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Einschüchterung EWE - Akteneinsicht

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RR-E-ft:
@Hennessy

Jede einseitige Preisfestsetzung unterfällt dem § 315 BGB, ob es einem nun passt oder nicht.

Ein Sonderkündigungsrecht schließt die Billigkeitskontrolle nicht aus, was allein aus § 32 Abs. 2 AVBV und der seit Jahren gefestigten Rechtsprechung des BGH folgt, vgl. nur die Urteile des BGH vom 30.04.2003.

Als Referent für Energiewirtschaftrecht bei einem Regionalversorger war ich selbst mit den entsprechenden Genehmigungsverfahren befasst und rede deshalb nicht etwa als Blinder von der Farbe.

Die Genehmigungsverfahren nach der BTOElt sind einheitlich ausgestaltet.

Die aktuelle Kritik der Landesministerien an den bisherigen Verfahren können zum Beispiel unter

www.strom-magazin.de (Professionals)

nachgelesen werden.

Die Dissertation von Braband ist im Buchhandel erhältlich und zu dieser Frage mehr als empfehlenswert. Besonders bedeutsam ist dabei die Feststellung, dass der geforderte Strompreis in jedem Falle individueller Preisgerechtigkeit entsprechen muss.

Ich gebe ein Beispiel aus der Praxis:

Der Inhaber eines Internet- Cafes erhielt nach zwei Jahren erstmalig Verbrauchsabrechnungen zum behördlich genehmigten Allgemeinen Tarif. Für die Zukunft wurde ein günstigerer Wahltarif bei dreimonatiger Vertragsbindung und Erteilung einer Einzugsermächtigung angeboten.

Bei Anwendung des Wahltarifs ergab sich gegenüber dem Allgemeinen Tarif eine Ersparnis von über 24,2 %. Da auch der Wahltarif bereits alle Kosten der Stromlieferung abdeckte und  einen kalkulierten Gewinnanteil enthielt (sonst: unzulässiger Dumpingpreis) kann für diesen Abnahmefall ohne weiteres  festgestellt werden, dass der Allgemeine Tarif einen Gewinn von über 24 % am Strompreis zuließ und enthielt.

Dieser hohe Gewinnanteil bzw. die Preisdifferenz war weder durch die Vorteile einer dreimonatigen Vertragsbindung noch durch die Kostenvorteile einer erteilten Einzugsermächtigung zu rechtfertigen.

Zudem haben auch die meisten Kunden im Allgmeinen Tarif ihrem Versorger eine Einzugsermächtigung erteilt. Einzelne Versorger vermeinen sogar immer noch, der Kunde sei im Rahmen der Allgemeinen Versorgung zu den Allgemeinen Tarifen wegen § 32 Abs. 1 AVBV a. E. für mindestens ein Jahr vertraglich gebunden.

Ein solch hoher Gewinnanteil am Strompreis ist mit dem Ziel einer preisgünstigen Versorgung mit leitungsgebundener Energie gem. § 1 EnWG, nach der Kommentierung verlangt dies eine Leistungserbringung so billig wie überhaupt möglich, unvereinbar.

Wenn entsprechend hohe Gewinne auftreten ist dies also aller Grund, den zu fordernden Strompreis abzusenken. Für angemessen erachte ich allenfalls Gewinne nahe 6 %.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass in den Strompreisen etwa bei den Netznutzungsentgelten, die einen erheblichen Anteil am sog. All- inclusive- Strompreis ausmachen, schon kalkulatorische Kosten eingerechnet sind, denen keine tatsächlichen Kosten gegenüberstehen. Schon allein dadurch werden die Strompreise künstlich \"aufgeblasen\".

Der geforderte Strompreis nach dem genehmigten Allgemeinen Tarif konnte somit im konkreten Einzelfall auch nicht der Billigkeit im Sinne von § 315 BGB entsprechen.

Niemand wird einen Gewinnanteil von über 24 % am Preis als billig bezeichnen können. Diesen Fall kann ich lückenlos belegen.

Hierzu kann man auch die SWE Strom- und Fernwärme GmbH Erfurt befragen, die es betraf.

Nach dem Einwand der Unbilligkeit gab sich der Versorger mit dem rückwirkend zur Anwendung gebrachten Wahltarif zufrieden.

Der danach resultierende Rechnungsbetrag wurde in Raten beglichen. Zinsen wurden nicht gefordert, zu Recht wie ich meine.

Allein dieser geschilderte Fall sollte hinreichend deutlich machen, dass eine behördliche Tarifgenehmigung nicht den Nachweis der Billigkeit des Strompreises im konkreten Einzelfall erbringen kann.

Selbst nach den Anmerkungen von Kollegen Dr. Hempel, als Herausgeber des Standardwerks \"Verträge und Inkasso der Versorgungswirtschaft\" kein Unbekannter, sind dem Kunden zumindest alle vollständigen Antragsunterlagen einschließlich der Kostenträgerrechnungen zur Verfügung zu stellen, damit dieser prüfen kann, ob diese Zweifel an der Ordnungsgemäßheit des Tarifgenehmigungsverfahrens gebieren.

§ 315 BGB ist nun einmal die einzige rechtliche Handhabe der Verbraucher und muss diesen deshalb wohl als \"Allzweckwaffe\" dienen.    

Dies mag ja in der Versorgungswirtschaft bedauert werden.

Indes die Alternative wäre eine absolut restriktive staatliche Energiepreisaufsicht vom Erzeuger bis hin zum Endkunden, ggf. sogar eine staatliche Investitionsaufsicht.

Ein Trost:

Auch Stromversorger können sich gegenüber ihren Vorlieferanten auf die Unbilligkeit gem. § 315 BGB berufen.

Fraglich nur, warum sie davon keinen Gebrauch machen.

Im Tarifgenehmigungsverfahren wird diese Frage bisher nicht geprüft, sondern die Kosten des Vorlieferanten werden als feststehender Kostenblock einbezogen, ohne hinterfragt zu werden.

Beispielhaft seien die nicht nachvollziehbaren, beabsichtigten drastischen Preiserhöhungen hinsichtlich der Strompreise und der Netznutzungsentgelte der Vattenfall Europe ab 01.01.2005 für die Regionalversorger in den neuen Bundesländern genannt.

Dies muss sich m. E. gerade ändern.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Hennessy:
Ein schönes bestätigendes Beispiel:


a. Bei dem Internetcafe handelt es sich um für die Vergangenheit abgerechnete Strompreise - das kann man anzweifeln!

b. Der Verbrauch aus der Vergangenheit und der aktuelle Verbrauch werden jetzt mit einem anderen Preisstellung abgerechnet - auch i.O.!

Hat der Kunde den Allgemeinen Tarif geändert bekommen? Nein!
Wenn eine für mich günstigere Preisstellung ggü. dem Allgemeinen Tarif angeboten wird, kann ich diese zumindest für den aktuellen Verbrauch einfordern. Wenn nur der Allgemeine Tarif da ist, werden die 315er Widersprüche m.E. erfolglos bleiben.

Kündigen und wechseln - aber nicht die Welt missionieren wollen!

Und ganz nebenbei, hat man als Kunde auch eine Eigenverantwortung für den für die Abrechnung zu Grunde gelegten Tarif - oder achtet keiner mehr auf Sonderangebote bei Aldi und kauft alles zu den regulären Preisen und beschwert sich im Nachinein?

RR-E-ft:
@Hennessy

Bei der Frage der Billigkeit der Preiserhöhung müssen die für das konkrete Versorgungsunternehmen tatsächlich gestiegenen Kosten und deren gleichmäßige Umlage auf alle Stromkunden nachgewiesen werden. Alle Kunden müssen gleichmäßig belastet werden, da ansonsten das Äquivalenzprinzip gestört ist. Das ganze läßt sich also wohl  relativ einfach überprüfen.

Ohne § 315 BGB hätte der Internet- Cafe- Inhaber erst mal die Preise zum Allgemeinen Tarif zahlen müssen, § 30 AVBV. Den Sondertarif gab es noch nicht so lange wie das Vertragsverhältnis.

Ohne das Sonderangebot und die Gegenüberstellung wäre die Unbilligkeit wohl kaum so offensichtlich gewesen.

Den tatsächlichen Verbrauch kennt man immer erst am Ende eines Jahres. Deshalb ist auch die Entscheidung für ein Sonderprodukt ggf. mit Tücken verbunden.

Eine Lösung könnte darin bestehen, viele gestufte Tarife anzubieten und am Ende des Jahres eine sog. Bestpreisabrechnung zu gewähren.

Mit anderen Worten:

Abhängig vom tatsächlichen Verbrauch ergibt sich erst am Ende des Verbrauchsjahres der entsprechende Preis aus einer Vielzahl von möglichen Preisen.

Der Stromabsatz ist ja eigentlich relativ konstant. Wenige Kunden ändern ihr Verbrauchsverhalten dramatisch.

Ein Versorgerwechsel hilft nur bei wirksamen Wettbewerb.
Dieser besteht bisher wegen der oft überhöhten Netznutzungsentgelte nicht. Die Verantwortung dafür tragen die Netzbetreiber.

Die Versorgung zum Allgemeinen Tarif ist wohl nicht mehr zeitgemäss.
Wenn man diesen hat, gilt wohl Folgendes:

Die Tarifgenehmigung hängt im wesentlichen ab von der Kosten- und Erlösprognose und vom zu Grunde gelegten Durchschnittsverbrauch.
Genügend Gelegenheiten also, an den entsprechenden Stellschrauben zu drehen.

Kosten- und Erlösprognose sollen einmal unberücksichtigt bleiben:

Um so mehr der tatsächliche Verbrauch von dem, der Tarifgenehmigung zugrunde gelegten Durchschnittsverbrauch abweicht, ist wohl eine Unbilligkeit des Preise für den Kunden zu besorgen.

Der geschilderte Fall mit dem Internetcafe ist dabei wohl ein gutes Beispiel.

Der Kunde kennt jedoch die Tarifgenehmigungsunterlagen und deren grundlegenden Annahmen überhaupt nicht und kann somit schon  nicht ohne weiteres ersehen, wie weit er vom maßgeblichen Durchschnittsverbrauch entfernt liegt.

Somit kann er schon ohne Einblick in diese Unterlagen nicht die Wahrscheinlichkeit einer Unbilligkeit in seinem konkreten Fall abschätzen.... Wie immer fehlt es an der notwendigen Transparenz.

Bei wirksamen Wettbewerb gehe ich davon aus, dass sich die Strompreise auf niedrigerem Niveau nivellieren.

Wenn nur genügend attraktive Wettbewerbsangebote bestehen, wird man einfach den Versorger wechseln und die Frage der Unbilligkeit wird immer weniger eine Rolle spielen. Soweit ist es aber bisher nicht.

Gestaffelte Sondertarife mit Bestpreisabrechnung können wohl zu einer größeren Preisgerechtigkeit führen. Die Kunden sollten automatisch in diese Bestpreisabrechnung einbezogen werden und von dieser profitieren können.  

Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Atommafia:
Tach


--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---@Hennessy


 

Zum EEG gibt es entsprechende Statements des BEE.

Ab dem 01.01.2005 entfällt auch die Mineralölsteuer auf in modernen GuD-Kraftwerken verfeuertes Erdgas. Entsprechende Kosteneinsparungen sind an die Kunden weiterzugeben. Diese können nicht nur an Kostensteigerungen beteiligt werden.

Die seit 2000 mit den Strompreisen erhobenen Abschläge für KWK- und EEG- Umlage wurden ersichtlich bisher gegenüber den Verbrauchern nicht \"spitz\" abgerechnet. Nach Aussagen von BEE und VZBV sollen insoweit Überzahlungen von bereits 500 Mio EUR vorliegen.



--- Ende Zitat ---



ist der BBE nicht vergleichbar mit der Wibera bezüglich der Neutralität ?

Und warum legt man seitens der Öko-Energiebefürworter  die Berechnungsgrundlagen für die Behauptung \"Nur 1 Euro EEG-Mehrkosten pro Haushalt pro Monat\"  nicht genauso offen aus wie die EVUs die Kalkulation nach §315  ?


MfG

RR-E-ft:
Ich weiß nicht, von wem der BEE wirtschaftlich so abhängig ist wie eine große Wirtschaftsberatungsgesellschaft von der Energiewirtschaft.

Der BEE kassiert auch von den Stromkunden selbst gar kein Geld ab.

Vorauszahlungen für ihre Belastungen nach dem EEG und dem KWKG kassieren jedoch bereits seit 2000 die Energieversorgungsunternehen von den Kunden. Deshalb können auch nur die Versorger die bisher von den Stromkunden bisher gezahlten Abschläge nunmehr endlich spitz abrechnen.

Es ist nicht ersichtlich, was einer solchen genauen Abrechnung noch entgegenstehen sollte.

Außerdem sind doch die Energieversorger selbst auch die Nutznießer entsprechender gesetzlicher Regelungen. Immerhin werden viele KWK- Anlagen von Energieversorgungsunternehmen betrieben.

Und auch bei den sog. erneuerbaren Energien will man doch in Zukunft stark dabei sein. Jedenfalls wurde vom E.on- Konzern ein entsprechend beabsichtigtes Engagement in jüngster Zeit vermeldet. Es gibt jetzt bereits Stromversorger, die selbst Wind- und Wasserkraftanlagen betreiben. Dies soll ausgebaut werden.

Was hat das also mit den entsprechenden Aussagen des BEE zu tun, die der Stromkunde natürlich nicht einer Prüfung nach § 315 BGB unterziehen kann, da er mit dem BEE schon keinen entsprechenden Vertrag hat, nach dem etwa Zahlungen zu leisten wären, die dieser Verband nun nach eigenem Gutdünken erhöhen möchte.

Vielleicht ist es gar nicht so tunlich, hier in die Diskussion immer nur ein \"Tach\", ein Zitat und einen Argumentationsbrocken einzuwerfen, ohne inhaltlich zumindest eine ernsthafte These aufzustellen, über die man sich dann ggf. geeignet austauschen kann.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

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