Hallo,
auch ich habe das Musterschreiben zum BGH-Urteil an meinen Versorger (Stadtwerke Willich) abgeschickt, nachdem zunächst nur eine Eingangsbestätigung zurück kam hat man jetzt einen Anwalt eingeschaltet, der mich aufgefordert hat den offenen Betrag bis zum 9.11.07 zu überweisen andernfalls wäre er beauftragt ohne weitere Ankündigung die Forderung gerichtlich durchzusetzen.
Langsam wird mir jetzt schon etwas mulmig, aber so leicht möchte ich nicht aufgeben und habe dazu mal zwei Fragen:
1. Ist in jedem Fall mit einem Gerichtsverfahren zu rechnen, wenn ich nicht zahle? Ich meine im Hinblick auf den letzten Satz (s.u.) oder kann es auch sein, daß man nur versucht mich unter Druck zu setzen?
2. Ich will vor Ablauf der Frist den Anwalt mit einem Antwortschreiben noch einmal auf die Weitergabe von Kostensenkungen (lt. dem BGH-Urteil) aufmerksam machen und das es eben nicht nur auf die Bezugspreise ankommt. Worauf er sich aber in seinem Schreiben bezieht. Macht so ein Schreiben überhaupt Sinn oder bringt das eh nichts, da ich auf jeden Fall verklagt werde wenn ich nicht zahle?
Ich habe das Schreiben des Anwalts mal eingescannt und als Text erfasst (ist leider etwas lang):
\"Gaspreiswiderspruch vom 08.02.2006 gegen Preisanpassungen und Widerspruch
vom 07.11.2006 gegen die Jahresabrechnung vom 26.10.2006 der
Stadtwerke Willich GmbH Kundennummer: XXXX
Sehr geehrter Herr XXX,
hiermit dürfen wir Ihnen anzeigen, dass uns die Stadtwerke Willich mit der Wahrnehmung ihrer Rechte in 0.g. Angelegenheit beauftragt haben.
Mit Schreiben vom 02.08.2006 haben Sie der Preisanpassungen zum 01.10.2005
und zum 01.01.2006 sowie mit Schreiben vom 07.11.2006 der Jahresabrechnung
vom 26.10.2006 unserer Mandantin für die Lieferung von Gas zum widersprochen
und die in dieser Zeit erfolgten Preisanpassungen als unbillig i.S.v. § 315 BGB beanstandet.
Diese Einschätzung der von Seiten unserer Mandantin vorgenommenen Preisanpassungen teilen wir nicht. Wir möchten nachfolgend zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung noch einmal versuchen Ihnen zu erläutern welche Gründe für unsere Mandantin maßgeblic waren, die Preisanpassungen vorzunehmen.
Unsere Mandantin steht auf dem deutschen Strom- und Gasmarkt als Stadtwerk am unteren Ende einer Wertschöpfungskett von Erzeugung - Handel - Transport und Vertrieb. Die Stadtwerke, die in Deutschland einen Großteil der in Haushalten benötigte Energie an die Endkunden verteilen und vertreiben, sind - entgegen einer vielfach undifferenzierten und unaufgeklärten Berichterstattung in den Medien - dabei nicht die maßgebliche preisbestimmenden Akteure, sondern genau wie ihre Endkunden Marktteilnehmer, die die zu liefernde Energie auf der vorgelagerten Marktstufe selbst einkaufen müssen Marktbestimmend sind die vier großen Energiekonzerne E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall, die insbesondere maßgeblich für die Energieerzeugung (Strom) bzw. die Energieimporte (Erdgas) verantwortlich sind. Unsere Mandantin ist hinsichtlich ihrer Preisgestaltung daher an viele Faktoren gebunden, auf die sie selbst keinen Einfluss hat, wie die Entwicklung der Weltmarktpreise - vor allem Öl -, die Preispolitik der vier großen Energiekonzerne in Deutschland sowie schließlich auf die Belastung der Energiepreise durch gesetzliche Abgaben, die einen Großteil des Endpreises ausmachen.
