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Autor Thema: Strompreis, EEG-Umlage, Bundesumweltminister  (Gelesen 4651 mal)

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Offline enerveto

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Strompreis, EEG-Umlage, Bundesumweltminister
« am: 30. Dezember 2007, 22:14:42 »
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit; Berlin
EMail: service@bmu.bund.de

Strompreis ,EEG-Umlage
Stromtarif der Stadtwerke Lingen GmbH, Entwicklung vom 01.01.2006 bis 01.01.2008

Sehr geehrter Herr Bundesumweltminister Gabriel,

Sie haben sich dahingehend geäußert, dass der Ökostrom-Ausbau kein Kostentreiber sei. Die starken Strompreiserhöhungen seien nicht auf das EEG zurückzuführen.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit schreibt in „Hintergrundinformationen zum EEG-Erfahrungsbericht 2007“ u.a.
Seite 6 „Tabelle 1 Spalte EEG-Umlage 2006: 0,75 Cent/kWh…
Das EEG spielt gleichwohl für den jährlichen Strompreisanstieg bei Tarifkunden nur eine nachgeordnete Rolle. …
Fußnote 1 Die mit der rückwirkenden Ausweitung des §16 zum 1.12.2006 verbundene Erhöhung der EEG-Umlage im Jahre 2006 wird erst 2008 zu einer erhöhten EEG-Umlage im nicht privilegierten Bereich führen, da erst dann die Stromlieferanten die höhere Entlastung der begünstigten Abnehmern umlegen…
Seite 13 …Die EEG-Umlage steigt in dem derzeit zu Grunde gelegten Ausbaupfad von 0,75 Cent/kWh (2006) auf – real – rund 1,5 Cent/kWh im Maximum (2016). …“

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) vermutet, dass einige Energieversorger eine deutlich höhere EEG-Umlage abrechnen, als es das Gesetz vorsieht. Pressemitteilung vom 15.10.2007: „…Heute macht die Förderung von Strom aus Erneuerbaren Energien für den Durchschnittshaushalt mit 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch allenfalls 2 Euro pro Jahr oder 0,7 Cent pro Kilowattstunde aus. Im kommenden Jahr wird sich diese Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nur minimal um etwa 0,1 Cent pro Kilowattstunde verändern…“

Der Bundesverband Neuer Energieanbieter (BNE), Gutachten LBD-Beratungsgesellschaft mbH, Berlin vom 16.10.2007: „EEG-Gutachten zur Angemessenheit der Aufwendungen … 2 Zusammenfassung, 2.1 Aufwand für die Veredelung der EEG-Einspeisungen – Die Untersuchungen zum Aufwand der Strukturierung der EEG-Strommengen und zur Deckung des Ausgleichsenergiebedarfs für die Jahre 2004 bis 2007 (erstes Halbjahr) zeigen, dass die vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland die Aufwendungen hierfür in der Vergangenheit generell zu hoch ansetzten. …“

Zum 01.01.2008 hat die Stadtwerke Lingen GmbH den Strom-Tarif um 0,95 Cent/kWh (netto) erhöht.
Als Begründung wurde neben gestiegenen Bezugskosten (Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt) angegeben, dass sich zudem die Zuschüsse für regenerative Energien, geregelt durch das Erneuerbare-Ernergien-Gesetz (EEG)  erhöhen…Mehr als die Hälfte der Strompreiserhöhung geht auf die verstärkte Stromerzeugung aus regenerativen Energien und deren Subventionierung durch das EEG zurück. Mit den neuen Tarifen zahlt somit jeder Stromkunde 1,25 Cent/kWh für die Förderung regenerativer Energie, mit steigender Tendenz…“
Verschwiegen wird die Senkung der KWK-Umlage um 31,1 %.

Sie erhalten eine Datei (EXCEL-Format) mit der Tarifentwicklung der Stadtwerke Lingen GmbH vom 01.01.2006 bis 01.01.2008.   Anlage

Demnach erhöht sich bei der Stadtwerke Lingen GmbH der EEG-Aufschlag  von 0,745 (2007) um 0,505 ab 01.01.2008 auf 1,250 Cent/kWh (+ 67,8 %)

Haben Sie Anhaltspunkte für eine derartige Erhöhung?

Wer kontrolliert und prüft die EEG-Umlage als Preisbestandteil an den Endverbraucher?
Wer oder was schützt den Endverbraucher vor Willkür in der Gestaltung der EEG-Umlage?
Wird die Kontrolle von der Bundes-Netzagentur durchgeführt?

Die gesetzliche Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG 2005) wird so recht nicht gewürdigt – außer im Sondergutachten  „Strom und Gas 2007“der Monopolkommission. Die Monopolkommission spricht  von „Vermachtete Marktstruktur... sieht in der bloßen Weitergabe von Kosten eines Quasi-Monopolisten eine große Gefahr, da diese Kosten in der Regel überhöht sind…\" Das EnWG gilt auf allen Handelsstufen.
„§ 1 (1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.
§ 2 (1) Energieversorgungsunternehmen sind im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu einer Versorgung im Rahmen des § 1 dieses Gesetzes verpflichtet.“

Daraus erwächst den regionalen Versorgern, wie z.B. den Stadtwerken eine vertragliche Nebenpflicht gegenüber ihren Kunden, da sie als kommunales Unternehmen einen öffentlichen Zweck erfüllen und  eine preisgünstige Versorgung garantieren müssen.

Die Endverbraucher haben auch einen Anspruch auf Transparenz.
Erforderlich ist, die einzelnen Preisbestandteile in der Stromrechnung deutlicher aufzuschlüsseln. Ergänzt werden könnte hierzu z.B. der § 42 EnWG  „Stromkennzeichnung, Transparenz der Stromrechnungen“. Im Absatz 6 steht zurzeit: „Elektrizitätsunternehmen sind verpflichtet, in ihren Rechnungen an Letztverbraucher das Entgelt für den Netzzugang gesondert auszuweisen.“
Wie eine „transparente“ Stromrechnung aussehen kann, zeigte vor einiger Zeit  die Stadtwerke Wittenberge GmbH auf ihrer Web-Seite: http://www.stadtwerke-wittenberge.de unter „Rohrpost“.  Die Muster-Rechnung ist auf Seite 2 ersichtlich   Anlage
Auch im „Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG)“ lautet der § 15 „Transparenz“: Abs. 2 Satz 1  „Netzbetreiber und Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind verpflichtet, auf ihren Internetseiten …2. einen Bericht … zu veröffentlichen …“
Zwischen den Berichten der Stadtwerke Lingen GmbH und der Stadtwerke Rotenburg (Wümme) GmbH besteht schon ein großer Unterschied.
Wer kontrolliert hier eine gesetzeskonforme Veröffentlichung?

Der neue Chef von RWE, Jürgen Großmann, lässt in großformatigen vierseitigen Anzeigen-Beilagen u.a. verkünden:
„Um zufriedene Kunden zu haben, braucht man Vertrauen. Das wollen wir aufbauen. …So ist auch die Politik gefordert. Zunächst durch Ehrlichkeit. Die Höhe der Strompreise deutscher Haushalte wird heute zu 70 Prozent vom Staat bestimmt oder beeinflusst. Dies wird leider oft verschwiegen. …Diese Fakten müssen vorurteilsfrei diskutiert und den Kunden verständlich gemacht werden – jenseits von Demagogie und Ideologie…“
Gegenüber dem „SPIEGEL“ hatte er geäußert: „Uns wird nicht mehr abgenommen, dass wir ehrbare Kaufleute sind. Unsere Denke muss sich ändern. …“
 –  Wie wahr!

Die Strompreise werden nicht zu 70 Prozent vom Staat bestimmt oder beeinflusst. Am 01.01.2008 beträgt der „originäre“ Steueranteil am Bruttopreis (Stromsteuer und Umsatzsteuer) 25,8 %. Die staatlich veranlassten Umlagen (EEG, KWK) betragen 7,0 %. Soviel zu Ehrlichkeit und Demagogie!

Der Präsident des Bundeskartellamtes, Bernhard Heitzer, hat sich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung am 26.10.2007 u.a. wie folgt geäußert: „…Die angekündigten Preiserhöhungen von Eon und RWE seien ‚dreist’. …Denn hinter einer Missbrauchsuntersuchung steht ja sehr deutlich der Vorwurf ,ihr handelt unredlich’. Die Reputation der Energiewirtschaft ist schon hinreichend ramponiert …“

 „…E,on, RWE und Co. legen eine bemerkenswerte Mischung aus Arroganz und Aggressivität an den Tag. ...Ihre Manager sind Gebietsfürsten und so benehmen sie sich auch. …(DIE ZEIT 08.11.2007).“

Die Energiewirtschaft hat bei den Verbrauchern jegliche Glaubwürdigkeit eingebüßt.
Inzwischen fühlt sich der Verbraucher in vielen Bereichen besser in Europa aufgehoben, auch bei der EU-Wettbewerbskommission.
Die Politiker sollten das bedenken, denn Energieverbraucher sind auch Wähler.

Mit freundlichen Grüßen   Anlagen

 

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