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Autor Thema: Stadtwerke wollen Gaskunden verklagen  (Gelesen 5369 mal)

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Offline RR-E-ft

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Stadtwerke wollen Gaskunden verklagen
« am: 28. Februar 2008, 17:05:17 »
Stadtwerke wollen Gaskunden verklagen

Die meisten Gaskunden der Stadtwerke, die mit Gas heizen, sind \"Sonderkunden\", die aufgrund bestehender Sonderabkommen zu Sonderpreisen beliefert werden.

Da es sich nicht um Tarifkunden handelt, stellt sich die Frage, woraus sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Stadtwerke ergheben soll, wenn ein solches nicht schon bei Vertragsabschluss vereinbart wurde.

Zunächst muss der Versorger nachweisen, dass er überhaupt zur einseitigen Festsetzung der Gaspreise gegenüber seinen Vertragspartnern berechtigt ist. Daran fehlt es bei den Sonderkunden schon.

Herr Kollege Wollschläger verwies in seinem Schreiben auf das Urteil des BGH vom 13.06.2007, welches die Fragen jedoch nur für Tarifkunden klärt.

Weiter hatte er seinen Schreiben eine Bescheinigung der PwC beigefügt, aus der hervorgeht, dass alle enthaltenen Angaben allein in der Verantwortung der Geschäftsführung der StWB liegen, die Bezugskosten nur einen Teil der Gaspreise ausmachen. Darüber, wie sich die anderen Kostenbestandteile des Gaspreises entwickelt haben, verhält sich diese Bescheinigung ausdrücklich nicht. Sie liefert auch keinen Beweis für den behaupteten Anstieg der Gasbezugskosten.

Merkwürdig ist, dass diese Bescheinigung teilweise wörtlich inhaltsgleich ist mit Bescheinigungen, welche die WIBERA anderen Stadtwerken erteilt hat.

Nach alldem fehlt es zum einen am Nachweis, dass die Stadtwerke überhaupt zur einseitigen Festsetzung der Gaspreise gegenüber den Sonderkunden berechtigt sind.

Zum anderen fehlt es am Nachweis, dass insgesamt gestiegene allgemeine und besondere Kosten, die den Stadtwerken durch die Belieferung der Kunden mit Gas entstehen, überhaupt eine Gaspreisneufestsetzung erforderten.

Darüber, wie das Interesse der Kunden an einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Gasversorgung (§§ 2 Abs. 1 EnWG) bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen innerhalb einer Ermessensausübung Rechnung getragen worden sein sollte, haben die Stadtwerke gar keine Aussage getroffen. Dies spricht dafür, dass dieses rechtlich anerkannte Interesse der Kunden nicht erkannt und nicht hinreichend berücksichtigt wurde.

Wenn die Stadtwerke nun ihre Kunden verklagen wollen, bleibt abzuwarten, wieviel Erfolg dem beschieden sein kann.

Fritze Bollmann auf dem Beetzsee ....

Offline marten

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Stadtwerke wollen Gaskunden verklagen
« Antwort #1 am: 28. Februar 2008, 21:54:34 »
Wie ich dem Artikel entnehme haben nur 600 Gaskunden in ganz Brandenburg ihre Gasrechnungen gekürzt.
Eine überschaubare Zahl.
Die Zahl der Protestkunden ist leider noch immer gering.
Sind auch Zahlen für andere Bundesländern bekannt?
Vermutlich sind die Zahlen hochgerechnet auf die Anzahl der Gaskunden in den anderen Bundesländern auch nicht viel größer.
Wenn sich doch noch viel mehr beteiligen würden um den Druck auf die Versorger zu erhöhen.
Vielleicht würden unsere Volksvertreter dann auch mal genötigt sehen etwas für ihr Volk zu tun, anstatt es den Energieversorgern recht zu machen.
Wenn ich daran denke, das unsere Gerichtsbarkeit sich womöglich noch in einigen Jahren mit diesem Thema befassen wird und der Druck der Versorger sich auf die Protestler erhöht, ist es auch kein leichter Weg den man als Protestkunde geht.
Das schreckt viele bestimmt ab.
Zumal wenn man sieht wie einige Gerichte nach dem BGH Urteil vom 13.06.07 \"Im Namen des Volkes\" für Recht entscheiden.
z.B. das Urteil vom

LG Osnabrück, Urt. v. 20.02.2008 - 2 S 636/06

http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=40459#post40459

Zitat:RR-E-ft

\"Darüber, wie das Interesse der Kunden an einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Gasversorgung (§§ 2 Abs. 1 EnWG) bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen innerhalb einer Ermessensausübung Rechnung getragen worden sein sollte, haben die Stadtwerke gar keine Aussage getroffen. Dies spricht dafür, dass dieses rechtlich anerkannte Interesse der Kunden nicht erkannt und nicht hinreichend berücksichtigt wurde.\"

Der §§ 2 Abs. 1 EnWG scheint einigen Richtern hier im Lande auch nicht bekannt bzw. ist aus Ihrem Gedächnis verdrängt worden.


gruss

marten

 

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