@kamaraba
Das ist wirklich eine Unverschämtheit, die sich jedoch im Ergebnis für den Versorger nicht bezahlt macht, ganz im Gegenteil:
Den örtlichen Versorger trifft eine Versorgungspflicht gem. §§ 10 EnWG, 5 AVBV gegenüber jedermann.
Die wehrhaften Kunden können sich gar nicht im Verzug befinden, weshalb kein sachlich gerechtfertigter Kündigungsgrund besteht:
http://www.zfk.de/navframe/hintergrund/hintergrund0105_2.pdfDie Kündigung erweist sich als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB, weil sie offensichtlich verbunden mit dem Angebot einer Weiterversorgung zu geänderten Konditionen nur dazu dient, den § 315 BGB auszuhebeln. Das lassen die Gerichte nicht zu.
Für Sonderverträge folgt der Kontrahierungszwang des örtlichen Versorgers aus dem Gleichbehandlungsgebot gem. Art. 3 GG und dem Diskrimnierungsverbot gem. § 20 GWB.
Das Unternehmen hat eine marktbeherrschende Stellung, die bei einem Marktanteil über 30 Prozent vermutet wird, und unterliegt deshalb strengen Restriktionen, kann seine Kunden nicht einfach verabschieden.
Mich wollten meine Stadtwerke auch schon einmal so in den Wettbewerb \"verabschieden\", was jedoch ganz gründlich daneben ging.
Die Stadtwerke können ihre Kunden schon nicht auf einen anderen Wärmeträger verweisen. Schließlich entstehen Umrüstkosten, die Anschlusskosten und der Baukostenzuschuss nach §§ 9, 10 AVBGasV wären vertan.
Bezeichnend auch, dass man selbst an einer Umstellung auf Flüssiggas noch mitverdienen möchte. Nichts zu merken von einem natürlichen Schamgefühl, welches eigentlich davor schützen sollte, in solche Gedankenwelten abzudriften.
Mit selber Begründung könnte schon morgen die Trinkwasserversorgung eingestellt werden. Schließlich gibt es Mineralwässer in Hülle und Fülle auch in großen Mengen zu kaufen und die Anmietung eines Tankwagens ist sicher nicht sehr aufwendig.... Ein interessantes neues Geschäftsfeld wäre die Vermietung entsprechender Tankwagen.
Selbst wenn der Kunde den Stromlieferanten wechseln wollte, müsste der neue Lieferant sechs Wochen vorher zum Monatsersten die Netznutzung für die Belieferung des Kunden beim örtlichen Netzbetreiber (Stadtwerke Gaggenau) anmelden.
Bei einer solch kurzen Kündigungsfrist ist also gar kein Versorgerwechsel möglich, so dass die Stadtwerke einen im Allgemeinen Tarif gefangen nähmen - ein besonderes Kundenbindungsprogramm.
Wer sich so etwas ausdenkt, verwendet viel Energie und kostbare Arbeitszeit ersichtlich darauf, um die Kundschaft zu schikanieren, und sollte allein deshalb persönlich zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Betroffenen sollten sich deshalb umgegehend an die Landeskartellbehörde und an die Energieaufsichtsbehörde beim Landeswirtschaftsministerium wenden.
Die Verbraucherzentrale sollte eingeschaltet werden, um die Medien zu informieren und den Anfängen zu wehren.
Das EVU sollte zur Meidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung aufgefordert werden, die kündigung unverzüglich zurückzunehmen (rechtsdogmatisch fraglich) bzw. diese für unwirksam zu erklären.
Kommt das EVU der Aufforderung innerhalb gesetzter Frist nicht nach, muss auf Feststellung geklagt werden, dass die Kündigung unwirksam ist und das Vertragsverhältnis über den Kündigungszeitpunkt hinaus unverändert fortbesteht.
Ist der Kündigungszeitpunkt erreicht, muss darauf geklagt werden, die Versorgung zu unveränderten Konditionen fortzusetzen.
So schlau wie die Stadtwerke Gaggenau waren schon andere:
E.ON Hanse wurde deshalb vor dem LG Itzehoe verklagt und verurteilt:
Urteil: Kündigung von Stromsonderverträgen E.ON HanseWahrscheinlich hat man da bei den Stadtwerken Gaggenau etwas falsch verstanden:
Nach der Energiemarktliberalisierung können sich die Kunden ihren Versorger frei wählen, nicht jedoch die marktbeherrschenden Energieversorgungsunternehmen ihre Kunden.
Eine solche Masche des Versorgers wird zudem ganz schnell zum Bumerang:
Wenn der Versorger den Vertrag kündigt, muss er den Kunden gleichwohl gem. § 10 EnWG mit Strom und Gas versorgen, darf also auch nach Vertragsbeendigung die Versorgung nicht etwa einstellen.
Damit kein neuer Vertrag zum Allgemeinen Tarif gem. § 2 Abs. 2 AVBV zustandekommt, muss man einem solchen Vertragsschluss widersprechen und dem Versorger das Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 BGB für die gelieferte Energie überlassen.
Der Versorger muss dann für die weiteren Lieferungen selbst einen der Billigkeit entsprechenden Preis bestimmen. Dieser lässt sich dann ohne weiteres vollständig auf seine Billigkeit überprüfen.
Nach dieser Methode steht der Versorger also hinterher viel schlechter als bisher, weil es dann um die Billigkeit des Gesamtpreises geht, er hierzu seine Preiskalkulation vor Gericht offen legen muss, ohne Offenlegung eine Zahlungsklage abgewiesen wird:
OLG München, NJW-RR 1999, S. 421 (Strom)
LG Mannheim, Urteil v. 16.08.2004 - 24 O 41/04 (Gas)
Zu den landgerichtlichen Gaspreisurteilen siehe hier:
!!!Gaspreisurteil LG Mannheim !!!!!!! weiteres Gaspreisurteil des LG Frankenthal !!!Wahrscheinlich ist diese Rechtsprechung den Stadtwerken nur nicht bekannt oder aber sie sind
außerordentlich schlecht beraten:
Nach dem Urteil des LG Köln RdE 2004, S. 306 kann ein Kunde, der dem Versorger das Preisbestimmungsrecht derart überlassen hat, hiernach einfach die Unbilligkeit einwenden und ist hiernach bis zur Offenlegung der Preiskalkulation und der Rechtskraft eines Urteils
zu überhaupt keiner Zahlung mehr verpflichtet, behält aber seinerseits vollständigen Anspruch auf die Leistung.
Vielleicht sollte man die Stadtwerke Gaggenau nur einmal darauf hinweisen und schon zieht wieder Vernunft ein.
Wer anderen eine Grube gräbt, ist noch lange kein Tiefbau- Ing.
Zudem machen die Stadtwerke Gaggenau damit die vollkommene Willkür bei der Preisgestaltung gegenüber den Verbrauchern deutlich, der vor die einfache Alternative gestellt wird: \"Friss oder stirb\".
Von wegen individuelle Preisverhandlungen mit Bestands- oder Neukunden. Die Versorger führen somit ihre Argumentation selbst ad absurdum.
Gerade deshalb findet § 315 BGB auch analog auf die Energiepreise Anwendung.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt