Verbraucher meinten, sie hätten die eierlegende Wollmilchsau gefunden, insbesondere, da auf Grund von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Verjährungsfrist möglicherweise 10 Jahre betragen könnte. Womöglich hatten tatsächlich welche die Vorstellung, sie könnten sich bisher in die Furche ducken und abwarten, um dann nunmehr, nachdem  die Verjährungsfrist eventuell nicht vor 2008 zu laufen beginnen konnte, den Jackpot aus Überzahlungen seit 2001 auf der Grundlage der Preise aus den 1980er - Jahren zu heben.  

Für Sondervertragskunden, in deren Vertrag eine unwirksame Preisänderungsklausel einbezogen wurde, ist es schwerer geworden, gerichtlich sehr hohe Rückforderungsansprüche auf der Grundlage eines aus heutiger Sicht sehr günstigen Preises etwa aus den - längst verflossenen - 1980er Jahren durchzusetzen, oder die Weiterbelieferung auf der Grundlage eines solch günstigen Preises aus jenen Zeiten zu verlangen, wenn sie jahrelang Preiserhöhungen hingenommen und beanstandungslos ohne Vorbehalt bezahlt hatten. Die Aufforderung der Verbraucherverbände zum Preisprotest gibt es ja auch erst seit fast acht Jahren.

Im Übrigen ist es leichter geworden, weil der BGH erstmals mit durchaus überzeugender Begründung Rückforderungsansprüche betroffener Kunden gem. § 812 Abs. 1 Alt 1 BGB dem Grunde nach anerkannt hat. Das könnte man ja auch mal herausstellen.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: courage am 25. April 2012, 21:56:20
Zitat
Original von h\'berger
... es gilt der Anfangspreis ...

edit: Falls kein Widerspruch kommt, gehe ich davon aus, dass meine \"Übersetzung\" korrekt ist!

Ihre Übersetzung ist unzutreffend (gottseidank ;)).

Sie müssen sich gedanklich von ihrem „Anfangspreis“ lösen. Ihnen steckt vermutlich der Sockelpreis des BGH aus der Grundversorgung in den Knochen. Es gibt einen solchen Sockelpreis in Sonderverträgen mit unwirksamer Preisanpassungsklausel aber nicht. Das geht aus den Urteilen vom 14.03.2012 eindeutig hervor.

Es gibt laut BGH nur die unwirksamen Preiserhöhungen, die allerdings innerhalb des Widerspruchszeitraumes liegen müssen; alle Preiserhöhungen, die Betonung liegt auf Erhöhungen, sind dann unwirksam.

Beispiel:
Angenommen, der Widerspruchszeitraum beginne am 01.01.2007:

Arbeitspreis am 01.01.2007: 5,0 Cent,
Preiserhöhung zum 01.04.2007 auf 5,5 Cent: d.h. Erhöhung um 0,5 Cent ist unwirksam.
Preissenkung zum 01.07.2007 auf 4,0 Cent,
Preissenkung zum 01.10.2007 auf 3,8 Cent,
Preiserhöhung zum 01.01.2008 auf 4,5 Cent, d.h. Erhöhung um 0,7 Cent ist unwirksam,
Preissenkung zum 01.04.2008 auf 3,5 Cent,
Preiserhöhung zum 01.07.2008 auf 4,1 Cent, d.h. Erhöhung um 0,6 Cent ist unwirksam,
Preiserhöhung zum 01.10. 2008 auf 5,3 Cent, d.h. Erhöhung um 1,2 Cent ist unwirksam, es gilt weiter der Preis von 3,5 Cent,
Preissenkung zum 01.01. 2009 auf 4,0 Cent, es gilt weiter der Preis von 3,5 Cent,
usw.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 25. April 2012, 22:08:20
Wirklich schwer vorstellbar, dass und wie sich der Versorger auf die Unwirksamkeit seiner innerhalb der Dreijahresfrist etwaig erfolgten zwischenzeitlichen Preissenkungen berufen wollte. Es ist jedenfalls wohl kein Fall einer Falschberechnung iSv. § 18 GasGVV.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: userD0003 am 25. April 2012, 23:14:07
Zitat
Original von courage
Sie müssen sich gedanklich von ihrem „Anfangspreis“ lösen. Ihnen steckt vermutlich der Sockelpreis des BGH aus der Grundversorgung in den Knochen. Es gibt einen solchen Sockelpreis in Sonderverträgen mit unwirksamer Preisanpassungsklausel aber nicht. Das geht aus den Urteilen vom 14.03.2012 eindeutig hervor.
Es gibt laut BGH nur die unwirksamen Preiserhöhungen, die allerdings innerhalb des Widerspruchszeitraumes liegen müssen; alle Preiserhöhungen, die Betonung liegt auf Erhöhungen, sind dann unwirksam.
@courage, danke für Ihre wichtige Ergänzung/Richtigstellung.

Mir war das schon klar und mein so bezeichneter \"Anfangspreis\" sollte keineswegs eine Art \"Sockelpreis\" sein. Ich war nur zu sehr auf mein \"Praxisbeispiel\" fixiert, bei dem es sich um einen Stromlieferungsvertrag handelt und eine Preissenkung gab es da noch nie!  ;)
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: berghaus am 26. April 2012, 16:45:50
Zitat
von h\'berger
Mir war das schon klar und mein so bezeichneter \"Anfangspreis\" sollte keineswegs eine Art \"Sockelpreis\" sein.

Das heißt also, zum Berechnen der (noch nicht verjährten) Rückforderungen oder der bei zu hohen Einbehaltungen möglichen (noch nicht verjährten) Nachforderungen des Versorgers nimmt man den Preis, der 3 Jahre vor dem ersten Widerspruch galt. Man könnte ihn „Sondersockelpreis“ nennen, der sich mit jeder Preissenkung unter sein Niveau ermäßigt, wobei der „ abgesenkte Sondersockelpreis“ natürlich erst ab dem Zeitpunkt der Gültigkeit der Preissenkung in die Berechnung eingeführt werden kann.

berghaus 26.04.12
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: userD0003 am 26. April 2012, 17:34:55
Zitat
Original von berghaus
Das heißt also, zum Berechnen der (noch nicht verjährten) Rückforderungen oder der bei zu hohen Einbehaltungen möglichen (noch nicht verjährten) Nachforderungen des Versorgers nimmt man den Preis, der 3 Jahre vor dem ersten Widerspruch galt.
NEIN, den Preis nicht! Bei einem Sondervertrag, in den wirksam (gem. § 305 BGB) eine unwirksame (gem. § 307 BGB) Preisänderungsklausel einbezogen wurde, prüft Mann oder Frau, welche Rechnungen innerhalb der drei Jahre vor dem ersten Widerspruch zugegangen sind. Für alle Preiserhöhungen, die ab Beginn des Abrechnungszeitraums der ältesten dieser Rechnungen erstmalig zur Abrechnung gestellt wurden, kann man deren Unwirksamkeit geltend machen.
Zu den Auswirkungen von Preissenkungen siehe das Beispiel von @courage vom 25.04.12 und den ergänzenden Kommentar von @RR-E-ft.

edit: Ich hoffe, dass ich mit meinem so bezeichneten \"Anfangspreis\" nicht zu Missverständnissen beigetragen habe. :(
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: berghaus am 27. April 2012, 12:15:22
@h‘berger

Ich sehe ein, dass ich in meinem Beitrag den richtigen Zeitpunkt für die Ermittlung des  Preises , der nach erstem Widerspruch den Berechnungen zugrunde zu legen ist, noch nicht gefunden hatte.

Verleitet wurde ich durch Aussage von RR-E-ft am 24.04.12:

Zitat
Ein Widerspruch -…….- umfasst alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden.


Hier, glaube ich, spricht RR-E-ft von neuen Widersprüchen, die jetzt noch erhoben werden (können). Insofern müsste es bei ihm wohl heißen: „Ein Widerspruch sollte alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden, umfassen.

 Uns ‚Altwidersprüchlern‘ geht es aber um die Widersprüche in früheren Jahren.
Hier ist wohl auch Ihre Aussage nicht richtig:
Zitat
…………prüft Mann oder Frau, welche Rechnungen innerhalb der drei Jahre vor dem ersten Widerspruch zugegangen sind.
Für alle Preiserhöhungen, die ab Beginn des Abrechnungszeitraums der ältesten dieser Rechnungen erstmalig zur Abrechnung gestellt wurden, kann man deren Unwirksamkeit geltend machen.

 Mit den Musterbriefen hat man z.B. 2006 in der Regel doch nur den Preiserhöhungen der letzten Abrechnungsperiode z.B. 25.Mai 2005 – 24.Mai 2006 (Jahresrechnung 20.Juni 2006) widersprochen und nicht auch den beiden vorhergehenden Jahresrechnungen und den darin enthaltenen Preiserhöhungen.
Dementsprechend müsste in meinem Beispiel der von mir gesuchte ‚Sondersockelpreis‘ der letzte Preis der Jahresrechnung vom Juni 2005 sein.

 In Ihrem Beispiel wäre das, wie Kampfzwerg schon richtig erkannt und Sie auch befürchtet hatten, der 13.11.04.

 Hier stellt sich mir noch die Frage, inwieweit der Widerspruch gegen die Preiserhöhung(en) in dem Widerspruchsschreiben erläutert werden muss(te).
Genügt die Aussage (aus dem Musterbrief 2006)

 a) “ ….erhebe ich Widerspruch, weil die zugrunde gelegten Gaspreise als unbillig nach § 315 BGB anzusehen sind.“   -  (Umfasst diese Aussage möglicherweise sogar sämtliche Preiserhöhungen früherer bzw. der letzten drei Jahre?)

 b ) “Sollten Sie zu einer ein einseitigen Preiserhöhung berechtigt sein, bindet mich eine solche nicht…“

berghaus 27.04.12
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 27. April 2012, 13:55:52
Ich meine, RR-E-ft spricht da generell von der Wirkung eines Widerspruches, egal wann dieser eingelegt wurde oder ob er erst noch eingelegt wird. ;)

Bei unwirksamer Preisänderungsklausel:

Für die Unwirksamkeit der einseitigen Preiserhöhung  kommt es generell schon gar nicht erst  auf einen Widerspruch an, sie ist per se unwirksam und bleibt es - jedenfalls zunächst -  auch.

Jedoch soll sich der Kunde nach der neueren Lehre auf diese Unwirksamkeit einer Preiserhöhung nachträglich  dann gleichwohl nicht mehr berufen können, wenn er eine  Preiserhöhung zunächst  vorbehaltlos bezahlt hatte und nicht innerhalb von drei Jahren nach Zugang derjenigen  Rechnung, die diesen erhöhten Preis erstmals auswies, das Preisänderungsrecht oder die Billigkeit irgendeiner Preisänderung überhaupt nur irgendwie bestritten/ beanstandet hatte.

Ob die Preiserhöhung somit drei Jahre nach ihrer erstmaligen  beanstandungslosen Bezahlung dabei (infolge der Unterlassung eines irgendwie gearteten Widerspruches) doch noch wirksam wird, kann offen bleiben. Jedenfalls soll sich der Kunde dann nicht mehr auf die Unwirksamkeit derselben berufen können.

Entscheidend soll sein, ob der Versorger Veranlassung hatte, eine Kündigung des Vertragsverhältnisses in Erwägung zu ziehen, weil der Kunde innerhalb von drei Jahren nach Zugang der Verbrauchsabrechnung, die den erhöhten Preis erstmals auswies, das Preisänderungsrecht oder eine Preisänderung durch Widerspruch in Frage stellte.

Deshalb kommt es entscheidend darauf an, wann irgendein Erstwiderspruch des Kunden  beim Versorger zuging.
Der betroffene Kunde soll sich - aus genannten  Gründen - (nur noch) auf die Unwirksamkeit aller einseitigen Preiserhöhungen berufen können, die innerhalb von drei Jahren vor diesem Tage erstmals mit einer Verbrauchsabrechnung zur Abrechnung gestellt wurden.

Das gesamte Anfangs- oder Sockelpreis- Kauderwelsch deshalb schnellstmöglich aus dem Gedächntnis streichen.

Vollkommen anders  bei gesetzlich oder vertraglich wirksam  eingeräumtem Leistungsbestimmungsbestimmungsrecht des Energieversorgers im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB:

Die einseitige Preiserhöhung ist nicht per se unwirksam, sondern für den betrofffenen  Kunden nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.  Sie kann billig oder unbillig sein, was erst eine gerichtliche Prüfung ergeben muss, was zumindest eine Unbilligkeitseinrede des Kunden voraussetzt.

Der Kunde soll sich jedoch auf die Unverbindlichkeit dann nicht mehr berufen können, wenn er die Jahresverbrauchsabrechnung, die den erhöhten Preis erstmals auswies, nicht in angemessener Frist mit Unbilligkeitseinrede beanstandet hatte.  Darauf, ob die Preiserhöhung der Billigkeit entsprach oder nicht, kommt es dann nicht mehr an, wenn sich der betroffene Kunde aus genannten Gründen nicht mehr gem. § 315 Abs. 3 BGB auf deren Unverbindlichkeit berufen kann bzw. können soll.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: userD0003 am 27. April 2012, 20:03:39
@RR-E-ft, da Sie bereits unterschiedliche Sachverhalte abhandeln:

Was ist bei einer nicht wirksam einbezogenen Preisänderungsklausel (hier hatte der Versorger doch Veranlassung, eine Vertragskündigung in Erwägung zu ziehen) ?

Kann sich der Kunde in diesem Fall nachträglich auf die Unwirksamkeit aller Preiserhöhungen berufen und somit den bei Vertragsbeginn vereinbarten Preis geltend machen ?
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 27. April 2012, 20:19:10
Die Urteile vom 14.03.12 betreffen nur solche Fälle, bei denen eine unwirksame Preisänderungsklausel wirksam in den Vertrag einbezogen wurde !!!

Ebenso wie im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln sind auch im Fall nicht wirksam einbezogener Preisänderungsklauseln einseitige Preiserhöhungen per se unwirksam.

Anders als bei der Einbeziehung einer unwirksamen Preisänderungsklausel kommt dabei jedoch eine ergänzende Vertragsauslegung mit der Begründung aus den Urteilen vom 14.03.12  (vgl. BGH Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11, juris Rn. 20) nicht in Betracht. Bei nicht wirksam einbezogenen Preisänderungsklauseln kann also mit der gegebenen Begründung nicht davon ausgegangen werden, dass der Kunde innerhalb von drei Jahren irgendwie Widerspruch einlegen muss, um sich noch auf die Unwirksamkeit berufen zu können.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Kampfzwerg am 27. April 2012, 20:27:08
Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Original von Kampfzwerg
Alles in allem brechen wohl definitiv und grundsätzlich schwierigere Zeiten für die Verbaucher, insbesonderer für die Sondervertragskunden, an.
Und nur, weil der BGH versuchte, die Eierlegende Wollmichsau neu zu erfinden. Das aber ist anderen ebenfalls schon misslungen.
Gelungen ist ihm aber wohl, den Versorgern den Pelz zu waschen, ohne sie nass zu machen.   :evil:

Was für ein Terz.

Könnte doch sein, der BGH sah sich zu dieser Beschränkung veranlasst, weil bestimmte Verbraucher meinten, sie hätten die eierlegende Wollmilchsau gefunden, insbesondere, da auf Grund von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Verjährungsfrist möglicherweise 10 Jahre betragen könnte. Womöglich hatten tatsächlich welche die Vorstellung, sie könnten sich bisher in die Furche ducken und abwarten, um dann nunmehr, nachdem  die Verjährungsfrist eventuell nicht vor 2008 zu laufen beginnen konnte, den Jackpot aus Überzahlungen seit 2001 auf der Grundlage der Preise aus den 1980er - Jahren zu heben.  

Für Sondervertragskunden, in deren Vertrag eine unwirksame Preisänderungsklausel einbezogen wurde, ist es schwerer geworden, gerichtlich sehr hohe Rückforderungsansprüche auf der Grundlage eines aus heutiger Sicht sehr günstigen Preises etwa aus den - längst verflossenen - 1980er Jahren durchzusetzen, oder die Weiterbelieferung auf der Grundlage eines solch günstigen Preises aus jenen Zeiten zu verlangen, wenn sie jahrelang Preiserhöhungen hingenommen und beanstandungslos ohne Vorbehalt bezahlt hatten. Die Aufforderung der Verbraucherverbände zum Preisprotest gibt es ja auch erst seit fast acht Jahren.

Im Übrigen ist es leichter geworden, weil der BGH erstmals mit durchaus überzeugender Begründung Rückforderungsansprüche betroffener Kunden gem. § 812 Abs. 1 Alt 1 BGB dem Grunde nach anerkannt hat. Das könnte man ja auch mal herausstellen.

@RR-E-ft

Bisher war mir gar nicht bekannt, dass Juristen grundsätzlich besonders musikalisch wären  ;)

Deshalb möchte ich zunächst sehr gerne herausstellen, dass Sie meine Bemerkung wohl leider komplett missverstanden haben.
Das lag allerdings vermutlich daran, dass der von Ihnen zitierte Absatz schlicht aus dem Zusammenhang gerissen wurde.

Meine sehr viel wichtigere Bemerkung lautete nämlich:
Fraglich erscheint mir ebenfalls, ob tatsächlich alle Richter bei Sonderverträgen die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel und die notwendigerweise vorliegenden Voraussetzungen zur Ergänzenden Vertragsauslegung vorrangig prüfen werden.
Auch Verbraucheranwälte könnten sich versucht fühlen, aufgrund dieser BGH-Entscheidungen den Mandanten vorschnell zu Entscheidungen zu raten, die letztendlich dann nur dazu verhelfen würden, ihnen, also den Anwälten, sowohl einerseits höchst komplizierte und in vielen Stunden fein erarbeitete Schriftsätze bzw. Argumentationen zu ersparen, und andererseits dennoch ein gewisses, gesichertes Honorar zu bescheren.


Und das hat zwar ebenfalls schlicht nix mit Musik zu tun, aber dafür sehr viel mit höchst eigenen, sprich subjektiven, Erfahrungen.
Auch das sollte ich wohl auch mal herausstellen.  ;)
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 27. April 2012, 20:48:22
Ich meine, der zitierte Absatz betrifft nach durchschnittlichem Empfängerhorizont eher eine Aussage zum BGH und dessen Entscheidungspraxis in den Urteilen vom 14.03.12 (\"Alles in allem...Und nur, weil der BGH versuchte, die Eierlegende Wollmichsau neu zu erfinden....\"). Aber möglicherweise sollte mit den drei Sätzen in dem zitierten Absatz gar kein kausaler Zusammenhang aufgezeigt werden; also nicht etwa, dass alles in allem  nun grundsätzlich und definitiv schwierige Zeiten anbrechen sollen, nur wegen dieser beiden Urteile des BGH bzw. aufgrund der selben. Die drei Sätze in dem zitierten Absatz könnten eben auch nur rein zufällig bei einander stehen und sollen womöglich  grundsätzlich und definitiv jeweils eine eigenständige, eventuell eigene subjektive, definitive Bedeutung haben.

Zu Sonderverträgen mit nicht wirksam einbezogenen Preisänderungsklauseln hatte der BGH jedenfalls in den Urteilen vom 14.03.12 bei objektiver Betrachtung ersichtlich nichts entschieden.

Aber auch dazu mag nun wieder jeder eine subjektive Erfahrung haben und diese ggf. herausstellen, wie er möchte. Fraglich nur, was das dem geneigten Leser erbringen soll, der in diesem Thread wohl nach Informationen zur Anwendung der BGH Urteile vom 14.03.12 Az. VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11 sucht.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Kampfzwerg am 27. April 2012, 20:58:56
@RR-E-ft
Wenn Sie tatsächlich meinen sollten, dass dieser Thread mitsamt seinen inzwischen völlig unterschiedlichen Gemengelagen einem wie auch immer geneigten Leser profunde Erkenntnisse erbringen könnte, beglückwünsche ich Sie nicht nur zu ihrer Musikalität, sondern auch noch zu Ihrem Optimismus.  ;)
Dies gelingt wohl sicher nur einem User, der glücklicherweise bereits grundlegende Kenntnisse der Materie sein Eigen nennen kann.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 27. April 2012, 21:03:19
Fraglich, warum der Thread dann grundsätzlich und definitiv mit subjektiven Erfahrungen bedacht wird, die überhaupt nichts zur Sache (Fragestellung dieses Threads) beitragen. Ich meine, auf bestimmte Beiträge kann man und sollte frau deshalb getrost verzichten.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Kampfzwerg am 27. April 2012, 21:21:11
Meine Meinung ist jedenfalls, dass Mann darauf verzichten sollte und es ein grundsätzlich schlechter Stil ist, Beiträge, auf die bereits geantwortet wurde, nachträglich zu verändern. Darauf könnte man nicht nur, sondern darauf sollte Mann verzichten.
So viel zum Thema Subjektivitäten.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 27. April 2012, 23:12:04
Bitte weiter zum Thema: \"Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11\"; also dazu, was sich aus diesen beiden Urteilen ergibt.

Nachdem die Urteile in Bezug auf einseitige Preiserhöhungen in laufenden Sonderverträgen mit einbezogener, jedoch unwirksamer Preisänderungsklausel gründlich gelesen und analysiert wurden, sollte sich wohl eine andere Einschätzung ergeben als die nachfolgend zitierte.

Zitat
Original von Kampfzwerg

Entsprechend gilt:
a.) Nein.
demnach für
b.) eingeschränkt: Ja.
Denn inkludiert wären nach Ihrem Beispiel auch Preisänderungen ab 13.11.04!
c.) Nein. Es sei denn denn, der Widerspruch erfolgte innerhalb von 3 J. nach der ersten Preisänderung.
d.) Nein. Es gibt keinen Einwand nach § 307, s. o.
e.) s. d.) und oben

Es gilt Preisstand 13.11.04
Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)

Entscheidend ist wohl allein, ob in einem solchen laufenden Sondervertragsverhältnis überhaupt eine Preisänderung oder das Preisänderungsrecht beanstandet wurde, so dass sich der Kunde noch auf die Unwirksamkeit aller einseitigen Preiserhöhungen berufen kann, die innerhalb von drei Jahren vor dieser Beanstandung erstmals mit einer Verbrauchsabrechnung zur Abrechnung gestellt wurden. Denn allein aufgrund einer solchen Beanstandung des Kunden soll der Versorger jedenfalls bereits  Veranlassung gehabt haben, eine Beendigung dieses Sondervertrages durch Kündigung in Erwägung zu ziehen.

Nicht anwendbar werden die neuen Grundsätze aus diesen Urteilen wohl dann sein, wenn der Versorger den Kunden mitgeteilt hatte, sie bräuchten Preiserhöhungen nicht selbst beanstanden und diesen  widersprechen, um keinen Rechtsnachteil zu erfahren.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Kampfzwerg am 28. April 2012, 20:44:54
... der eine mag den Zusammenhang zu der ursprünglichen Grundsatzfrage erkennen, ein anderer eben nicht.


Zitat
Original von RR-E-ft 27.04.12, 20:48 Uhr
Zu Sonderverträgen mit nicht wirksam einbezogenen Preisänderungsklauseln hatte der BGH jedenfalls in den Urteilen vom 14.03.12 bei objektiver Betrachtung ersichtlich nichts entschieden.

Zitat
Original von RR-E-ft 27.04.12, 23:12 Uhr
Nachdem die Urteile in Bezug auf einseitige Preiserhöhungen in laufenden Sonderverträgen mit einbezogener, jedoch unwirksamer Preisänderungsklausel gründlich gelesen und analysiert wurden, sollte sich wohl eine andere Einschätzung ergeben als die nachfolgend zitierte.

Die vorstehenden Statements erscheinen mir persönlich aus verschiedenen Gründen bemerkenswert.
Denn ich hatte einen SV. Sowohl subjektiv betrachtet, als auch objektiv gerichtlich festgestellt.
Die Preisänderungsklauseln waren weder wirksam einbezogen, noch gab es an sich wirksame Preisänderungsklauseln.

Wie und ob sich also ältere, und folgend zitierte Erklärungen von RR-E-ft nahtlos in den hiesigen Bezug einfügen könnte, insbesondere wegen seiner hier geäußerten Kritik, überlasse ich dem geneigten Leser:

Zitat
Original von Kampfzwerg, 15.03.12
Wenn der BGH statt am 14.03. bereits im Februar, bzw. innerhalb der Einspruchsfrist nach dem VU, entschieden, oder ich eine Widerklage eingereicht hätte, hätte ich meinen Prozess nun wohl ziemlich sicher zum Teil verloren, insofern, dass ich die Einstandspreise von 1991 in Ansatz gebracht habe.

Antwort
Original von RR-E-ft 15.03.2012, 19:46 Uhr

Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte es insoweit ein Unterliegen oder aber eine Berufung des Versorgers gegeben.
trotz SV, LG sieht Anerkenntnis bzw. Neuvereinbarung des Preises 2004 durch Musterbrief! (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=91394#post91394)


In dem vorstehenden Zusammenhang ist der Vollständigkeit halber ganz sicher auch zu beachten, weil es schlicht nicht passend erscheint:

Zitat
Original von RR-E-ft
Die Urteile vom 14.03.12 betreffen nur solche Fälle, bei denen eine unwirksame Preisänderungsklausel wirksam in den Vertrag einbezogen wurde !!!

Ebenso wie im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln sind auch im Fall nicht wirksam einbezogener Preisänderungsklauseln einseitige Preiserhöhungen per se unwirksam.

Anders als bei der Einbeziehung einer unwirksamen Preisänderungsklausel kommt dabei jedoch eine ergänzende Vertragsauslegung mit der Begründung aus den Urteilen vom 14.03.12 (vgl. BGH Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11, juris Rn. 20) nicht in Betracht. Bei nicht wirksam einbezogenen Preisänderungsklauseln kann also mit der gegebenen Begründung nicht davon ausgegangen werden, dass der Kunde innerhalb von drei Jahren irgendwie Widerspruch einlegen muss, um sich noch auf die Unwirksamkeit berufen zu können.  

Und auch die folgende Aussage erscheint unter dem Eindruck der vorherstehenden ,zumindest mir, leider ebenfalls nicht passend:

Zitat
Original von RR-E-ft
Entscheidend ist wohl allein, ob in einem solchen laufenden Sondervertragsverhältnis überhaupt eine Preisänderung oder das Preisänderungsrecht beanstandet wurde, so dass sich der Kunde noch auf die Unwirksamkeit aller einseitigen Preiserhöhungen berufen kann, die innerhalb von drei Jahren vor dieser Beanstandung erstmals mit einer Verbrauchsabrechnung zur Abrechnung gestellt wurden. Denn allein aufgrund einer solchen Beanstandung des Kunden soll der Versorger jedenfalls bereits Veranlassung gehabt haben, eine Beendigung dieses Sondervertrages durch Kündigung in Erwägung zu ziehen.

Witzigerweise wäre im Gegensatz zu Vorstehendem die folgende Einschätzung in meinem Fall zutreffend gewesen, kam aber erst gar nicht zur Sprache.  ;)
Zitat
Original von RR-E-ft
Nicht anwendbar werden die neuen Grundsätze aus diesen Urteilen wohl dann sein, wenn der Versorger den Kunden mitgeteilt hatte, sie bräuchten Preiserhöhungen nicht selbst beanstanden und diesen widersprechen, um keinen Rechtsnachteil zu erfahren.

Und, auch wenn ich mich wiederhole, beachtenswert erscheint mir jedenfalls:
Zitat
Original von kampfzwerg
Fraglich erscheint mir ebenfalls, ob tatsächlich alle Richter bei Sonderverträgen die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel und die notwendigerweise vorliegenden Voraussetzungen zur Ergänzenden Vertragsauslegung vorrangig prüfen werden.

Ob diese Überlegungen zum Thema passen können, muss wohl grundsätzlich jeder für sich selbst entscheiden, jeder mag sich also bitte, ebenfalls grundsätzlich ;-), seine eigene Meinung bilden.
Subjektiv gesehen, muss ich jedenfalls keinen Prozess mehr gewinnen, denn objektiv festgestellt habe ich das bereits.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Didakt am 29. April 2012, 11:32:54
@ Kampfzwerg

Nur eine kurze Anmerkung zu Ihrem Dialog mit RR-E-ft:

RR-E-ft erklärt nach meiner unmaßgeblichen Beurteilung in durchaus nachvollziehbarer Weise den sich aus besagten BGH-Urteilen nunmehr ergebenen Sollzustand für die Rechtsprechung in künftigen einschlägigen Prozessen.

Es ist eigentlich müßig, jetzt noch darüber zu spekulieren, wie Ihr Verfahren ausgegangen wäre, wenn es zum Zeitpunkt Ihrer Hauptverhandlung diese Urteile bereits gegeben hätte. Meine Hypothese: Wahrscheinlich negativer.

Von Ihrer folgenden Ausführung fühle ich mich allerdings angesprochen, obwohl das Nachkarten auch nichts mehr bringt:

Zitat
Original von Ihnen:
Fraglich erscheint mir ebenfalls, ob tatsächlich alle Richter bei Sonderverträgen die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel und die notwendigerweise vorliegenden Voraussetzungen zur Ergänzenden Vertragsauslegung vorrangig prüfen werden.

Nein, mit Sicherheit nicht alle Richter. Unter dieser Spezies gibt es manche, die sich nach meinen Feststellungen in ihrer unabhängigen Selbstherrlichkeit einen Kehricht um die höchstrichterliche Rechtsprechung scheren. Vielleicht auch deshalb, weil sie davon keine Kenntnis haben oder sie schlichtweg ignorieren, weil sie ihnen nicht in den Kram passt. Theorie und Wirklichkeit ….! X(
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: berghaus am 29. April 2012, 11:56:15
Nun aber sollten wir wirklich zum Thema zurückkehren!

Mein und h\'bergers Anliegen war und ist es, den Preis zu benennen, der im vorliegenden Fall (Sonderkunde mit wirksam einbezogener unwirksamer Preisanpassungsklausel) den Berechnungen der Überzahlungen in allen Jahresrechnungen ab dem Widerspruch bis zur Beendigung des Vertrage zugrunde zu legen ist.

Dabei möchte ich gedanklich nicht von einer dreifachen Verneinung ausgehen müssen.

Insofern halte ich h\'bergers Definition doch für verständlich:

Zitat
= es gilt der Anfangspreis der ersten nach dem 02.01.2003 zugegangenen Rechnung (sofern nicht genau am 1. Tag des Abrechnungszeitraums eine Preiserhöhung erfolgte).
Man könnte auch sagen:

es gilt der Endpreis der letzten vor dem 02.01.2003 (d.h. des Tags des Zugangs des ersten Widerspruchs beim Versorger minus drei Jahre) dem Verbraucher zugegangenen Jahresrechnung.
Im Fall von h‘berger also tatsächlich der Preis vom 13.11.2002.

Nun die nächste Frage:

Muss nach dem ersten Widerspruch jedes Jahr Widerspruch gegen die Jahresrechnung (mit Beanstandung des Preises) eingelegt worden sein?

Oder kann der Kunde, der 2006 erstmalig und einmalig Widerspruch eingelegt hatte, heute (2012) seine Rückforderungen für den noch nicht verjährten Zeitraum mit dem Preis von z.B, 13.11.2002 berechnen?

berghaus 29.04.12
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Kampfzwerg am 29. April 2012, 18:28:47
@berghaus
nach meiner Ansicht sind wir immer beim Thema geblieben und müssen daher auch nicht zurückkehren!
Ihr Anliegen ist, wie immer, klar.



Ich stimme  
@Didakt uneingeschränkt zu:

Zitat
RR-E-ft erklärt nach meiner unmaßgeblichen Beurteilung in durchaus nachvollziehbarer Weise den sich aus besagten BGH-Urteilen nunmehr ergebenen Sollzustand für die Rechtsprechung in künftigen einschlägigen Prozessen.

Denn genau das ist auch der Punkt, um den es mir von Anfang an ging.
RR-E-ft erklärt die Theorie! Den Soll-Zustand.
Doch obwohl die oben angesprochenen, notwendigen und einschlägigen Voraussetzungen gem. der Urteile vom 14.03.12 (um einen Prozess grundsätzlich verlieren zu können) in meinem Fall schlicht erst gar nicht vorgelegen haben, wäre ich dennoch in dem Prozess, auch nach seiner Ansicht, nach den ergangenen Urteilen vom 14.03.12 höchst wahrscheinlich unterlegen.
DAS ist daher, zumindest eine mögliche, anwendbare, Praxis.
Womit wir wieder bei der ursprünglichen Grundsatzfrage von h`berger wären, die lautete wie folgt: \"Wie sind die beiden Urteile in der Praxis anzuwenden ???\"  -  verdeutlicht an einem konkreten Zahlenspiel.
Obwohl sich \"Grundsatzfragen\" und \"konkretes Zahlenspiel\" eigentlich schon gegnseitig ausschliessen.
Gleiches Recht für alle!?

Es ging mir überhaupt nicht darum, grundsätzlich darüber zu spekulieren, wie mein Prozess ausgegangen wäre. Was sollte mir das auch bringen.
Der Punkt ist, dass ich bereits Praxiserfahrung habe und mich an Stelle eines beklagten Kunden nicht auf einen hier diskutierten Soll-Zustand verlassen würde. Daher meine Zusammenfassung der divergierenden Statements von RR-E-ft zu eigentlich ein und dem selben Thema.

Nichts anderes wollte ich, anhand meines ebenfalls sehr konkreten, Beispiels, verdeutlichen! Nämlich dass die hier diskutierte Theorie, also der theoretische Soll-Zustand, leider in der realen Welt nicht immer konform geht mit dem Ist-Zustand!

Die gleiche Erfahrung machte ich im Übrigen bereits mit dem vom BGH im Urteil vom 14.07.10 geäußerten obiter dictum
Auswirkungen des Obiter Dictum im BGH-Urteil vom 14. Juli 2010 (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=14711&hilight=obiter+dictum,)
das für meinen Fall ebenfalls schlicht nicht anwendbar war, weil die Voraussetzungen schon nicht vorlagen. Das hinderte aber weder die Anwälte, selbst meine eigene RAin nicht, noch das Gericht, darauf Bezug zu nehmen und mir die Weiterführung des Verfahrens ausreden zu wollen.

Und in Folge meiner Praxiserfahrung wäre ich eben auch nicht überzeugt, dass
Zitat
Fraglich erscheint mir ebenfalls, ob tatsächlich alle Richter bei Sonderverträgen die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel und die notwendigerweise vorliegenden Voraussetzungen zur Ergänzenden Vertragsauslegung vorrangig prüfen werden.

Auch hierin stimme ich Didakt zu: THEORIE vs. WIRKLICHKEIT.

Wenn ich allerdings gewusst hätte, wie meine Bemühungen [aber wahrscheinlich gilt zu meinen eigenen Lasten: gut gemeint ist eben nicht gut gemacht] hier offensichtlich aufgefasst werden, hätte ich mir die Zeit wirklich erspart und werde das in Zukunft auch entsprechend handhaben.
Denn ganz sicher muss weder man noch frau sich mit, sowohl unsinnigen und diffamierenden, als auch sarkastischen Bemerkungen - und auch noch nachträglich veränderten Bezugsbeiträgen - herumärgern.
Und das sage ich nicht weil ich beleidigt wäre. Ich bin ob einer solchen Verfahrensweise schlicht sauer.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 30. April 2012, 00:07:21
@Kampfzwerg


Zitat
Original von Kampfzwerg

Es ging mir überhaupt nicht darum, grundsätzlich darüber zu spekulieren, wie mein Prozess ausgegangen wäre. Was sollte mir das auch bringen.
Der Punkt ist, dass ich bereits Praxiserfahrung habe und mich an Stelle eines beklagten Kunden nicht auf einen hier diskutierten Soll-Zustand verlassen würde. Daher meine Zusammenfassung der divergierenden Statements von RR-E-ft zu eigentlich ein und dem selben Thema. Nichts anderes wollte ich, anhand meines ebenfalls sehr konkreten, Beispiels, verdeutlichen! Nämlich dass die hier diskutierte Theorie, also der theoretische Soll-Zustand, leider in der realen Welt nicht immer konform geht mit dem Ist-Zustand!

Ich kann Ihre - anstrengende -  Diskussion nicht nachvollziehen. Der Inhalt der Entscheidung BGH VIII ZR 113/11 ist uns etwa seit 23.04.12 bekannt. Auch mir war die Begründung des Senats zuvor nicht bekannt, insbesondere nicht, dass diese zentral auf die Einbeziehung einer Preisänderungsklausel in den Sondervertrag abstellt. Weshalb Sie deshalb einem Beitrag von mir vom 14.03.12 besondere Bedeutung beimessen wollen, divergierende Statements daraus herleiten möchten, ist unerfindlich. Das Thema dieses Threads ist es wohl, was sich aus den beiden Urteilen nunmehr ergeben soll. Zu diesem eigentlichen Thema des Threads tragen Ihre umfangreichen Beiträge m. E. wenig bis nichts bei, dies womöglich in zunehmenden Maße. Beiträge, die nichts unmittelbar zum Thema beitragen, erscheinen wenig sinnvoll, wenn nicht gar sinnlos. Wenn jemand darüber verärgert wäre, dass solche Beiträge großen Raum beanspruchen, erschiene dies wohl nachvollziehbar.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: berghaus am 30. April 2012, 14:00:20
Damit meine Frage nicht in Vergessenheit gerät, hier noch einmal:

Muss nach dem ersten Widerspruch jedes Jahr Widerspruch gegen die Jahresrechnung (mit Beanstandung des Preises) eingelegt worden sein?

Oder kann der Kunde, der 2006 erstmalig und einmalig Widerspruch eingelegt hatte und dann wie zuvor beanstandungslos weiter gezahlt hat, heute (2012)
seine Rückforderungen für den noch nicht verjährten Zeitraum mit dem Preis von z.B. 13.11.2002 berechnen und stellen?
- Immer vorausgesetzt, der (ur)alte Vertrag wurde noch nicht gekündigt oder einvernehmlich durch einen neuen Vertrag ersetzt.

berghaus 30.04.12
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Cremer am 30. April 2012, 14:26:00
Ich halte einen schriftlichen Widerspruch bei jeder Jahresrechnung, bei jeder Preisänderung und bei jeder AGB Änderung für notwendig.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Black am 30. April 2012, 14:31:01
@berghaus

Ich verstehe den BGH so, dass Sie gegen die Rechnung auf die Sie Ihre Rückforderungsansprüche stützen wollen auch Widerspruch eingelegt haben müssen.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 30. April 2012, 14:58:14
Zitat
Original von Cremer
Ich halte einen schriftlichen Widerspruch bei jeder Jahresrechnung, bei jeder Preisänderung und bei jeder AGB Änderung für notwendig.

Warum eigentlich bei einem Sondervertrag, bei dem die einbezogene Preisänderungsklausel unwirksam ist?
Der BGH sagt, einseitige Preiserhöhungen sind dabei unwirksam.
Unter bestimmten Voraussetzungen soll sich der Kunde auf diese Unwirksamkeit jedoch nachträglich nicht mehr berufen können.


Zitat
Original von Black
Ich verstehe den BGH so, dass Sie gegen die Rechnung auf die Sie Ihre Rückforderungsansprüche stützen wollen auch Widerspruch eingelegt haben müssen.

Es kommt wohl allein auf einen Erstwiderspruch an, durch den der Versorger jedenfalls bereits alle ausreichende Veranlassung gehabt haben soll, eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Erwägung zu ziehen.  War ein solcher Erstwiderspruch erfolgt, kommt es demnach auf weitere Widersprüche nicht mehr an. Der maßgebliche Erstwiderspruch kann auch erst noch nach Vertragsbeendigung erfolgen.

Zitat
BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 Rn. 37 f.

Der Kläger kann der Berechnung des Rückforderungsanspruchs nicht den im Jahre 1981 vereinbarten Ausgangspreis von 2,15 ct/kWh zugrunde legen und somit die Unwirksamkeit sämtlicher Preiserhöhungen seit Vertragsbeginn geltend machen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger erstmals mit Schreiben vom 21. Februar 2009 und damit nach Beendigung des Vertrages den Preiserhöhungen widersprochen. Während der gesamten Vertragslaufzeit über einen Zeitraum von 27 Jahren hat der Kläger die Preiserhöhungen und Jahresabrechnungen ohne Beanstandungen hingenommen und damit der Beklagten keine Veranlassung gegeben, eine Beendigung des (Norm-)Sonderkundenverhältnisses - etwa mit dem Ziel eines Übergangs in das Grundversorgungsverhältnis (vgl. dazu Senatsurteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO; Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZR 333/10, juris, Rn. 8; jew. mwN) - in Erwägung zu ziehen. Die Beklagte kann somit nicht an dem bei Vertragsschluss vereinbarten Preis festgehalten werden.

Welchen Arbeitspreis der Kläger seinem Rückforderungsanspruch zugrunde legen kann, hängt davon ab, wann dem Kläger die einzelnen Jahresabrechnungen der Beklagten zugegangen sind und gegen welche darin enthaltenen Preiserhöhungen der Widerspruch des Klägers vom 21. Februar 2009 somit noch rechtzeitig erfolgt ist. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

Zitat
BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 93/11 Rn. 32 f.

a) Der Beklagte wendet sich gegen die Berechnung des Zahlungsanspruchs der Klägerin, indem er sich allgemein auf die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel und damit auf eine Fortgeltung des im Jahre 1998 vereinbarten Ausgangspreises von 4,8645 Pfennig pro Kilowattstunde beruft. Der Beklagte hat den von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen aber erstmals mit Schreiben vom 12. Juli 2005 widersprochen und erst danach erhebliche Rechnungsbeträge nicht bezahlt. Während einer vorausgegangenen Vertragslaufzeit von über sieben Jahren hat der Beklagte die Preiserhöhungen und Jahresabrechnungen dagegen ohne Beanstandungen hingenommen, so dass für den Energieversorger zuvor keine Veranlassung bestanden hat, eine Beendigung des (Norm-)Sondervertragskundenverhältnisses in Erwägung zu ziehen. Die Klägerin kann mithin nicht an dem bei Vertragsschluss vereinbarten Preis festgehalten werden.

b) Welchen Arbeitspreis die Klägerin ihrem Zahlungsanspruch zugrunde legen kann, hängt davon ab, wann dem Beklagten die einzelnen Jahresabrechnungen der Klägerin zugegangen sind und gegen welche der darin enthaltenen Preiserhöhungen der Widerspruch des Beklagten vom 12. Juli 2005 somit noch rechtzeitig innerhalb der bezeichneten Dreijahresfrist erfolgt ist. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

Zitat
BGH, Urt. v. 22.02.12 Az. VIII ZR 34/11 Rn. 31

Der Kläger hat bereits im Januar 2005 gegen die vorausgegangene Preiserhöhung der Beklagten zum 1. Oktober 2004 Widerspruch erhoben. Für die Beklagte bestand deshalb Anlass, eine Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Vertrages - etwa mit dem Ziel des Übergangs in ein Tarifkundenverhältnis - in Betracht zu ziehen, um auf diese Weise einer unbefriedigenden Erlössituation zu begegnen. Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber anführt, der Kläger habe sich in seinem Widerspruchsschreiben nur gegen die Billigkeit gewandt, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. September 2011 - VIII ZR 14/11, juris Rn. 7, und 25/11, juris Rn. 6, sowie vom 27. September 2011 - VIII ZR 5/11 und VIII ZR 12/11, juris Rn. 6).
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 30. April 2012, 20:02:48
Zitat
BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 93/11 Rn. 34:

Anders als die Revision meint, kommt eine noch weitergehende Vertragsauslegung dahin, dass der Beklagte sich auch auf die Unwirksamkeit späterer Preiserhöhungen nicht berufen könne, weil die Klägerin vor Ende des Jahres 2009 keinen Anlass zur Kündigung des Versorgungsvertrages gehabt habe, nicht in Betracht. Der vom Beklagten mit Schreiben vom 12. Juli 2005 erhobene Widerspruch hat vielmehr auch alle ihm zeitlich nachfolgenden Preiserhöhungen erfasst. Hierin hatte der Beklagte deutlich gemacht, dass er mit den Preiserhöhungen nicht einverstanden war, und sich vorbehalten, auch die Billigkeit des von ihm für angemessen gehaltenen Erhöhungsbetrages gerichtlich prüfen zu lassen sowie Überzahlungen zurückzufordern. Das zeigt, dass es dem Beklagten nicht nur darauf ankam, von der Klägerin einen Billigkeitsnachweis zu erhalten, sondern dass er gegebenenfalls die Berechtigung der Klägerin, einen bestimmten Preis zu verlangen, in vollem Umfang gerichtlich nachprüfen lassen wollte. Dies wiederum gab der Klägerin Anlass, nunmehr eine Beendigung des mit dem Beklagten bestehenden (Norm-)Sonderkundenverhältnisses in Erwägung zu ziehen.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Kampfzwerg am 30. April 2012, 20:28:30
off topic
@ RR-E-ft
Dass Sie meine Beiträge nicht nachvollziehen können, erscheint mir mehr als nur offensichtlich. Belassen wir es freundlicherweise dabei.


on topic
Zitat
Original von RR-E-ft
Es kommt wohl allein auf einen Erstwiderspruch an, [   ]  War ein solcher Erstwiderspruch erfolgt, kommt es demnach auf weitere Widersprüche nicht mehr an.
Dieses Argument wurde bereits vor den Urteilen des BGH vom 14.03.12 vom LG Kleve vertreten, um alle nachfolgenden Preisänderungen außer Kraft zu setzen.

P.S. Entsprechendes galt für den Beitrag von RR-E-ft von 20:02 Uhr
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: uwes am 01. Mai 2012, 11:45:58
Ich möchte mich eigentlich mehr mit der vom VIII Zivilsenat betonten - zunächst offen gelassenen aber jetzt gefüllten - \"Lücke\" in seiner Rechtsprechung befassen.
Es wird nämlich auch ausdrücklich ausgeführt,
Zitat
Offen gelassen hat der Senat die - im Streitfall entscheidungserhebliche - Frage, ob eine nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges dann anzunehmen ist, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht (Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 52). Das ist - wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage (VIII ZR 113/11 unter II 3 b - e) näher ausgeführt hat - zu bejahen.

Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung, wonach zunächst bei unwirksamer Preisklausel und einer hierdurch entstehenden Regelungslücke die Prüfung erfolgen muss, ob überhaupt im Einzelfall eine erhebliche Verschiebung des Vertragsgefüges zugunsten des Verbrauchers vorliegt, nicht geändert oder aufgehoben.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: berghaus am 01. Mai 2012, 16:24:42
Zitat
Original von RR-E-ft
Es kommt wohl allein auf einen Erstwiderspruch an, [ ] War ein solcher Erstwiderspruch erfolgt, kommt es demnach auf weitere Widersprüche nicht mehr an.
Hierzu noch ein schönes Beispiel:

Ein Kunde, nämlich ich, hat am 20.08.2001 Widerspruch gegen die Gasabrechnung vom 26.07.2001 für den Zeitraum 24.05.00 – 23.5.01 erhoben mit folgenden Worten:

„…….Aus der Rechnung des Vorjahres ergab sich bei 2.614,10 DM für 47.471 kWh ein Preis von 0,055 DM/kWh. Aus der neuen Rechnung ergibt sich bei…….. ein Preis von 0,080 DM. Das ist eine Erhöhung von 45 %.
Das halte ich für Wucher unter Ausnutzung einer Monopolstellung!
Ich bitte die Abrechnung zu überprüfen und angemessene Arbeitspreise zugrunde zu legen. ….“.

Daraus wurde natürlich nichts! -- Monopol ist Monopol! --

Erst im Jahr 2006 hatte ich die Gasrebellion entdeckt und im Juni Widerspruch gegen die Jahresrechnungen 2005 und 2006 erhoben.

Hier meine Preise: jeweils Arbeitspreis in Ct/kWh//Grundpreis in EUR

Vertrag vom 09.091975: Vertragspreis 1,0553/92,03

Widerspruch 20.08.2001: Anfangspreis der Rechnung vom 18.06.00 ab 19.05.99 1,8509/168,73 ( der Preis lag niedriger als der der Jahresrechnung vom 09.06.1999 und der der Jahresrechnungen 1995 – 1998, deren Preiserhöhungen ich nicht mehr beanstanden können soll.)

Widerspruch 24.06.2006: Endpreis der R. vom 10.6.03 3,3624/144,00 (= Preis 2003/2004 und Preis bis 30.09.04)

Das Schönste daran:

Der Vertrag ist noch nicht gekündigt und läuft nach einer schriftlichen Kündigung mit dreimonatiger Kündigungsfrist immer bis zum Jahresende. Das ist allerdings meine Meinung und nicht die des Versorgers! - – Freue mich immer auf Ende September!

Außerdem habe ich ab 2006 zunächst maßvoll und dann kräftig gekürzt, so dass sich jetzt (endlich?) höhere Einbehaltungsbeträge ergeben als bei meinen Rechnungen mit dem Preis von 1975.

Ein nun mögliche Aufrechnung höherer Einbehaltungen (,weil ich nicht mehr mit dem Preis von 1975 rechnen darf,) mit nun höheren berechtigten Nachforderungen des Versorgers, scheitert wahrscheinlich daran, dass diese für den Zeitraum bis 2008 verjährt sind.
Das muss ich noch mal durchrechnen!

Was sonst noch geschah, kann man in meinen Beiträgen nachlesen.

berghaus 01.05.12
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 01. Mai 2012, 20:26:12
@berghaus

Dieser Bereich des Forums nennt sich \"Grundsatzfragen\" und ist deshalb gerade nicht dazu gedacht, dass nun jeder seine eigene Lebensgeschichte an dieser Stelle ausbreitet. Was sonst noch geschah, ist an dieser Stelle eher uninteressant.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: berghaus am 02. Mai 2012, 00:32:51
Zitat
von RR-E-ft Was sonst noch geschah, ist an dieser Stelle eher uninteressant.

Genau darum habe ich es hier nicht ausgebreitet.

Ich bin aber schon der Meinung, dass die rein juristische Diskussion durch Beispiele aus der Praxis begleitet werden sollte.

Ausgangspunkt dieses Threads war h\'bergers Frage:

\"Wie sind diese beiden Urteile in der Praxis anzuwenden?\"

An Hand der Beispiele hat sich eine durchaus kontroverse Diskussion entwickelt, wobei die Beispiele dem juristisch nicht so gefuchsten Leser eher Klarheit bringen als Satzgebilde mit dreifacher Verneinung. ( z.B.nicht wirksam einbezogene unwirksame Klausel, soll sich auf die Unwirksamkeit nicht berufen können).

Für mich selbst erwarte ich durch die Darstellung und Bewertung der Ereignisse sowie der Beschreibung des weiteren Vorgehens Zustimmung oder Widerspruch. Meine aufgedeckten Denkfehlern (s.o.) tragen dazu bei, dass auch andere Forumsteilnehmer.
den Sachverhalt besser verstehen und richtig handeln können.

Mag sein, dass sonst niemand hier im Forum schon vor mehr als 10 Jahren die Gaspreise \'beanstandet\' hat mit der Folge, dass ein Gaspreis aus dem vorigen Jahrhundert heute noch gilt.

Vielleicht muss der BGH da noch mit einer Ergänzung zur ergänzenden Vertragsauslegung nachbessern, damit es den Versorger nicht zu hart trifft.

berghaus 02.05.12
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: bolli am 02. Mai 2012, 07:07:38
Zitat
Original von berghaus
Mag sein, dass sonst niemand hier im Forum schon vor mehr als 10 Jahren die Gaspreise \'beanstandet\' hat mit der Folge, dass ein Gaspreis aus dem vorigen Jahrhundert heute noch gilt.
Sie haben es doch schon selbst richtig vermutet. Da die große Protestbewegung erst ca. 2004 begann, dürfte Ihr Fall eher ein Sonderfall sein und nicht als \"Grundsatz\" taugen.

Zitat
Original von berghaus
Vielleicht muss der BGH da noch mit einer Ergänzung zur ergänzenden Vertragsauslegung nachbessern, damit es den Versorger nicht zu hart trifft.
Ich vermute mal, dass die Versorger über solche Fälle GERADE SO hinweg kommen, zumal sie in den letzten Jahren ja teilweise ERHEBLICHE Rückstellungen für diese Zwecke gebildet haben.  ;)

Des weiteren war die BGH-Rechtsprechung gerade keine ergänzende Vertragsauslegung, die der BGH meines Wissens auch weiterhin an dieser Stelle verneint. Lediglich soll die Rückwirkung eines erstmaligen Widerspruchs auf drei Jahre begrenzt sein und nicht bis an den Vertragsanfangspreis gehen, auch wenn eine unwirksame Preisanpassungsklausel in den Vertrag einbezogen wurde.  Zu einer nicht wirksam in den Vertrag einbezogenen Klausel wurde in diesen Fällen nichts gesagt und nur da wäre die Frage der ergänzenden Vertragsauslegung relevant, da dann eben keine Preisanpassungsvereinbarung getroffen worden wäre und zu überlegen wäre, ob man dafür eine ergänzende Vertragsauslegung vornehmen müsste. Aber da sind auch noch andere Überlegungen anzustellen. Das nur zur Klarstellung.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Mai 2012, 08:53:57
Zitat
Original von berghaus
 ( z.B.nicht wirksam einbezogene unwirksame Klausel, soll sich auf die Unwirksamkeit nicht berufen können).

Die ergänzende Vertragsauslegung, wonach sich der Sondervertragkunde nach gewissem Zeitablauf nachträglich nicht mehr auf die Unwirksamkeit einzelner Preisänderungen berufen können soll, betrifft ausschließlich Sonderverträge, in die überhaupt eine Preisänderungsklausel wirksam einbezogen wurde, die sich jedoch bei ihrer Inhaltskontrolle als unwirksam erweist.


Zitat
Original von bolli

Des weiteren war die BGH-Rechtsprechung gerade keine ergänzende Vertragsauslegung, die der BGH meines Wissens auch weiterhin an dieser Stelle verneint. Lediglich soll die Rückwirkung eines erstmaligen Widerspruchs auf drei Jahre begrenzt sein und nicht bis an den Vertragsanfangspreis gehen, auch wenn eine unwirksame Preisanpassungsklausel in den Vertrag einbezogen wurde.

@bolli

Nur zur Klarstellung:

Die beiden Urteile vom 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 und VIII ZR 93/11 enthalten jeweils ausdrücklich eine ergänzende Vertragsauslegung und zwar jeweils mit der Bergründung, dass in die Sonderverträge eine Preisänderungsklausel einbezogen war, die sich bei ihrer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB als unwirksam erweist. Die ergänzende Vertragsauslegung  erfolgte ausdrücklich nur deshalb,  weil in die Verträge eine Preisänderungsklausel einbezogen worden war.

Diese ergänzende Vertragsauslegung kann bei Sonderverträgen, in die keine Preisänderungsklausel einbezogen wurde, nicht angewandt werden.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: bolli am 02. Mai 2012, 12:48:24
Zitat
Original von RR-E-ft
@bolli

Nur zur Klarstellung:

Die beiden Urteile vom 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 und VIII ZR 93/11 enthalten jeweils ausdrücklich eine ergänzende Vertragsauslegung und zwar jeweils mit der Bergründung, dass in die Sonderverträge eine Preisänderungsklausel einbezogen war, die sich bei ihrer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB als unwirksam erweist. Die ergänzende Vertragsauslegung  erfolgte ausdrücklich nur deshalb,  weil in die Verträge eine Preisänderungsklausel einbezogen worden war.

Diese ergänzende Vertragsauslegung kann bei Sonderverträgen, in die keine Preisänderungsklausel einbezogen wurde, nicht angewandt werden.
Sorry, da hatte sich bei mir wohl was falsch \"festgesetzt\". Gut das es jetzt (zumindest für mich) geklärt ist.   8)
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: berghaus am 02. Mai 2012, 12:50:00
Welcher Preis ist denn dann der Berechnung zugrunde zu legen, wenn es keine Preisanpassungsklausel gibt, weil z.B. zu der Zeit des Vertragsabschlusses eine solche in den AGBs vorhandene nicht wirksam einbezogen wurde?

Gibt es da schon Urteile oder müssen wir noch auf ein BGH-Urteil warten?

berghaus 02.05.12
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Mai 2012, 13:02:09
Wurde bei Abschluss eines Sondervertrages oder später eine Preisanpassungsklausel nicht einbezogen, sind alle einseitigen Preiserhöhungen nach Vertragsabschluss unwirksam. Für eine ergänzende Vertragsauslegung des Inhaltes, wie sie in den Urteilen vom 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 und VIII ZR 93/11 wegen einer einbezogenen Preisänderungsklausel erfolgte, ist dabei jedenfalls kein Raum. Mangels wirksamer Änderungsvereinbarung (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.12 Az. VIII ZR 34/11) wird wohl bis zur Vertragsbeendigung der Preis weiter Geltung beanspruchen, der bei Abschluss eines solchen Sondervertrages ohne Preisanpassungsklausel vereinbart wurde, § 433 Abs. 2 BGB.  Wer diesbezüglich auf ein BGH- Urteil warten wollte, wartet damit laufend die weitere regelmäßige Verjährung seiner Rückforderungsansprüche ab. Dass Rückforderungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB der regelmäßigen - dreijährigen -  Verjährung unterliegen, ist bekannt. Ein Urteil über eigene Rückforderungsansprüche setzt bekanntlich die Erhebung einer eigenen zulässigen und begründeten Rückforderungsklage voraus. Ohne Klage gibt es kein Urteil, schon gar nicht vom BGH, § 308 Abs. 1 ZPO.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: jofri46 am 02. Mai 2012, 17:21:40
BGH-Urteil vom 22.02.2012 - VIII ZR 34/11
Gasbezug seit 1979. Mit der Revision verfolgte der Kunde (lediglich) seinen Klageantrag zu 2), Höhe der Abschlagszahlungen, und Klageantrag zu 1), Unwirksamkeit der Preisänderungen ab 2004, weiter (Urteil, Rz 6). Und nur dazu hat der BGH entschieden (Rz 40).

BGH-Urteil vom 14.03.2012 - VIII ZR 113/11
Gasbezug seit 1981. Die Urteilsgründe (Rz 23 ff.) lassen sich m. E. auf alle langjährigen Gasversorgungsverhältnisse übertragen, unabhängig davon, ob eine Preisänderungsklausel einbezogen wurde oder nicht. In beiden Fällen ist \"eine nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges anzunehmen\", wollte man den anfänglichen Vertragspreis zugrunde legen.

Als Kunde mit einem Sondervertrag aus 1984 ziehe ich jedenfalls nicht mit dem Anfangspreis in den Krieg, sondern ab dem Zeitpunkt meines Erstwiderspruches, die Preiserhöhungen ab 2004 betreffend.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Mai 2012, 17:57:48
@jofri46

Die Entscheidung vom 22.02.12 Az. VIII ZR 34/11 [Rn. 24, 29) stellt auch für einen Sondervertrag, in den eine Preisanpassungsklausel nicht einbezogen wurde, deutlich heraus, dass Änderungen am Vertrag nur durch Änderungsvereinbarungen (zwei übereinstimmende Willenserklärungen) erfolgen konnten und weshalb solche dort gerade nicht vorlagen.

Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Urteil vom 14.03.12 Az. VIII ZR 93/11 (Rn. 22 f.).

Zitat
BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 93/11, juris Rn. 22 f.

Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - ebenfalls zu Recht angenommen, dass weder in der Zahlung der Abrechnungsbeträge noch in dem Weiterbezug von Gas eine konkludente Zustimmung des Beklagten zur Erhöhung der Gaspreise gesehen werden kann.

Eine Vertragsänderung bedarf entsprechender übereinstimmender Willenserklärungen der vertragschließenden Parteien. Hier fehlt es schon an einem entsprechenden Vertragsangebot der Klägerin. Aus der maßgeblichen Sicht des Kunden lässt sich der Übersendung einer Jahresabrechnung, die einseitig erhöhte Preise ausweist, nicht der Wille des Versorgungsunternehmens entnehmen, eine Änderung des Versorgungsvertrages hinsichtlich des vereinbarten Preises herbeizuführen (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 57 mwN).

Zitat
Original von jofri46

BGH-Urteil vom 14.03.2012 - VIII ZR 113/11
Gasbezug seit 1981. Die Urteilsgründe (Rz 23 ff.) lassen sich m. E. auf alle langjährigen Gasversorgungsverhältnisse übertragen, unabhängig davon, ob eine Preisänderungsklausel einbezogen wurde oder nicht. In beiden Fällen ist \"eine nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges anzunehmen\", wollte man den anfänglichen Vertragspreis zugrunde legen.

M.E. geht das bei Lichte betrachtet gerade nicht.

Schließlich ist zunächst nach einer Vertragslücke zu fragen und danach, wie diese zustande kommen soll. Erst wenn eine solche Vertragslücke festgestellt wurde, stellt sich die weitere Frage, ob es etwaig dadurch zu einer unzumutbaren Verschiebung des Vertragsgleichgewichts/ unzumutbaren Härte kommt. Und erst wenn auch eine solche dadurch bewirkte Unzumutbarkeit  festgestellt wurde, stellt sich danach noch die weitere Frage, wie eine solche Lücke nach dem hypothetischen Parteiwillen geschlossen werden kann bzw. sollte.  

Die Begründung des Urteil vom 14.03.12 Az. VIII ZR 93/11 für die ergänzende Vertragsauslegung (Rn. 25) verweist auf das Urteil vom selben Tage Az. VIII ZR 113/11 unter II 3.

Zitat
BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 93/11, juris Rn. 25:

Beide Parteien waren sich bei Vertragsschluss einig, dass der vereinbarte (Anfangs-)Preis nur zu Beginn des Versorgungsverhältnisses gelten und bei späteren Änderungen der Preise auf dem Wärmemarkt ein anderer Preis geschuldet sein sollte. Da die von ihnen vereinbarte Preisänderungsklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht standhält, ist im Regelungsplan der Parteien eine Lücke eingetreten (Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 113/11 unter II 3 mwN, zur Veröffentlichung bestimmt).

In der Begründung zum Urteil vom 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 unter II 3 (Rn. 20) wird jedoch ganz deutlich, dass die dort vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung nur dem Umstand Rechnung tragen soll, dass eine Preisänderungsklausel einbezogen wurde, die sich als unwirksam erweist.

Zitat
BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 Rn. 20 f.:

Beide Parteien waren sich bei Vertragsschluss einig, dass der vereinbarte (Anfangs-)Preis nur zu Beginn des Versorgungsverhältnisses gelten und bei späteren Änderungen der allgemeinen Tarife ein anderer Preis geschuldet sein sollte. Denn die Aufnahme eines Preisänderungsrechts zeigt den Willen der Parteien, dass der Kunde - und nicht das Versorgungsunternehmen - Preisänderungen tragen soll, die etwa auf Veränderungen der Brennstoffbezugskosten oder der Lohn- und Materialkosten zurückgehen. Aus der Aufnahme einer Preisänderungsklausel bei Vertragsschluss wird deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, dass Preisänderungen im Laufe des auf unbestimmte Zeit angelegten Bezugsverhältnisses zu erwarten sind und deshalb der Gefahr einer zukünftigen Äquivalenzstörung in angemessener Weise zu begegnen ist. Da die von den Parteien vereinbarte Preisänderungsklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht standhält, ist daher im Regelungsplan der Parteien eine Lücke eingetreten (vgl. Senatsurteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 74, und VIII ZR 106/83, juris Rn. 27).

Diese Lücke im Vertrag ist im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB in der Weise zu schließen, dass der Kläger die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.


Diese Begründung kann wohl jedenfalls  nicht herangezogen werden, wenn ein Preisänderungsrecht überhaupt nicht vereinbart wurde, eine Preisanpassungsklausel nicht in den Vertrag einbezogen wurde. Denn ohne Vereinbarung einer Preisänderungsklausel konnte sich auch nicht aus deren Unwirksamkeit eine entsprechende Vertragslücke ergeben.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: jofri46 am 03. Mai 2012, 19:24:39
RR-E-ft

Ich sehe die Urteilsgründe des BGH in der Entscheidung vom 14.03.2012, Rn 23 ff. weniger unter dem Gesichtspunkt einer ergänzenden Vertragsauslegung als vielmehr allgemeingültige Erwägungen bei langjährigen Gasversorgungsverhältnissen, die, ob nun mit oder ohne Anpassungsklausel, jahrzehntelang unbeanstandet mit stetigen Preisänderungen durchgeführt wurden, sich der Kunde plötzlich mit einem Erstwiderspruch meldet und den inzwischen jahrzehntealten anfänglichen Vertragspreis zugrunde legen will. Da wird man dann die §§ 241 Abs. 2, § 242 BGB entgegenhalten können.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 04. Mai 2012, 09:55:26
Zitat
Original von jofri46
RR-E-ft

Ich sehe die Urteilsgründe des BGH in der Entscheidung vom 14.03.2012, Rn 23 ff. weniger unter dem Gesichtspunkt einer ergänzenden Vertragsauslegung als vielmehr allgemeingültige Erwägungen bei langjährigen Gasversorgungsverhältnissen, die, ob nun mit oder ohne Anpassungsklausel, jahrzehntelang unbeanstandet mit stetigen Preisänderungen durchgeführt wurden, sich der Kunde plötzlich mit einem Erstwiderspruch meldet und den inzwischen jahrzehntealten anfänglichen Vertragspreis zugrunde legen will. Da wird man dann die §§ 241 Abs. 2, § 242 BGB entgegenhalten können.


@jofri46

Allgemeingültig aus der Entscheidung vom 14.03.2012 Az. VIII ZR 93/11 Rn. 23 ist, dass es ohne Vertragsänderungen durch übereinstimmende Willenserklärungen nach Vertragsabschluss keine Änderungen am Vertrag gab.

Der Senat sieht es, anders als man aus dem Pressecho am 14.03.2012 vermuten konnte,  deutlich differenziert.

Das Urteil vom 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 wurde heute in juris veröffentlicht. (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=60155&pos=8&anz=688)

Der Senat hat darin einen Leitsatz gebildet.

Zitat
Eine infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel nach § 307 BGB entstehende planwidrige Regelungslücke in einem Energieversorgungsvertrag mit einem (Norm-)Sonderkunden kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) dahingehend geschlossen werden, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.

Dieser Leitsatz macht nochmals deutlich, worauf sich diese Lösung nur bezieht und angewendet werden kann.

Es kommt darauf an, dass eine Preisänderungsklausel vereinbart wurde, die sich als unwirksam erweist, wodurch eine planwidrige Regelungslücke entsteht, die durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann.

Wurde bei Vertragsabschluss keine Preisänderungsklausel vereinbart, besteht und entsteht eine solche planwidrige Regelungslücke schon nicht.

Für einen Vertrag, der keine planwidrige Regelungslücke enthält, und der  der nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen nachträglich abgeändert wurde, gilt der Grundsatz pacta sunt servanda.

Erst recht, wenn  keine Preisänderungsklausel vereinbart wurde, hat der betroffene Kunde dem Grunde nach einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Gaspreiserhöhungen  gezahlten Erhöhungsbeträge (vgl. BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11, juris Rn. 19). Eine Beschränkung dieses Rückforderungsanspruches der Höhe nach ergibt sich aus den Senatsentscheidungen  vom 14.03.12 jedenfalls nicht, wenn keine Preisänderungsklausel vereinbart wurde.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: jofri46 am 05. Mai 2012, 13:19:10
RR-E-ft

Ich habe mich auf Rn 23 ff. bezogen. Das schließt die folgenden, insbesondere Rn 26, mit ein. Die Ausführungen dort haben Sie an anderer Stelle als generelle Betrachtung des BGH bezeichnet. Genau das habe ich mit \"allgemeingültige Erwägungen\" gemeint. Die Ausführungen des BGH unter Rn 26 enthalten keinen Bezug auf ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis mit Preisanpasungsklausel.
Titel: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Mai 2012, 20:58:18
@jofri46

Man muss es wohl im Kontext lesen.  BGH Az. VIII ZR 113/11 Rn. 26 befasst sich mit der Frage, ob diejenige planwidrige Regelungslücke, welche durch die Unwirksamkeit einer vereinbarten Preisänderungsklausel entsteht, eine unzumutbare Verschiebung des Vertragsgefüges bewirkt.

An anderer Stelle (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=92926#post92926) wurde ausgeführt, dass der BGH dazu anders als das LG Köln in der Vorsintanz sich weder mit der Frage befasst hatte, ob der Tatsachenvortrag hinsichtlich der Umstände, welche das Vorliegen einer völlig einseitigen Verschiebung des Vertragsgefüges bzw. einer unbilligen Härte begründen sollten, im konkreten Verfahren verspätet war, noch ob dieser Vortrag im konkreten Fall überhaupt hinreichend war, um eine solche unzumutabre Verschiebung des Vertragsgefüges  festzustellen.

Der BGH hat scheinbar losgelöst vom konkreten Parteivortrag im konkreten Verfahren diese Frage des Vorliegens einer durch die Unwirksamkeit einer vereinbarten Presiänderungsklausel entstandenen planwidrige Regelungslücke bewirkten völlig einseitigen Verschiebung des Vertragsgefüges beurteilt und festgestellt.

Wenn keine Preisänderungsklausel vereinbart wurde, entspricht es in der Regel dem Regelungsplan, dass der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis für die gesamte Vertragsdauer gilt, der Preis jedenfalls nur durch gesonderte, wirksame  vertragliche  Änderungsvereinbarung nachträglich abgeändert werden kann.

Allenfalls ließe sich wohl die Frage stellen, ob auch durch eine gem. § 305 Abs. 2 BGB unwirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel eine planwidrige Regelungslücke im Vertrag entsteht; ob diese Frage  ähnlich zu beurteilen ist wie bei der Unwirksamkeit einer vereinbarten Preisänderungsklausel.

Damit befassen sich die Entscheidungen vom 14.03.12 jedoch nicht.
Titel: Re: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: Christian Guhl am 24. April 2013, 17:08:46
Die Urteile betreffen nur solche Sonderverträge, in die überhaupt wirksam eine Preisänderungsklausel einbezogen wurde (BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 Rn. 20). Wurde in einen Sondervertrag eine Preisänderungsklausel schon nicht  wirksam einbezogen, können die Grundsätze nicht greifen.
Das sehen manche Versorger anders. Auszug aus einer Klageschrift :"Ausweislich der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14.03.2012 (VIII ZR 113/11 und VIII ZR 93/11) kann ein Kunde im Ergebnis die Unwirksamkeit oder das Fehlen von Preisanpassungsklauseln Preisanpassungen nicht mehr entgegenstellen, wenn er nicht innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung.....diese beanstandet hat."
Titel: Re: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
Beitrag von: RR-E-ft am 24. April 2013, 20:36:32
Für die gegenteilige Ansicht gibt es in der Entscheidung des BGH keine Stütze, weil diese ergänzende Vertragsauslegung gerade eine planwidrige Regelungslücke zur Voraussetzung hat, die sich daraus ergibt, dass ursprünglich eine Preisänderungsklausel vereinbart wurde, die sich jedoch als unwirksam erweist. Wurde keine Preisänderungsklausel einbezogen, so besteht von Anfang an  im Vertragsgefüge keine planwidrige Regelungslücke, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden kann.


Zitat
BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11, juris Rn. 20:

Beide Parteien waren sich bei Vertragsschluss einig, dass der vereinbarte (Anfangs-)Preis nur zu Beginn des Versorgungsverhältnisses gelten und bei späteren Änderungen der allgemeinen Tarife ein anderer Preis geschuldet sein sollte.

Denn die Aufnahme eines Preisänderungsrechts zeigt den Willen der Parteien, dass der Kunde - und nicht das Versorgungsunternehmen - Preisänderungen tragen soll, die etwa auf Veränderungen der Brennstoffbezugskosten oder der Lohn - und Materialkosten zurückgehen. Aus der Aufnahme einer Preisänderungsklausel bei Vertragsschluss wird deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, dass Preisänderungen im Laufe des auf unbestimmte Zeit angelegten Bezugsverhältnisses zu erwarten sind und deshalb der Gefahr einer zukünftigen Äquivalenzstörung in angemessener Weise zu begegnen ist.

Da die von den Parteien vereinbarte Preisänderungsklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht standhält, ist daher im Regelungsplan
der Parteien eine Lücke eingetreten (vgl. Senatsurteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 74, und VIII ZR 106/83, juris Rn. 27).