@Hennessy
Bei den Musterbriefen geht es bisher ersichtlich nicht um die Billigkeit des Preises als solchem, obwohl auch diese Frage interessant wäre. Bisher geht es vielmehr um die Frage der Angemessenheit der aktuellen Preiserhöhungen. Das sind juristisch gesehen zwei Paar Schuhe.
Deshalb kann ein Versorger diesbezüglich seine Kunden auch nicht auf die Preise und Preissteigerungen bei anderen Versorgern verweisen. Es geht konkret um die aktuellen Preiserhöhungen des einzelnen Unternehmens.
Nehmen wir getrost den Strompreis.
Elektrische Energie soll unabhängig von EEG und KWKG für Einspeisungen in das Netz des Netzbetreibers einen marktgerechten Wert zwischen 2,5 und 3,0 Ct/kWh haben.
Der elektrische Strom wird nur zu einem geringen Teil an der Börse gehandelt und der Bezug durch Regionalversorger und Stadtwerke ist zumeist langfristig vertraglich vereinbart (Argument: Versorgungssicherheit).
Bekannt ist, dass der Strompreis im wesentlichen durch den Lastgang beeinflusst wird, weil die jährliche Leistungsspitze eine entscheidende Rolle für den Leistungspreis spielt. Immerhin kann ein größerer Kunde durch innovatives Lastmanagement darauf Einfluss nehmen.
Es gibt sogar gesonderte reine Bandlieferungen zum Beispiel \"POWERbase\" (vgl. etwa unter
www.teag.de/stadtwerke/index.php?sid=98 Diese sind besonders günstig, da die Abnahme über den gesamten Lieferzeitraum kontinuierlich erfolgt, keine Leistungsspitzen abzudecken sind.
Nun erhöhen die Stromversorger ihre Strompreise auf breiter Front.
Entsprechende Tariferhöhungsanträge wurden von vielen Landesministerien genehmigt, teils unter Einschränkungen gegenüber den Anträgen der Versorger.
Der Kunde war an diesen Genehmigungsverfahren nicht beteiligt.
Er hat gegen eine solche Genehmigung noch nicht einmal ein eigenes Klagerecht gem. § 42 VwGO, da er durch die Entscheidung nicht unmittelbar betroffen ist und deshalb auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann.
Die Unzulänglichlichkeiten des bisherigen Tarifgenehmigungsverfahrens nach der BTOElt wurden nicht zuletzt von den zuständigen Landeswirtschaftsministerien selbst bereits herausgestellt.
Insoweit muss es Sorge bereiten, wenn Teile der Versorgungswirtschaft unter Verweis auf einen angeblich funktionierenden Wettbewerb auf dem deutschen Elektrizitätsmarkt fordern, diese Genehmigungsverfahren auch noch vollends abzuschaffen.
Bei den genehmigten Tarifpreisen handelt es sich gem. § 12 BTOElt um gesetzliche Höchstpreise.
Die Preisgenehmigung legt im eigentlichen Sinne also nur die Preisobergrenze der Stromtarifpreise des EVU fest, nicht jedoch den Strompreis selbst.
Der Versorger ist nicht daran gehindert, einen Preis unterhalb des genehmigten Tarifs zu verlangen.
Insoweit steht der zu fordernde Strompreis im Ermessen des EVU.
Dieses Ermessen hat gem. § 315 BGB mangels einer anderweitigen vertraglichen Regelung billigem Ermessen zu entsprechen.
Und dieses Ermessen muss sich gerichtlich überprüfen lassen.
Die Stromversorger müssen also darlegen, weshalb und in welchem Umfang ihre Gestehungskosten gestiegen sind.
Wenn etwa der Vorlieferant die Preise um 10 % erhöht, d. h. von 3 Ct/ kWh auf 3,3 Ct/ kWh, kann das EVU seine Preise nicht gleichfalls um 10 % erhöhen, da damit auch der eigene Gewinnanteil am kalkulierten Preis ebenso um 10 % steigen würde.
Nur tatsächliche Kostensteigerungen dürfen auf die Gesamtheit der Verbraucher weitergewälzt werden. Die einzelnen Kundengruppen sind dabei gleichmäßig zu belasten.
Die Preiserhöhungen beim Strom sind bisher vollkommen intransparent und nicht nachvollziehbar:
Gaspreiserhöhungen wirken sich nur auf in Gaskraftwerken erzeugten Strom aus, Braunkohlenstrom und Atomstrom verteuern sich hierdurch nicht. Auch die Einsatzbrennstoffe für die Kraftwerke sind langfristig vertraglich gebunden (Argument: Versorgungssicherheit).
Die Börse kann deshalb die Preisentwicklung der einzelnen Unternehmen überhaupt nicht zutreffend wiedergeben. Zudem ist die Börse wohl selbst nicht vor Manipulationen der Preise gefeit. Das ist das Merkmal jeder Börse.
Oftmals gehört der Brennstofflieferant zum eigenen Konzern.
Das hatten wir bereits an anderer Stelle \"Es gibt auch andere Argumente und Meinungen\" erörtert.
Zum EEG gibt es entsprechende Statements des BEE.
Ab dem 01.01.2005 entfällt auch die Mineralölsteuer auf in modernen GuD-Kraftwerken verfeuertes Erdgas. Entsprechende Kosteneinsparungen sind an die Kunden weiterzugeben. Diese können nicht nur an Kostensteigerungen beteiligt werden.
Die seit 2000 mit den Strompreisen erhobenen Abschläge für KWK- und EEG- Umlage wurden ersichtlich bisher gegenüber den Verbrauchern nicht \"spitz\" abgerechnet. Nach Aussagen von BEE und VZBV sollen insoweit Überzahlungen von bereits 500 Mio EUR vorliegen.
Nach alldem wird der Verbraucher doch wohl den Nachweis verlangen dürfen, dass die derzeitigen Preiserhöhungen erforderlich und angemessen sind.
Die EVU können selbst für Akzeptanz der Preiserhöhungen sorgen, indem sie statt der Allgemeinen Erklärungen zum Kohlepreis in Indien die aktuellen Kostenentwicklungen der einzelnen Versorger transparent darstellen.
Die behördlichen Tarifpreisgenehmigungen erbringen diesen Nachweis nicht, vgl. nur Braband \"Strompreise zwischen Privatautonomie und staatlicher Kontrolle\", C.H. Beck 2003.
Beim Gas verhält es sich nicht anders.
Zunächst müssen die Versorger sich die Frage gefallen lassen, ob einseitige Preisanpassungen denn mit den Kunden überhaupt wirksam vertraglich vereinbart sind.
Viele Klauseln, sofern überhaupt vorhanden, halten einer AGB- Kontrolle nicht stand.
Das aufgeworfene Problem der Spartenversorger im Querverbund besteht aus meiner Sicht nicht:
Hierzu ist nur auf die Verpflichtung zur getrennten Buchführung in § 9 Energiewirtschaftsgesetz zu verweisen.
Stadtwerke stehen immer in dem Spannungsverhältnis, dass die kommunalen Anteilseigner im Interesse des oftmals angeschlagenen kommunalen Haushalts einen möglichst hohen Gewinn erwarten.
Dies gilt zumindest der einzelnen Energiesparten, die dann über Gewinnabführungsverträge an eine gemeinsame Holding, zu der auch der defizitäre Nahverkehr gehört, abgeführt werden, um über die Holdingstruktur steuerlich optimiert zu werden (aus meiner Sicht vollkommen legitim).
Es muss sich deshalb aber keiner Gedanken machen, dass sich ein Gericht wegen der Billigkeit der Gaspreise etwa auch mit den Gehältern der Straßenbahnfahrer befassen müsste, vgl. oben.
Natürlich kann man sich die Frage stellen, ob Amtsgerichte in jedem Falle behähigt sind, darüber zu befinden. Aber diese sind nun einmal bisher gegenstandswertabhängig sachlich zuständig. Vielleicht hilft eine Konzentration bei den LG für die Versorger im Gerichtsbezirk weiter, für überregionale Versorger bei einem bestimmten Gericht.
Wenn jedoch die Gerichte nicht darüber bestimmen sollten, wer dann?
Als Alternative stände nur eine sehr strenge Preisaufsicht von Anfang bis Ende durch staatliche Aufsichtsbehörden zur Verfügung, nicht bloße Preismissbrauchskontrolle im Sinne des Kartellrechts.
Den EVU selbst und ihren Verbänden darf es im Sinne des Verbraucherschutzes jedenfalls nicht überlassen bleiben.
Hierzu ist allein auf die Interessenkonflikte innerhalb der Branche hinzuweisen:
Der BGW vertritt nach Eigendarstellung die Interessen der deutschen Gasversorger aller Verteilstufen, also sowohl Importeure, Ferngasgesellschaften, Regionalversorger und Stadtwerke, obschon die Interessen widerstreitend sein müßten:
Schon die jeweiligen Gasversorger müßten die Preiserhöhungen ihrer Vorlieferanten scharf hinterfragen. Das geht aber oft nicht, weil der Vorlieferant am Unternehmen beteiligt ist und bei wesentlichen Entscheidungen wie der, sich gegen Preiserhöhungen zur Wehr zu setzen, über eine Sperrminorität ein Vetorecht hat.
Die WIBERA AG, die oft und gern bemüht wird, berät den VKU und die gesamte Energiewirtschaft hinsichtlich von Strategien, auch zur steuerlichen Optimierung.
Deren Muttergesellschaft PWC prüft und testiert sodann die Abschlüsse der von ihr auf breiter Front geprüften EVU. Da drängt sich ein Interessenkonflikt doch auf.
Jedenfalls kann man WIBERA wegen der starken wirtschaftlichen Abhängigkeit deshalb nicht unbedingt als vollkommen unabhängig anerkennen.
Aber wo findet man schon andere Sachverständige auf dem Gebiet, nachdem jahrelang alles aus einer Hand kam?
Die Verwandtschaftsverhältnisse \"Prominenter\" bedürfen an dieser Stelle keiner weiteren Erörterung.
Zum Erdgaspreis. Der soll in Jena vom leichten Heizölpreis auf der \"Rheinschiene\" abhängen, obwohl mir nicht einleuchten will, was der Preis für leichtes Heizöl in Ludwigshafen mit dem regionalen Heizölmarkt in Thüringen zu tun hat.
Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass Förderländer wie etwa Russland die Erdgasimportpreise an die Preise für leichtes Heizöl auf der \"Rheinschiene\" gekoppelt haben sollten.
Mit anderen Worten:
Der Preismechanismus vom Importpreis bis zum Endverbraucherpreis ist jedenfalls mir noch nicht klar. Das sollte sich von einem Sachkundigen aus der Branche leicht aufklären lassen.
Vielen Dank im Voraus.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt