Ich stoße mich immer wieder an der Logik des VIII.Zivilsenats des BGH bzw. dessen Vorsitzenden:
Von einem
vereinbarten Anfangspreis kann nur dann gesprochen werden, wenn sich
beide Parteien auf einen feststehenden Preis binden wollten. Das ist bei einem
Allgmeinen Tarif, zu denen keine individuellen Preisvereinbarungen stattfinden, gerade nicht der Fall.
Denn schon das Gesetz räumt dem Versorgungsunternehmen dabei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich der
jeweiligen Höhe der Allgemeinen Tarife/ Preise ein.
Das Versorgungsunternehmen hat somit von Anfang an die vertragliche Rechtsmacht , das vertragliche Entgelt nach Vertragsabschluss jederzeit einseitig neu festzusetzen, nämlich höher oder niedriger als im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.
das Versorgungsunternehmen ist deshalb zu keinem Zeitpunkt an einen vereinbarten Preis gebunden.
Der Anfangspreis ist nicht weniger einseitig bestimmt wie der Folgepreis (BGH, Urt. v. 18.10.2006 - KZR 36/04).
Und wenn sich das bestehende Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB auf das vertragliche Entgelt bezieht, so ist schlussendlich auch die Ermessensausübung bei der Festsezung dieses Entgelts auf seine Billigkeit hin zu kontrollieren.
Schließlich liegt auch in der Entscheidung des Versorgungsunternehmens, das vertragliche Entgelt unmittelbar nach Vertragsabschluss nicht abzusenken, bereits eine Ermessensentscheidung gem. § 315 Abs. 1 BGB, die ihrerseits gem. § 315 Abs. 3 BGB auf ihre Billigkeit überprüft werden können muss.
Das gesetzlich versorgungspflichtige und zur Gleichbehandlung verpflichtete Versorgungsunternehmen ist bei seiner Entgeltbestimmung nie frei, sondern hat die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 36, 38, 2 Abs. 1 EnWG, §§ 1, 19, 29 GWB zu beachten.
Deshalb müssen schon die angebotenen Ausgangspreise dieser gesetzlichen Verpflichtung und Preisbildungsschranke entsprechen und sich auf die Einhaltung der selben hin kontrollieren lassen, weil sonst die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 EnWG für die Kunden, die im Rahmen der gesetzlichen Anschluss- und Versorgungspflicht beliefert werden,
nicht justitiabel ist, so dass es insoweit am effektiven Rechtsschutz des Art. 19 Abs. 4 GG mangelt.
Anders verhält es sich freilich bei Verträgen, welche eine Belieferung außerhalb der gesetzlichen Allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht zum Gegenstand haben. Bei diesen gilt das allgemeine Veertragsrecht, so dass beide Vertragspartner, wenn sie bei Vertragsabschluss kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart hatten, an den vereinbarten Preis gleichermaßen gebunden sind. Wurde dabei jedoch weder ein Preis noch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart, so ist gem. § 154 Abs. 1 BGB gar kein Vertrag zustande gekommen (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04, KZR 8/05, KZR 9/05).
Entscheidend dafür, ob die Preise einer Billigkeitskontrolle unterliegen, ist also lediglich, ob die Belieferung aufgrund einer gesetzlichen Anschluss- und Versorgungspflicht erfolgt, bei welcher dem Versorgungsunterneghmen durch Gesetz ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der jeweiligen Höhe der Allgemeinen Tarife/ Allgemeinen Preise zugewiesen ist bzw. ob bei Vertragsbachluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde.
Nicht ersichtlich ist insbesondere, was dabei den konkreten Fall der Gasabnahme durch Mieter zum Aktenzeichen VIII ZR 351/06 von dem Fall der Wassernentnahme durch Mieter
im Urteil vom 30.04.2003 - VIII ZR 278/02 unterscheiden soll.
Der Unterschied kann offensichtlich nicht darin begründet liegen, dass bei der Gasabnahme mit Vertragsabschluss ein feststehender Anfangspreis vereinbart wird, bei der Wasserentnahme jedoch nicht (vgl. nur § 4 AVBEltV/ AVBGasV/ AVBWasserV).
§ 4 Art der Versorgung
(1) Das Wasserversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich der dazugehörenden Preise Wasser zur Verfügung.
(2) Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam. Dies gilt auch für die dazugehörenden Preise, sofern sie nicht dem Kunden im Einzelfall mitgeteilt werden.
Mir scheint, da werden gleiche Sachverhalte in der Rechtsprechung ein und des selben Zivilsenats des BGH ungleich behandelt. Ausdrücklich heißt es in dem Wasserpreis- Urteil:
Wenn die nach billigem Ermessen zu treffende Bestimmung der Gegenleistung einer Partei überlassen ist,.....
So muss es sich also bei den Wassertarifen verhalten undzwar völlig unabhängig von der Frage einer etwaigen Monopolstellung oder eines bestehenden Anschluss- und Benutzungszwangs, die dafür überhaupt keine Rolle spielte. Denn eine solche findet in dem genannten Urteil keine Erwähnung.
Dass auch bei der Strom- Grundversorgung zwischen Kunden und Versorgungsunterneghmen keine feststehenden Strompreise vereinbart werden, demonstriert gerade
E.ON Hanse. Der Grundversorger senkt rückwirkend zum 01.03.2008 die Grund- und Arbeitspreise, ohne dass es einen geschützten \"Preissockel\" gibt. Dieser Stromversorger legt also gegenüber seinen Kunden einseitig fest, ob, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang die Strompreise gesenkt oder erhöht werden und legt somit die jeweilige Höhe der zu zahlenden Stromentgelte einseitig fest.
Dies gilt freilich nicht gegenüber solchen Kunden, die sich außerhalb der Allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht von diesem Unternehmen zu einem
vereinbarten Fixpreis beliefern lassen, was es auch gibt.
Der
Fixpreis heißt so, weil er bei Vertragsabschluss
feststeht und als solcher für beider Vertragsteile gleichermaßen fest verbindlich vereinbart wird.
Der Fixpreis unterscheidet sich dadurch eindeutig von einem Allgemeinen Tarif.
Bei Entgelten in Form eines Allgemeinen Tarifs gehen die Vertragspartner hingegen von Anfang davon aus, dass die Höhe des Entgelts nicht feststehend ist (\"die Preise atmen\"- so Kollege Dr. Kunth aus Düseldorf lyrisch), die jeweilige Entgelthöhe somit vom Versorgungsunternehmen nach dessen Ermessen gegenüber dem Kunden einseitig festgesetzt wird undzwar abhängig von der Kostenkalkulation des Versorgungsunternehmens, siehe Strom- und Gaspreise E.ON Hanse und andere.
Und deshalb ist der
vereinbarte Anfangspreis bei Entgelten in Form
Allgemeiner Tarife eine Fiktion, die mit dem tatsächlichen Lebenssachverhalt rein gar nichts zu tun hat. Sie erscheint deshalb nicht nur lebens- und wirklichkeitsfremd, sondern ist es nach meiner festen Überzeugung auch.
Um im lyrischen Bild zu bleiben:
Die Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB muss dafür Sorge tragen, dass die Preise sich beim dauernden Atmen nicht immer weiter aufblasen und ggf. bereits zuviel enthaltene Luft auf ein gesundes Maß zurückgeführt wird.
Typischer Fall zur \"Preisatmung\" aus dem Leben eines Energieversorgers und seiner grundversorgten Kunden (Familie Mustermann)Typischer Befund, dass mit der Atmung etwas nicht funktioniert, weil \"vergessen\" wurde, zügig und kräftig wieder auszuatmen.Außerdem könnten im Verlauf des Jahres auch die Strompreise sinken, stellte E.on in Aussicht. Die Großhandelspreise beim Strom seien bereits deutlich herunter gegangen, sagte Konzernchef Wulf Bernotat heute auf der Bilanzpressekonferenz in Düsseldorf. Dies werde in einem nächsten Schritt auch den Endkunden zugute kommen.
Jeder weiß, dass der nächste Schritt tatsächlich eine satte Strompreiserhöhung war, weil
Strom eigentlich noch zu billig sei, angesichts der Wachstums- und Dividenden- Ziele, die sich der Konzern gesetzt hat.
Folge: weitere Gewinnsteigerung