Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Versorgeranwalt warnte BGH vor \"Verstopfung\"

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jroettges:

--- Zitat ---EnWG 2005 § 1 Zweck des Gesetzes
(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige,
verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene
Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.
--- Ende Zitat ---

Wovor fürchten sich die GVU eigentlich?

Das Urteil eines Gerichts, indem festgestellt wird, dass diese zentrale Forderung des EnWG nicht erfüllt worden ist?

Das hat die Bundesnetzagentur mit den Kürzungen der Netznutzungsentgelte bereits zelebriert. Sie hat jedem betroffenen GVU bescheinigt, dass seine Preise bislang "unbillig" gewesen sind.

Wenn über Strom- und Gasgroschen defizitäre Betriebe des ÖPNV gestützt, exorbitante Gewinne erwirtschaftet oder ganze Imperien aufgebaut worden sind, dann kann dies mit den Zielsetzungen des EnWG nicht im Einklang stehen.

Wir Verbraucher wollen doch nicht aus Jux und Neugierde den GVU in die Unterwäsche schauen, sondern lediglich Kalkulationen präsentiert bekommen, die die heutigen Gaspreise insgesamt als "preisgünstig" im Sinne des EnWG rechtfertigen.

Dies wollen wir in einer Form sehen, die  "verbraucherfreundlich" ist. Dabei muss den GVU genügend Substanz bleiben, damit unsere Versorgung "sicher" bleibt und die Umwelt nicht unnötig geschädigt wird. Nicht mehr, aber auch keinesfalls weniger.

Man kann sich nur wünschen, dass dies das Ergebnis all unserer Anstrengungen sein wird.

uwes:

--- Zitat von: \"ESG-Rebell\" ---
Das AG-Urteil habe die Billigkeit des Sockelbetrags als nicht bestritten festgestellt. Streitgegenstand dieses Verfahrens sei daher nur das Erhöhungsverlangen und nicht der Sockelbetrag. Der Kläger hätte schon damals Anschlussrevision stellen müssen, um eine Überprüfung auch des Sockelbetrags bzw. des Gesamtpreises zu ermöglichen.

--- Ende Zitat ---


Das würde bedeuten, dass sich der Bundesgerichtshof erneut um eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage herumdrücken wird, da in allen mir bekannten Verfahren die Billigkeit des Gesamtpreises gerügt worden ist; mithin eine BGH- Entscheidung, wie sie sich jetzt abzeichnet, allenfalls zur Frage der analogen oder direkten Anwendbarkeit von § 315 BGB weiterhelfen kann, nicht jedoch in der Frage der Darlegungslasten des Versorgungsunternehmens, wenn der Gesamtpreis in Rede steht.

Das erscheint nicht nur enttäuschend, sondern auch noch wie eine Verkürzung des Rechtsschutzinteresses der klagenden Gaskunden. Es erscheint mir jedoch auch als ein Verstoß gegen Denkgesetze, wenn der BGH diese Auffassung manifestieren sollte.
Nach dem Gesetz muss "eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit ... Gas" gewährleistet sein (§ 1 ENWG). Das heißt, dass sich jeglicher Einwand gegen den Preis, ob Erhöhung oder der Sockel, immer an diesem Grundsatz orientieren muss. Eine Erhöhung kann immer nur dann möglich sein, wenn der Sockelpreis nicht schon selbst überhöht ist. Es ist daher in jedem Falle im Rahmen der Darlegungs- und Beweislasten (liegt ausschließlich beim Versorgungsunternehmen) erforderlich, dass zunächst über die Angemessenheit des Sockelbetrags vom Versorgungsunternehmen eine Kalkulation und detaillierte Erläuterung zu fordern ist, damit man überhaupt zur Frage der Angemessenheit einer Erhöhung gelangt. Bis dahin hat der Kunde keinerlei darzulegen. Erst wenn der Versorger nachgewiesen hat, dass der Sockel angemessen ist, kann die zweite Stufe der Prüfung, nämlich ob eine Erhöhung gerechtfertigt war, in Angriff genommen werden. Das ist denknotwendig und logisch. Vom Kläger jetzt noch zusätzlich zu verlangen, klarzustellen, dass er mit der Billigkeitseinwendung nicht nur die Erhöhung meint, sondern auch den Sockelbetrag, ist formalistisch und berücksichtigt nicht, dass der Kunde ja zur Frage der Billigkeit keinerlei Darlegungslast hat.

RR-E-ft:
@uwes

Immer mit der Ruhe.
Schritt für Schritt.
Es läuft und alles wird gut.


§ 315 BGB kommt zur Anwendung.
Daran gibt es nichts mehr zu deuteln.

Fraglich ist doch, welche einseitige Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 BGB gerichtlich überprüft werden kann.

Materiell handelt es sich um die neue Tariffestsetzung gem. § 4 I, II AVBGasV. Veröffentlicht und festgelegt  wurde der neu festgesetzte  Tarif bestehend aus Grund- und Arbeitspreis  und nicht eine Preiserhöhung....

Diesem materiell-rechtlichen Gegenstand der Prüfung steht der Prozessantrag im Prozess 1. Instanz gegenüber, der das Gericht nach § 308 ZPO hinsichtlich des Umfangs der Prüfung bindet. (Auslegungsfrage)

Weiter stellt sich die Frage, ob der erstmalige Vortrag des Versorgers im Berufungsverfahren zum Nachweis der Angmessenheit der Erhöhung nicht verspätet war... Das sind alles Einzelfragen, die in den Besonderheiten des konkreten Falles begründet liegen.

Aber der Kartellsenat des BGH wird ja am 16.01.2007 die Revision nach dem Urteil des LG Karlsruhe vom 03.02.2006 verhandeln.

Dabei geht es um keine Erhöhung des Tarifs, sondern die einseitige Tariffestsetzung gegenüber dem Kunden an sich.

In diesem Verfahren werden die Weichen gestellt werden.

Hierzu kann auf den Vortrag des BGH- Präsidenten am 04.12.2006 in Berlin verwiesen werden, wonach die Billigkeitskontrolle immer nur den Gesamtpreis betrifft und nicht einzelne Preiserhöhungen....

Materiell wird sich der VIII. Zivilsenat nicht gegen die bereits bestehende Rechtsprechung des Kartellsenats (KZR 36/04 und KZR 8/05 und KZR 9/05) wenden können.

Dann stellt sich weiter die Frage des Balanceakts zwischen der materiellen Rechtslage und den ggf. bestehenden prozessrechtlichen Beschränkungen, wenn sich ein ggf. bestehender Widerspruch nicht anderweitig in Wohlgefallen aufzulösen vermag.

Hauptsächlich geht es den Verbrauchern nicht um die Frage des Umfanges der Prüfung bei Feststellungsklagen bezüglich einzelner Preiserhöhungen, sondern um die Frage des Prüfungsumfanges bei Zahlungsklagen des Gasversorgers.

Und diese Frage ist nun einmal am 16.01.2007 zu verhandeln.

Alles andere wird sich m. E. daraus zwangsläufig ergeben (müssen).

Nach der bereits bestehenden  Rechtsprechung des Kartellsenats wäre es willkürlich und führte zu Zufallsergebnissen, einem Kunden, der vor der letzten Tariffestsetzung schon Kunde war,  eine Überprüfung des Gesamtpreises zu verwehren, weil der Anfangspreis nicht weniger einseig bestimmt worden war.

Gut, dass beide Verfahren so schnell auf einander folgen.

Zu Sonderverträgen darf man auf die Begründung des zweiten Flüssiggas- Urteil des BGH vom 13.12.2006 gespannt sein (Vorinstanz OLG Köln vom 13.01.2006 - AVBGasV tangiert- ) .


Kollege Dr. Kunth drückte ersichtlich auf die Tube, weil er gerade nicht wollte, dass der Kartellsenat am 16.01. die Weichen stellt. Man hätte es umgekehrt wohl lieber gesehen. Aus Versorgersicht verständlich.


Es ist also ausgesprochen gut, dass es gestern noch kein Urteil gab, sondern die Verhandlung des Kartellsenats abgewartet wird, in der vielerlei "prozessualer Firlefanz" überhaupt keine Rolle spielt.

RR-E-ft:
http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10841025/485072/

21.12.2006
In letzter Instanz

Bundesgerichtshof entscheidet, wann Gas teurer werden darf

CHRISTIAN RATH

...
Doch auch die HVG-Anwälte waren mit dem zweiten Urteil nicht zufrieden. Sie betrachten die Preiskalkulation weiterhin als Geschäftsgeheimnis. "Wenn die Versorger jedem beliebigen Kunden im Zivilprozess ihre Geschäftszahlen mitteilen müssen, dann landen diese schnell bei Verbraucherverbänden und stehen dann im Internet", ärgert sich Anwalt Bernd Kunth.
...







http://www.sueddeutsche.de/,wirl1/wirtschaft/artikel/930/95835/

Streit um Preiserhöhungen


Der Gasrebell

Hunderttausende wehren sich gegen drastische Erhöhungen der Gaspreise. Ein pensionierter Richter hat als Erster eine Klage bis zum Bundesgerichtshof treiben können - und wird so zu Volkes Stimme.
Von Helmut Kerscher    
 ...

"Gebanntes Warten

Erst am 14. März werde der Senat seine Entscheidung verkünden, erklärte BGH-Richter Wolfgang Ball am Ende der mündlichen Verhandlung. Vorher gebe es noch eine Verhandlung über die Höhe von Strompreisen, die das Gericht abwarten wolle.
...

Der Richter dürfe nicht in die Rolle des Preiskalkulators schlüpfen, sagt Anwalt Achim Krämer, der Gaslieferanten vertritt. Er verweist auf eine spezielle Schutzvorschrift im Kartellrecht - und auf das Geschäftsgeheimnis sowieso. Sein Mitstreiter Kunth warnte vor einer "gerichtlichen Preisgängelung".

...

uwes:

--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Hierzu kann auf den Vortrag des BGH- Präsidenten am 04.12.2006 in Berlin verwiesen werden, wonach die Billigkeitskontrolle immer nur den Gesamtpreis betrifft und nicht einzelne Preiserhöhungen....

--- Ende Zitat ---


Gibt es den irgendwo zu lesen?

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