Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Ultimative Aufforderung zur Zahlung wegen des BGH - Urteils
Free Energy:
Hallo Herr Fricke,
hier bei uns im Münsterland häufen sich die Fälle, in denen die Energieversorger die Gaspreisrebellen wegen des Urteils des BGH vom 13.06.07 ultimativ auffordern, die aufgelaufenen Rückstände zu zahlen, sonst würde das gerichtliche Mahnverfahren einschließlich der Berechnung von Verzugszinsen und Mahngebühren eingeleitet.
Als Begründung für diese neuen teilweise per Einschreiben zugestellten Zahlungsaufforderungen wird aufgeführt, der BGH habe in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 nunmehr festgestellt, dass die so genannten Wirtschaftsprüfertestate der verschiedenen Prüfgesellschaften beweisen würden, dass die Preise der EVU´S gem. § 315 als \" billig\" anzusehen seien, da sie belegen würden, das die EVU´s nur Ihre Bezugskostensteigerungen weiter gegeben hätten.[/U]
Diese Reaktion der EVU´s war natürlich zu erwarten. Wir haben jedoch nicht vor, wegen dieser, aus unserer Sicht absolut unzulässigen Deutung des Urteils des BGH`s zu zahlen.
Was sollte man den Versorgern auf diese Argumentation hin am Besten entgegnen ?
Gruß
Free Energy
Cremer:
@Free Energy,
es ist ein Urteil gegen eine bestimmte Person ergangen.
Die Versorger müßten gegen jeden einzelenen klagen und versuchen somit jetzt mit Bezug auf das Urteil eine Drohhaltung aufzubauen, damit Widersprüchler umfallen sollen.
In der Presseerklärung des BGH steht im Absatz 2, Satz 3: \"Der Kunde ist Tarifkunde\".
Ich gehe davon aus, dass wir alle Sondertraifkunden sind.
Zunächst ist auch das Urteil im vollen Wortlaut abzuwarten.
RR-E-ft:
Hallo Herr Ahlers,
das ist doch keine Grundsatzfrage.
Ich würde gar nicht darauf reagieren. Wer hat schon Angst vor einem Mahnbescheid?
Schließlich war es doch schon immer so, dass Mahnbescheid beantragt werden konnte und Versorger dabei auch Zinsen geltend machen. Schließlich werden die Versorger die Billigkeit der Erhöhung anhand eines nachvollziehbaren und prüffähigen Nachweises über Bezugskostensteigerungen noch nicht nachgeweisen haben.
Es muss ja nicht jeder so machen wie der Heilbronner Kläger, der den Inhalt einer WP- Bescheinigung nicht recht bestritten hatte.
Wenn Gasversorger nun tatsächlich nur gestiegene Bezugskosten weiter gegeben hätten, nicht aber auch zugleich die von der Regulierungsbehörde teilweise um bis zu 28 Prozent abgesenkten Netzkosten, so wären die Erhöhungen auch nicht \"billig\".
Und für Sondervertragskunden und Preiserhöhungen aufgrund Allgemeiner Geschäftsbedingungen gilt etwas anderes. Dazu lese man nur die Urteile des LG Dresden und des OLG Dresden. Dazu sind weitere Verfahren am BGH anhängig. Selbst zur Entscheidung vom 13.06.2007 liegen die Urteilsgründe noch nicht einmal vor.
Das wurde hier aber schon so oft geschrieben, dass es langsam ermüdet.
Vielleicht lesen Sie dazu auch Ihre eigenen Beiträge.
energienetz:
Es gibt nun ein Musterschreiben für ein Antwort vom Bund der Energieverbraucher als Anregung für eine Antwort
http://www.energieverbraucher.de/index.php?itid=1700&content_news_detail=6409&back_cont_id=4043
http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=886&file=dl_mg_1184656671.doc
Gruss
RR-E-ft:
Sehr geehrter Herr Dr. Peters,
ich halte diesen Entwurf für ein Antwortschreiben für dringend überarbeitungsbedürftig. Er sollte in dieser Form nicht verwendet werden.
Möglicherweise wird die Pressemitteilung des BGH fehlinterpretiert.
Bekanntlich ist der Kartellsenat zur Billigkeitskontrolle der Anfangspreise anderer Meinung, vgl. nur BGH Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Rn. 9 und Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05 Rn. 12.
Wer jetzt seinem Versorger mitteilt, dass er mit diesem gar nicht um den Anfangspreis, also um die Billigkeit des gesamten Tarifs streitet, der gibt womöglich zu erkennen, dass er diesen Preissockel - spätestens mit diesem Antwortschreiben - anerkennt.
Dann ist der Kunde später selbst dann mit der Unbilligkeitseinrede gegen den Gesamtpreis ausgeschlossen, wenn die Pressemitteilung des VIII. Zivilsenats missverstanden wurde oder wenn sich der Kartellsenat mit anderer Ansicht durchsetzen sollte.
Immerhin sind Revisionsverfahren zu Gaspreisen beim Kartellsenat aktuell anhängig.
Bei der Frage, warum der Preis auf der vorhergehenden, unbeanstandeten Verbrauchsabrechnung im Heilbronner Fall nicht kontrolliert werden sollte, ist nämlich weiter unklar. Es stellt sich die Frage, ob dies nicht an der Beschränkung des Klageantrages und der Unbilligkeitseinrede gem. § 308 ZPO lag.
Wer nun in vermeintlich \"vorauseilendem Gehorsam\" selbst den Unbillgkeitseinwand nicht auf den Gesamtpreis erweitert, um die alten Preise - wie bisher schon - weiter unter Vorbehalt zu zahlen, sondern die ggf. früher bereits erhobene Einrede gegen den Gesamtpreis nunmehr eindeutig auf die Preiserhöhungen beschränkt, der begibt sich ohne Not selbst seiner Rechte.
Zudem bleibt unberücksichtigt, dass die Preiserhöhungen dem Grunde nach angegriffen werden und Erfolg haben können, wenn in Sonderabkommen Allgemeine Geschäftsbedingungen mit Preisänderungsvorbehalt schon nicht wirksam einbezogen wurden (§§ 305 BGB, § 2 AGBG) oder wenn eine einbezogene AGB- Klausel gegen das Transparenzgebot verstößt und unwirksam ist (§ 307 BGB, § 9 AGBGB).
Möglicherweise wird den Kunden später entgegengehalten, sie hätten ihren Widerspruch gegen die Preiserhöhung dem Grunde nach aufgegeben und stritten nun nur noch um die Angemessenheit, welche sich genauso beurteile wie eine Preiserrhöhung bei gesetzlichem Preisänderungsrecht gem. § 4 AVBV.
Das wäre vollkommen verkehrt, weil der weite Spielraum der Billigkeit den Anforderungen an die Konkretisierung einer Preisänderungsklausel gem. § 307 BGB nach der BGH- Rechtsprechung gerade nicht genügen soll.
Dieses Antwortschreiben sollte deshalb m. E. keine Verwendung finden.
Es tut niemandem weh, weiter die Gesamtpreise als unbillig zu rügen und nur den Erhöhungsanteil zu kürzen, den Rest unter Vorbehalt zu zahlen.
Es erhält aber die bessere Rechtsposition.
Schließlich ändern sich an der Rechtslage auch durch das Urteil des VIII. Zivilsenats vom 13.06.2007 nichts. Geändert hat sich allenfalls die Beurteilung der Rechtslage durch diesen Senat. Das kann sich auch wieder wenden. Der Kartellsenat beurteilt die Rechtslage bei Preisen in Form von Allgemeinen Tarifen wohl anders. Und vor allem ist der Kartellsenat bei Streit über die gesetzliche Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Strom- und Gasversorgung gem. §§ 109, 107 EnWG ausschließlich zuständig.
Keinesfall sollte man das Bestreiten des Preiserhöhungsrechts dem Grunde nach aufgeben. Unbilligkeit der erhöhten Preise insgesamt sollte nur hilfsweise geltend gemacht werden. So war die vorgeschlagene Vorgehensweise für alle Verbraucher bisher.
Diese Schrittfolge
1. Bestreiten des Rechts zur einseitigen Preisänderung.
2. Hilfsweise Rügen der erhöhten Gesamtentgelte als unbillig gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB
muss unbedingt weiter eingehalten werden.
Mit solchen verallgemeinernden Schreiben, die vorgeblich auf jeden Fall passen sollen, und von denen Verbraucher meinen, sie würden damit besonders klug agieren, können sich so in das Gegenteil verqueren.
Zu deutsch: Man kann sich auch leicht selbst ein Bein stellen.
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