[ 3-HKO-81-05 08-11-2006 ]
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um Strompreisforderungen eines EVU für Stromlieferungen in 2003/2004. Die Beklagte hat unter Berufung auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Zahlung der geforderten Strompreise verweigert. Das EVU hat auf Zahlung geklagt unter Berufung darauf, § 315 BGB fände keine Anwendung, zudem bestehe gem. § 30 AVBEltV ein Einwendungsausschluss. Im Streit steht ein Betrag in Höhe von über 6.000 EUR. Ein weiterer solcher Betrag für weitere Stromlieferungen, für welche die Zahlung vollständig verweigert wurde, wurde bisher noch überhaupt nicht gerichtlich eingefordert. Die Stromlieferungen waren jederzeit gesichert und erfolgten als solche beanstandungsfrei. Jedoch erscheinen die vom EVU einseitig festgelegten und geforderten Strompreise vollkommen unangemessen.
Die vorläufige Rechtsauffassung des Gerichts:
In einem Hinweisbeschluss vom 08.11.2006 -
3 HKO 81/05 weist der Vorsitzende der
3.Kammer für Handelssachen des Landgerichts Gera auf Folgendes hin:
I.
Das Gericht schließt sich der Auffassung des VIII. Zivilsenats des BGH (BGH, Urt. v. 15.02.2006 WuM 2006, 207) an, wonach § 30 AVBV den Unbilligkeitseinwand gegen die
Tariffestsetzung durch das EVU nicht ausschließt.
Dies ergibt sich auch aus der Regelung in § 17 StromGVV, der neuen Grundversorgungsverordnung Elektrizität.
II.
Es bedarf keines Nachweises der Tarifgenehmigung des streitgegenständlichen Tarifs, es sei denn die Klägerin wollte sich auf eine Indizwirkung der Genehmigung im Rahmen der Billigkeitsprüfung berufen.
Eine solche Indizwirkung ist aber nach der Rechtsprechung des BGH nicht gegeben.III.
Die Klägerin ist dafür darlegungs- und beweisbelastet, dass sie das Leistungsentgelt im Sinne des § 315 BGB billig festgesetzt hat.
Dazu hat die Klägerin ihre
Preis- und Kostenkalkulation offen zu legen, undzwar derart erläutert, dass ihre Aussagen von dem Gericht und dem Gegner verstanden werden können und damit
nachvollziehbar und prüffähig sind.
Da nach der Rechtsprechung des BGH der Strompreis sich an den Kosten auszurichten hat, dem Unternehmen über die Deckung der Kosten für die Erzeugung und Leitung der Energie und die Vorhaltung der notwendigen Anlagen hinaus ein Gewinn zusteht, aus dem es erforderliche Rücklagen bilden und Investitionen tätigen kann und dem Unternehnmen eine angemessene Verzinsung zuzubilligen ist, ohne die es Fremdkapital nicht aufnehmen und Anlagekapital nicht gewinnen könnte, hat sich die Darlegung auf die entsprechenden Kalkulationsgrößen zu beziehen.
Da nach der Rechtsprechung des BGH zudem der Grundsatz das Energiewirtschaftsrecht beherrscht, dass die Energieversorgung so sicher und so preisgünstig wie möglich zu gestalten ist, ist das Versorgungsunternehmen rechtlich zur guten Betriebsführung verpflichtet.Die Klägerin hat daher nicht nur ihre tatsächlichen Kosten und sonstigen kalkulatorischen Ansätze darzulegen, sondern auch, dass diese jeweils einer betriebswirtschaftlich-rationellen Betriebsführung enstprechen
(Preisgünstigkeitsgrundsatz, das Vergleichsmarktprinzip findet keine Anwendung).
Der Vortrag hat sich nicht nur auf die Rechtfertigung etwaiger Tariferhöhungen auszurichten.
Vielmehr ist die Billigkeit des Gesamtpreises darzulegen.Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Siehe auch schon hier (am Anfang):
LG Gera: Allgemeiner Tarif = Die (Strom-) Versorgerfalle ?!