@Mertel Hans
Ein Sonderkündigungsrecht schließt die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle, welche alle einseitigen Preiserhöhungen betrifft, gerade nicht aus.
Es ist viemehr Voraussetzung für die AGB-rechtliche Wirksamkeit einer vertraglich vereinbarten Preisanpassungsklausel.
Dies ergibt sich aus § 310 BGB i.V.m. § 32 Abs. 2 AVBEltV.
Dass die Billigkeitskontrolle auch bei einseitigen Preiserhöhungen in einem laufenden Vertragsverhältnis auch bei einem Stromsonderkundenvertrag bei zunächst individuell vereinbarten Preisen Anwendung findet, hat erst jüngst das LG Potsdam im Urteil vom 09.07.2004, Az. 52 O 208/02 in RdE 2004, S. 307 bestätigt.
Nach dem Urteil des LG Köln vom 23.07.2004, Az. 81 O (Kart) 207/01 in RdE 2004, S. 306 hat § 315 BGB folgende Konsequenz:
Es genügt dass der Vertragspartner die \"Billigkeit\" bestreitet und es ist dann Sache des Anderen, seine kostenkalkulation - also die intimsten Geschäftsgeheimnisse - offen zu legen; bis zum Abschluss des Verfahrens, d. h. bis zur Rechtskraft des \"billigen\" Entgelts ist dann vom Zahlungsverpflichteten überhaupt nichts zu leisten, obwohl er seinerseits nach wie vor weiter Anspruch auf die Leistung hat.
Im Falle unbilliger Preiserhöhungen bedeutet dies, dass nur der alte Preis weiter zu zahlen ist.
Ein Sonderkündigungsrecht hilft einem Heizstromkunden schon deshalb nichts, weil keine Wettbewerber in diesem Marktsegement zur Verfügung stehen. Die Alternative wäre also ein weit höherer Tarif.
Ein solcher ist allein deshalb unzumutbar, weil der Kunde sich bewußt für Heizstrom entschieden und die damit im Zusammenhang stehenden Investitionen getätigt hat. Zudem kann Heizstrom weit günstiger als zum Allgemeinen Tarif angeboten werden, wie sich allein aus dem entsprechenden Angebot des Versorgers ergibt.
Mithhin wäre also eine Anwendung des Allgemeinen Tarifs auf diesen besonderen Versorgungsfall gerade unbillig im Sinne von § 315 BGB.
Bei Heizstrom hat der örtliche Versorger deshalb auch eine marktbeherrschende Stellung inne.
Wettbewerb ist in diesem Bereich auch nach entsprechenden Mitteilungen des Bundeskartellamtes nicht in Sicht.
Bei der Kartellbehörde wird nur das sog. \"Vergleichsmarktkonzept\" herangezogen: Vergleich mit anderen Versorgern.
Wenn die Situation wie auf dem Erdgasmarkt die ist, dass alle Versorger (vereint im BGW) die Preise hochhalten, muss diese Kontrolle versagen.
Gerade weil es keinen Wettbewrb gibt, konnten die Versorger ja nach ihrer Auffassung vollkommen nach Belieben allein die Heizstrompreise so drastisch verteuern. Andere Stromkunden sind zwar auch mit Preiserhöhungen konfrontiert, jedoch nicht so drastischen.
Es wird meines Erachtens auch das Äquivalenzprinzip im Vertragsverhältnis durch diese Preiserhöhungen gestört, da dabei der Abstand zwischen den Heizstrompreisen und den Allgemeinen Tarifen verringert wird.
Wenn ich den Beitrag im STERN richtig verstanden habe, tritt in Kaiserslautern hinzu, dass der günstige Heizstrombezug an den Bezug des Stroms für den übrigen Verbrauch gekoppelt ist. Wenn Sie also im übrigen den Versorger wechseln wollten, ständen Sie beim Heizstrom \"im Regen\".
Diese Kopplung an sich erscheint schon fragwürdig.
Eine Aufspaltung der Verträge muss möglich sein:
Hier gibt es auch Heizstrom vom örtlichen Versorger, jedoch ohne entsprechende Kopplung.
Wegen dieser Problematik könnten Sie sich ggf. nochmals an Ihre Kartellbehörde wenden.
Entgegen der Überschrift ist eine wirkliche \"Begründung\" für die Verteuerung des Heizstroms nicht erkennbar, außer:
Wir können die Preise nach Belieben gestalten, wem das nicht passt, der kann ja kündigen.
Das ist selbstredend nicht der Fall.
Zum Glück gibt es die über einhundert Jahre alte Bestimmung des § 315 BGB.
Vgl. auch hier:
Strompreiserhöhung Stadtwerke SchwerinFreundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt