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Autor Thema: Minister antwortet auf Stromtariferhöhungsanträge  (Gelesen 5078 mal)

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Offline Mertel Hans

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Minister antwortet auf Stromtariferhöhungsanträge
« am: 08. April 2005, 16:59:43 »
Antworten auf 7 Fragen an das Ministerium für Wirtschaft,Verkehr,Landwirtschaft und Weinbau von Rheinland-Pfalz  bezüglich der Stromtariferhöhungsanträge zum 01.01.05 von 73 Stromversorgern in Rheinland- Pfalz
 Die Antworten gab der Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, Hans-Artur Bauckhage.
In 68 Fällen hat das Ministerium die geforderten Tarife als überhöht angesehen und die Erhöhungsanträge zurückgewiesen.
Die darauf hin neu gestellten Anträge mit einem niedrigeren Erhöhungsvolumen wurden vom Wirtschaftsministerium ausnahmslos genehmigt.
Nun zu den Fragen:

1.Frage:Welche Tariferhöhungen wurden im ersten Antrag von den 73 Stromversorgern im
   Einzelnen beantragt.
Antwort: 73 Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Rheinland-Pfalz haben beim Ministerium
für Wirtschaft,Verkehr,Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW) als der zuständigen Energiepreisaufsichtsbehörde zum 1. Januar 2005 folgende Tariferhöhungen beantragt:
(hier wird nur der Haushaltstarif aufgeführt)
Beantragte Erhöhung Anzahl der Unternehmen
in ct/kWh netto
0,39   1
0,61   1
0,62   1
0,66   1
0,73   1
0,90   61
0,96   1
1,00   2
1,10   1
1,11   1
1,20   1
1,30   1
Sechszig dieser Energieversorgungsunternehmen haben zudem eine Anhebung des Jahres-Grundpreises um 6,89 € nett/Jahr beantragt, ein Unternehmen um 4€netto.
Diese Grundpreise wurden in der beantragten Höhe genehmigt.

2. Frage: Welche Tariferhöhungen wurden den 73 Stromversorgern im Einzelnen genehmigt.
Antwort:Folgende Tariferhöhungen wurden den o.g. 73 Elektrizitätsversorgungsunternehmen genehmigt:
(hier wird nur der Haushaltstarif aufgeführt)
Erhöhung         Anzahl
in ct/kWh netto   
0,39   1
0,61   1
0,62   1
0,66   2
0,90   66
0,92   1
1,10   1

3. und 4.Frage: Mit welchen Begründungen hat das Wirtschaftsministerium die ersten Anträge von 68 Stromversorgern als überhöht zurückgewiesen?
Welche Gründe für eine Tariferhöhung sieht das Wirtschaftsministerium als gerechtfertigt an?
Antwort: Die dem MWVLW als Energiepreisaufsichtsbehörde im Rahmen der Tarifgenehmigungsverfahren vorgelegten Kosten konnten bezüglich einzelner Kostenpositionen, insbesondere beim Strombezug, nicht in voller Höhe anerkannt werden. Sie wurden als zu hoch erachtet. Die Stromversorger wurden daraufhin aufgefordert, die Tarifanträge nachzubessern und niedrigere Tarifanträge zu stellen sowie die entsprechenden Kalkulationen vorzulegen.
Aus Sicht des MWVLW rechtfertigen folgende Faktoren eine Tariferhöhung:
-Mehrkosten im Strombezug
-Zusatzkosten für die Umsetzung des neuen Energiewirtschaftsgesetzes,
-erhöhte Kosten für die Netznutzung,
-Mehrkosten aufgrund Erneuerbare Energien- und des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes.
Im Übrigen ist bei der Beurteilung der eingereichten Tarifanträge entsprechend den Regelungen in
§ 12 Bundestarifordnung Elektrizität vom 18.Dezember 1989 /BGBI.IS.2255 die gesamte Kosten- und Erlöslage zu berücksichtigen.
5. Frage: Wieso geht der Wirtschaftsminister in seiner Pressemitteilung vom 23.12.04 davon aus, dass Wirtschaft und Verbraucher trotz einer Erhöhung der Strompreise Millionen Euro sparen?
Antwort: Die in der Pressemeldung des MWVLW erwähnte Einsparung steht in direktem Zusammenhang mit den vom MWVLW erwirkten Nachbesserungen bei den Stromtarifanträgen. Ohne die behördliche Preisaufsicht hätten die von den Energieversorgern vorgesehenen Tarife die Haushalte und das Gewerbe um mehrere Millionen Euro zusätzlich belastet.
6. Frage: Welchen prozentualen Anteil an den Stromtarifen haben die Lieferpreise der Vorlieferanten?
Antwort: In Bezug auf die genehmigten Arbeitspreise (Nettopreis je kWh) haben die Lieferpreise der Vorlieferanten (ohne den Preis für die Netznutzung des vorgelagerten Netzes) im Durchschnitt einen Anteil von etwa 29%, einschl. des Preises für die Netznutzung vorgelagerter Netze beträgt dieser Wert rd. 41% des genehmigten Arbeitspreises.
7.Frage: Wer kontrolliert bzw. genehmigt die Lieferpreise der Vorlieferanten?
Antwort: Die Lieferpreise der Vorlieferanten werden weder kontrolliert noch genehmigt, die Preisfindung erfolgt vielmehr über den Markt.


