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Autor Thema: §17 Abs.1 der GasGVV ?  (Gelesen 6086 mal)

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Offline Hundro

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§17 Abs.1 der GasGVV ?
« am: 19. April 2007, 22:24:14 »
Hallo,

was beinhaltet eigendlich der §17 Abs. 1 der Gasgrundversorgungsverordnung? Damit, und mit dem §30 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasgrundversorgung von Tarifkunden begründet mein Gasversorger meine Pflicht zur Zahlung der von mir zurückgehaltenen Abschlagsteilbeträge.
Bis jetzt hat das Versorgungsunternehmen die Kürzung zwar nicht akzeptiert, aber bis zu einem Grundsatzurteil hingenommen. Der Hinweis auf Paragraphen ist neu.

Gruß Steffen

Offline Hundro

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§17 Abs.1 der GasGVV ?
« Antwort #1 am: 19. April 2007, 22:59:37 »
Habe jetzt doch noch das hier gefunden:
Zitat
Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen gegenüber dem Grundversorger zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,
1. soweit die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers besteht, oder,
2. sofern
a) der in einer Rechnung angegebene Verbrauch ohne ersichtlichen Grund mehr als doppelt so hoch wie der vergleichbare Verbrauch im vorherigen Abrechnungszeitraum ist und
b) der Kunde eine Nachprüfung der Messeinrichtung verlangt
und solange durch die Nachprüfung nicht die ordnungsgemäße Funktion des Messgeräts festgestellt ist.
§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.

Was soll dieser letzte Satz hier, ist das rechtens?

Offline jroettges

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§17 Abs.1 der GasGVV ?
« Antwort #2 am: 19. April 2007, 23:07:57 »
Zitat von: \"hundro\"
Was soll dieser letzte Satz hier...
Der Satz sagt schlicht und eindeutig, dass §315 des BGB von dieser Bestimmung der GVV nicht berührt wird.

Der als Folge eines Widerspruches nach §315 einbehaltene Kürzungsbetrag ist nicht fällig bis ...!

Aber bitte bedenken>: Die GVV regelt die Beziehung eines EVU mit den Kunden in der Grund- und Ersatzversorgung!
Bei Sonderverträgen kommt es dagegen auf die konkrete Vertragssituation an

Offline Fridericus Rex

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§17 Abs.1 der GasGVV ?
« Antwort #3 am: 12. Mai 2007, 17:49:19 »
Zitat von: \"jroettges\"
Der als Folge eines Widerspruches nach §315 einbehaltene Kürzungsbetrag ist nicht fällig bis ...!

Das lese ich anders. Ich halte dies eher für eine halbherzige Formulierung des Gesetzgebers, der die Verantwortung nicht aufnehmen wollte.

Die Fälligkeit der Forderung berührt der Einwand des § 315 BGB nach dem Gesetzeswortlaut nicht. Vielmehr kann die Verbindlichkeit (und damit die Fälligkeit) dann entfallen, wenn ein Gericht etwas anderes feststellt, dann auch von Anfang an. Solange dies aber nicht festgestellt wird, ist die Forderung des Versorgers auch fällig.

Offline RR-E-ft

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§17 Abs.1 der GasGVV ?
« Antwort #4 am: 12. Mai 2007, 17:54:42 »
@Fridericius Rex

Wo Sie doch immer so genau lesen, lesen Sie doch einfach einmal das Urteil des BGH v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 unter II 1 b) laut und deutlich ggf. mit übetriebener Betonung, insbesondere am Ende und versuchen Sie dann noch einmal eine Antwort.

Aus § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ergibt sich deutlich, wann nur etwas fällig sein kann und aus § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und der Rechtsprechung dazu ergibt sich, wann sonst frühestens etwas fällig werden kann.

Dazu die vorgenannte Stelle in dem Urteil.

Bitte genau lesen, weil es sonst nichts nützt.

Ich mach das auch immer so. :lol:

Frisch aufgesagt:


Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.

Offline Fridericus Rex

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§17 Abs.1 der GasGVV ?
« Antwort #5 am: 12. Mai 2007, 18:05:26 »
Ich habe es mehrfach und genau gelesen und muss feststellen ... es widerspricht meinen Ausführungen nicht.

In dem Verfahren wurde wohl die einseitige Festsetzung durch eine neue (billigere) ersetzt. In einem solchen (aber auch dann!) ist die ursprüngliche Forderung billig.

Meine Ausführungen (bitte nochmal nachlernen) beziehen sich aber auf den Fall, dass die Gerichte die Entgelte der Versorger als angemessen (und damit billig) bestätigen. Dann war die Forderung von Anfang an verbindlich und fällig (§ 315 Abs. 3 S. 1 BGB). (vgl. auch den ersten Satz ihres Zitates).

Offline RR-E-ft

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§17 Abs.1 der GasGVV ?
« Antwort #6 am: 12. Mai 2007, 18:20:08 »
@Fridericus Rex

Zitat von: \"Fridericus Rex\"


In dem Verfahren wurde wohl die einseitige Festsetzung durch eine neue (billigere) ersetzt. In einem solchen (aber auch dann!) ist die ursprüngliche Forderung billig.



Möglicherweise verstehen Sie etwas davon.
Ist mir ehrlich gesagt zu hoch. Ich verstehe Ihre Logik nicht.   :roll:

Ich habe es mit der Rechtsprechung so verstanden:


Der gegenüber dem Kunden einseitig festgelegte Tarif ist nur dann verbindlich, wenn er der Billigkeit entspricht. Entspricht er nicht der Billigkeit, ist er auch nicht verbindlich. Auch nicht teilweise, wie die Kollegen von Clifford Chance bezüglich Erdgastarife zutreffend herausgearbeitet haben. Partielle Billigkeit kommt ebenso wenig vor wie partielle Schwangerschaften.

Die Billigkeit muss der Versorger nachvollziehbar nachweisen.

Bei Streit darüber ist dies im gerichtlichen Verfahren zu klären undzwar im Rahmen einer Zahlungsklage (Leistungsklage) des Versorgers (BGH NJW 2003, 3131).

§ 17 Abs. 1 Satz 3 GVV, stellt klar, dass der Kunde im Zahlungsprozess des Versorgers  mit seiner Unbilligkeitseinrede nicht  ausgeschlossen und damit auch nicht auf einen Rückerstattungsprozess verwiesen ist.

Für diese unmissverständliche Regelung haben sich sehr viele stark gemacht.

Weist der Versorger in diesem Verfahren nach, dass der einseitig festgelegte  Preis der Billigkeit entspricht, war dieser von Anfang an fällig und er ist deshalb mit Verzugszins geschuldet, hinzu treten die Verfahrenskosten.

Der Kunde kann sich auf den Standpunkt stellen, erst den Nachweis zu verlangen.

In engen Grenzen kommt ein sofortiges Anerkenntnis in Betracht und der Versorger trägt die Verfahrenskosten auch dann, wenn er die Billigkeit im Prozess nachweist, er aber bereits vorprozessual aufgefordert war, die Billigkeit nachzuweisen.

Weist der Versorger die Billigkeit nicht nach, wird die Klage auf Kosten des Versorgers abgewiesen.

Eine Ersatzbestimmung durch das Gericht ist nur möglich, wenn die Unbilligkeit definitiv feststeht und der Versorger diese Ersatzbestimmung  beantragt und zudem dem Gericht alle dafür notwendigen Informationen zur Verfügung stehen, um selbst ein der Billigkeit entsprechendes Entgelt festzusetzen. Dafür muss das Gericht also die Kalkulationsgrundlagen kennen. Das Gericht kann die Ersatzbestimmung auch nicht auf einen Dritten delegieren.

Ein solcher Fall der Ersatzbestimmung wäre noch nicht bekannt geworden (vgl. nur BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183 ff.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.06.2006 = RdE 2006, 356;OLG München NJW-RR 1999, 421).

Kennen Sie einen?

Dazu gibt es aber einen umfassenden Katalog mit Fragen und Antworten.


P.S.:

Der der Billigkeit entsprechende Preis muss nicht landläufig verstanden "billig" sein. Er kann auch ausgesprochen teuer sein.

Billigkeit bedeutet, dass der Preis den rechtlich anerkannten Interessen beider Vertragspartner zugleich gerecht wird und nicht allein den Interessen desjenigen, der die Leistung einseitig bestimmt hat. Auf die Belange des Kunden ist also bei der Preisgestaltung Rücksicht zu nehmen.

Der Versorger muss darlegen, wie er mit seiner Bestimmung auch den Belangen des Kunden gerecht wird, der ein rechtlich anerkanntes Interesse an einer möglichst preisgünstigen Versorgung hat (vgl. § 2 Abs. 1 EnWG).

Dafür ist es in der Reegel erforderlich, die Preiskalkulation offen zu legen.

 

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