Quelle:
http://www.dewezet.de 24.03.2005
Genehmigt: Stadtwerke durften den Gaspreis erhöhen
Landeskartellbehörde Niedersachsen bescheinigt \"Angemessenheit\" der Preissteigerung um 0,41 Cent/kWh
Hameln (wul). Es bleibt dabei: Wer von den Hamelner Stadtwerken Gas bezieht, muss seit dem 1. Dezember und bis auf weiteres 0,41 Cent pro Kilowattstunde mehr zahlen - daran haben auch die Proteste von rund 230 Kunden nichtsändern können. Die Landeskartellbehörde Niedersachsen hat die Preiserhöhung, die durchschnittlich 8,8 Prozent beträgt, als \"angemessen\" eingestuft und damit den Einsprüchen die Basis entzogen.
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Mehr zum Thema \"Gaspreise\" im Lokalen Zeitungsarchiv der Dewezet unter
http://www.dewezet.de Stichwort \" Gaspreis Hameln \"
Anmerkung:
Es verhält sich hier nicht anders als bei E.on Hanse. Die Kartellbehörde entscheidet nur, ob sie ein förmliches Preismissbrauchsverfahren einleitet oder nicht. Sie entscheidet weder über die \"Angemessenheit\" der Preiserhöhung, noch wird diese genehmigt.
Nach dem Urteil des BGH vom 05.02.2003 VIII ZR 111/02 ist die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle von der Kartellrechtlichen Preismissbrauchskontrolle eindeutig zu unterscheiden.
Dass kein kartellrechtliches Verfahren eingeleitet wurde besagt also nicht, dass die Preiserhöhungen der Billigkeit im Sinne von § 315 BGB entsprachen. Lediglich bei einer kartellrechtlichen Missbrauchsverfügung hätte festgestanden, dass die Preiserhöhungen in jedem Falle unbillig waren. Eine Klärung der Frage der Billigkeit gem. § 315 BGB kann nur durch Offenlegung der Preiskalkulation erfolgen.
Deshalb folgende Mail vom 24.03.2005 an
redaktion@dewezet.de:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich nehme Bezug auf Ihren Beitrag \"Hameln- Gaspreiserhöhung genehmigt\" in der DEWEZET (
http://www.dewezet.de) vom 24.03.2005.
Es verhält sich dabei wohl nicht anders als bei E.on Hanse AG, die ebenfalls behauptet hatte, das Bundeskartellamt habe deren Preiserhöhungen als \"angemessen\" bezeichnet und die deshalb vom Bund der Energieverbraucher e.V. erfolgreich abgemahnt wurde und diese Behauptung nun nicht mehr aufstellen darf.
Dies hat folgenden Hintergrund:
Die Kartellbehörde entscheidet nur, ob sie ein förmliches Preismissbrauchsverfahren einleitet oder nicht.
Sie entscheidet weder über die \"Angemessenheit\" der Preiserhöhung, noch wird diese etwa \"genehmigt\".
Hierzu können Sie sich gern im zuständigen Ministerium selbst kundig machen.
Nach dem Urteil des BGH vom 05.02.2003, VIII ZR 111/02, abrufbar unter
http://www.bundesgerichtshof.de (Entscheidungen) ist die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB von der Kartellrechtlichen Preismissbrauchskontrolle eindeutig zu unterscheiden.
Die Grenzen beider Kontrollen sind juristisch nicht identisch. Eine gerichtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB findet deshalb unabhängig von einer kartellrechtlichen Preismissbrauchsaufsicht statt. Dabei ist die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB weit schärfer und strenger:
Dabei werden nicht die Preise wie im Kartellrecht nach einem \"Vergleichsmarktkonzept\" mit anderen Versorgern verglichen.
