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Autor Thema: Frage zu Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel  (Gelesen 4954 mal)

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Offline alx

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Frage zu Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel
« am: 11. Dezember 2007, 23:08:53 »
Hallo zusammen,

ich habe eine konkrete Frage zu einer Preisanpassungsklausel.
Wenn der Versorger sich auf eine Klausel im Verhältnis mit dem Vorlieferanten bezieht, diese aber ungültig ist - dann wäre die Preisbildung doch insgesamt unbillig, oder?!

Konkret:
Mein Versorger hat beim Vorlieferant folgende Klausel:

AP = 0,7550 + 0,08188 x (HEL - 18,17) + 0,00077 x (INV - 84,2) Cent/kWh


nach ein wenig Stöbern im Forum wurde ich hier indirekt fündig:
http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=8267&hilight=klausel

Zitat
Möglicherweise erweisen sich deshalb auch Indexklauseln (HEL- Bindung) innerhalb von Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unwirksam, weil sie gerade nicht an die tatsächliche Kostenentwicklung anknüpfen und damit geeignet sind, den Gewinnanteil am Preis nachträglich zu erhöhen.

Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der gesamte Verbrauchspreis sich nach einer solchen Indexklausel ändert, obschon sich allenfalls die Bezugskosten des Versorgers durch eine entsprechende Indexierung im Vorlieferantenvertrag ändern können, nicht aber der Anteil des Verbrauchspreises, der auf Netzkosten, Allgemeine Verwaltungskosten, Steuern und Abgaben usw. entfällt.

Bei tendenziell steigenden Ölpreisen und infolge der Anreizregulierung tendenziell sinkenden Netzkosten, von denen die gesamte Energiewirtschaft nach dauerndem Bekunden ausgeht (etwa Dr. Bernotat für E.ON: \"Die Zeiten billiger Energie sind vorbei.\"), sind entsprechende Indexierungen der Endverbraucherpreise von Anfang an darauf angelegt, den Gewinnanteil des Versorgungsunternehmens an den Endverbraucherpreisen zu erhöhen, was eine unangemessene Benachteiligung der Kunden darstellt.

Wie ist denn die Anpassungsklausel vor diesem Hintergrund zu bewerten? Wäre diese substantiell angreifbar, selbst wenn die Verbraucher selbst in der Grundversorgung versorgt werden?

Merci für fundierte Einschätzungen
Alex
E.R.N.A. - Energie-Rebellen Neckar-Alb
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Offline RR-E-ft

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Frage zu Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel
« Antwort #1 am: 12. Dezember 2007, 12:08:00 »
@alx

Fraglich, ob es sich bei dieser Regelung zwischen Vorlieferant und Versorger überhaupt um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterliegt. Es könnte sich auch um eine Individualabrede handeln, die also keine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt.

Verwendet der Vorlieferant diese Klausel allerdings gegenüber allen vergleichbaren Kunden, so spricht einiges dafür, dass es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Dies ist schon dann der Fall, wenn die Absicht der mehrfachen Verwendung besteht.

Dafür, dass der Vorlieferant diese Klausel gegenüber allen Kunden verwendet, spricht das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot gem. §§ 19, 20 GWB.

Nichts genaues weiß man nicht, weil die deutsche Gaswirtschaft äußerst konspirativ arbeitet, was entsprechende Vertraulichkeitsklauseln in den Verträgen deutlich belegen. Ein Marktpreis hingegen, der sich im wirksamen Wettbewerb tatsächlich  über Angebot und Nachfrage bildet, kann nie ein Geheimnis sein, sondern liegt offen Zu Tage.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob man überhaupt auf eine solche Klausel abstellen kann oder ob man nicht wegen der Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Gasversorgung auf die Marktpreise auf dem Markt für die Belieferung von Weiterverteilern (Stadtwererken und Regionalversorger) abzustellen hat.

Zwar kennt man diese Marktpreise nicht. Jedoch ist klar, dass sich diese Marktpreise auf dem Großhandelsmarkt nicht anders entwickeln können als die Erdgasimportpreise, da die Marktpreise sich im Wettbewerb bilden müssen aus dem Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze plus den Transportkosten von der deutschen Grenze zur konkreten Übergabestelle.  

Gewiss ist auch, dass es noch keinem gelungen ist, eine mathematische Formel zu entwickeln, mit welcher sich ein zukünftiger Marktpreis für eine Dienstleistung oder Ware antezipieren ließe. Das ist ebenso wenig möglich, wie die Lottozahlen der nächsten Ziehungen mit einer mathematischen Formel zu treffen bzw. noch weniger möglich.

Mit anderen Worten:

Hat der Versorger mit dem Vorlieferanten eine Preisbildung vereinbart, die zu Bezugspreisen führt, die deutlich über den Marktpreisen (Großhandelspreisen) liegen, so können solche Bezugskosten ebenso wenig in Ansatz gebracht werden, wie Netzkosten, die daraus resultieren, dass der Netzbetreiber nur Gasrohre aus meterdickem Massivgold verlegt hat, die alle zehn Zentimeter mit einem Ring aus Brillanten besetzt sind.

Es können also gerade nicht jedewede Kosten in Ansatz gebracht werden, sondern nur diejenigen angemessenen  Kosten einer energiewirtschaftlich- rationellen, effizienten Betriebsführung.

Das an HEL- Preise gekoppelte Vorlieferantenpreise einer solchen Betriebsführung entsprechen, steht zu bezweifeln. Dagegen spricht die Entwicklung der Erdgasimportpreise und somit der Großhandelspreise für Erdgas, die seit 2003 weit weniger stark angestiegen waren.

Die Erdgasimportpreise sind eben gerade nicht an HEL gekoppelt. Vielmehr besteht eine Kopplung an Rohölnotierungen am Marktort Rotterdam. Für Stadtwerke und Weiterverteiler am einfachsten wäre es, die Gasbezugskosten an die Entwicklung des vom BAFA Eschborn ermittelnen Wertes der Ware Erdgas an der deutschen Grenze zu koppeln, also auf die Erdgasimportpreise zu indexieren.

So könnte ausgeschlossen werden, dass Erdgasimportuere und Ferngasgesellschaften innerhalb der bestehenden Lieferkette zu Lasten der Stadtwerke und diesen nachgeordneten Erdgaskunden zusätzlichen Profit in Milliardenhöhe erwirtschaften.

Eigentlich ganz einfach:

Gasgebundene Erdgaspreise.

Solche gibt es bereits in Erdgasimportverträgen von Regionalversorgern. So liefert etwa die niederländische TerraGas (früher Gasunie) Gasmengen nach Deutschland, die an Erdgaspreise angebunden sind. Ein namhafter Gasversorger, der selbst Erdgas importiert,  hat entsprechende Unterlagen bei Gericht vorgelegt, aus denen dies eindeutig hervorgeht.

Die genannte Klausel lässt auf einiges schließen:

Der erste Summand ist ein Mindestpreis, der nicht unterschritten wird.

Der zweite Summand stellt die Anlegbarkeit an Heizöl dar, wobei dieser Wert bei HEL > 18,17 immer positiv ist, so dass sich ein oberhalb des ersten Summanden liegender Mindestpreis ergibt. Ich weiß nicht, ob es je einen HEL- Wert unterhalb 18,17 EUR/ hl gab. Ernstlich erwartet wird er von niemandem in der Branche.

Der dritte Sumammd soll wohl die Netzkosten, also die Gastransportkosten abbilden, wobei diese an den Investitionsgüterindex gekoppelt sind.

Man sieht also schon deutlich, dass es sich um keine Preisbildung nach Angebot und Nachfrage handelt. Denn eine Preisbildung nach Angebot und Nachfrage kennt gerade keinen Mindestpreis.

Mit anderen Worten:

Die Heizölpreise können theoretisch auch auf 5 EUR/ hl oder darunter absinken, etwa wenn - aus welchen Gründen auch immer -  niemand mehr Heizöl nachfragt. Bezogenes Erdgas soll hingegen wohl einen Mindestpreis haben, ohne dass dafür ein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich wäre.

Offline alx

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Frage zu Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel
« Antwort #2 am: 15. Dezember 2007, 22:23:33 »
@RR-E-ft:

Merci für die informative Antwort.

Mal schauen wie das Gericht das wertet...

weihnachtlicher Gruß
Alex
E.R.N.A. - Energie-Rebellen Neckar-Alb
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Offline marwil

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Frage zu Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel
« Antwort #3 am: 16. Dezember 2007, 11:19:33 »
Neue(?) \"Knebelklausel\" bei Kürzung/Zahlungsverweigerung/Aufrechnung!?
In einem neuen Sonderertragsangebot (unter \"Lieferbedingungen\" auf einem Extrablatt entdecke ich eine Klausel, die ich bisher noch nirgendwo entdeckt habe:

4.4. \"Gegen Ansprüche des Lieferanten kann nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufgerechnet werden.\"

Will der Versorger damit unsere Vorgehensweisen mit Eigenberechnung und Kürzung auf \"eingefrorenen\" Betrag aushebeln?
Ist das rechtlich wirksam?
Verwenden schon andere Versorger diese  oder ähnliche Klauseln?

Offline eislud

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Frage zu Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel
« Antwort #4 am: 16. Dezember 2007, 17:37:00 »
@marwil
Identisches gibt es bereits in der StromGVV und GasGVV.
Zitat
§ 17 Zahlung, Verzug
...
(3) Gegen Ansprüche des Grundversorgers kann vom Kunden nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufgerechnet werden.
Guckst Du vielleicht auch noch hier.

Gruss eislud

Offline marwil

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Frage zu Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel
« Antwort #5 am: 17. Dezember 2007, 11:21:12 »
@eislud

Herzlichen Dank für die schnelle Antwort.
Ich sehe, dass das  Forum inzwischen recht unübersichtlich ist, wenn spezielle Fragen auftauchen, die für andere gar nichts Spezielles mehr an sich haben. Also intensiver durchforsten.
Allerdings ist die Situation inzwischen so, dass man überall Fallstricke wittert. Man kann ja nun wohl erwarten, dass die Versorger jede Gelegenheit nutzen, bestehende Verträge zu kündigen (soweit es sich um Sonderverträge handelt) um neue Verträge mit \"knebelnden\" Klauseln abzuschließen.
Das gleiche Problem besteht ja auch beim allseits propagierten Wechsel
Grüße und frohes Fest
marwil

Offline RR-E-ft

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Frage zu Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel
« Antwort #6 am: 17. Dezember 2007, 22:16:18 »
@marwil

Sie tragen doch gerade dazu bei, dass das Forum unübersichtlich wird....
Ihr Beitrag hat grade nichts in dem Thread zur Preisanpassungsklausel zu suchen.

 

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