@Fridericus Rex
Sehe ich auch so, zumal auf Seite 46 des Buches ausdrücklich steht, dass eine marktbeherrschende Stellung im Strombereich nicht existiert.
Kann es sein, das Zenke/Wollschläger auch in anderen Punkten recht haben?
Ich enttäusche Sie hoffentlich nicht zu sehr, wenn ich sagen muss, dass die geschätzten Kollegen m. E. schon in diesem Punkt
auf einem völlig falschen Dampfer sind.
Es ist eine Binsenweisheit, dass Stromversorger seit 1998 keine Monopolstellung mehr haben. Darüber braucht man kein Buch schreiben.
Die Kollegen verwechseln indes schon eine
Monopolstellung mit einer
marktbeherrschenden Stellung, setzen diese gleich.
Letztere wird aber bereits ab einem
Marktanteil von einem Drittel vermutet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Marktbeherrschende_StellungFalsch ist es also schon, wenn auf Seite 46 die Behauptung aufgestellt wird, Stromversorger hätten keine
marktbeherrschende Stellung mehr. Es handelt sich um eine den Autoren wohl eigentümliche Verkürzung.
Wenn es keine
marktbeherrschenden Stellungen gäbe, so trägt auch jede umfassende Erörterung zu den Vorschriften des GWB in diesem Zusammenhang nur dazu bei, dass der Regenwald früher abgeholzt wird.
Den Stromlieferanten mit dem größten
Marktanteil bei der Versorgung von Haushaltskunden in einem Netzgebiet (räumlich und sachlich relevanter Markt) erkennt man daran, dass er für die Dauer von drei Jahren zum
Grundversorger gekürt wurde.
Einige berühmen sich selbst, bei Haushaltskunden/ Endkunden über einen
Marktanteil von
etwa 90 Prozent zu verfügen, so etwa
Vattenfall in
Hamburg und
Berlin:
http://www.vattenfall.de/www/vf/vf_de/Gemeinsame_Inhalte/DOCUMENT/154192vatt/Finanzen/P0286692.pdf (vgl. Seite 4)
Ich denke nicht, dass der Vattenfall- Chef auf der Hauptversammlung hinsichtlich der
Marktstellung des Unternehmens zu dick aufgetragen hat, um etwa potentielle Kapitalanleger zu täuschen.
Sollten die geschätzten Kollegen demgegenüber davon ausgehen, dass auf den Hauptversammlungen der Stromkonzerne
falsche Daten präsentiert werden, mögen sie dies getrost öffentlich kund tun.
Davon ist indes noch nichts bekannt geworden. Eine entsprechende Courage wäre ihnen zu wünschen.
Die Stromkonzerne schätzen ihre Marktstellung also selbst zutreffend ein, ohne dass sie sich dies von zwei Kollegen "wegschreiben" lassen müssten oder auch nur könnten.
Wenn das noch keine
marktbeherrschende Stellung sein sollte, dann und nur dann könnte es eine solche tatsächlich nicht geben, wie es die Autoren grob vereinfacht postulieren. Dies ist indes nicht zutreffend, wie etwa die ständige Rechtsprechung des für Energierecht zuständigen Kartellsenats des OLG Düsseldorf zeigt.
Soweit ersichtlich haben von den vielen
ehemaligen Monopolisten bei der Stromversorgung nur die Stadtwerke Jena nunmehr
keine marktbeherrschende Stellung mehr. Allerdings auch nur, weil sie ihren
gesamten Strom- Kundenstamm an E.ON
verkauft haben. Wie stark muss man auf dem Markt wohl sein, um seinen gebundenen Kundenstamm verkaufen zu können? Den Markt beherrscht jetzt E.ON und diktiert den Stadtwerken die Preise in den Block, die diese bei den Stromkunden abkassieren sollen.
Dieses
Faktum ist den geschätzten Kollegen wohl auch bekannt, deren Kanzlei den entsprechenden Deal zwischen diesen Stadtwerken und E.ON sicher gegen kleines Geld mit eingefädelt hatte. :roll: (nachzulesen etwa bei
Theobald/ Theobald, "Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts", C.H. Beck, München, 2001, S. 82 f.)
Zu Sicherheit hatten E.ON und die Stadtwerke bis vor kurzem eindeutig überhöhte Netzentgelte, so dass auch keine Wettbewerber Strom güntiger anbieten konnten. Besser lassen sich auch
verkaufte Stromkunden kaum binden... Soviel Wahl war ja nie und
de facto hatten die Stadtwerke sogar noch höhere Preise im Angebot.
Ebenso ist es eine Binsenweisheit, dass ein
vertraglich vereinbarter Preis
selbst dann nicht in
analoger Anwendung des § 315 BGB kontrolliert werden kann, wenn einer der Vertragspartner eine
Monopolstellung hat (vgl. BGH NJW-RR 1990, 1204).
Auch insoweit erfährt man also nichts Neues, vielmehr alter Wein in neuen Schläuchen....
Des weiteren ist es aber auch eine
Binsenweisheit, dass eine Monopolstellung oder auch nur marktbeherrschende Stellung
bei vertraglich vereinbartem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht keine Tatbestandsvoraussetzung für eine
direkte Anwendung des § 315 BGB ist (vgl. etwa BGH, Urt. v. 23.01.2007 - VI ZR 67/06 Rn. 14) und dass ohne vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht andererseits ein bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbarter Preis nachträglich nicht einseitig neu festgelegt werden kann und darf.
Ganz alt, gleichwohl aktuell ist nämlich auch der Grundsatz
pacta sunt servanda.
Die Regelung des § 315 BGB in ihrem ureigensten Sinne hat also von Anfang an schlicht und ergreifend überhaupt nichts mit einer Monopolstellung oder auch nur marktbeherrschenden Stellung zu tun.
Der Regelungsgehalt des § 315 BGB ist von Anfang an ein vollkommen anderer (vgl. nur Motive und Protokolle zum BGB).
Siehe auch
Prof. Säcker (RdE 2006, 65,[68 ff.]):
http://www.agfw.de/typo3conf/ext/naw_securedl/secure.php?u=0&file=fileadmin/dokumente/rec/Aufsatz_Saecker_RdE_2006_65ff.pdf&t=1177078916&hash=066fbc9859bd26f7b67a28b623c6e36cIn diesem Zusammenhang, also bezogen auf den
eigentlichen Kern, ist das Buch leider vollkommen unergiebig.
Schade also um das Geld. Trost nur für all jene, deren Schreibtisch tüchtig wackelt und wo es dann wieder passt... :wink:
Es sollte mich nicht wundern, wenn Energieversorger das Buch deshalb etwa massenhaft verschenkt hätten.