@Energienetz
Original von energienetz
Wer sich jetzt aufregt über meine Kritik an Dumpingpreisen, der ist möglicherweise der erste, der sich nach einer Pleite von xxxx aufregt, weil Verbraucherbelange ungeschützt geblieben sind.
Der Strommarkt besteht nicht nur aus günstigen Preisen!
Richtig ist, dass der deutsche Strommarkt für Haushaltskunden derzeit
überhaupt nicht aus günstigen Preisen besteht. \"Nicht nur\" wäre also beschönigend für die derzeitige Situation.
\"Dumpingpreise\" als solche sind vollkommen unproblematisch, jedenfalls für die Verbraucher. \"Dumpingpreise\" der einen sind immer noch sehr profitable Preise für andere, die jedoch der wirtschaftlichen Logik der Profitmaximierung folgend zu solchen Preisen Strom freiwillig nicht anbieten werden.
Es entsteht m. E. nach dem Artikel der unzutreffende Eindruck, Billiganbieter oder gar Billigstanbieter seien
per se unseriös, Strompreisangebote unterhalb der genannten 17,8 Cent/ kWh + X seien verdächtig, nicht kostendeckende Dumpingpreise zu sein, die zwangsläufig zur Pleite des Anbieters führen müssten, wodurch für Verbraucher großes Ungemach drohe.
Diese Kausalkette ist unzutreffend.
Man konnte sie bisher so ähnlich vom VDEW vernehmen.
Und auch die ZfK ist immerhin das Verbandsorgan eines Lobbyverbandes.
Tenor: \"Strom geht gar nicht billiger\". Solche Aussagen darf man nicht durch Resonanz verstärken.
Verbraucher könnten dadurch abgehalten werden, von entsprechenden günstigen Angeboten überhaupt erst Gebrauch zu machen. Der Preis von 17,8 Cent/ kWh + X kann also als Kriterium für Seriosität missverstanden und von etablierten Versorgern missgedeutet werden, obschon ein solcher von einem Energiekonzern geforderter Preis alles andere als reell, nämlich deutlich überteuert sein kann.
Nicht ein günstiger Preis an sich ist bedenklich, sondern die besonderen Bedingungen drumherum, mit denen sie oft verknüpft werden.
Deshalb ist schon die Überschrift \"Hände weg von Billigstrom\" leider sehr unglücklich gewählt.
Kritisch sind Vorauskasse und Paketpreise zu beurteilen.
Bei ersterer kann man fast sicher sein, dass im Falle der Insolvenz des Unternehmens das bereits gezahlte Geld verloren ist und man deshalb den Strom, den man dann von einem anderen Lieferanten (ob in der Grund- oder Erstatzversorgung bzw. bei einem neuen Lieferanten) bezieht, vollständig an diesen bezahlen muss.
In einem solchen Fall wird also der bereits im Voraus bezahlte Strom später nicht geliefert.
Das ist kein spezielles Problem des Strommarktes, sondern überhaupt von Vorauskassezahlungen, etwa beim Möbelkauf in der Hoffnung, dass alles gut geht und die Ware später auch tatsächlich geliefert wird.
Das Problem ist nur vielen sonst im alltäglichen Leben nicht bewusst.
Gerade beim Möbelkauf droht größerer wirtschaftlicher Schaden als beim Stromlieferanten.
Anbieter mit Vorauskasse nehmen für sich in Anspruch, dass sie gerade wegen der Vorauskasse günstiger anbieten könnten. Insoweit stehe einem Risiko auch eine entsprechende Chance gegenüber.
Das muss man den Verbrauchern nur bewusst machen, so dass sie sich bewusst entscheiden können, ob sie das Risiko eingehen wollen, um die Chance wahrzunehmen.
Bei Paketpreisen verstehen viele Verbraucher nicht, dass das Paket auch dann komplett bezahlt werden soll, wenn weniger Strom bezogen wurde (take or pay) und dass bei Überschreiten des vereinbarten Kontigents ein deutlich höherer Preis als Pönale zu zahlen ist, so dass sich das Angebot hinterher insgesamt als wenig kalkulierbar, ja riskant erweisen kann.
Auch dabei nehmen die Anbieter für sich in Anspruch, dass dem Risiko andererseits die Chance auf deutlich günstigere Strompreise gegenüberstünde. Dieses Preismodell wird auch auf vorgelagerten Marktstufen auf dem Strommarkt verwendet, wird folglich nur auf den Endkundenmarkt übertragen.
Auch dabei kommt es darauf an, Verbraucher über die Chancen und Risiken aufzuklären, so dass diese sich gut informiert bewusst dafür oder dagegen entscheiden können.
Prepaid- Preismodelle sind auch aus anderen Bereichen, etwa dem Mobilfunk bekannt.
Sollten einzelne Anbieter mit intransparenten Vertragsbedingungen innerhalb ihrer AGB auf dem Markt unterwegs sein, haben qualifizierte Verbraucherverbände die Möglichkeit, solche gem. UklaG abzumahnen und ggf. auf Unterlassung zu verklagen.
Gibt es ein Angebot für Strom zu 10 Cent/ kWh mit normaler monatlicher Abschlagszahlung und Jahresverbrauchsabrechnung, mag dies als Billigstpreis erscheinen, wo man sich fragen mag, ob wohl die Kosten gedeckt sein können. Es wäre indes überhaupt kein Grund, vor einem solchen Angebot zu warnen. Im Gegenteil.
Schließlich wird keine Vorauszahlung für einen langen Zeitraum geleistet.
Ob also XXX dadurch Pleite geht, ist für den Verbraucher grundsätzlich völlig belanglos, kommt eben ein anderer Lieferant zum Zuge. Schließlich herrscht Wettbewerb.
Sollte der Lieferant nicht mehr liefern können, kommt weiter Strom aus der Steckdose, erhält man als Haushaltskunden unverzüglich vom Grundversorger eine Mitteilung über die aufgenommene Ersatzbelieferung und kann sich schnell einen neuen Lieferanten wählen.
Für die zu überbrückende Zwischenzeit zahlt man als Haushaltskunde in der Ersatzversorgung den Grundversorgungstarif des Grundversorgers. In jedem Falle zahlt man nur den tatsächlich bezogenen Strom.
Entscheiden sich sehr viele Verbraucher für ein solches Billigstangebot, werden die etablierten Lieferanten nicht umhinkommen, sich auch in diese Richtung bis zur Schmerzgrenze zu bewegen, bis sie ihren Kundenstamm wieder stabilisiert haben.
Deshalb kann es durchaus sinnvoll sein, große Kundenbewegungen zu solchen Billigstanbietern zu unterstützen, auch wenn man nicht von der Seriosität der Kalkulation im Sinne eines ordentlichen Strom- Kaufmanns überzeugt ist.
Bisher verhindert der drohende Wechsel allenfalls einen weiteren Strompreisanstieg. Will man über diesen Mechanismus jedoch ein deutliches Absinken des überteuerten Strompreisniveaus erreichen, bedarf es ganz anderer Kaliber.
Tic, Zeus- Strom, Stromvertrieb 2000, ares ... waren teilweise windige Glücksritter, teilweise ordentliche Unternehmen, die durch das hinhaltnde Gebaren der Netzbetreiber aus dem Markt geflogen sind.
Zu Zeiten von Tic, Zeus... etc. gab es noch keine klare Regelung über die Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG. Kunden erfuhren oft erst Jahre später, dass sie die Tarifkundenpreise des Allgemeinversorgers für den bezogenen Strom nachträglich und auf einen Schlag zahlen sollten. Daran, dass jahrelang gar keine Rechnung für Strom kam und nichts bezahlt wurde, hatten sich diese gebeutelten Verbraucher indes auch oft nicht gestört.
Eine andere Seite der Medaille.
Es braucht also kein Kunde mehr Angst haben, zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln. Im schlimmsten Falle droht für eine kurze Übergangszeit der Grundversorgungstarif als Höchsstrafe.
Allen Verbrauchern, die noch zu Grundversorgungstarifen beliefert werden, sollte man also ggf. sehr pointiert deutlich vor Augen führen, dass sie durch den unterlassenen Wechsel bisher freiwillig schon die
Höchststrafe für sich gewählt haben.
Schlimmer kann es nicht kommen. Deshalb bedarf es einer differenzierten Betrachtung.
Man sollte also durchaus vor Risiken bei Vorauskasse und Prepaid- Paketpreisen warnen, ohne indes unter dem Schlagwort \"Billigstrom\" günstige Strompreisangebote als solche zu kritisieren.
Erst recht sollte man die Warnung nicht mit der Nennung vorgeblich \"kostendeckender\" Strompreise verbinden.
Günstige und besonders günstige Preisangebote als solche sind nicht gefährlich und Verbraucher sollten dazu ermutigt werden, sich für diese zu entscheiden.
Nur so entsteht der notwendige Druck auf das Preisniveau.