Bei den von Ihnen beanstandeten Preisanpassungen hat unsere Mandantin den Preis für Erdgas zum 01.10.2005 um 0,30 Cent/kWh zum 01.01.2006 um 0,40 Cent/kW und zum 01.10.2006 um 0,35 Cent/kW erhöht (Summe: 1,05 Cent/kWh) Im gleichen Zeitraum sind die Bezugskosten unserer Mandantin um 1,08 Cent/kW gestiegen. Obwohl unsere Mandantin ihren Kunden attraktive Angebote machen möchte und daher im Rahmen ihrer Einkaufspolitik sehr bemüht ist, auf dem vorgelagerten Markt besonders günstige Konditionen für den Energiebezug zu erzielen, mussten die gestiegenen Bezugskosten in die neuen Tarife aufgenommen werden. In gleicher Weise hat unsere Mandantin Änderungen des Bezugspreises nach unten an ihre Kunden weitergegeben und den Erdgastarif für Haushaltskunden zum 01.01.2007 um 0,13 Cent/kWh und zum 01.04.2007 um 0,26 Cent/kWh gesenkt.
Dieses Verhalten steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vollkommen in Einklang.Energieversorgungsunternehmen dürfen Bezugskostensteigerungen danach selbstverständlich an ihre Kunden weitergeben und werden, um ihre Versorgungsleistungen auch in Zukunft erbringen zu können hierzu in aller Regel auch gezwungen sein. Rechtsgrundlage für Preiserhöhungen bis zum 08.11.2006 ist § 4 Abs. 2 der „Verordnung über die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit Gas\" (AVBGasV), seit dem 08.1 1.2006 § 5 Abs. 2 der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGW). Die Bestimmung des § 5 Abs. 2 GasGVV gewährt dem Energieversorgungsunternehmen die Befugnis, Preisänderungen (Erhöhungen und Senkungen) einseitig vorzunehmen, wobei die Änderungen nur dann wirksam wird, wenn sie mindestens sechs Wochen vor dem beabsichtigten Termin öffentlich bekannt gemacht worden ist. Der Grund für diese gesetzliche Regelung liegt darin, dass die Energieversorgungsunternehmen wirtschaftlich in der Lage sein müssen auf veränderte Beschaffungskosten reagieren zu können. Ohne diese Regelung müssten die Stromlieferverträge zwischen Energieversorger und Kunden nach ganz kurzen Zeitintervallen beendet und neue Verträge zu den geänderte Preisen geschlossen werden.
Als Ausgleich für das dem Energieversorger zugewiesene Anpassungsrecht steht dem Kunden die Befugnis zu, die Billigkeit einer Preiserhöhung nach § 315 BGB gerichtlich überprüfen zu lassen. Der Einwand der Unbilligkeit führt dabei nicht dazu, dass der von einem Energieversorger in Rechnung gestellte Preis auf Grund allgemeiner Gerechtigkeitsempfindungen durch das entscheidende Gericht abgesenkt wird. Soweit Verbraucherzentralen oder Verbrauchervereine ein solches Bild vermitteln, ist dieses unzutreffend.
Die gerichtliche Preiskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB verlangt von dem Energieversorger lediglich, dass er nachvollziehbar darlegt, wie der von ihm festgesetzte Preis zustande gekommen ist. Dabei ist es nach der aktuellen Entscheidung des BGH vom 13.06.2007 ausdrücklich nicht erforderlich, dass das Versorgungsunternehmen seine vollständige Preiskalkulation offenlegt. Ausreichend ist es, wenn nachvollziehbar dargelegt wird, dass lediglich gestiegene Bezugskosten an die Endkunden weitergegeben worden sind. Dies hat unsere Mandantin mit Schreiben vom 13.02.2006 Ihnen gegenüber bereits ausführlich getan; dem gleichen Zweck dienen auch die vorstehenden Erläuterungen. Ein Rechtsstreit, in dem der von Ihnen geltend gemachte Einwand aus § 315 BGB weiterhin Aufrecht erhalten wird, würde die Situation nur insofern verändern als unsere Mandantin von dem entscheidenden
Gericht möglicherweise aufgefordert würde zusätzliche Unterlagen beizubringen, die die Bezugskostensteigerung dokumentieren. In einem solchen Fall würde die einschlägigen Geschäftsunterlagen von uns zusammengestellt und die Bezugskostensteigerung vollständig nachgewiesen. In der Sache - nämlich an der Angemessenheit der von unserer Mandantin vorgenommenen Preiserhöhungen - ändert sich auch durch ein solch aufwändiges Verfahren nichts.
Wir fordern Sie daher letztmalig auf, den ausstehenden Betrag von 468,97 EUR (per 22.10.2007) bis
Freitag, 09.1 1.2007
auf das Ihnen bekannte Konto unserer Mandantin zu zahlen.
Sollten Sie dieser Zahlungsaufforderung nicht fristgemäß nachkommen, sind wir beauftragt die offene Forderung ohne weitere Ankündigung gerichtlich durchzusetzen.\"