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Autor Thema: Schutzschrift (mit Hindernissen)  (Gelesen 4911 mal)

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Offline Wolfgang Giess

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Schutzschrift (mit Hindernissen)
« am: 12. Mai 2005, 11:00:33 »
1.   Nicht jedes Amtsgericht kann mit der Schutzschrift (gegen einstweilige Verfügung) etwas anfangen.
2.   Es kommt auf genaue Formulierungen an, sonst hat man doch Kosten.

Ich möchte nicht entmutigen. Die Kampagne wird aber nur Erfolg haben, wenn den Beteiligten nicht mehr Kosten entstehen als sie einsparen können. Dabei ist bei eher geringen Beträgen die Einschaltung eines Rechtsanwaltes nicht sinnvoll. Die Knackpunkte bei Formulierungen müssen aber bekannt sein.

Ich hatte eine Schutzschrift gegen der Erlass einer einstweiligen Verfügung zwecks Sperrung meines Gasanschlusses beim Amtsgericht in Darmstadt eingereicht (Jahresabrechnung für 2004 habe ich gekürzt überwiesen, offen ist ein Betrag von ca. 28 Euro).

http://forum.energienetz.com/viewtopic.php?t=987

Im Gespräch mit einem Amtsrichter, der mich angerufen hat, ergab sich für mich:

a) Das Amtsgericht geht davon aus, dass der Gasversorger keine einstweilige Verfügung beantragen wird und auch nicht bekommen würde, weil keine Eilbedürftigkeit vorliegt (dies sei in der Vergangenheit auch nie beantragt worden).

b) Der Gasversorger hat u.U. die Möglichkeit, mir den Hahn außerhalb meines Grundstücks anzudrehen. Dann muss ich dagegen klagen.

c) Ist dies nicht der Fall, werde ich Hausverbot erteilen, wenn der Gasversorger vor der Tür steht (ich wohne alleine im eigenen Haus). Daraufhin kann er klagen.

Leider habe ich in meiner Schutzschrift nicht explizit die Formulierung „Erlass einer einstweiligen Verfügung“ aufgenommen, sondern von eine andere Formulierung benutzt (s.u.). Daraufhin hat das Amtsgericht dies einer möglichen Klage zugeordnet und wird einen Streitwert mit entsprechenden Kosten (ca. 75 Euro) für mich festlegen. (Ob mein Antrag noch aus dem Ablauf im Amtsgericht genommen werden kann, war am Telefon nicht zu klären.).


Mein Schreiben an das Amtsgericht


An das
Amtsgericht

Darmstadt


Schutzschrift gegen die Sperrung des Gasanschlusses


Sehr geehrte Damen und Herren,

von der ENTEGA Vertriebs GmbH & Co. KG in Darmstadt habe ich mit Schreiben vom 26.04.2005 eine Sperrandrohung für meinen Gasanschluss erhalten (Anlage 1b). Diese ist jedoch rechtswidrig, weil nach dem Einwand der Unbilligkeit mit Schreiben vom 10.02.2005 (Anlage 2), eingegangen beim Versorger am selben Tag (Antwortschreiben s. Anlage 6), die Forderungen nach der Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 30.04.2003 (NJW 2003, 3131 ff.) nicht fällig sind und deshalb keine Versorgungseinstellung erfolgen darf.

Ich beantrage hiermit Schutz für den Fall, dass ENTEGA die Sperrung meines Gasanschlusses mit rechtlichen Mitteln durchsetzen will.

ENTEGA hat für das Jahr 2004 eine Nachzahlung von 312,56 Euro gefordert (Anlage 1a). Ich habe nach meinem Einwand der Unbilligkeit einen Betrag von 283,96 Euro überwiesen, dessen Eingang mit Schreiben vom 02.05.2005 bestätigt wurde (Anlage 7). Als strittiger Betrag verbleiben somit 28,60 Euro.

Den Schriftverkehr mit ENTEGA habe ich als Anlage beigefügt. Des weiteren erlaube ich mir, auf  weitere gerichtliche Entscheidungen in ähnlichen Fällen hinzuweisen (Anlage8).

Mit freundlichen Grüßen

Offline Harry01

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Schutzschrift (mit Hindernissen)
« Antwort #1 am: 12. Mai 2005, 11:34:42 »
Also das kann es jawohl nicht sein. In der Überschrift des Schreibens steht doch \"Schutzschrift gegen...\". Warum macht denn das Gericht daraus plötzlich eine Klage ? Wie wäre denn dieses Schreiben korrekt formuliert? Eigentlich sollten diese Vorgänge zum Grundwissen der Rechtspfleger gehören. Ich habe aber ähnliche Erfahrungen beim Gericht gemacht. Die wußten nicht einmal so richtig, ob man überhaupt eine einstweilige Verfügung gegen den Versorger beantragen kann. Da mußten die sich ertsmal schlau machen.

Offline RR-E-ft

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Schutzschrift (mit Hindernissen)
« Antwort #2 am: 12. Mai 2005, 12:34:48 »
@Wolfgang Giess

Man muss schon in die Schutzschrift schreiben, dass man eine einstweilige Verfügung des Versorgers (genaue Bezeichnung, Anschrift, Geschäftsführer)  auf Versorgungseinstellung besorgt.

Rechtliche Schritte können sowohl Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als auch Klage sein. Also haben Sie sich unklar ausgedrückt.

Ganz so einfach ist es auch nicht, weshalb ich zur Einschaltung eines Anwalts rate.


Ich hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Schutzschrift nicht zu beantragen, sondern lediglich bei Gericht zu hinterlegen ist.

Wo es keinen Antrag gibt, hat ein Gericht auch nichts zu entscheiden.

Erst wenn der Versorger eine einstweilige Verfügung beantragen sollte, hat der Richter sich überhaupt erst mit der Schutzschrift zu befassen.

Diese liegt deshalb allein auf der Geschäftsstelle und ist bis dahin gar keinem Richter vorzulegen.

Hierauf muss das Gericht jedoch Sie hinweisen und nicht umgekehrt.

Bei Unklarheiten hinsichtlich eines Schriftsatzes einer ersichtlich rechtsunerfahrenen Person ist nachzufragen, § 139 ZPO.

Merke: Wo kein Kläger (Antrag), da kein Richter (§ 308 ZPO)

Wenn das Gericht nichts zu entscheiden hat, entstehen auch keine Kosten für eine Entscheidung.


Wenn Gerichte selbst mit einer Schutzschrift nichts anfangen können, ist dies sehr traurig.


Verweisen Sie das Gericht deshalb dringend auf die Kommentierung Zöller/ Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 921 Rn. 1, § 937 Rn. 4, § 940 Rn.  8  \"Energielieferungen\".

Im Übrigen können Sie jederzeit eine neue Schutzschrift hinterlegen.

Schutzschrift gegen einstweilige Verfügung ohne Erfolg, heißt es allenfalls , wenn trotz Schutzschrift ohne mündliche Verhandlung eine einstweilige Verfügung des Versorgers erlassen wurde.

Sie sollten deshalb den Titel des Threads abändern.

Und auch dann ist noch nicht aller Tage Abend:

Wegen des vorsorglichen Widerspruches muss jedoch über die einstweilige Verfügung später noch in einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.

Aufgrund dieser kann die zunächst erlassene einstweilige Verfügung für den Verbraucher zugunsten des EVU auch wieder aufgehoben werden.  

Erst nach Abschluss einer solchen mündlichen Verhandlung durch Urteil kann also beurteilt werden, ob die Schutschrift ohne Erfolg war.

Unbesehen der Möglichkeit von Rechtsmitteln gegen Urteile.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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