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Autor Thema: Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)  (Gelesen 6323 mal)

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Offline Monaco

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Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)
« am: 01. November 2006, 11:49:34 »
Viele Verbraucher stellen sich die Frage, wie gehe ich beim Neuabschluss eines Energieversorgungsvertrages vor?

Zunächst gibt es zwei Möglichkeiten
a) Sondervertrag
b) Allgemeiner Tarif

a) Sondervertrag
- positiv: günsigerer Preis
- negativ: zumindest Anfangspreis ist vereinbart, teilweise ungünstigere Kündigungsfristen

b) Allgemeiner Tarif:
- positiv: Billigkeitseinspruch von Anfang an möglich
- negativ: teurer als Sondertarif

Problem:
Wenn der Verbraucher kleine Sondervereinbarung eingehen will und gleichzeitig den Preisen des Allgmeinen Tarifs mit Billigkeitseinspruch begegnet, muss er sich vom Versorger u.U. vorhalten lassen, das teurere Produkt gewählt zu haben und dann den zu hohen Preis des AT zu kritisieren. Ist möglicherweise problematisch.

Was nun?
Zwischenschritt einlegen! Hernehmen des "neuen" Sondervertrages und die Preisgleitklausel als nachteilig für den Kunden rügen und um Änderung dieser bitten.

Geht der Versorger darauf ein (was jedoch nicht anzunehmen ist) kann man zumindest in der Zukunft auf faire Preisanpassungen pochen. Geht er nicht darauf ein, hat er die Versorgung des Kunden im Allgemeinen Tarif gewissermaßen selbst zu verantworten.

Dem Kunden bleiben danach alle Möglichkeiten zum Unbilligkeitseinspruch, ohne sich o.g. Vorwürfen auszusetzen.

Wäre dies Vorgehensweise empfehlenswert?
Immerhin würde man damit von Beginn an auch Druck auf einzelne nachteilige Vertragsklauseln ausüben.

Mit Hoffnung auf eine entsprechende Diskussion verbleibt

mit freundlichen Grüßen

Monaco.

Offline RR-E-ft

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Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)
« Antwort #1 am: 01. November 2006, 13:47:05 »
@Monaco

Wo denn?

Für die meisten stellt sich die Frage nicht, weil sie das Problem gar nicht kennen.

Eine generelle Antwort kann es nicht geben.

Wie sonst auch sollte niemand einen Vertrag abschließen, von dessen Inhalt er nicht überzeugt ist, zumal, wenn er bereits absehen kann, welche Schwierigkeiten sich zukünftig ggf. ergeben könnten.

Wer mit einer Preisstellung in einem angebotenen Sondervertrag nicht einverstanden ist, nimmt eben vom Vertragsabschluss Abstand, wenn keine Preisverhandlungen zu einem akzeptablen Preis führen.

Bei einem Vertrag darf man nicht nur auf den Preis sehen, sondern muss auch alle anderen Vertragsbedingungen im Auge haben.

Wenn man einverstanden ist, schließt man einen Vertrag ab.
Ist man nicht einverstanden, muss man es lassen.

Das Einverständnis und die Einigung sind ja für einen wirksamen Vertragsabschluss gerade immer notwendig, §§ 145 ff. BGB.

Handelt man individuell etwas aus, läuft man Gefahr, dass der Schutz der §§ 305 ff. BGB verloren geht, weil es sich um keine AGB des Verwenders mehr handelt.


Man hat ja noch die Möglichkeit der Grundvesrorgung, bei welcher die Tariffestsetzung als unbillig gerügt werden kann. Nur in der Grundversorgung gibt es eine gesetzliche Versorgungspflicht.

Schließlich kann man auch über Alternativen zu Erdgas nachdenken und einen Energieberater zu Rate ziehen. Es muss ja nicht immer Erdgas sein.

Offline Monaco

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Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)
« Antwort #2 am: 02. November 2006, 14:07:33 »
@RR-e-ft

Kennen Sie einen Versorger, der transparente (faire) Preisanpassungsklauseln (in Verträgen mit Haushaltskunden) benutzt?

Diesem würde man ggf. gern sein Vertrauen schenken. Allerdings müsste dieser - der Logik folgend - wohl der günstigste Anbieter weit und breit sein.

Da ich diese Frage ausdrücklich auch auf den Strombereich beziehen möchte, ist ein Wechsel des Energieträgers wohl noch weniger möglich als eine Heizungsumstellung.

Ich wollte mit der beschriebenen Maßnahme u.a. auch erreichen, dass man den Versorgern ggf. auch vor Vertragsunterzeichnung klar macht, dass einige Dinge inakzeptabel sind. Vor allem auch deshalb, weil wir hier im Forum (nicht zuletzt auch durch Sie) einiges gelernt haben und damit erkennen können, das Klauseln so teilweise keinen Bestand haben können.

Man müsste sich in der Tat den Vorwurf gefallen lassen, bewusst nachteilige Klauseln in Kauf genommen zu haben. Hinterher daran "herumzumosern" wäre wohl ebenso unfair.

Andererseits zielt mein Ansinnen darauf, dass uns die Versorger mit diesen Klauseln und unserer Kenntnis darüber möglicherweise bewusst in den Allgemeinen Tarif hineinzulenken versuchen. Und der Kunde müsste sich vor allem hinterher nicht den Vorwurf des Versorgers gefallen lassen, dass sich ja sogar im "eigenen Haus" eine Alternative (zu den noch höheren Preisen des AT) geboten hätte.

So wäre der Kunde letztlich im Kampf um faire Preise durch die sich abzeichnenden besseren Einspruchsmöglichkeiten im Allgem. Tarif sogar noch gestärkt.

In der Tat wäre es natürlich ein gewisses Risiko, wenn der Versorger auf Vorschläge zu anderen Preisklauseln einginge. Aber glauben Sie selbst dass dies (unter den bestehenden Rahmenbedingungen) zu erwarten ist?

Mit freundlichen Grüßen

Monaco.

Offline RR-E-ft

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Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)
« Antwort #3 am: 02. November 2006, 14:13:40 »
@Monaco

Wenn Graf von Westphalen seit 20 Jahren keine wirksame Klausel entdeckt hat, begebe ich mich gar nicht erst auf die Suche.

Mit unwirksamer Klausel geht es doch auch. :wink:

Nicht soviel Grübeln.

News lesen:

http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/2006_11_02.shtml

Versuchen Sie mal, als Kunde im Versorgungsgebiet des Versorgers X dem andernorts ansässigen Versorger Y Ihr Vertrauen zu schenken. Packen Sie es gut ein und machen Sie eine schöne Schleife drum. :wink:

Ich glaube selbst,
es ist plötzlich ganz schön kalt geworden in Deutschland. :wink:

Offline Monaco

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Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)
« Antwort #4 am: 04. November 2006, 08:46:06 »
@RR-E-ft

Genau das ist es. Jetzt kommen wir auf den Punkt.

Wenn es keinen Versorger gibt, der in seinen Sonderverträgen ein wirksames Preisanpassungsrecht festgeschrieben hat und wir dies als Kunden erkennen können bzw. uns diese Erkenntnis vermittelt wird und bereits somit vor Vertragsabschluss vorliegt kommt doch nur noch eine Versorgung im Allgemeinen Tarif in Betracht.

Diese kann ausschließlich der Grundversorger leisten. Damit entfallen gleichzeitig alle Konkurrenzanbieter und man hat nur eine einzige rechtlich einwandfreie Möglichkeit zur Versorgung. Damit entfällt praktisch jeglicher Wettbewerb, wenn man diesen nicht auf unwirksame Klauseln stützen möchte.

Somit wären Stromkunden in keiner anderen Situation als Gaskunden. Diese hätten sogar noch eine schlechtere Möglichkeit, den Energieträger zu wechseln, möchte man nicht ständig vom lauten Geräusch des Stromaggregats aus dem Schalf gerissen werden..

Wenn jetzt ein Kunde aber auf die Idee käme, einen Vertrag zu unterschreiben, von dem er von Beginn an weiß, dass dieser teilweise unwirksam ist, könnte doch die Gegenseite möglicherweise argumentieren, man hätte diesen Bewusst auch so gewählt. Mit in Kauf nehmen der unwirksamen Vertragsbestandteile würde man in Kenntnis selbiger, diese möglicherweise sogar rechtswirksam akzeptiert haben?

Das klingt sicher alles juristisch ziemlich laienhaft und vielleicht auch etwas verwirrend. Das bitte ich mir jedoch nachzusehen.

Fazit:
Mit dieser Argumentation, wenn sie so haltbar wäre, könnte man doch auch die Stromversorger von ihrem Ross herunterholen, es gäbe einen Wettbewerb. Darüber hinaus würde es die Versorgung im Allgemeinen Tarif mangels Alternativen vollkommen rechtfertigen.
Kein neuer Kunde müsste sich mehr (innerhalb eines Sondervertrages) "hinten" anstellen und könnte sofort die Billigkeit der Preise bestreiten. Eine Wahlmöglichkeit gibt es schließlich nicht mehr.

Mag sein, dass ich über dieses Thema doch zu sehr ins grübeln geraten bin. Vielleicht ist diese Problematik aber letzlich doch nicht zu weit hergeholt ...


Mit freundlichen Grüßen

Monaco.

Offline RR-E-ft

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Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)
« Antwort #5 am: 04. November 2006, 16:47:38 »
@Monaco

Ich habe es so verstanden, dass Sondervertragskunden wegen § 307 BGB zumeist im Ergebnis einen Fixpreisvertrag abgeschlossen haben werden.

Dass auch Tarifkunden über Möglichkeiten verfügen, sich gegen überhöhte Preise zur Wehr zu setzen, dürfte bereits gesichertes Allgemeingut sein.

Jeder kann nur für sich entsprechend seiner eigenen, konkreten Vertragssituation von seinen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen.

Offline Monaco

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Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)
« Antwort #6 am: 04. November 2006, 18:31:30 »
@RR-E-ft

Alles korrekt! Was machen aber Kunden, die unmittelbar vor einem neuen Vertragsabschluss bzw. einem neuen Versorgungsverhältnis stehen, sei es wegen Umzug, Haubau, Versorgerwechsel etc.?

Hier wäre es doch - auch in der Kenntnis, dass einzelne Klauseln in den Sonderverträgen keinen Bestand haben bzw. für den Kunden nachteilig sind - eher ungünstig, einen solchen abzuschließen. Nicht nur, dass man sich zum derzeit sehr hohen Preisniveau binden würde - und zu diesem Angebot einen "Fixpreisvertrag" abschließt. Auch steht man sehr viel ungünstiger als andere da (hinten anstellen ...).

Den Allgemeinen Tarif bekommt man dagegen nur bei einem einzigen Versorger, dem örtlichen. Den vorigen Absatz vorausgesetzt, hat man praktisch keine andere Wahl. Damit nimmt man dem Versorger auch viele Argumente: Konkurrenz, Wechselmöglichkeiten, billigere Preise über Sondervertrag.

Immerhin könnte dies irgendwann doch einmal Thema (vielleicht auch vor Gericht) sein. Dann ist gut beraten, wer Vorsorge trifft.

Mit freundlichen Grüßen

Monaco

Offline RR-E-ft

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Vorgehensweise (Neu)Vertrag(sabschluss)
« Antwort #7 am: 05. November 2006, 13:03:46 »
@Monaco

Hinsichtlich der Sondervertragskunden war ich unpräzise.

Wegen § 307 BGB sind oft Preiserhöhungen durch den Energielieferanten ausgeschlossen.

Tarifkunden einigen sich gar nicht auf einen Preis, sondern überlassen das jederzeitige Preisbestimmungsrecht dem Versorger gem. §§ 315 BGB, 4 AVBV.

Wenn einem der angebotene Preis eines Sondervertrages nicht passt, lässt man es eben und schließt einen solchen Sondervertrag gerade nicht ab, damit es zu keiner Einigung auf einen nicht akzeptablen Preis kommt.

Mehr kan man nun wirklich nicht tun.

 

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