Meine persönliche Anmerkung zu diesen Antworten:
Dass die Energieversorgungsunternehmen tricksen steht mittlerweile außer Frage. Ob die Trickserei von allen Verantwortlichen durchschaut wird, bezweifele ich sehr.
Wahrscheinlich haben die Energieversorger im Vorfeld überhöhteTarifeanträge gestellt obwohl ihnen bewusst war, dass sie mit ihrem 1.Erhöhungsverlangen nicht durchkommen.
Danach hat man einfach die Erhöhungsanträge etwas reduziert und somit stand einer Genehmigung nichts mehr im Wege.
Die Energieversorgungsunternehmen waren danach hoch zufrieden.
Der Minister war zufrieden und konnte in einer Presseerklärung verkünden, dass er dem Verbraucher Millionen Euro erspart hätte.
Der Dumme war wieder einmal der Verbraucher, der gnadenlos abgezockt wird.

Offline RR-E-ft

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Minister antwortet auf Stromtariferhöhungsanträge
« Antwort #1 am: 08. April 2005, 18:03:17 »
@Mertel Hans

Anzumerken bleibt, dass auch die Elektrizitätseinkaufspreise also von EVU, die Verteilerunternehmen beliefern ( Lieferunternehmen) gem. § 11 BTOElt Restriktionen unterliegen und einer eigenen Genehmigungspflicht unterfallen können.

Dieser Fall kommt jedoch in der Praxis wohl nicht vor.

Die Vorlieferanten sind oftmals Gesellschafter der von ihnen versorgten Verteilerunternehmen, wodurch erst die Wertschöpfung in der gesamten Lieferkette sichergestellt wird.

Faktisch werden bei der Tarifgenehmigung gem. § 12 BTOElt leider die Vorlieferantenpreise als feststehende Größe genommen, obschon diese ersichtlich konzernoptimiert sind und sich die Weiterverteiler selbst auf § 315 BGB berufen könnten, es jedoch nicht zuletzt wegen der Gesellschafterstruktur nicht tun.

Durch diese gesellschaftsrechtliche Verbandelung wird zudem oft ein Wettbewerb ausgeschlossen, da die Weiterverteiler sich ja ihren Gesellschaftern als Vorlieferanten eng verbunden fühlen.

Allein deshalb findet wohl  kein nennenswerter Wettbewerb um die Belieferung von Weiterverteilern statt, der durchaus zu niedrigeren Strompreisen führen könnte.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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