Das Urteil des LG Oldenburg vom 22.11.2007, Az. 9 O 656/06 ist
hier veröffentlicht.
Das Landgricht war der Auffassung, dass es sich bei den Sonderabkommen der Oldenburger EWE um normale Tarife handele, auf welche § 4 AVBGasV direkte Anwendung fände.
Wegen des darin enthaltenen einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gem. § 315 Abs. 1 BGB habe eine gerichtliche Billigkeitskontrolle der angegriffenen Preiserhöhung zu erfogen, das Unternehmen habe die Billigkeit der mit der Klage angegriffenen Erhöhungen nachgewiesen.
Anmerkung:Sowohl im Tatbestand als auch in den Entscheidungsgründen sind die Feststellungen widersprüchlich zu der Frage, ob es sich um Sonderverträge handelt und ob der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wurde. Fast scheint es so, als habe man eine andere Entscheidung abgeschrieben und Sätze eingeschoben, die untereinander keinen rechten Sinnzusammenhang ergeben.
Nach unserer Auffassung ist das Urteil des LG Oldenburg in diesem Punkt der rechtlichen Beurteilung unzutreffend.
Ein Sonderkundentarif wird sowieso nie begründet, sondern immer ein Versorgungsvertrag und dieser wiederum
entweder in der Grundversorgung
oder als Sonderabkommen. Alles was nicht Grundversorgung ist, ist Sonderabkommen.
EWE hat die Verträge ausdrücklich als
Sonderabkommen angeboten und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um die Allgemeine Versorgung gem. § 10 EnWG a.F. handelt, folglich die Preise keine Allgemeinen Preise im Sinne dieser Vorschrift sind. Dementsprechend konnten die Kunden diese Verträge auch nur als Sonderabkommen annehmen. Wollte man hingegen annhmen, dass Antrag und Annahmeerklärung beim jeweiligen Vertragsabschluss nicht übereinstimmten, so hätte dies gem. § 154 Abs. 1 BGB zur Folge gehabt, dass gar keine wirksamen Vertragsverhältnisse begründet wurden, weil es an einer Einigung fehlte.
Für eine anderweitige Auslegung durch ein Gericht ist kein Platz, weil die entsprechenden Angebote der EWE schon keine Auslegung zulassen. Zudem bildet der Wortlaut nach h. M. die Grenze jeder Auslegung.
Folglich finden die Vorschriften der AVBGasV auf diese Verträge keine direkte Anwendung, sondern können allenfalls als
Allgemeine Geschäftsbedingungen gem. § 305 BGB in die Verträge einbezogen worden sein und unterliegen dabei der
Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB (vgl. Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 310 Rn. 6; Hartmann in Danner/ Theobald, Energierecht, Loseblattsammlung Stand Juni 2007, Bd. II, B 1 § 1).
EWE hatte sich ganz bewusst dazu entschieden, die Verträge als Sonderabkommen anzubieten, insbesondere wegen der geringeren Konzessionsabgaben nach § 2 KAV.
So sehen die derzeit von EWE angebotenen Vertragsbedingungen für Neukunden auch bewusst in Abweichung von den Regelungen der Grundversorgungsverordnung eine Mindestvertragslaufzeit von sechs Monaten vor, also eine deutlich längere Vertragsbindung als nach den gesetzlichen Regelungen für die Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG.
Die Kunden entscheiden sich demnach beim Abschluss solcher Verträge gem. § 41 EnWG bewusst gegen eine Belieferung als Tarifkunde zu den angebotenen Allgemeinen Tarifen, d. h. Kleinverbrauchstarif K, Grundpreistarif G bzw. ab dem 01.09.2004
Basistarif BT in der Grundversorgung.
Zwischen der Grundversorgung und dem Sonderabkommen EWE classic ist deshalb deutlich zu unterscheiden.Das sind eindeutig Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) für die Lieferung außerhalb der Grundversorgung.Für eine Auslegung durch ein Gericht ist auch dabei kein Platz.
Nur bei dem von EWE angebotenen Basistarif BT handelt es sich folglich um die Grundversorgung gem. § 36 EnWG und nur darauf finden die Vorschriften der GVV unmittelbare Anwendung.
Sonst hätte man auch die Angebote von E wie einfach oder Yello Strom als Allgemeine Tarife einzuordnen, was ganz offensichtlich absurd ist. Auch dabei finden keine individuellen Preisverhandlungen statt und die Angebote richten sich an alle Haushaltskunden vor Ort, für welches sich die Verbraucher freiwillig entscheiden.
Es steht deshalb zu hoffen, dass das Urteil mit einer
Berufung einer Kontrolle unterzogen wird.
Handelte es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, war zu prüfen, ob diese tatsächlich in die jeweiligen Verträge einbezogen wurden und ob ein etwaig enthaltener Preisänderungsvorbehalt nicht wegen Verstoß gegen § 307 BGB unwirksam ist (vgl. dazu zutreffend
LG Essen , Urt. vom 17.04.2007, 19 O 520/06)
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
Susanne-Bohl-Str. 3
07747 Jena