Vielmehr wird geprüft, ob die Preiserhöhungen tatsächlich nur der Weitergabe von Preiserhöhungen der Vorlieferanten dienten oder aber dabei auch der eigene Gewinnanteil des Gasversorgers am Erdgaspreis gestiegen ist, was nach der Rechtsprechung des BGH gerade \"unbillig\" wäre.
Mit anderen Worten:
Selbst der günstigste Gasversorger in Deutschland könnte seine Preise im Sinne der Rechtsprechung des BGH \"unbillig\" erhöht haben, ohne jemals ein Einschreiten der Kartellbehörden deshalb zu besorgen.
Dass kein kartellrechtliches Verfahren eingeleitet wurde besagt deshalb nicht, dass die Preiserhöhungen der Billigkeit im Sinne von § 315 BGB entsprachen und mithin \"angemessen\" waren.
Lediglich bei einer kartellrechtlichen Missbrauchsverfügung hätte festgestanden, dass die Preiserhöhungen in jedem Falle unbillig waren.
Eine Klärung der Frage der Billigkeit gem. § 315 BGB kann deshalb abschließend weiterhin nur durch Offenlegung der Preiskalkulation erfolgen.
Die von den Preiserhöhungen betroffenen Kunden sollten deshalb Ihre Einsprüche und entsprechenden Vorbehalte der Rückforderung unbedingt aufrecht erhalten.
Wenn die Stadtwerke Zahlungsverweigerer, die es durchaus auch in Hameln gibt, verklagen sollten und dabei vor Gericht ihre Kalkulation offen legen müssen, so zum Beispiel Amtsgericht Heilbronn Beschluss vom 4 .2.2005, Az. 15 C 4394/04, (einsehbar unter
http://www.energiepreise-runter.de -> Neuigkeiten) und sich dabei herausstellt, dass die Preiserhöhungen gerade nicht der Billigkeit entsprachen, können sich alle Vorbehaltszahler auch darauf berufen und von den Stadtwerken Geld wieder zurück fordern.
Es steht jedoch zu erwarten, dass die Stadtwerke Hameln wegen des vorgenannten Risikos Zahlungsverweigerer schon nicht verklagen werden, so wie alle anderen Gasversorger bisher in Deutschland, wie auch der BGW Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft jüngst gegenüber dem Berliner \"Tagesspiegel\" einräumte.
Demnach ist in Deutschland deshalb bisher noch kein einziger Zahlungsverweigerer verklagt oder abgesperrt worden.
Weil die Versorger nicht klagen, um nicht Gefahr zu laufen, ihre Kalkulation vor Gericht offen legen zu müssen, gibt es jetzt entsprechende Klagen von Verbrauchern, um die Gasversorger zu zwingen, \"die Karten auf den Tisch zu legen\":
Ein solches Verfahren ist das oben genannte vor dem Amtsgericht Heilbronn. Die Verbraucherzentrale Hamburg (
http://www.vzhh.de ) will nach eigenen Angaben noch in diesem Monat die E.on Hanse AG mit einer entsprechenden Sammelklage vor dem Landgericht verklagen, um endlich Klarheit zu schaffen.
Nach alldem ist die Pressemitteilung der Stadtwerke Hameln unzutreffend, als darin zum Ausdruck gebracht wird, über die Angemessenheit ihrer Gaspreiserhöhungen sei schon abschließend entschieden.
Hierüber hatte ich mit dem im Artikel genannten Mitarbeiter der Stadtwerke Hameln, Herrn Klemme, auch bereits in der letzten Woche gesprochen.
Dem Unternehmen sind die Entwicklungen in der aktuellen Auseinandersetzung, insbesondere auch in Hamburg und Heilbronn durchaus bekannt. Die Entwicklung wird von der gesamten Branche mit großem Interesse verfolgt.
Die entsprechende Pressemitteilung der Stadtwerke Hameln ist deshalb inhaltlich nicht nachvollziehbar.
Auch Sie laufen deshalb Gefahr, mit Ihrem entsprechenden Artikel die Verbraucher falsch zu informieren.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt