@tangocharly
OLG Celle nimmt seit jeher einen gewissen Ruhm hinsichtlich abseitiger Entscheidungen im Energiebereich für sich in Anspruch. OLG Celle eben, wie Energierechtler schreiben.
In medias:
Urteil des LG HeilbronnAus den Randnummern 62, 63 des Urteils des LG Heilbronn geht hervor, warum dieses davon ausgegangen ist, dass die Gaspreise des Versorgers
nicht durch einen wirksamen Wettbewerb auf einem einheitlichen Wärmemarkt begrenzt werden. Das LG Heilbronn stellt sich damit gerade gegen alle vorzitierten Entscheidungen zum weiter gefassten Markt.
Wie der VIII. Zivilsenat in seinem Urteil vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 in Randnummer 35 die entsprechende Aussage des LG Heilbronn in das
genaue Gegenteil verqueren konnte, ist nicht nur mir schleierhaft (vgl.
Markert, ZNER 2008, 44 ff.).
Der Argumentationsstrang des LG Heilbronn war, dass der Gasversorger eine
Monopolstellung hat und deshalb § 315 BGB
entsprechende Anwendung findet. Hierfür musste das LG Heilbronn zunächst einmal eine Monopolstellung des Gasversorgers feststellen.
Anders der VIII. Zivilsenat des BGH, der eine Monopolstellung verneint hat, jedoch auf das
gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht zutreffend § 315 BGB
unmittelbar angewendet hat, so dass es auf eine Monopolstellung beim Streitgegenstand der Billigkeitskontrolle einer Gastarif
erhöhung als solcher (§ 308 ZPO) nicht ankam (so auch ausdrücklich
Fricke, WuM 2005, 547 ff.)
Dabei wurde m.E. verkannt, dass sich das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht auf den
jeweiligen Gastarifpreis bezieht und dieser deshalb auch insgesamt zur Billigkeitskontrolle stehen muss.
Insoweit kam es nicht auf die Kontrolle des irgendwann bei Vertragsabschluss geltenden Preises (so aber:
Markert), sondern auf die Kontrolle des zuletzt einseitig festgesetzten \"jeweiligen\" (konkret ab 01.10.2004 geltende)
Entgelts [insgesamt] an. Der
erhöhte Tarifpreis hätte darauf überprüft werden müssen, ob er unter Beachtung des § 1 EnWG gebildet wurde.
Gegenstand des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts ist die Entgelthöhe des Tarifs und nicht lediglich die Änderung der selben (Delta).
Die Entscheidungen des LG Heilbronn und des BGH weichen deshalb in entscheidenden Punkten voneinander ab:
LG Heilbronn bejaht Monopolstellung und wendet § 315 BGB
deshalb entsprechend an. BGH wendet § 315 BGB hingegen
unmittelbar an und verneint Monopolstellung wegen eines angeblich bestehenden Wettbewerbs, den er selbst nicht feststellen konnte, aber wohl aus Gesetzesbegründungen in Bundestagsdrucksachen herausgelesen haben will, was mehr als zweifelhaft erscheinen muss.
(Wenn es tausende Bücher über den Yeti gäbe, stünde damit immer noch nicht fest, ob diese Spezies tatsächlich existiert).
Das Urteil des LG Heilbronn wie auch das Urteil des BGH vom 13.06.2007 haben eigene Thread, ggf. dort weiter diskutieren.
Maßgeblich für die Rechtsprechung im Energiebereich ist die Rechtsprechung der 2. Kartellkammer des OLG Düsseldorf (örtlich zuständig für Entscheidungen unter Beteiligung der in Bonn sitzenden BNetzA bzw. BKartA). Der geht von der klassischen Marktabgrenzung aus, die auch dem Beschluss des Kartellsenats des BGH vom 25.09.2007 - KZR 33/06 entspricht.
Gegen die erste Entscheidung des OLG Celle (Preismissbrauch Gas Stadtwerke Uelzen) wurde Rechtsbeschwerde zum Kartellsenat des BGH eingelegt.