Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Wann/wie erfolgt gerichtliche Feststellung billiger Preise?
superhaase:
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Ich gehe deshalb weiter davon aus, dass nicht damit zu rechnen ist, dass ein Gericht einen billigen Preis feststellt.
Mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 BGB ist dies aus Verbrauchersicht auch nicht erforderlich. :wink:
Deshalb spricht viel dafür, dass vergeblich wartet, wer auf die Feststellung eines billigen Gaspreises durch ein Gericht hofft.
--- Ende Zitat ---
Sehr geehrter Herr Fricke,
das wollen wir doch nicht hoffen. Solange die Gasversorger nicht einen Kunden auf Zahlung verklagen und dann in einem Gerichtsverfahren den billigen Gaspreis feststellen lassen (der dann ja niedriger sein wird, so denken wir alle), zahlen Millionen Haushalte viel zu viel für ihr Gas. Gut, man könnte nun sagen: selbst schuld - Dummheit zahlt.
Das gönne ich den Gaskonzernen aber nicht! :twisted:
Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Haas
RR-E-ft:
@superhaase
Das sehe ich anders.
Wer von seinen bestehenden, einfach auszuübenden Rechten keinen Gebrauch macht, hat keinen Grund sich zu beschweren.
Was sollten die Versorger erst betroffen sein, wenn alle Verbraucher von den bestehenden Rechten konsequent und umfassend Gebrauch machen würden.
Dann wären diese wohl keinesfalls um etwas zu beneiden.
So gesehen.
Einen Anspruch auf Weltgerechtigkeit gibt es nicht.
Dafür soll bekanntlich ein erst noch kommendes Gericht allzuständig sein.
Man muss auch mal gönnen können (soll der Rheinländer meinen):
http://www.swr.de/report/archiv/sendungen/050228/02/index.html
http://www.swr.de/report/archiv/sendungen/050228/02/05022802.ram
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/10/0,1872,3017130,00.html
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/inhalt/11/0,4070,3021099-5,00.html
Wer seine Gaspreise auf den Stand August September 2004 kürzt, der sollte selbst nicht viel Grund zur Klage haben.
Es sei denn, er wollte endlich Rechtssicherheit für sich selbst.
Dadurch, dass ein Kläger durch alle Instanzen gewinnt, haben die anderen ihr Geld noch lange nicht zurück.
Mal ehrlich:
Wer sich schon nicht traut, die Rechnungen zu kürzen, der wird wohl erst recht nicht selbst auf Rückzahlung klagen.
So rechnen die Energieversorger und liegen mit dieser Einschätzung ja auch nicht falsch.
Wer wirklich denkt, es würden irgendwelche Schatullen freiwillig geöffnet und fortan erhielten alle Verbraucher satt Geld zurück, den würde ich schlicht für weltfremd halten.
Schließlich fließen aus den Schatullen, an die dabei gemeinhin gedacht wird, ständig große Beträge ab.
Dass nun alle Verbraucher etwa mit Aktien eines noch spanischen Versorgers abgefunden würden, ist eher unwahrscheinlich.
Es ist doch gemeinhin bekannt, wohin das Geld aus diesen Schatullen fließt.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
superhaase:
@Fricke:
Naja so kann man das natürlich sehen, aber hier geht es immerhin unter anderem um solche Dinge wie "Daseinsvorsorge" und "Gleichbehandlung".
Und es gibt viele Leute, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage sind, ihr Recht nach §315 selbst wahrzunehmen. Und gerade diese leiden oft am stärksten unter den zu hohen Gaspreisen, die teilweise an ihre Existenz gehen können.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin kein Sozialromantiker - aber Anhänger einer sozialen Marktwirtschaft. Und ein bisschen Ethik und Moral stünde auch den in einer solchen agierenden Unternehmen gut zu Gesicht. Aber das wird wohl immer mehr zur Utopie.
Ich hoffe halt darauf, dass sich im Lauf der Zeit immer mehr Unbilligkeitseinwender finden (es spricht sich ja inzwischen herum, dass "man einfach weniger zahlt und einem nichts passiert"), und die Versorger irgendwann gar nicht mehr anders können, als die Flucht nach vorn anzutreten.
Rückzahlungen wird es wohl kaum geben, da stimme ich Ihnen zu, aber zukünftig angemessenere Preise.
freundliche Grüße,
Stefan Haas
RR-E-ft:
@superhaase
Die Liquidität der Unternehmen reicht so weit, dass schlecht einzuschätzen ist, wie lange alle Verbraucher von ihren Rechten umfassend und konsequent Gebrauch machen müssten, bis ein solcher Druck entstünde, dass man sich anders verhielte.
Man darf die sog. Sachzwänge nicht vergessen, in denen die Verantwortlichen stecken.
Das Geld fließt oftmals eben gerade nicht in eine große Schatulle, wo es darauf wartet, zurück gefordert zu werden. Oft ist es schon lange verplant, wenn auch nicht unbedingt sachgerecht zweckgebunden.
Wer also etwas ändern wollte, hätte zunächst viele davon zu überzeugen, sich zur Wehr zu setzen.
Im übrigen gilt der Trost des kleinen Mannes:
Das Geld ist nie weg.
Das haben jetzt nur andere.
So gesehen.
Nochmals:
Es steht aus genannten Gründen überhaupt nicht zu erwarten, dass ein Gericht jemals einen billigen Preis bestimmen wird.
Kürzt der Verbraucher die Rechnungen, wird auf Zahlung verklagt, es kommt auf die Billigkeit an und der Versorger kann diese nicht nachweisen, wird dessen Zahlungsklage vollständig als unbegründet abgewiesen (vgl. OLG Karlsruhe).
Zu einem billigen Preis führt dies nicht.
Einige meinen, es führe noch nicht einmal zu einem billigen Ergebnis.
Bekommt etwa der Kollege aus Heilbronn schlussendlich recht, heißt das nur, dass der Versorger in diesem konkreten Prozess nicht in der Lage war, die Billigkeit nachzuweisen, weshalb für den Kläger die Preiserhöhung dann deshalb unwirksam ist.
Zur Bestimmung eines billigen Preises durch ein Gericht führt auch dies nicht.
Womöglich unterliegen also viele mit einer entsprechenden Warterei nur einem großen Irrtum.
Ich habe mich viel mit dem Thema befasst, bin jedoch auf keinen einzigen Fall gestoßen, wo ein Gericht schon einmal selbst einen der Billigkeit entsprechenden Preis bestimmt hätte.
Man darf auf eine solche Entscheidung also gespannt sein, sollte jedoch nicht auf eine solche hoffen.
Und einen für allezeit gültigen "billigen" Preis gibt es wohl auch wieder nicht, weil die Erde sich dreht und alles im Fluss ist.
Schauen wir mal.
Selbst wenn die Berliner Gasag daran festhalten sollte, dass alle deren Kunden das zuviel gezahlte Geld zurück erhalten, wenn das Urteil des LG Berlin vom 19.06.2006 rechtskräftig werden sollte, wären deren Gaslieferungen im betroffenen Zeitraum dadurch nur deutlich billiger.
Der "billige" Preis im Sinne von § 315 BGB stünde aber auch dadurch nicht fest.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
elektron:
@RR-E-ft
Hallo, Herr Fricke,
danke für Ihre Ausführungen - auch wenn Ihr Schreibstil (insbesondere die vielen Ein-Satz-Abschnitte) oft das von Ihnen Gemeinte immer wieder eher zu verschleiern droht. (Ich hoffe für Ihre Mandanten, dass Ihre vor Gericht eingereichten Dokumente stringenter redigiert sind ... :wink: )
Ich fasse mal zusammen, was ich verstanden zu haben glaube:
:!: Grundsätzlich strittig ist, ob der § 315 BGB überhaupt auf die Gaspreisfrage anwendbar ist. Dies soll/muss in absehbarer Zeit der BGH klären.
:!: Bevor ein Gericht die Billigkeit eines konkreten Gaspreises feststellen kann, müsste diese vor ihm erst jemand offiziell in Zweifel gezogen haben. Das werden (bis auf Weiteres) die meisten Verbraucher nicht tun (weil sie dann selbst die Beweislast trügen) und auch nicht die Versorger (weil sie dann ihre Kalkulationen offenlegen müssten, was sie offensichtlich scheuen wie der Teufel das Weihwasser).
:!: So hoffen wir (die wir unsere Zahlungen reduziert haben), dass die Versorger lieber den überschaubaren Verlust in Kauf nehmen, als selbst in die Offensive zu gehen.
Habe ich das so richtig verstanden?
elektron
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