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Autor Thema: OLG Hamm: Wer nicht kürzt, verliert sein Recht aus § 315 BGB  (Gelesen 6327 mal)

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Offline RR-E-ft

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[ 19-U-2-06  08-08-2006 ]

OLG Hamm, Urteil  vom 08.08.2006 - 19 U 2/06

http://www.energieverbraucher.de/de/site/Hilfe/Container-Urteilssammlung/site__2013/

Leitsätze:

1.

§ 30 AVBEltV/ AVBGasV steht dem Einwand des Kunden, das Versorgungsunternehmen habe die Preise einseitig überhöht angesetzt (§ 315 Abs. 3 BGB) nicht entgegen.

2.

Eine gerichtliche Billigkeitskontrolle greift aber nicht ein, wenn eine Einigung der Parteien auf die Preise anzunehmen ist. Eine solche kann auch konkludent erfolgen, indem etwa der Kunde auf der Basis der ihm vom Versorger mitgeteilten (erhöhten) Preise Zahlungen leistet.



(Anders gewendet: Wer weiter zahlt, verliert den Anspruch auf Billigkeitskontrolle und somit auch auf Rückforderung !)




Das Urteil ist in der NRW-Urteilsdatenbank unter

http://www.justiz.nrw.de/RB/nrwe2/index.php

abrufbar.


Der Fehler des Urteils liegt in Randnummer 27, wo das Gericht vermeint, eine vorbehaltslose Zahlung stelle eine Einigung auf den zur Abrechnung gestellten Preis dar und diese Eingung hindere sodann die Billigkeitskontrolle.

Das OLG Hamm liefert einen juristischen Kardinalfehler, indem es das Abstraktionsprinzip des BGB nicht beachtet, wonach das Grundgeschäft (der Verpflichtungsvertrag, zugleich Rechtsgrund einer Schuld) strikt vom Erfüllungsgeschäft zu trennen ist.

Verpflichtung und Erfüllung können demnach nicht in einem Akt zusammenfallen.

Ein Rückforderungsanspruch besteht nach der Rechtsprechung des BGH hinsichtlich einseitig festgelegter Entgelte auch nach zunächst vollkommen vorbehaltlos geleisteter Zahlungen (BGH NJW 2003, 1449).

Eine Einigung erfolgt gem. § 145 ff. BGB und erfordert regelmäßig zwei überstimmende, empfangsbedürftige Willenserklärungen. Es fehlte schon am Angebot, von einer Annahme ganz zu schweigen.

Eine nachträgliche Verbrauchsabrechnung enthält schon kein Angebot des Versorgers hinsichtlich einer Einigung auf einen Preis für die Energielieferungen ! Mit der Rechnung stellt der Versorger die Preise schon regelmäßig nicht zur Disposition einer Verhandlung/ Einigung.

Das wäre genauso unsinnig, wie die AGB des Verkäufers erst auf der Rückseite der Verkaufsquittung anzubringen, § 305 BGB.

Die im Urteil des OLG Hamm, aaO. zitierte BGH- Entscheidung vom 15.02.2006 (BGH NJW 2006, 1670) trägt die Entscheidung des OLG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.


Merke:


Nach dem OLG Hamm darf man auf die erhöhten Preise keine Zahlungen leisten, um seiner Rechte nicht verlustig zu gehen !


Für unsere interessierten Laien:

http://de.wikipedia.org/wiki/Abstraktionsprinzip

 

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