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Autor Thema: Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?  (Gelesen 8507 mal)

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Offline RR-E-ft

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« am: 22. Februar 2008, 19:29:33 »
Trennt sich E.ON endlich von allen Stadtwerke- Beteiligungen?

Verkauf der Ruhrgas- Tochter Thüga wird geprüft.

Auffällig war bisher, dass die im Thüringischen  Gotha gegründete Thüga als E.ON Tochter  noch nicht in dass corporate design des Konzerns einbezogen wurde und noch keine roten Fahnen vor der Tür zu stehen hat. Das wäre doch mal ein interessantes Paket, für welches  sich Gazprom interessieren könnte.

E.ON  ist nicht nur über Thüga an zahlreichen Stadtwerken beteiligt, sondern auch über seine sieben Regionalversorger.

Allein über E.ON Thüringer Energie AG hat der Konzern bisher den Energiemarkt in Thüringen fest im Griff. Siehste hier.
Folgerichtig beziehen die meisten Stadtwerke ihren Strom bisher über E.ON.

Wenn sich der Konzern von diesen Beteiligungen trennt, stünde zu erwarten, dass die Stadtwerke endlich Strom- und Gasbezug im Wettbewerb ausschreiben und die verkrusteten Lieferketten tatsächlich aufgebrochen werden.

Offline RR-E-ft

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« Antwort #1 am: 17. März 2008, 19:37:34 »

Offline Netznutzer

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« Antwort #2 am: 17. März 2008, 22:39:58 »
Klingt ja gut und schön, aber jeder, der ein wenig in die kommunalen Kassen blickt weiss, dass die Kommunen eher ihre Anteile abstoßen werden (solange es noch etwas dafür gibt), als dass dort Geld wäre, um 40 oder mehr % der Eigenbeteiligung zurückzukaufen. Es sähe auch für einen Kämmerer nicht gut aus, wenn er, nachdem in den vergangenen fetten Jahren 40 % oder mehr des Gewinns nach München abgeflossen sind, er jetzt für den Rückkauf auch noch das 2-3-fache des damaligen Kaufpreises zahlen müsste.

Gruß

NN

Offline RR-E-ft

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« Antwort #3 am: 18. März 2008, 13:10:13 »
@Netznutzer

Es steht ja nirgends geschrieben, dass die Kommune nach Ausübung eines Vorkausfsrechts hiernach die Anteile weiter halten muss.

Es käme ja auch in Betracht, einen anderen strategischen Investor ins Boot zu holen und zB. 40 Prozent zurückzuerwerben, um hiernach 49,9 Prozent an Gazprom oder andere Konzerne zu verkaufen, die aus strategischen Gründen ggf. bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen als Thüga haben will. Es käme doch nur darauf an, wie man das ganze placiert.

Offline Netznutzer

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« Antwort #4 am: 18. März 2008, 13:56:48 »
Zitat
um hiernach 49,9 Prozent an Gazprom oder andere Konzerne zu verkaufen, die aus strategischen Gründen ggf. bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen als Thüga haben will

Schöne Vorstellung, bei sinkenden Margen im Netz, sinkenden Vertriebsmaregn, § 315-Problemen in der Grundverorgung und steigenden Preisen im Einkauf. Warum sollte Gasprom dafür mehr ausgeben als jemand anderes? Rechnen können die Jungs auch, und die Marge der Erzeugung lassen sie sich mit Sicherheit nicht durch Verluste oder absinkende Gewinnmargen in der Endverteilung verwässern.

Die Zeit wird\'s zeigen...

Gruß

NN

Offline RR-E-ft

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« Antwort #5 am: 23. Februar 2009, 16:39:04 »


Offline RR-E-ft

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« Antwort #7 am: 10. August 2009, 17:22:33 »

Offline Lothar Gutsche

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« Antwort #8 am: 11. August 2009, 09:25:38 »
Heute habe ich an die Stadtwerke Hannover, die Mainova, N-Ergie und Badenova die folgende Anfrage gerichtet:


Betrifft: kartellrechtliche Fragen zum Thüga-Kauf


Sehr geehrte Damen und Herren,

laut Presseberichten vom 11.8.2009 soll der E.ON-Konzern seine Stadtwerkeholding Thüga für 3 Mrd. Euro an ein Bündnis der Stadtwerke Hannover, Mainova, N-Ergie und Kom9 verkaufen. Das Problem an dieser Transaktion ist, dass E.ON bzw. Thüga wegen schwerer Kartellverstöße mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht Eigentümer der Stadtwerke-Beteiligungen ist. Denn E.ON hat mutmaßlich über 10 Jahre ein höchst effektives Gebietskartell im Sinne von § 1 GWB errichtet.

Das Gebietskartell wird vertraglich nicht nur durch Gesellschaftsverträge abgesichert, sondern vor allem durch Konsortialverträge mit den Stadtwerken und durch Lieferverträge für Ferngas und Strom. Damit wollte E.ON vermutlich die Gebietskartelle aufrecht erhalten, die der Gesetzgeber 1998 durch Verbot der sogenannten Demarkationsverträge abschaffen wollte. Für meine Vermutung sprechen folgende Fakten:

•   die von den Beteiligungen ausgehende Bündelwirkung auf Vorleistungs- und Endkundenmärkte (vgl. z. B. Sondergutachten „Strom und Gas 2007“ der Monopolkommission in Bundestagsdrucksache 16/7087 vom 20.11.2007
•   der bis heute fehlende Wettbewerb auf deutschen Energiemärkten (vgl. stellvertretend für viele Berichte von Bundesnetzagentur, Bundeskartellamt und EU-Kommission nur das Sondergutachten „Strom und Gas 2009“ der Monopolkommission vom 4.8.2009 unter http://www.monopolkommission.de/sg_54/s54_volltext.pdf)
•   die Akzeptanz von deutlich überhöhten Preisen für Ferngas und Strom durch Stadtwerke, wenn man die Überteuerung am Maßstab der Erdgasimportpreise oder der Stromerzeugungskosten misst
•   der Verzicht der Stadtwerke auf Schadenersatz von ihrem Mitgesellschafter E.ON, wenn E.ON gegen Kartellrecht verstoßen hat, z. B.
o   gestützt auf die Entscheidung B8-113/03-1 des Bundeskartellamtes zu langfristigen Ferngas-Verträgen von E.ON Ruhrgas (bestätigt durch BGH-Urteil KVR67/07 vom 10.2.2009) oder
o   gestützt auf die Verfügung B8-88/05-2 des Bundeskartellamtes vom 26.9.2007 zur kartellrechtswidrigen Einpreisung von kostenlosen CO2-Zertifikaten im Strompreis
•   die Geschäftsstrategie E.ONs mit Thüga (siehe auf S. 86 in deren Geschäftsbericht 2005 unter http://www.eon.com/de/downloads/GB_D_komplett_geschuetzt_060309.pdf)
•   die faktische Beherrschung der Stadtwerke-Beteiligungen durch E.ON, wie sie das Bundeskartellamt erkannte, siehe besonders Seite 83/84 in ZNER, Heft 1/2009, mit einem Auszug aus dem „Schriftsatz des Bundeskartellamtes an das OLG Düsseldorf vom 30.11.2006 im Fusionskontrollverfahren E.ON Energie AG/Stadtwerke Eschwege GmbH – VI-2 Kart 7/04 [V]
•   der ökonomische Zweck der Beteiligungen an Stadtwerken als Instrument E.ONs zur Absatzsicherung für Strom und Gas.

Die Beteiligungen E.ONs an Stadtwerken sind kartellrechtlich nie im Hinblick auf § 1 GWB geprüft worden. Der Wunsch E.ONs, eine Beteiligung an einem Stadtwerk zu erwerben, wurde in der Vergangenheit nur im Rahmen der Fusionskontrolle nach den §§ 35 GWB untersucht. Die beiden Berliner Professoren Siegfried Klaue und Hans-Peter Schwintowski kommen in ihrem Buch „Strategische Minderheitsbeteiligungen in der deutschen Energiewirtschaft - Im Spannungsfeld zwischen Fusionskontrolle und Kartellverbot“ aus dem Jahr 2004 zu dem Ergebnis:
Mit Blick auf die hier zu beurteilenden Sachverhalte folgt daraus, dass der jeweilige Anteilserwerb wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB von Anfang an nichtig ist. Der Erwerber ist niemals wirksam Inhaber von Geschäftsanteilen des Veräußerers geworden. Auch ein gutgläubiger Erwerb der GmbH-Geschäftsanteile von einem Nichtberechtigten ist nicht möglich. Einem solchen im GmbH-Recht gar nicht vorgesehenen gutgläubigen Erwerb steht die prinzipielle Nichtigkeitsfolge bei einem Verstoß gegen das Kartellverbot nach § 1 GWB entgegen. Das ist auch der Grund, warum die möglicherweise konkludente Bestätigung des nichtigen Rechtsgeschäftes nach § 141 BGB vorliegend keine Rolle spielt. Das wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz – wie hier – nichtige Rechts¬geschäft kann nämlich nur dann wirksam bestätigt werden, wenn inzwischen das Verbot entfallen ist.

Der Verstoß gegen § 1 GWB hat demnach zur Folge, dass sämtliche Rechtsgeschäfte, durch die Geschäftsanteile auf den Erwerber übertragen wurden, nach § 134 BGB von Anfang an nichtig sind und damit von Anfang an unwirksam. Der Erwerber E.ON bzw. Thüga ist zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter geworden, vielmehr ist der Veräußerer Gesellschafter geblieben. Was wollen nun vor diesem Hintergrund die Stadtwerke Hannover, Mainova, N-Ergie und Kom9 von E.ON kaufen? Ich empfehle vor dem Kauf dringend eine kartellrechtliche Prüfung der Stadtwerke-Beteiligungen.


Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche

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Trennt sich E.ON von den Stadtwerken?
« Antwort #9 am: 23. Oktober 2009, 17:30:52 »

 

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