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Autor Thema: Energiepreise/ Haushaltslöcher  (Gelesen 5151 mal)

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Offline RR-E-ft

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Energiepreise/ Haushaltslöcher
« am: 27. April 2005, 21:39:46 »
Ein Schreiben an den Jenaer OB, alle Stadtratsfraktionen und die Jenaer Stadtwerke vom 27.04.2005 nicht nur zum besonderen Verhältnis zwischen den Stadtwerken www.stadtwerke-jena.de und der E.on- Tochter TEAG www.teag.de im Zusammenhang mit der kommunalen  Haushaltslage




Sehr geehrte Damen und Herren,

wie sich  die Probleme doch überall gleichen.

Erfahrungen in der Stadt Ratingen mit den dortigen Stadtwerken:


http://www.ratinger-wochenblatt.de/ratingen/content/news/newsDetail.html?command=display&btUid=bt_NewsArticle&iDf_id=d583e45:d05c13:ff2576ab51:6d87


Auch in Jena mangelt es ersichtlich an der notwendigen Distanz zwischen den Stadtwerken und der TEAG sowie den Gasvorlieferanten.


Früher hatte die Geschäftsführung der Jenaer Stadtwerke - vollkommen zurecht - hierzu noch eine ganz andere Auffassung:

http://www.zfk.de/navframe/firm/98_11_jena.html

Das scheint alles vergessen zu sein.

Nun haben wir in Jena seit langem die höchsten Strompreise der Region.

Ein Markenprodukt \"TEAG- Strom\" nur eben mit falschem Etikett.
 
Hinter dem sich bisher jedoch auch keine Qualität verbirgt, wenn man bedenkt, dass das TEAG Netz in weiten Teilen marode und vollkommen überdimensioniert ist:

15 % des Mittelspannungsnetzes sind älter als 60 Jahre und stammen noch aus der Vorkriegszeit. Im TEAG - Mittelspannungsnetz existieren noch viele verschiedene Spannungsebenen, die teuere Umspannungen und Netzverluste bewirken. Selbst in Spitzenzeiten soll das TEAG- Netz nur zu einem Drittel ausgelastet sein. Bereits in diesem Jahr gab es bei der TEAG großräumige Stromausfälle bis zu einer Dauer vn 143 Minuten.
Nun wird endlich investiert, erneuert, ertüchtigt, zurückgebaut.

Aber nicht in Jena !!!

Das Stromnetz der Stadtwerke ist über drei Einspeisepunkte auf der 110-kV- Ebene mit dem TEAG- Netz verbunden.

Die Probleme der TEAG mit deren Mittelspannungsnetz wie auch die hohen Investitionskosten für die dringend notwendige Sanierung dieses Netzes sind glücklicherweise keine Kosten der Stromversorgung in Jena, wo der Strom zu einem großen Teil im HKW Winzerla erzeugt und sogleich im modernen UW Jena-Göschwitz in das Stadtwerke-Netz eingespeist wird.

Wie kommt es also, dass die Stadtwerke offensichtlich weder über eine eigene Preiskalkulation zu ihren Netznutzungsentgelten, noch zu den Strompreisen verfügen?

Letztere werden seit Jahr und Tag den Stadtwerken von der TEAG lediglich \"angesagt\", ohne dass auch nur noch irgend ein Jenaer darauf Einfluss nehmen könnte:

Kein Stadtwerke- Geschäftsführer, kein Aufsichtsrat, kein Oberbürgermeister, kein Stadtrat.

Oder möchte jemand glauben machen, er hätte bei der Preisgestaltung der TEAG tatsächlich ein Wort mitzureden?

Es kann jedoch wohl als gesichert gelten, dass die Preise eher in München bei der E.on Energie AG, denn überhaupt in Erfurt bei der TEAG bestimmt werden....  
 
Um welchen Preis wurden also die Jenaer Stromkunden an die Erfurter E.on- Tochter \"verkauft\"?

Kein Jenaer Einwohner  kann den Preis dafür ersehen und deshalb wissen, ob eine solche Entscheidung wirklich in seinem Sinne und im Interesse war oder ist oder ob es etwa über Wahlen einer Kurskorrektur bedurfte !!!

Wie soll denn bei solchen offensichtlichen Intransparenzen Demokratie funktionieren?

Nur vor Ort kann doch der Bürger überhaupt ein Gefühl dafür entwickeln, auf Entscheidungen vielleicht noch Einfluss nehmen zu können.

Hausgemachte Politikverdrosenheit also dadurch, dass die Bürger sich ohnmächtig in diesen Fragen wähnen ?!!!  

Alle Preise sind mit den TEAG- Preisen identisch, was offensichtlich nicht richtig sein kann, da die Stadtwerke ja glücklicherweise (noch?) ein vollständig eigenes Netz ihr Eigentum nennen.  

Auch müssen die Jenaer Stadtwerke keinen FC Rot- Weiß Erfurt mit 750.000 EUR im Jahr trotz Dopingfall unterstützen. Auch die weiteren umfangreichen Sponsoring- und Werbeaktivitäten der TEAG für \"TEAG- Strom\" und \"Thüringer Energie\", demnächst wohl \"E.on- neue Energie\"  können für die Jenaer Strompreise ersichtlich keine Rolle spielen. Auch ist keine \"Kriegskasse\" für einen Einstieg in das Thüringer Wassergeschäft anzusparen.

Jedenfalls dürfen solche Kosten für die Strompreise in Jena keine Rolle spielen !!!  

Man muss sich nicht lange mit der Materie befassen, um etwa als Aufsichtsratsmitglied kritische Fragen stellen zu müssen.
Ein verantwortlicher Aufsichtsrat wird gar nicht umhin kommen, sehr kritische Fragen zu stellen und sich nicht mit lauen Erklärungsversuchen abspeisen zu lassen, die da lauten könnten:

\"Die Jenaer Stadtwerke jonglieren nicht mit ihren Preisen.\"

Diese schriftliche  Aussage des OB vom letzten August hat mich nicht wirklich beruhigt, gab sie doch nur die Gewissheit, dass die Preise so hoch bleiben sollen.  

Auch bei den Gaspreisen  wähnt sich der Kunde nur einer  Propagandamschine des BGW ausgeliefert, wenn die drastischen Preiserhöhungen mit der angeblichen \"Notwendigkeit langfristiger Lieferverträge mit Ölpreisbindung\" begründet werden.
 
Diese Geschichte stammt ersichtlich von der E.on Ruhrgas, für die sich diese Version seit Jahr und Tag überaus bezahlt macht.

Das Bundeskartellamt stellt sowohl die Ölpreisbindung wie auch die kartellrechtliche Zulässigkeit langfristiger Verträge in Frage.  

Wenn die Stadtwerke- Mitarbeiter gegenüber den Kunden behaupten, eine solche Ölpreisbindung sei in den Importverträgen enthalten, so müssen sie wohl eingestehen, dass sie den Inhalt dieser Verträge gar nicht kennen können.

Es handelt sich offensichtlich um eine Glaubensfrage einer \"verschworenen Gemeinschaft\" der Gasversorger namens BGW:

http://www.bgw-kongress.de/detailansicht.php?id=458&a=veranstaltungen

Niemand außerhalb der Ruhrgas weiß bisher, ob es eine solche Bindung überhaupt gibt und zudem, wie diese ausgestaltet ist.

Bindung der Importpreise an welche Ölnotierung (welches Öl, welche Qualität, welcher Marktort) nach welcher Formel.

Man muss sich nicht mit der Materie befassen, um zu erkennen, dass \"die Russen\" jedenfalls kein Interesse daran haben könnten, den Preis für nach Deutschland geliefertes Erdgas an die Notierungen für leichtes Heizöl auf der \"Rheinschiene\" zu koppeln und dass diese Notierung auch nichts mit einem angeblichen \"regionalen Wettbewerb auf dem Thüringer Wärmemarkt\" zu tun haben kann.

Genau damit begründen jedoch die Stadtwerke die Preiserhöhungen und geben dabei vor, Preiserhöhungen der Vorlieferanten lediglich  \"1 : 1\" weiterzugeben.

Ihren Kunden verlangen die Stadtwerke die vertragliche Vereinbarung einer Ölpreisbindung an HEL \"Rheinschiene\" ab und stützen damit ein System, dass nach der Aussage des Präsidenten des Bundeskartellamtes den Anschein erweckt, als habe es die Wirkung eines Kartells. Vorsichtiger konnte sich der Mann wegen des Einflusses des Energiekonzerns nicht ausdrücken.

 
http://www.swr.de/betrifft/2005/04/04/index.html
http://www.bgw.de
http://www.bgw.de/de/bgw
http://www.bgw.de/de/bgw/fachausschuesse/fa_kartell-_und_energiewirtschaftsrecht

 
Und selbst ein Oberbürgermeister soll sich schon einmal für ein in Ostdeutschland  marktbeherrschendes Ferngasunternehmen stark gemacht haben, was in der Presse als \"unappetitlich\" bezeichnet wurde.


Was hindert die Stadtwerke also an einer preiswürdigen Energieversorgung der Jenaer Bevölkerung, wie es die Konzessionsverträge und das Energiewirtschaftsgesetz gebieten ?

Handelt es sich vielleicht bei den Energiepreisen längstens auch um \"versteckte Steuern\", die über die Jahre immer wieder erhöht wurden, weil hierzu keine ausdrückliche  \"Steuererhöhung\" erforderlich war, wie sie jeder Politiker verständlich vermeiden will ?!!

Nach den aktuellen Zeitungsberichten zu dem Geschiebe zum Jenaer Haushalt und insbesondere zur \"Melkkuh Stadtwerke\", der einzig profitablen Gesellschaft im sog. Stadt- Konzern kann man wohl keinen anderen Eindruck gewinnen.  

Was ist dann aber mit \"Steuerfreibeträgen\" für einkommensschwache Bürger, für die der längstens mit den Energiepreisen mitbezahlte Besuch im \"GelaxSea\" wegen der unvermeidlichen Preiserhöhungen immer unerschwinglicher wird?

Es sind doch gerade Familien mit Kindern und auch Arbeitslose besonders von den hohen Energiepreisen betroffen, weil sie die Tage in ihrer Wohnung verbringen und deshalb besonders viel Strom und Wärme verbrauchen.

Wie \"sozial\" kann und darf  sich deshalb eine solche Politik nennen?

Und die Marketing- Sprüche der Stadtwerke

\"Wir für Jena und die Region\"?

Müssen diese nicht der Wahrheit halber um den Zusatz ergänzt werden
\" - ungefragt mit Eurem Geld\" ?!!!


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Cremer

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Energiepreise/ Haushaltslöcher
« Antwort #1 am: 28. April 2005, 09:43:08 »
Hallo Herr Fricke,

Sie treffen den Nagel auf den Kopf!!

Es herrschen bei uns die gleichen Probleme mit der \"Quersubventionierung\".

Eine Ausnahme allerdings, dass das Mittelspannungsnetz der RWE als Vorlieferant der Stadtwerke nicht (so??) marode ist.

Man könnte in Ihrem Brief das Wort \"Jenaer Stadtwerke\" gegen \"Stadtwerke Kreuznach\" austauschen. Anstatt \"Gelaxsea\" heißt es bei uns \"Kreuznacher Badgesellschaft\".

Es ist aber noch schlimmer!! Die Holding \"Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach GmbH & CoKG (BGK)\" zu 100% im Besitz der Stadt, verfügt nur über eine positive Einnahme aus den Stadtwerken. Gemäß eines Gewinnabführungsvertrages wurden 2003 insgesamt 3,657 Mio Euro von 6,2 Mio Euro Gesamtgewinn der Stadtwerke in die BGK transferiert, um damit alle anderen diffizitären Betriebe wie Betriebsgesellschaft Bäder, Bäderverwaltungsgesellschaft, Parkplatz und Parkhaus gmbH, Kurmittelproduktionsgesellschaft, Kurmittelverwaltungsgesellschaft, Tourismus und Marketing zu finanzieren.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
www.bifep-kh.de
gerd@cremer-kreuznach.de

 

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