@Uwes
Der Kollege lässt zunächst eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zum einschlägigen § 307 BGB vermissen.
§ 307 BGB kommt in dem gesamten Text nicht einmal vor.
Weiter fehlt es an einer Auseinandersetzung damit, dass der BGH in der von ihm ebenfalls besprochenen "Fernwärme für Börnsen"- Entscheidung herausgestellt hat, dass es sich auch bei der Fernwärmeversorgung um eine Leistung der Daseinsvorsorge handelt. Im Anschluss daran fehlt es auch an einer Auseinandersetzung mit BGH Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 7/05.
Der BGH stellte dabei heraus, dass auch Preisbestimmungen in AGB der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterfallen. Für eine AGB, die dem § 24 III AVBFernwärmeV zu entsprechen sucht, wird dabei nichts anderes gelten.
(In der BGH- Entscheidung ging es um Baukostenzuschuss nach § 9 AVBwasserV.)
Wie schon
Büdenbender und OLG Brandenburg wird verkannt, dass auch ein Erlassvertrag, dessen man sich zu bemühen wohl genötigt sieht, durch Angebot und Annahme (§ 145 ff. BGB) zustande kommt.
Mag auch der Zugang einer Annahmeerklärung durch den Kunden gem. § 151 BGB entbehrlich sein, so bedaef es doch zunächst und vor allem des Zugangs eines entsprechenden Angebots auf Abschluss eines Erlassvertrages beim Kunden.
Ein solches hat wohl noch nie ein Fernwärme- Kunde gesehen.
Dieser aus Sicht der Versorgungswirtschaft dringend notwendige Argumentationsstrang leidet also an einem gravierenden Fehler.
Bemerkenswert ist jedoch, dass nun die Anwendung des § 315 BGB nicht vollends in Abrede gestellt wird.
Kommen die vom FVU einseitig bestimmten Preise, die nicht Gegenstand von Verhandlungen waren, zur Anwendung (etwa § 2 Abs. 2 i.V.m. § 4 AVBFernwärmeV), so sind diese Preise über § 315 BGB kontrollierbar und es ist zum Nachweis die Offenlegung der Kalkulation erforderlich.
Schon während seiner Jenaer Studienzeit ist der Kollege durch einen Aufsatz über das Verhältnis von § 315 BGB zu § 30 AVBV (veröffentlicht in et) in Erscheinung getreten.
Auf Empfehlung des Kollegen Topp könnte man vielleicht in der Zukunft eine Dissertation des Kollegen zum Thema § 315 BGB zu lesen bekommen.
Allerdings gibt es ja schon viele Dissertationen zur Billigkeitskontrolle von Entgelten:
Braband, Gabriele Das Zusammenwirken von energie-, kartell- und zivilrechtlicher Kontrolle bei der Strompreisgestaltung von Energielieferverträgen; Diss. Jena 2002
http://www.amazon.de/Strompreise-zwischen-Privatautonomie-staatlicher-Kontrolle/dp/3406512070/sr=1-4/qid=1160041686/ref=sr_1_4/303-7458040-4058666?ie=UTF8&s=books*****
Jürgen F. Baur/Katrin Henk-Merten
Entgeltfindung unter Kontrahierungszwang
2003, 60 S.
Rückendrahtheftung
Preis: 14,- EUR
ISBN 3-8329-0023-3
(Veröffentlichungen des Instituts für Energierecht an der Universität zu Köln, Bd. 107)
Die Netznutzungsentgelte sind zunehmend in das Aktionsfeld von Politik, Gerichten und Kartellbehörden geraten. Neben der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht kennt auch das allgemeine Zivilrecht mit § 315 BGB eine Vorschrift, die bereits seit langem zur Entgeltkontrolle unter Kontrahierungszwang eingesetzt wird. Insbesondere die Kritiker hoher Netznutzungsentgelte berufen sich auf den § 315 BGB und machen die Unbilligkeit und somit Unverbindlichkeit der einseitigen Leistungsbestimmung geltend. Die Gegenseite beharrt indes auf der Verbindlichkeit. Diese Auseinandersetzungen sind die Grundlage dieser Untersuchung. Indes zeigt sich schnell, dass die Anwendungsprobleme nicht allein aus dem § 315 BGB resultieren, sondern aus dem Zusammentreffen der einseitigen Leistungsbestimmung mit einem Kontrahierungszwang und einem Dauerschuldverhältnis. Insofern zeigt sich ein sehr komplexer Sachverhalt. Dieses Gutachten stellt demzufolge den Versuch der Autoren Prof. Dr. Jürgen F. Baur (Direktor des Instituts für Energierecht an der Universität zu Köln) und Katrin Henk-Merten (Wissenschaftliche Mitarbeiterin) dar, dieses vielschichtige juristische Problem systematisch darzustellen und zu lösen.******
http://www.utzverlag.de/buecher/40353dbl.pdf#search=%22%C2%A7%20315%20BGB%20Diss%20Entgelt%22******
Das Thema wurde bereits mehrfach tiefgreifend wissenschaftlich untersucht, so dass sich die Frage stellt, ob es einer weiteren wissenschaftlichen Untersuchung noch bedarf.
Wenn Anregungen zu solchen Dissertationen aus der Wirtschaft bzw. gar Lobbyverbänden kommen und dann auch noch entsprechende Kontakte vermittelt werden, stellt sich zudem oft die Frage, ob es tatsächlich um eine wissenschaftliche Durchdringung eines Themas oder aber um eine interessengeleitete Darstellung geht.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt